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Ausführungsgesetze zum Transplantationsgesetz (TGP)


TPG - Landesgesetz Berlin

Achtes Gesetz
zur Änderung des Berliner Kammergesetzes

Vom 5. Oktober 1999

aus: Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin, Herausgeber: Senatsverwaltung für Justiz, 55. Jahrgang Nr. 42, A 3227 A

Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel I

Das Berliner Kammergesetz in der Fassung vom 4. September 1978 (GVBl. S. 1937, 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1997 (GVBl. S. 678), wird wie folgt geändert:

7. Es wird folgender§ 4deingefügt:

(1) Bei der Ärztekammer ist eine Kommission für die Erstattung der gutachtlichen Stellungnahmen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Transplantationsgesetzes (Lebendspendekommission) als unselbständige Einrichtung zu errichten. Die Kommission besteht aus
1. einem Arzt,
2. einer Person mit der Befähigung zum Richteramt und
3. einer in psychologischen Fragen erfahrenen Person.
Für jedes Kommissionsmitglied wird mindestens ein Stellvertreter berufen.

(2) Die Ärztekammer wird ermächtigt, eine Vereinbarung mit der Landesärztekammer Brandenburg über die Bildung einer gemeinsamen Kommission nach Absatz l für die Länder Berlin und Brandenburg zu schließen. Darin sind insbesondere die Berufung der Mitglieder einschließlich des Vorsitzenden sowie die Festlegung des Kommissionssitzes zu regeln. Bei einer Vereinbarung nach Satz l ist sicherzustellen, dass die Berufung der Mitglieder der gemeinsamen Kommission im Einvernehmen mit der die Staatsaufsicht über die Ärztekammer führenden Senatsverwaltung erfolgt und die maßgeblichen Vorschriften dieses Gesetzes zur Bildung und Tätigkeit der Kommission beachtet werden.

(3) Als Mitglied der Kommission darf nicht berufen werden, wer
1. als Arzt an der Entnahme oder Übertragung von Organen beteiligt ist,
2. Weisungen eines Arztes untersteht, der an solchen Maßnahmen beteiligt ist, oder
3. aus   sonstigen   Gründen,   insbesondere  wegen Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit auf Grund einschlägiger Vorstrafen, Vermögensverfall, Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte, für die Wahrnehmung der Kommissionstätigkeit ungeeignet erscheint.

(4) Die Mitglieder der Kommission und die Stellvertreter werden vom Vorstand der Ärztekammer im Einvernehmen mit der die Staatsaufsicht über die Ärztekammer führenden Senatsverwaltung für die Dauer von fünf Jahren berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig. Für ausgeschiedene Mitglieder und deren Stellvertreter sind für die Zeit bis zum Ende der regulären Amtszeit neue Mitglieder zu berufen.

(5) Lagen die Voraussetzungen für die Berufung nach den Absätzen l und 3 nicht vor, sind sie nachträglich weggefallen oder liegt sonst ein wichtiger Grund vor, so hat der Vorstand der Ärztekammer die entsprechende Person abzuberufen. Sind hinreichende Anhaltspunkte für eine Abberufung gegeben, so kann der Vorstand der Ärztekammer die Teilnahme an den Kommissionssitzungen vorläufig untersagen.

(6) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sind die Mitglieder der Kommission unabhängig, unterliegen keinen Weisungen und sind nur ihrem Gewissen verpflichtet.

(7) Die Kommission wird auf Antrag der Einrichtung tätig, in der das Organ entnommen werden soll. Der Antrag ist nur wirksam, wenn er von dem Organspender vor Eingang bei der Kommission unterschrieben worden ist, die übrigen Voraussetzungen nach § 8 des Transplantationsgesetzes vorliegen und dies durch die antragstellende Einrichtung bestätigt wird. Gegen die gutachtliche Stellungnahme sind Rechtsbehelfe nicht gegeben.

(8) Die Kommission soll den Organspender persönlich anhören. Sie kann Zeugen und Sachverständige sowie in begründeten Einzelfällen den Organempfänger anhören.

(9) Die Ärztekammer wird ermächtigt, das Nähere durch Satzung zu regeln, insbesondere
1. die Geschäftsführung und die Organisation der Arbeit,
2. die Wahl des Vorsitzenden und dessen Aufgaben,
3. das Verfahren,
4. die Kosten des Verfahrens und
5. die Entschädigung der Mitglieder."

Berlin, den 9. Oktober 1999

Satzung der Lebendspendekommission der Ärztekammer Berlin

Vom 13. Oktober 1999
Telefon: 4 08 06 - l 63 oder 4 08 06 - 0

Die Delegiertenversammlung hat gemäß § 4 d des Berliner Kammergeselzes in der Fassung vom 4. September 1978 (GVBl. S. 1937, 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 1999 (GVBl. S. 537), die folgende Satzung der Lebendspendekommission der Ärztekammer Berlin beschlossen:

I. Grundlagen und Aufgaben

§ l - Lebendspendekommission

Die Ärztekammer Berlin errichtet eine Kommission, die nach §8 Abs. 3 Satz 2 des Transplanlationsgesetzes (TPG) die Aufgabe hat, vor der Entnahme von Organen einer lebenden Person gutachtlich dazu Stellung zu nehmen, ob begründete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einwilligung in die Organspende nicht freiwillig erfolgt oder das Organ Gegenstand verbotenen Handeltreibens nach § 17 TPG ist. Die Kommission führt die Bezeichnung ,,Lebendspendekommission der Ärztekammer Berlin".

