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Plenarprotokolle

Zweite und Dritte Beratung zum TPG


Plenarprotokoll 13/183

Deutscher Bundestag

Stenographischer Bericht

183. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den

25. Juni 1997


I n h a l t :

Eintritt des Abgeordneten Dr. Michael Bürsch in den Deutschen Bundestag

16401 A

Abwicklung der Tagesordnung 16401 A

Tagesordnungspunkt 1:


a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD

und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Spende,

Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz)

(Drucksache 13/4355) 16401 B


- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Monika Knoche,

Gerald Häfner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten

Entwurfs eines Gesetzes über die Spende, die Entnahme und die

Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz) (Drucksache 13/2926)

16401 B


b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit


- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta Däubler-

Gmelin und weiterer Abgeordneter: Kriterien für die Spende, Entnahme und

Übertragung von menschlichen Organen


- zu dem Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Rudolf Scharping, Klaus

Kirschner, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Horst Seehofer, Dr. Wolfgang

Schäuble, Dr. Dieter Thomae, Wolfgang Zöller sowie weiterer Abgeordneter

der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Spende, Entnahme und

Übertragung von Organen


(Drucksachen 13/4114, 13/4368, 13/6591, 13/8017) 16401 C


Dr. Dieter Thomae F.D.P. 16402 C

Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16404 B, 16431 D

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. 16406 A, 16417 D, 16455 A

Beatrix Philipp CDU/CSU 16406 D

Dr. Wolfgang Wodarg SPD 16407 D, 16438 C, 16453 D

Rudolf Dreßler SPD 16410 C

Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16412 B

Eckart von Klaeden CDU/CSU 16413 A, 16455 A

Horst Seehofer CDU/CSU 16415 C, 16431 A, 16454 B

Dr. Erika Schuchardt CDU/CSU 16419 C

Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 16420 B

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. 16420 D

Otto Schily SPD 16421 C

Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16422 B

Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 16422 D, 16431 B, 16452 C

Horst Seehofer CDU/CSU 16423 D, 16428 C

Peter Conradi SPD 16424 D

Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 16425 C

Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16426 A

Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU 16427 B

Peter Dreßen SPD 16428 A, 16438 A

Dr. Ruth Fuchs PDS 16429 A

Dr. Hansjörg Schäfer SPD 16433 B

Otto Schily SPD 16434 B, 16439 A

Gudrun Schaich-Walch SPD 16435 B

Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD 16436 A

Jürgen W. Möllemann F.D.P. 16437 B, 16438 B, 16438 D, 16439 B

Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16439 C

Peter Hintze CDU/CSU 16440 C, 16483 A

Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU 16441 C

Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 16442 D

Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16443 B

Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 16444 A

Christina Schenk PDS 16445 B

Dr. Erika Schuchardt CDU/CSU 16446 B

Dr. Barbara Höll PDS 16447 C

Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 16448 C

Wolf-Michael Catenhusen SPD 16449 B

Konrad Kunick SPD 16450 A

Klaus Kirschner SPD 16450 C

Dr. Wolfgang Wodarg SPD 16451 C

Wolf-Michael Catenhusen SPD 16455 C

1. Namentliche Abstimmung über Änderungsantrag (Drucksachen 13/8025,

13/8027) 16453 C

Ergebnis 16479 A

2. Namentliche Abstimmung über Änderungsanträge (Drucksachen 13/8026,

13/8027, 13/8028, 13/8030) 16456 A

Ergebnis 16491 A

3. Namentliche Schlußabstimmung über den von den Fraktionen CDU/CSU, SPD

und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Transplantationsgesetzes

(Drucksachen 13/4355, 13/8017) 16456 D

Ergebnis 16503 A



Anlage 2

Erklärungen nach 1/231 GO zu den namentlichen Abstimmungen über

Änderungsanträge zu 1/21/23 und 4 Transplantationsgesetz 16507* C

Freimut Duve SPD 16507* C

Norbert Geis CDU/CSU 16507* D

Roland Kohn F.D.P. 16508* A

Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 16508* B

Wolfgang Zöller CDU/CSU 16508* B

Manfred Opel SPD 16509* B

...

183. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den 25. Juni 1997

Beginn: 9.00 Uhr


Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist

eröffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich mitteilen, daß der

Abgeordnete Norbert Gansel am 16. Juni 1997 auf seine Mitgliedschaft im

Deutschen Bundestag verzichtet hat. Als sein Nachfolger hat der

Abgeordnete Dr. Michael Bürsch am 17. Juni 1997 die Mitgliedschaft im

Deutschen Bundestag erworben. Ich begrüße den neuen Kollegen herzlich

und wünsche gute Zusammenarbeit.

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b auf:

a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU,

SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Spende,

Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG)

- Drucksache 13/4355 - (Erste Beratung 99. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Monika Knoche,

Gerald Häfner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten

Entwurfs eines Gesetzes über die Spende, die Entnahme und die

Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG)- Drucksache 13/2926 -

(Erste Beratung 99. Sitzung)

Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14.

Ausschuß)

- Drucksache 13/8017 -

Berichterstattung:

Abgeordnete Beatrix Philipp

Klaus Kirschner

Monika Knoche

Dr. Dieter Thomae

Dr. Ruth Fuchs

b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses

für Gesundheit (14. Ausschuß)

- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta

Däubler-Gmelin, Horst Schmidbauer (Nürnberg) und weiterer Abgeordneter

Kriterien für die Spende, Entnahme und Übertragung von menschlichen

Organen

- zu dem Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Rudolf Scharping, Klaus

Kirschner, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Horst Seehofer, Dr. Wolfgang

Schäuble, Dr. Dieter Thomae, Wolfgang Zöller sowie weiterer Abgeordneter

der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.

Spende, Entnahme und Übertragung von Organen

- zu dem Antrag der Abgeordneten Eckart von Klaeden, Dr. Wolfgang

Götzer, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig sowie weiterer Abgeordneter der

Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.

Eckpunkte für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen

- Drucksachen 13/4114, 13/4368, 13/6591,

13/8017 -

Berichterstattung:

Abgeordnete Beatrix Philipp

Klaus Kirschner

Monika Knoche

Dr. Dieter Thomae

Dr. Ruth Fuchs

Bevor wir mit der Beratung beginnen, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit

für einige Hinweise zum Ablauf der Debatte und zu den Abstimmungen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache

insgesamt vier Stunden vorgesehen.

Zunächst wird der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit berichten.

Danach wird ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Begrün


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16402


noch: Präsidentin Dr. Rita Süssmuth


nichtnamentliche Abstimmung über diesen Gesetzentwurf schließt sich

daran an.

Dann erhält das Wort zur Begründung eines Änderungsantrages zu 1/2 2

des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. der

Abgeordnete Schmidt-Jortzig.

