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Einwilligung in die »Organspende«


Das European Donor Hospital Education Programm (EDHEP)

Angehörige von Organspendern, die eine Organspende ablehnen oder in eine Organspende einwilligen, können durch ihre Entscheidung in extreme Schwierigkeiten geraten. In speziellen Fortbildungen werden Ärzte und Pflegekräfte darin geschult, Angehörige zu "überreden" in eine Organspende einzuwilligen. Damit können die EDHEP-Seminare dazu beitragen, dass Eltern und Angehörige massive Probleme nach der Einwilligung bzw. Ablehnung einer Organspende bekommen.

Das European Donor Hospital Education Programm (EDHEP) richtet sich an Ärzte und Pflegekräfte und soll diesen Zielgruppen das Überbringen der Todesnachricht, den Umgang mit der Trauerreaktion von Angehörigen, aber auch die Bitte um Organspende durch Training und Rollenspiel beibringen. Seit 1994 wird dieses EDHE-Programm für "jeden Mitarbeiter von Intensivstationen in Deutschland“ angeboten.

Eine themenzentrierte Fortbildung, wie ich sie als Diplompsychologe und Krankenpfleger verstehe und für den Bereich der Transplantationsmedizin für sinnvoll erachten würde, stellt dieses Programm allerdings nicht dar. Meiner Ansicht nach müßten in einem Seminar, Workshop oder einer Fortbildung alle Aspekte vermittelt werden, die das Thema betreffen. Außerdem sollte die Unabhängigkeit derjenigen gewährleistet sein, die solche Fortbildungen anbieten, damit Ärzte und Pflegekräfte ihre eigene Haltung zum Thema Organspende finden können.

Das EDHE-Programm erfüllt diese Kriterien nicht, da es von Eurotransplant entwickelt wurde und in Deutschland von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Transplantationszentren inhaltlich und organisatorisch verantwortet wird, die eine Ausweitung der Transplantationen zum Ziel haben und durch Sandoz - heute Novartis, einen der maßgeblichen Pharmakonzerne für die Herstellung von Immunsuppressiva, unterstützt werden.

Natürlich sollten Ärzte und Pflegekräfte darin geschult werden, Angehörige in ihrer Trauer zu begleiten und zu unterstützen. Man sollte jedoch bedenken, daß Ärzte und Pflegekräfte schon bei der "Spenderkonditionierung“ an einen potentiellen Empfänger denken sollen und den Patienten nicht mehr um seinetwillen therapieren bzw. pflegen. Im OP werden die Organentnahmen nicht zum Wohl des Spenders vorgenommen, sondern für einen potentiellen Empfänger. Eine allzu zielstrebige Schulung für den Umgang mit Angehörigen im Hinblick auf eine Einwilligung zur Organspende hätte möglicherweise zur Folge, daß auch die Begleitung in der Trauer nicht mehr nur zum Wohl der Angehörigen geleistet wird, sondern ebenfalls zum Wohle eines potentiellen Empfängers. Ich bin sogar der Meinung, daß solchermaßen von ihrem Ziel her vordefinierte Fortbildungen dazu beitragen, daß Abwehrmechanismen unterstützt werden (z.B. die Verleugnung oder Verdrängung ambivalenter Gefühle gegenüber dem "Hirntoten“) oder dazu führen, daß diese ausgebildet werden. Ärzte und Pflegekräfte, die nicht darüber informiert sind, welche negativen Folgen die Einwilligung zur Organspende mit sich bringen kann, die auch nicht über die möglichen Folgen einer Transplantation informiert sind, sollten sich nicht in das Einholen der Einwilligung zur Organspende involvieren lassen. Eine Entscheidung für oder gegen eine Organspende verlangt nach der Möglichkeit, neben den positiven Aspekten auch die negativen Folgen für Angehörige abschätzen zu können.

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update: 10.01.2004    by: Roberto Rotondo