§ 2 - Kooperation mit der Landesärztekammer Brandenburg

Der Vorstand der Ärztekammer Berlin kann mit der Landesärztekammer Brandenburg eine Vereinbarung über die Bildung einer gemeinsamen Kommission nach § l für die im Transplantationsverbund verbundenen Länder Berlin und Brandenburg schließen.Die Vereinbarung kann von dieser Satzung abweichende Regelungen über die Bezeichnung der Kommission, die Berufung der Mitglieder und deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter sowie die Wahl der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden treffen.

§ 3 - Unabhängigkeit

Die Mitglieder der Kommission sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie sind nur ihrem Gewissen untenworfen. Sie sind während und nach Beendigung ihrer Tätigkeit zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet.
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II. Aufbau und Organisation

§ 4 - Mitglieder

(1) Die Kommission besteht aus
1. einer Ärztin oder einem Arzt,
2. einer Person mit der Befähigung zum Richteramt und
3. einer in psychologischen Fragen erfahrenen Person.

Für jedes Kommissionsmitglied werden zwei Stellvertreterinnen oder Stellvertreter berufen.

(2) Als Mitglied oder stellvertretendes Mitglied darf nicht berufen werden, wer
1. als Ärztin oder Arzt an der Entnahme oder Übertragung von Organen beteiligt ist,
2. Weisungen einer Ärztin oder eines Arztes untersteht, die bzw. der an solchen Maßnahmen beteiligt ist oder
3. aus sonstigen Gründen, insbesondere wegen Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit aufgrund einschlägiger Vorstrafen, Vermögensverfall, Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte, für die Wahrnehmung der Kommissionstäiigkeit ungeeignet erscheint.

(3) Die Mitglieder der Kommission und ihre Stellverlreterinnen und Stellvertreter werden vom Vorstand der Ärztekammer Berlin im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde für die Dauer von 5 Jahren berufen. Nach Ablauf der Amtsperiode bleiben sie bis zur  Neuberufung der Kommission und ihrer Stellvertreterinnen und Stellvertreter im Amt. Eine erneute Berufung ist zulässig. Für ausgeschiedene Mitglieder und deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter findet eine Nachberufung für die verbleibende Dauer der Amtszeit statt.

(4) Die Besetzung der Lebendspendekommission wird im Amtsblatt für Berlin veröffentlicht.

(5) Lagen die Voraussetzungen für die Berufung nach Absatz I und 2 nicht vor oder sind sie nachträglich weggefallen, so hat der Vorstand der Ärztekammer Berlin die entsprechende Person abzuberufen. Sind hinreichende Anhaltspunkte für eine Abberufung gegeben, kann der Vorstand die Teilnahme an den Kominissionssitzungen vorläufig untersagen.

(6) Die Mitglieder der Kommission wählen die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden sowie die erste und die zweite stellvertretende Vorsitzende oder den ersten und den zweiten stellvertretenden Vorsitzenden mit einfacher Mehrheit.

(7) Ist ein Kommissionsmitglied an der Teilnahme an der Sitzung verhindert, wird es durch eine(n) seiner Stellvertreterinnen oder Stellvertreter vertreten. Die Stellvertreterinnen oder Stellvertreter sollen abwechselnd eingesetzt werden.

(8) Sind sowohl die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende der Kommission als auch die erste und zweite stellvertretende Vorsitzende oder der erste und zweite stellvertretende Vorsitzende an der Sitzungsteilnahme verhindert, so werden die Aufgaben der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden der Kommission von dem stellvertretenden Kommissionsmitglied wahrgenommen, welches in seiner beruflichen Qualifikation der Kommissionsvorsitzenden bzw. dem Kommissionsvorsitzenden entspricht.

§ 5 - Geschäftsführung

Die Geschäftsführung der Kommission liegt bei der Ärztekammer Berlin.

III. Verfahren

§ 6 - Antrag

(1) Die Kominission wird auf Antrag der Einrichtung tätig, in der das Organ entnommen werden soll.

(2) Der Antrag ist nur wirksam, wenn er von der Organspenderin oder vom Organspender vor Eingang bei der Kommission unterschrieben worden ist und die antragstellende Einrichtung das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 8 TPG schriftlich bestätigt. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 8 TPG glaubhaft zu machen:

1. Dokumente, aus denen sich die Volljährigkeit derOrganspenderin oder des Organspenders ergibt,
2. Niederschrift über die Aufklärung und die Einwilligungserklärung der Organspenderin oder des Organspenders nach § 8 Abs. 2 TPG,
3. Stellungnahme dazu, ob die Person nach ärztlicher Beurteilung als Organspenderin oder Organspender geeignet ist und voraussichtlich nicht über das Operationsrisiko hinaus gefährdet oder über die unmittelbaren Folgen der Entnahme hinaus gesundheitlich schwer beeinträchtigt wird,
4. Stellungnahme dazu, ob die Übertragung des Organs auf die vorgesehene Empfängerin oder den vorgesehenen Empfanger nach ärztlicher Beurteilung geeignet ist, das Leben dieses Menschen zu erhalten oder bei ihr bzw. ihm eine schwerwiegende Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Beschwerden zu lindern und
5. Sozialanamnese, aus der sich auch die verwandtschaftlichen und/oder persönlichen Beziehungen der Spenderin oder des Spenders zur Empfängerin oder zum Empfänger ergeben.