Sodann erfolgt die Aussprache zum Gesetzentwurf der Fraktionen der

CDU/CSU, SPD und F.D.P. und den eingebrachten Änderungsanträgen zu den

zentralen Fragen zur Feststellung des Todes und der Zustimmung durch

andere Personen.

Nach Schluß der Aussprache folgen die Einzelabstimmungen in der zweiten

Beratung in folgender Reihenfolge: zunächst 1/2 3, Frage der

Feststellung des Todes. Über die hierzu vorliegenden beiden Vorschläge

auf den Drucksachen 13/8025 und 13/8027 der Initiativgruppen der

Abgeordneten von Klaeden, Wodarg, Knoche, Schmidt-Jortzig und anderer

sowie der Abgeordneten Seehofer, Lohmann, Dreßler, Thomae und anderer

wird entsprechend dem Verfahren nach 1/2 50 der Geschäftsordnung

alternativ abgestimmt. Die Abstimmung erfolgt namentlich. Dazu werden

rechtzeitig besondere Stimmzettel ausgegeben.

Danach erfolgen die Abstimmungen zu 1/2 4, Zustimmung Dritter zur

Organentnahme. Möglicherweise wird die Sitzung vorher kurz unterbrochen

werden, sofern es neue Änderungsanträge zu 1/2 4 gibt. Die dann zur

Abstimmung stehenden Varianten des 1/2 4 werden von den Antragstellern

kurz dem Plenum erläutert werden, damit jeder weiß, worüber er abstimmt.

Für die folgenden Abstimmungen über die Änderungsanträge zu 1/2 4 ist

wiederum das Verfahren entsprechend 1/2 50 der Geschäftsordnung

vereinbart. Das bedeutet: Falls nicht einer der Vorschläge schon im

ersten Abstimmungsgang die erforderliche Mehrheit der abgegebenen

Stimmen erhält, kommt es zu einem Stichentscheid zwischen den beiden

bestplazierten Vorschlägen. Die Abstimmungen erfolgen wiederum

namentlich. Dazu werden Ihnen besondere Stimmzettel rechtzeitig

ausgegeben.

Es ist nicht ausgeschlossen, daß nach den Abstimmungen zu den 1/21/2 3

und 4 im Hinblick auf sich daraus ergebende Folgeänderungen an anderer

Stelle des Gesetzes die Sitzung nochmals unterbrochen werden könnte,

bevor die Abstimmungen in der zweiten Beratung abgeschlossen sind und

wir in die Schlußabstimmung eintreten können.

Das vereinbarte Verfahren weicht in einigen Punkten von der üblichen

Gesetzesberatung nach unserer Geschäftsordnung ab, um der besonderen

Situation bei diesem Gesetz gerecht zu werden. Sind Sie mit dem

vorgeschlagenen Verfahren einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist es

mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen.

Nähere Hinweise zu den Einzelheiten des Abstimmungsverfahrens werden

unmittelbar vor der Abstimmung noch einmal erfolgen.

Ich eröffne jetzt die Aussprache und erteile dem Vorsitzenden des

Ausschusses für Gesundheit, Dr. Dieter Thomae, das Wort.

Dr. Dieter Thomae (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen

und Herren! Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz haben wir es uns

nicht leicht gemacht. Die Organspende ist ein ganz sensibles Thema, das

tief in unser Leben eingreift. Wir haben uns deshalb bewußt in

zahlreichen Anhörungen Zeit genommen, alle Facetten zu erörtern.

Als erstes stellt sich die Frage: Warum brauchen wir ein solches

Gesetz? - Weil wir Rechtssicherheit haben wollen. Es geht um Sicherheit

und Vertrauen für die Patienten, für die Angehörigen und für die Ärzte,

die direkt und indirekt an der Transplantation beteiligt sind.

Der Bund hat seit dem 15. November 1994 die Kompetenz, im Rahmen der

konkurrierenden Gesetzgebung ein Transplantationsgesetz auf den Weg zu

bringen. Im April 1995 ist der Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und F.D.P.

eingebracht worden. In bezug auf das Verfahren haben wir uns darauf

verständigt, ein sogenanntes Containergesetz einzubringen, das zwei

Themenkomplexe ausklammert, und zwar zum einen die Feststellung des

Todes und zum anderen die Frage: erweiterte oder enge Zustimmungslösung.

Diese Fragen werden auch stark ethisch, religiös und moralisch geprägt.

Diese Punkte werden in Form von gesonderten Anträgen eingebracht.

Hiermit werden wir uns im Anschluß an die Debatte zum Containergesetz zu

beschäftigen haben.

Der Gesetzentwurf - Containergesetz - befaßt sich mit folgenden

Schwerpunkten:

Erstens. Es werden klare Rechtsgrundlagen für die Spende und Entnahme

von Organen, Organteilen und Geweben zum Zwecke der Übertragung auf

andere Menschen geschaffen.

Zweitens. Es wird gewährleistet, daß jeder Mensch die Möglichkeit hat,

eine Organspende abzulehnen.

Drittens. Durch Aufklärung soll dafür gesorgt werden, daß möglichst

viele Menschen zu Lebzeiten erklären, ob sie mit einer Organentnahme

einverstanden sind oder nicht. Durch Informationen der Krankenkassen,

Aufklärungskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

und Unterrichtung der im jeweiligen Land zuständigen Stellen soll die

Informationsbasis geschaffen werden, die die Menschen brauchen, um sich

in dieser schwierigen Frage zu entscheiden. Während der Beratungen im

Gesundheitsausschuß ist dieser Gedanke noch einmal verstärkt worden. Die

gesetzlichen und die privaten Krankenkassen sollen den Auftrag erhalten,

ihre Versicherten in regelmäßigen Abständen mit den notwendigen

Unterlagen zu versorgen und dies mit der Bitte zu versehen - ich sage

sehr deutlich: mit der Bitte zu versehen -, eine Erklärung zur

Organspende abzugeben.

Viertens. Um sicherzustellen, daß der Wille des Verstorbenen auch

tatsächlich bekannt ist und be


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16403


noch: Dr. Dieter Thomae


Organspendenregister einzurichten. Die genaueren Einzelheiten sollen in

einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates geklärt werden,

weil es in diesem Zusammenhang viele Fragen gibt, die noch genau

abgewogen werden müssen. Ich nenne nur die Stichworte Datenschutz,

Festlegung der Anlaufstelle und Abgabe der Erklärung, aber auch die

Frage der Finanzierung zwischen Bund und Ländern.