Die Kommission kann von der antragstellenden Einrichtung ergänzende Unterlagen, Angaben oder Begründungen verlangen.

(3) Der Antrag bedarf der Schriftform. Er ist in deutscher Sprache und in vierfacher Ausfertigung vorzulegen.

(4) Entspricht der Antrag nicht den Formerfordernissen, so teilt die Kommission dies der antragstellenden Einrichtung unverzüglich mit und weist daraufhin, dass der Antrag grundsätzlich erst nach Behebung des Mangels bearbeitet wird.

(5) Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen soll die Bearbeitung durch die Kommission unverzüglich, der Dringlichkeit der Transplantation entsprechend, erfolgen.

§ 7 - Sitzungen

(1) Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende beruft die Sitzungen der Kommission ein und bestimmt Ort und Zeit der Sitzung. Sie bzw. er eröffnet, leitet und schließt die Sitzung. Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende veranlasst die erforderlichen Ladungen, die Abfassung des Protokolls und die Bekanntmachung der gutachtlichen Stellungnahme.

(2) Die Sitzungen der Kommission sind nicht öffentlich.

(3) Die Kommission soll die Organspenderin oder den Organspender persönlich anhören. Sie kann
Zeuginnen oder Zeugen und Sachverständige sowie in begründeten Einzelfällen die Organempfängerin oder den Organempfänger anhören.

(4) Über jede Sitzung ist ein Protokoll mit den wesentlichen Ergebnissen der Verhandlungen anzufertigen.

§ 8 - Beschlussfassung

(1) Die Kommission ist nur beschlussfähig, wenn alle Kommissionsmitglieder, oder im Falle der Verhinderung eines Kommissionsmitglieds dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter, bei der Sitzung anwesend sind.

(2) Die Kommission strebt über die abzugebende gutachtliche Stellungnahme einen Konsens an. Auch bei nur einer Gegenstimme ist eine ablehnende Stellungnahme abzugeben.

(3) Die gutachtliche Stellungnahme ist schriftlich zu begründen und der antragstellenden Einrichtung bekannt zu geben.

(4) Rechtsbehelfe sind gegen die gutachtliche Stellungnahme nicht gegeben.

§ 9 - Kosten

(1) Für die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Tätigkeil der Kommission nach § l gilt die Gebührenordnung der Ärztekammer Berlin, soweit die nachfolgenden Vorschriften nichts Abweichendes bestimmen.

(2) Die antragstellende Einrichtung trägt die Kosten des Verfahrens. Die Entrichtung der Gebühr ist Voraussetzung für das Tätigwerden der Kommission und soll mit Antragstellung nachgewiesen werden.

§ 10 - Entschädigung

Mitglieder der Kommission und ihre Stellvertreter erhalten für die Teilnahme an einer Sitzung eine Entschädigung nach Maßgabe der allgemeinen Enischädigungsregelung der Ärztekammer Berlin. Dies gilt auch für Sachverständige und Zeuginnen bzw. Zeugen, dienach § 7 Abs. 3angehört worden sind.

§ 11 - In-Kraft-Treten

Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Verkündung im Amtsblatt für Berlin in Kraft.

Berlin, 18. November 1999
 
gez. Dr. med. G. Jonitz
Präsident
gez. Dr. med. E. Wille
Vizepräsident

Der vorstehend kursiv geschriebene Text wird nach § 10 Abs. 2 und § 14 Abs. 12 des Berliner Kammergcsetzes in der Fassung vom 4. September 1978 (GVBl. S. 1937, 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 1999 (GVBl. S. 537), genehmigt.

Der vorstehend nicht kursiv geschriebene Text wurde am 17. November 1999 genehmigt und im Amtsblatt für Berlin Seite 4795 veröffentlicht.

Berlin, den 28. März 2001

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen


Mehrfach fragte BioSkop e.V. bei den zuständigen Landesministerien und Landesärztekammern nach, wie in der Praxis gepüft wird, ob eine "Organspende" freiwillig ist und wie die Kommissionen dem Handel mit Körperteilen einen Riegel vorzuschieben können. Konkrete Antworten blieben allerdings aus.
Die Ärztekammer Berlin schrieb uns am 21.12.2000:
(...) "Bezüglich Ihres Fragenkataloges sehen wir keine Veranlassung für eine ausführliche Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Ass. Ute Morck
Referat Recht der
Ärztekammer Berlin"



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update: 10.01.2004    by: Roberto Rotondo