Fünftens. Hier kommen wir zu einem der Kernbereiche: Der Gesetzentwurf

regelt die organisatorischen Voraussetzungen der Entnahme, der

Vermittlung und der Übertragung lebenswichtiger Organe. Das bedeutet im

einzelnen: Der endgültige, nicht behebbare Ausfall der gesamten

Hirnfunktionen oder der endgültige, nicht behebbare Stillstand von Herz

und Kreislauf muß durch zwei dafür qualifizierte Ärzte nachgewiesen

werden. Diese Ärzte müssen den Organspender unabhängig voneinander

untersucht haben. Diese Ärzte dürfen weder an der Entnahme noch an der

Übertragung der Organe beteiligt sein, und sie dürfen keiner Weisung

eines Arztes unterstehen, der in irgendeiner Weise an den Maßnahmen

beteiligt ist.

Damit schaffen wir größtmögliche Sicherheit für die Verstorbenen und

ihre Angehörigen, daß keine Manipulationen gegen die Interessen des

Organspenders vorgenommen werden können.

Die Übertragung von Organen, meine Damen und Herren, darf nur in dafür

zugelassenen Transplantationszentren erfolgen, die verpflichtet sind,

Wartelisten zu führen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens haben wir

uns entschlossen, festzuhalten, daß darüber, wer in die Warteliste

aufgenommen wird, nach Regeln entschieden werden muß, die dem Stand der

Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Nicht

ausschlaggebend sollen finanzielle oder soziale Aspekte sein. Diese

Regeln sollen durch ein Gremium noch weiter erarbeitet werden, dem neben

der Bundesärztekammer auch Juristen, Patienten und Angehörige von

Spendern angehören, um ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher

Akzeptanz zu schaffen.

Um zu gewährleisten, daß die im Vergleich zu den auf ein neues Organ

wartenden Menschen viel zu knapp bemessenen Organe gerecht verteilt

werden, sieht der Gesetzentwurf die Vermittlung über eine

Vermittlungsstelle vor, die finanziell und organisatorisch eigenständig

ist. Dabei kann auch eine internationale Stelle beauftragt werden, also

zum Beispiel Eurotransplant, über die bereits heute der Großteil der

Organvermittlungen abgewickelt wird.

Wer ein Organ erhält, wird nach Regeln entschieden, die dem Stand der

medizinischen Wissenschaft entsprechen. Insbesondere geht es um das

Ausloten von Erfolgsaussichten und Dringlichkeit. Um in diesen Bereich

Transparenz zu bringen und damit die Akzeptanz für Entscheidungen zu

erhöhen, müssen Vermittlungsentscheidungen begründet werden.

Eine von Krankenkassen, Bundesärztekammer und Deutscher

Krankenhausgesellschaft eingesetzte finanziell und organisatorisch

eigenständige Koordinierungsstelle soll dafür sorgen, daß die

Zusammenarbeit bei der Organentnahme und der Durchführung der bis zur

Transplantation erforderlichen Maßnahmen mit Ausnahme der

Organvermittlung bestmöglich organisiert wird.

Damit wird klargestellt, daß die Organentnahme keine Aufgabe des

einzelnen Transplantationszentrums ist, sondern eine

Gemeinschaftsaufgabe aller Transplantationszentren und der

Krankenhäuser, um das Transplantationsgeschehen insgesamt möglichst

gerecht und reibungslos abzuwickeln.

Um die Tätigkeit der Koordinierungsstelle auch für die Öffentlichkeit

transparenter zu gestalten, wird sie verpflichtet, jährlich einen

Bericht über die Tätigkeit jedes Transplantationszentrums zu erstellen.

Die Darstellung der Entwicklung der Warteliste sowie die Gründe für die

Aufnahme oder Nichtaufnahme in eine Warteliste dürften dabei von ganz

besonderem Interesse sein. Eine eingehende Darstellung und Begründung

kann die Akzeptanz der Entscheidung über die Aufnahme in die Warteliste

sicherlich fördern.

Sechstens: Die Lebendspende ist wegen ihrer möglichen Nähe zum

kommerziellen Organhandel ein ganz besonders sensibler Bereich. Wir

haben uns deshalb dafür entschieden, die Lebendspende nur bei

Verwandten, Ehepartnern oder Menschen, die sich offenkundig sehr

nahestehen, zuzulassen - wohl wissend, daß es auch Verfechter der

anonymen Lebendspende gibt. Da die Lebendspende jedoch eine besondere

Belastung für den Spender darstellt, der selber in eine prekäre

Situation gerät, wenn zum Beispiel auch seine eine noch verbleibende

Niere versagt, haben wir uns zu einer restriktiven Haltung durchgerungen

und festgelegt, daß eine Lebendspende nur dann in Frage kommt, wenn zum

Zeitpunkt der Organtransplantation kein geeignetes anderes Organ

vorhanden ist.

Die gründliche Aufklärung des Spenders über die Folgen dieses seines

Tuns ist selbstverständlich. Um sicherzugehen, daß hier vollständig und

umfassend informiert wird, sehen wir vor, daß die Unterrichtung

schriftlich festgehalten werden muß. Dabei ist auch über

versicherungsrechtliche Konsequenzen aufzuklären. Es muß sichergestellt

werden, daß die Lebendspende auf freiwilliger Basis erfolgt und nicht

unter finanziellem und moralischem Druck ausgelöst wird.

Siebtens. Gemeinsam wollen wir nicht, daß mit Organen gehandelt werden

kann. Kein Mensch hat ein Anrecht auf das Organ eines anderen. Es

handelt sich, wie der Name schon sagt, um eine Spende, die auf

freiwilliger Basis gewährt wird. Kommerzielle Interessen haben in diesem

äußerst sensiblen Bereich nichts zu suchen.

Der Gesetzentwurf zum Organhandel, der vormals vom

Bundesjustizministerium erarbeitet worden ist, hat deshalb Eingang in

das Transplantationsgesetz gefunden. Wir haben uns nicht schwer damit

getan, Strafen für denjenigen vorzusehen, der mit einem Organ Handel

treibt oder zu kommerziellen Zwecken


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Dr. Dieter Thomae


demjenigen geschehen soll, der todkrank ist und als einzige Rettung die

Möglichkeit sieht, ein Organ käuflich zu erwerben. Auch dieser - das

haben wir nach intensiver Diskussion beschlossen - macht sich nach

unserem Gesetzentwurf strafbar.

Achtens. Weitreichende datenschutzrechtliche Bestimmungen sorgen für

eine größtmögliche Sicherheit, daß mit diesen sensiblen Daten

verantwortungsbewußt umgegangen wird.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen jetzt die Kernpunkte genannt.

Mit diesem Gesetzentwurf - da bin sicher - schaffen wir Rechtssicherheit

für alle Beteiligten, aber auch Transparenz und Voraussetzungen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Mitgliedern des

Gesundheitsausschusses für das faire Miteinander bei dieser Frage und

diesem Themenkomplex.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD,

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zum Gesetzentwurf der Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Frau Knoche.

Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine sehr

geehrten Herren und Damen! Gerade weil die Praxis der Verpflanzung

menschlicher Organe zentrale Fragen zur Gültigkeit des Menschenbildes

und zu den Menschenrechten in der Medizin aufwirft, gerade weil die

Übertragung durchbluteter Organe existentielle Fragen zwischen Leben und

Tod berührt, haben wir Grüne uns bereits 1995 im Bundestag vehement

gegen die Festlegung eines pragmatischen Todeskonzeptes gewandt.

Im Herbst 1995 legten wir einen Gesetzentwurf vor. Er basiert auf der

klaren Absage der Gleichsetzung des sogenannten Hirntodes mit dem Tod

des Menschen. Er sieht zwingend die Wahrung der Selbstbestimmungsrechte

der Spendenden vor.

Wir zeigten damit zu Beginn der Debatte, daß es nicht dazu kommen muß

und darf, daß wegen neuer Möglichkeiten der Medizin das traditionelle

Todesverständnis verändert wird. Wir sagen, wie die Schutzinteressen der

Spendenden und die gesundheitlichen Belange Schwerorgankranker

gleichermaßen gewürdigt werden können. Es gibt für uns keine Konkurrenz

und keine prinzipielle Differenz in der Wahrung der Rechte beider

Seiten.

Hirntote sind Sterbende. Sie haben bis zuletzt Anspruch auf Schutz und

Solidarität. Organkranke haben den Anspruch auf umfassende Hilfe. Aber

ein Recht auf Organe kann es nicht geben.

Was ist also für ein Transplantationsgesetz wichtig? Die

Transplantationsmedizin kann Akzeptanz nur finden, wenn sie sich auf

alte Werte gründet, wenn wir sie in den gültigen allgemeinen

Wertekontext zurückführen. Das ist von weitreichender Bedeutung für die

Zivilität und Humanität der Gesellschaft. Es wäre fatal, die Bewertung

von Leben und Tod Nützlichkeitserwägungen zu unterwerfen. Denn das ist

es, was im Kern Mißtrauen schafft. Diese Therapie aber braucht Vertrauen

und Rechtssicherheit bei allen Beteiligten. Dies kann es nur geben, wenn

sicher ist, daß mit potentiell Spendenden nichts geschieht, was sie

nicht gewollt haben.

Unterschätzen wir bitte nicht die Mündigkeit und die altruistische

Spendebereitschaft der Bürger und Bürgerinnen. Seien wir nicht

mißtrauisch gegenüber dem freien Willen, sondern bauen wir das

Transplantationsgesetz auf den unveräußerlichen Selbstbestimmungsrechten

auf. Es gibt keinen vermeintlich guten Zweck, der die willkürliche

Vorverlegung des Todes rechtfertigt. Die Menschen werden den neuen Tod

nicht annehmen; sie erleben das Leben anders.

Das Thema ist zu sensibel und berührt zu sehr zutiefst prinzipielle

Werte, als daß wir noch so starken Partikularinteressen dienen dürften.

Wir müssen das Ganze und das ganzheitliche Menschenbild wahren. Nach

nunmehr 30 Jahren Praxis haben wir die Chance, ein Gesetz zu machen, das

dem neuesten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse und den Erfahrungen

mit dieser Therapieform entspricht.

Für uns Grüne war es zwingend, die ethische und grundrechtliche

Dimension in den Mittelpunkt zu stellen. Die Frage: ,,Ist der Mensch

schon tot, wenn keine Hirnfunktionen mehr meßbar sind?" ist von eminent

grundrechtlicher Relevanz. Darüber entscheidet sich, ob - um den

wachsenden Bedarf an menschlichen Organen maximal bedienen zu wollen -

das traditionelle Todesverständnis verändert wird. Die Gefahr besteht,

daß die Grenzen des Ethischen zugunsten zweckrationaler Erwägungen

aufgeweicht werden. Sind wir in der Lage, die Menschenwürde in allen

Zuständen zu wahren und bei dieser Therapie das alte Verständnis vom

Menschen als Zweck und Sinn durch sich zu unterstreichen?

An Ostern 1995, als sich seitens der Abgeordneten Seehofer, Dreßler und

Thomae die Einbringung eines Gesetzentwurfes abzeichnete, legten wir

Grünen ein politisches und prinzipielles Veto ein und sagten: Der

Hirntod ist nicht der Tod. Eine gesellschaftliche und wissenschaftliche

Kontroverse um das Hirntodkonzept begann. Erstmals richtete sich der

Blick auf die Seite der Spendenden und deren grundrechtlich verbürgten

Schutzinteressen. Denn ihnen wurde bislang per Definition die

Zugehörigkeit zur Gemeinschaft lebendiger Menschen abgesprochen. Das ins

Gesetz zu schreiben ist bis heute das Interesse der

Transplantationsmedizin geblieben. Alle Hirntodkritiker und -

kritikerinnen sagten: Selbst wenn Mediziner die Selbstaneignung der

Definitionsmacht als ihnen gegeben ansehen mögen - die Politik darf sich

deren Setzungen nicht unhinterfragt zu eigen machen.

Wir empfanden es als unsere politische Pflicht, eine allgemein gültige

Klärung der grundrechtlichen Fragen zu befördern und der Gesellschaft

zurückzugeben, worauf sie ein Recht hat: die Wahrung der


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16405


noch: Monika Knoche


nicht bestehenden Konsenses innerhalb und zwischen allen Human- und

Naturwissenschaften und trotz der kulturell und religiös begründeten

Einwände gegen den neuen praktischen Tod wurde diese Bedeutung erst im

Verlauf der zweijährigen Hirntoddebatte erkannt.

Bei unserer Beteiligung an den Konsensgesprächen im Herbst 1996 war

rasch klar, daß wir niemals das Ziel eines Gesetzes teilen können, das

auf die Organgewinnung gerichtet ist, und sich keine konsistente

Kompatibilität zu unserer Position zum Entnahmekriterium sowie zur

Zustimmungsregelung mit dem Omnibus wird finden lassen. Wir entschlossen

uns, einen eigenen Gesetzentwurf zu machen. Es ging um den Nachweis, daß

die Transplantationsmedizin diesen neuen Tod nicht braucht, um

fortgeführt werden zu können.

Über die Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Behauptung, der

Hirntod sei eine innere Enthauptung, und der lebensweltlichen Erfahrung

der Erfahrbarkeit von Lebendigkeit mag sich die Bundesärztekammer

hinwegsetzen. Die Politik aber muß das tunlichst vermeiden.

Ein Gesetz darf auch nicht die Illusion von der Befriedigung des

Organmangels mehren. Der wachsende Bedarf wird mit keiner Regelung zu

befriedigen sein. Dieses Dilemma wird immer bleiben. Deshalb muß es zu

einer grundrechtlichen Bewertung kommen. Tut man es nicht auf diese

Weise, werden die Probleme nicht geringer.

Bei der Ablehnung dieser neuen Todesart gibt es einen Zuwachs an neuen

Fragen; doch sie sind nicht alle offen. Es entspricht nicht den

Tatsachen, daß das Hirntodkonzept weltweit anerkannt oder unstrittig

sei. Wer heute noch behauptet, ohne einen neuen Tod wäre die

Transplantation am Ende, ignoriert den Stand verfassungsrechtlicher

Erkenntnisse. Selbst in Amerika, an der Harvard-Universität, wird davon

gesprochen, daß es an der Zeit ist, das Hirntodkonzept zu revidieren.

Auch in den Kirchen in Deutschland hat sich eine fundamentale

Veränderung vollzogen. Sie wissen, daß Herr Kardinal Meisner

ausdrücklich darauf hinweist,

(Zurufe von der CDU/CSU)

daß es nicht Aufgabe der Politik ist, einen neuen Tod festzuschreiben.

Es wird Sie vielleicht wundern, daß ich mich darauf berufe. Genau diese

Aussage aber ist die Grundlage, auf der wir unser Gesetz fundieren. Wir

sagen: Es entspricht der Ethik des Grundgesetzes, die keine Ethik der

Interessen ist. Schon aus diesem Grund steht es dem Gesetzgeber nicht

zu, einen neuen Tod zu definieren.

Noch einige Bemerkungen zu dem, was im Omnibus-Gesetz nicht geregelt

wurde und von uns für unverzichtbar gehalten wird. Sie wissen, daß es in

Deutschland eine neue Praxis der Transplantation fötalen Hirngewebes

gibt und die Begehrlichkeiten danach wachsen. Wir haben darauf

aufmerksam gemacht und in unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen, dies über

eine klare Verbotsregelung für die Zukunft auszuschließen, weil wir es

für eine Übertretung ethischer Grenzen halten. Deshalb legen wir hierfür

mit unserem Gesetzentwurf eine strikte und klare Lösung vor.

Wir halten es ebenfalls für unverzichtbar, daß nicht die

Bundesärztekammer festlegt, welche Kriterien nach dem Stand der

Wissenschaft für die Feststellung des Hirntodes gelten sollen, sondern

daß dies der Gesetzgeber selbst vorzunehmen hat.

Ich glaube, daß sehr viele Fragen, die die Organisation der

Transplantationsmedizin betreffen - die Frage der Verteilung der Organe

und deren Vermittlung, der Koordination, der Zusammenarbeit der

Transplantationszentren - , viel über das Maß an Gerechtigkeit bei

dieser Therapieform aussagen. Wir müssen uns aber gewiß sein, daß eines

immer bleiben wird: Der Bedarf an Organen wird wachsen, der Mangel ist

nicht zu beseitigen. Die Begrenztheit dieser Therapieform liegt darin,

daß die Transplantationsmedizin die Grenzen der Fremdleibigkeit

überschreitet.

Nach zwei Jahren sehr ernsthafter und intensiver Diskussion in der

Öffentlichkeit und im Parlament ist es jetzt an der Zeit, den richtigen

Weg zu gehen. Mit dem Grünen-Gesetzentwurf liegt ein in sich logischer,

konsequenter Lösungsvorschlag vor: Er ist streng an grundrechtlichen und

medizin-ethischen Anforderungen orientiert. Er gibt Rechtssicherheit für

alle. Er befürwortet die Transplantationsmedizin und ist die

Entscheidungsalternative zum Omnibus geblieben.

Danke.

(Beifall beim Bündnis 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS sowie bei

Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Bevor wir in der Aussprache fortfahren,

wollen wir entsprechend dem vereinbarten Verfahren über den

Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über die Spende, die

Entnahme und die Übertragung von Organen auf Drucksache 13/2926

abstimmen. Der Ausschuß für Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 13/8017

unter Nr. 1 Buchstabe c, über den Gesetzentwurf einen Beschluß im Plenum

herbeizuführen. Eine darüber hinausgehende Beschlußempfehlung hat der

Ausschuß nicht abgegeben.

Ich lasse deshalb jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis

90/Die Grünen auf Drucksache 13/2926 abstimmen.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das

Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf

ist in zweiter Beratung mehrheitlich abgelehnt worden.

Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung des

Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Grundlage der

weiteren Beratung ist damit nur noch der Gesetzentwurf der Fraktionen

der CDU/CSU, SPD und F.D.P. in der Ausschußfassung.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Präsidentin Dr. Rita Süssmuth


Wir setzen jetzt die Aussprache fort. Ich erteile dem Abgeordneten

Schmidt-Jortzig das Wort zur Begründung des Änderungsantrags zu 1/2 2

des Transplantationsgesetzes; das ist Drucksache 13/8029.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren Kollegen! Wir beraten diese existentielle und grundsätzliche

Frage heute vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Spendebereitschaft

und somit die Verfügbarkeit von Spenderorganen - das sage ich

ausdrücklich - in Deutschland dramatisch zurückgegangen sind, und das,

obwohl Hunderte und Tausende von Menschen für ihr Weiterleben - und sei

es auch nur ein Weiterleben in dem jetzigen begrenzten

Gesundheitszustand - auf Spenderorgane angewiesen sind. Deshalb müssen

wir - das ist der Gegenstand des Änderungsantrages des Kollegen Eckart

von Klaeden und mir - das verlorengegangene oder nur schlummernde

Vertrauen und die verlorengegangene oder nur schlummernde

Spendebereitschaft neu oder wieder wecken. Das können wir nur tun, wenn

wir engagiert an die Menschen herangehen. Ich möchte auch im Namen von

Eckart von Klaeden dafür werben, daß das anders und direkter als in der

Fassung des vorliegenden Entwurfs zum Ausdruck kommt.

In dem neuen 1/2 2 Abs. 1 Satz 3 hat sich der Ausschuß ja in bezug auf

diesen Punkt bewegt und hat immerhin gefordert - das finde ich sehr

beachtlich -, daß die Krankenkassen und die privaten

Krankenversicherungsunternehmen die Unterlagen für eine

Organspendeerklärung in regelmäßigen Abständen ihren Versicherten zur

Verfügung stellen sollen.

Unser Entwurf geht in drei Punkten darüber hinaus, weil ich zutiefst

davon überzeugt bin, daß wir an dieser Stelle die Bereitschaft zur

Spende viel energischer und viel gezielter stärken müssen.

Erstens wollen wir die Tatsache, daß es sich um regelmäßige Abstände

handeln soll, verdeutlichen, indem wir in das Gesetz hineinschreiben:

,,insbesondere bei der Ausgabe und der Verlängerung der

Krankenversichertenkarte \u oder entsprechenden Versicherungsnachweisen

\u". Das gilt für die privaten Krankenversicherungsunternehmen und die

Krankenkassen.

Das tun wir zweitens, indem wir auch die örtlich zuständigen Behörden

einbinden. In unserem Änderungsantrag steht:

Bei der Ausgabe oder Änderung des Personalausweises, des Führerscheins

und anderer Personalformulare geben die zuständigen örtlichen Behörden

diese Unterlagen ebenfalls aus.

Ich weiß, daß das in vielen Kommunen schon passiert; bekannt ist das

Beispiel der Stadt Mainz. Ich kenne auch mindestens zwei Kommunen in

Schleswig-Holstein, die das machen. Aber dies ausdrücklich in das Gesetz

hineinzuschreiben und es damit zur Pflicht zu machen, halte ich

angesichts der grundsätzlichen Frage für wichtig, daß wir die

Bereitschaft zum mitmenschlichen Handeln und zur Organspende erhöhen

wollen.

Das ist im übrigen auch verfassungsrechtlich möglich. Es ist

argumentiert worden, ein Bundesgesetz könne keine örtlichen

Zuständigkeiten regeln. Ich verweise indessen nur auf Art. 84 Abs. 1 des

Grundgesetzes, dessen Voraussetzungen hier vorliegen.

Drittens möchten Eckart von Klaeden und ich - das ist ganz wichtig,

obwohl es da nur um Worte geht -, daß dort nicht nur das Wörtchen

,,Bitte", sondern das Wort ,,Aufforderung" stehen soll. Die Menschen

sollen also ausdrücklich gefordert werden, ihre Bereitschaft zur

Organspende zu erklären. Das ist mehr als nur eine relativ

unverbindliche Ansprache. Das ist ein gezielter Appell. Das ist ein

Fassen an das ethische Portepee. Das ist ein Aktivierenwollen - wenn Sie

es moralisch, wenn Sie es auch christlich haben wollen - der

Mitmenschlichkeit. Das ist das Modell Bürgerpflicht, die natürlich keine

rechtliche Pflicht sein kann und darf, die man irgendwie mit Zwängen

durchsetzt. Aber es ist eine moralische Pflicht, die wir als solche

positionieren wollen.

Ich bitte Sie deshalb, diese Verschärfung der Ansprache der Menschen

bezüglich einer Steigerung der Spendenbereitschaft, einer Steigerung des

Problembewußtseins in diesem Punkt - vor allen Einzelfragen, ob wir uns

nachher für die engere oder die weitere Zustimmungslösung aussprechen,

also vor der Klammer - grundsätzlich zu akzeptieren, hier mitzumachen.

Bitte stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Über den Änderungsantrag zu 1/2 2 stimmen

wir später ab, nicht jetzt. Insofern setzen wir die Aussprache fort. Das

Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Philipp.

Beatrix Philipp (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Rechtssicherheit und Transparenz - das waren die Ziele, die wir mit dem

Organtransplantationsgesetz erreichen wollten und noch immer wollen.

(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: So ist es!)

Herr Dr. Thomae hat darauf hingewiesen.

Der soeben beschlossene Gesetzentwurf, aber auch der nun zur Abstimmung

stehende Antrag haben zum Inhalt - ohne ein Detail zu verändern -, was

weltweiter Standard und in den deutschen Transplantationszentren seit

mehr als 25 Jahren Praxis ist.

Wir übernehmen mit dem Antrag praktisch den Transplantationskodex, den

sich die Transplantationszentren selbst gegeben und zu dessen Einhaltung

sie sich verpflichtet haben.

Wir übernehmen die Auffassung der Kirchen, auch wenn die persönlichen

Meinungen einzelner prominenter Vertreter einen anderen Eindruck

erwecken, Frau Knoche.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16407


noch: Beatrix Philipp


Meine Damen und Herren, für uns Antragsteller gibt es eine unabdingbare

Voraussetzung, die sowohl für die Organspender und die Organempfänger

als auch für die Transplantationschirurgen unverzichtbar ist, nämlich:

Der Mensch, dem Organe entnommen werden, muß tot sein. Diese Meinung

teilen in diesem Haus leider nicht alle. Aus Zeitgründen muß ich auf die

Begründung dafür verzichten. Aber ich bin sicher, daß die Mehrheit der

Menschen in unserem Lande unsere Auffassung aus ganz natürlichen und

naheliegenden Gründen teilt.

Die zentrale Frage aber ist: Wann ist der Mensch tot? Diese Frage wird

weltweit so beantwortet, wie dies in unserem Antrag vorgesehen ist. Die

Formulierung, die wir darüber hinaus gewählt haben, daß nämlich der Tod

des Organspenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der

medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt wird, folgt

konsequent der Tatsache, daß es in den vergangenen Jahrhunderten

unterschiedliche Todesfeststellungen gegeben hat. Ich denke an den Atem-

oder Herzstillstand. Beide sind heute reversibel, also nicht mehr

gültig.

Damit ist der Gesamthirntod aber keine Erfindung der

Transplantationsmedizin. Es ist schlichtweg falsch, zu behaupten, es

handele sich um eine ,,wertende Beschreibung". Es ist völlig

unbestritten und nicht neu, daß der Hirntod den Tod des Menschen

markiert. Neu sind die naturwissenschaftlichen, das heißt die

pathophysiologischen Erkenntnisse bzw. die Nachweisbarkeit des

irreversiblen Zustandes vor dem endgültigen Herzstillstand.

Meine Damen und Herren, das Thema Tod ist noch immer tabuisiert. Die

Neigung, Gefühlen und Empfindungen gerade in diesem Bereich Raum zu

geben, persönliche Empfindungen in den Vordergrund zu stellen oder die

Gefühle und Empfindungen anderer zu seinen eigenen zu machen, ist

sicherlich sehr groß, sie ist auch nachvollziehbar und verständlich.

Ich stehe sicherlich nicht im Verdacht, besonders wissenschaftsgläubig

zu sein, meine aber: Gefühle und Empfindungen verstellen in diesem

Zusammenhang den Blick auf Tatsachen und Fakten.

Meine Damen und Herren, für mich persönlich hat der quantitative

Aspekt, nämlich die Anzahl der Spender zu erhöhen, nie eine große,

sondern immer eine untergeordnete Rolle gespielt. Dennoch müssen wir zur

Kenntnis nehmen, und es muß uns beunruhigen, daß bei Eurotransplant in

Leiden schon jetzt der Schlüssel für die Verteilung der Organe

zuungunsten der Bundesrepublik verändert wurde. Das ist verständlich:

Warum sollen wir in Deutschland von der sehr viel größeren

Spendenbereitschaft in sehr viel kleineren Ländern profitieren?

(Abg. Christa Nickels [Bündnis 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer

Zwischenfrage)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Philipp, gestatten Sie eine

Zwischenfrage?

Beatrix Philipp (CDU/CSU): Nein, ich habe so wenig Zeit als

Berichterstatterin. Ich bitte um Nachsicht, sonst immer gern.

Es entspricht aber der Lebenserfahrung zu wissen, daß es Menschen gibt,

die sich mit dem Tod, erst recht mit dem eigenen, nicht befassen können

oder wollen, zum Beispiel junge Menschen, die den Tod zu Recht noch weit

entfernt vermuten. Ich denke auch an Unfallopfer oder an minderjährige

Kinder, für die das nicht zutrifft.

Angehörige haben uns immer wieder versichert, daß sie - wenn überhaupt

- dann einen Sinn im Verlust eines nahestehenden Menschen erkennen, wenn

sie sehen, daß sie durch die Zustimmung zu einer Organspende anderen

Menschen das Weiterleben ermöglichen.

Meine Damen und Herren, wir entscheiden heute über die zukünftige

Teilhabe der Bundesrepublik an der Transplantationsmedizin und damit

auch über das Schicksal vieler Menschen. Wir entscheiden auch über das

Vertrauen in die ärztliche Behandlung, wie sie seit mehr als 25 Jahren

in den Transplantationszentren gehandhabt wird.

Im Interesse der Rechtssicherheit und Transparenz, besonders aber im

Interesse der Menschen, sollten wir heute nicht hinter dem

zurückbleiben, was weltweit, auch bei uns, seit mehr als 25 Jahren

praktiziert wird.

Kurz: Wer in 1/2 3 sagt, der Mensch ist nicht tot bzw. muß nicht tot

sein, wer sich um die Todesfeststellung herummogelt, muß wissen, daß es

in Deutschland zukünftig keine Transplantation mehr geben kann und geben

wird.

Wer sich in 1/2 4 für die enge Zustimmungslösung entscheidet, muß

wissen, daß es zukünftig kaum noch Transplantationen geben wird und daß

er damit dem Transplantationstourismus Tür und Tor öffnet.

Ich bitte Sie daher inständig um die Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Wodarg.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich habe gestern von den Eltern eines in der Schweiz nach

einem Skiunfall verstorbenen jungen Mannes einen erschütternden Brief

erhalten. Sie klagen eine Schweizer Transplantationsklinik an, ihre

Zustimmung zur Organentnahme bei ihrem Sohn eigenmächtig erweitert und

mißbraucht zu haben. Sie machen der Klinik Vorwürfe, weil ihrem Sohn

dort mehr als die zugestandenen Nieren entnommen worden seien.

Es sei ihnen nicht ermöglicht worden, von dem Toten nach der

Explantation endgültig Abschied zu nehmen. Sie hätten nur von ihm

Abschied nehmen


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Dr. Wolfgang Wodarg


sagten - noch lebte.

Etwa 5000 mal pro Jahr stehen in Deutschland Ärzte und Pflegekräfte am

Bett ihrer Patienten und müssen zugestehen, daß sie mit ihrer Kunst am

Ende sind, daß sie ihren Patienten nicht mehr helfen können, weil bei

diesen die Zeichen des vollständigen unwiederbringlichen Hirnversagens,

des sogenannten Hirntods, erkennbar sind.

Diese Patienten liegen genau wie vor der Diagnosestellung bewußtlos im

Bett, sie werden beatmet, gepflegt und mit Nährstoffen, Flüssigkeit und

Medikamenten versorgt. Die Angehörigen kommen zu Besuch, streicheln

ihren Angehörigen, reden mit ihm und merken keinen Unterschied.

Ein Patient, dessen Gehirn unwiederbringlich zerstört ist, kann nicht

gerettet werden. Wir können heute die Organfunktionen von Herz, Nieren

und anderen Organen vorübergehend durch Maschinen ersetzen, zum Beispiel

so lange, bis ein Spenderherz, eine Spenderniere gefunden wurde.

Wir können auch einige Funktionen des Gehirns für Wochen, ja, manchmal

sogar für Monate ersetzen, so daß der Tod des ganzen Menschen nicht

eintritt. Aber es gibt kein Spenderhirn, obwohl erste Versuche in

Schweden und in den USA laufen, vermehrungsfähiges Hirngewebe von

Embryonen bei Alzheimer- und Parkinsonpatienten zu transplantieren.

Wenn das ganze Gehirn für immer seine Funktion eingestellt hat, dann

muß eine Entscheidung getroffen werden, eine Entscheidung, bei der es

nur zwei Alternativen gibt. Diese Alternativen sind:

Erstens. Der Sterbeprozeß wird beendet, indem die künstliche Beatmung

abgeschaltet wird. Der Patient erstickt.

Zweitens. Der Patient wird im OP vorbereitet, mit Medikamenten

ruhiggestellt, und der Sterbeprozeß wird durch die operative Entnahme

lebenswichtiger Organe beendet.

Wer soll das jetzt entscheiden? Wir wissen alle, daß das eigentlich nur

jeder Mensch zu Lebzeiten selbst kann. Ärzte und Pflegepersonal fürchten

diese Situation: der Anruf bei der Familie, beim Lebenspartner, der

Aufschrei, die Stille und dann das Schluchzen: Das kann nicht sein! Das

glaube ich nicht! Können Sie es nicht noch einmal versuchen?

Bevor die Angehörigen informiert wurden, ist auf der Intensivstation

der sogenannte Hirntod diagnostiziert worden. Seit 1968, dem Jahr der

Harvard-Konvention, ist das die Diagnose, die Ärzte und Pflegepersonal

straffrei läßt, wenn sie jetzt alle therapeutischen Versuche abbrechen

und die Beatmung abschalten. Ja, diese Diagnose verpflichtet sie sogar,

nichts mehr zu unternehmen, was das unausweichliche Sterben ihres

Patienten ohne dessen ausdrücklichen Willen hinauszögert. Jetzt muß sie

also getroffen werden, die Entscheidung zwischen Abschalten oder

Explantation. Wer kann sie treffen? Wer darf sie treffen? Wer soll sie

treffen?

Eines ist klar: Die Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn den

behandelnden Ärzten die Möglichkeit der Organspende überhaupt bewußt ist

und wenn aus ihrer Sicht nichts dagegen spricht. In diesem Zusammenhang

ist es erstaunlich, daß nur etwa 2000 der 5000 in Frage kommenden

Patienten von ihrer Klinik, von ihren behandelnden Ärzten an die

Transplantationszentren als mögliche Organspender überhaupt gemeldet

werden. Was hält die anderen Ärzte, die anderen Kliniken davon ab,

dieses auch zu tun? Wir könnten gut doppelt so viele Organspender haben,

wenn nur die Kliniken und ihre Intensivmediziner die möglichen Spender

alle melden würden.

Es stellt sich noch eine Frage, der wir auf den Grund gehen müssen,

wenn wir wollen, daß mehr Menschen einen Organspendeausweis

unterschreiben: Warum haben nur etwa 7 Prozent der Bevölkerung einen

solchen Ausweis, obwohl doch laut neuesten Umfragen etwa 80 Prozent

bereit wären, ihre Organe zu spenden?

Im Gespräch mit einer Selbsthilfegruppe von Transplantierten und von

Patienten, die auf eine Transplantation warten, wurde mir eine

einleuchtende Erklärung dafür gegeben. Meine Gesprächspartner meinten:

Viele auf der Straße von ihnen angesprochene Passanten - sie werben auf

der Straße für Organspenden - wollten einen solchen Ausweis nicht bei

sich tragen, weil sie Angst hätten, damit in das falsche Krankenhaus

eingeliefert zu werden.

Wir haben hier einen Hinweis auf die wirkliche Wurzel für das uns alle

bewegende Defizit, für die fehlenden Organspendeausweise: Es ist eben

nicht mangelnde Hilfsbereitschaft, es sind Mißtrauen und Unsicherheit,

die die Menschen zögern lassen, einen solchen Organspendeausweis bei

sich zu tragen - das gleiche Mißtrauen, welches vor einigen Jahren zum

Rückgang von Blutspenden geführt hat, als ruchbar wurde, welche

Geschäfte mit dem gespendeten Blut gemacht wurden.

Wie hilfsbereit und wie spendefreudig unsere Bevölkerung sein kann,

können wir zum Beispiel daran ablesen, daß es nur eines einzigen

Zeitungsartikels bedarf, um Tausende von Menschen dazu zu bewegen, sich

in die lange Schlange derer zu reihen, die zu einer Knochenmarkspende

bereit sind, um leukämiekranken Kindern das Leben zu retten.

Die Menschen sind vorsichtig; das ist in Ordnung. Aber was uns zu

denken geben sollte: Sie fürchten, daß im Krankenhaus nicht ihre

Gesundheit im Vordergrund stehen könnte, sondern die immer länger

werdende Warteliste der Transplantationszentren. Mißtrauen gegenüber der

weißen Zunft hat sich breitgemacht: Herzklappenskandal, das Erlanger

Baby, das dritte Herz des Herrn von Thurn und Taxis. Das sind Gründe für

die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit; das sind die Gründe,

weshalb nur eine geringe Zahl der Menschen einen Organspendeausweis mit

sich führen möchte.

Wir - das sind die über 100 Antragsteller aus allen Fraktionen - wollen

dieses Mißtrauen mit unserem Antrag grundlos machen. Wir bieten eine

Lösung an, die das Vertrauen in die Organspende wiederher-


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Dr. Wolfgang Wodarg


stellt. Wir wollen eine klare, transparente, aufrichtige Lösung.

Diese Aufrichtigkeit fängt bereits beim Wort ,,Hirntod" an. Es ist

auffällig, daß der Begriff vom üblichen medizinischen Sprachgebrauch

abweicht. Bei vergleichbaren Schädigungen anderer lebenswichtiger Organe

spricht man von Nierenversagen, Herzversagen oder Lungenversagen. Das

irreversible Hirnversagen aber wird kurzweg Hirntod genannt.

Wie irreführend dieser Begriff ist, wird deutlich, wenn der sonst

übliche medizinische Sprachgebrauch näher durchleuchtet wird: Von

,,Herzversagen" spricht man, wenn das Herz nicht mehr arbeitet, kein

Blut mehr pumpt. Von ,,Herztod" - Sekundenherztod zum Beispiel - spricht

man aber erst, wenn der ganze Mensch infolge eines Herzversagens

gestorben ist.

Von ,,Hirntoten" dürften Ärzte eigentlich nur dann sprechen, wenn

infolge des Hirnversagens ein Stadium eingetreten ist, in dem alle

Organe aufgehört haben zu arbeiten und der ganze Mensch so tot ist, daß

er auch begraben werden könnte.

Selbst das Versagen des ganzen Gehirns führt heute nicht mehr

unverzüglich zum Tode. Das ist das Neue. Das führt auch dazu, daß in

Amerika über das Hirntodkonzept völlig neu nachgedacht wird. Es ist

nicht so, daß dieses Konzept in der ganzen Welt unumstritten ist. Im

Gegenteil, es mehren sich die kritischen Stimmen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ohne funktionierendes Gehirn können heutzutage Menschen über Wochen und

Monate am Leben erhalten werden, wie der Fall der Marion Ploch in

Erlangen 1993 aller Welt gezeigt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre doch absurd, wenn wir einen

Menschen, dessen Herz versagt hat und der an eine künstliche Blutpumpe

angeschlossen wurde, um auf ein Spenderherz zu warten, als Herztoten

bezeichnen würden.

Für uns ist deshalb das endgültige, vollständige Hirnversagen nur ein

Wendepunkt, der das Sterben unumkehrbar gemacht hat. Er wird von uns als

Entnahmevoraussetzung für noch lebende Organe akzeptiert, aber eben

nicht mit dem Tod gleichgesetzt.

Dieser so doppeldeutig als Hirntod bezeichnete Zustand stellt sich

meist nicht schlagartig ein, sondern entwickelt sich im Laufe von

Stunden oder Tagen. Ein Unfall zum Beispiel, eine Blutung oder ein Tumor

kann das ganze Gehirn unwiederbringlich zerstören.

Der Patient im Hirnversagen ist ein bewußtloser, tief komatöser Mensch,

der beatmet werden muß. Reflexe, die an eine intakte Gehirnfunktion

gebunden sind, zeigt er nicht mehr. Er schließt nicht die Augen, wenn

Lid oder Hornhaut berührt werden. Die Pupillen sind weit und reagieren

nicht mehr auf Lichtreize. Auch der Hustenreflex ist erloschen.

Reflexe, die auf ein intaktes Rückenmark schließen lassen, zeigen sich

noch: der Kniesehnenreflex zum Beispiel, eine Erektion ist noch möglich

und andere im Rückenmark koordinierte Reaktionen.

Aber Reflexe sind Reaktionsweisen von Lebewesen, von Lebenden. Das

heißt, sie zählen eindeutig zu Lebenserscheinungen.

Sogenannte Hirntote zeigen weitere Lebensäußerungen, wie Herztätigkeit,

Stoffwechsel, sie schütten Hormone aus, Blutbildung und Blutgerinnung

funktionieren noch. Falsch ernährt, können diese Patienten Durchfall

oder Verstopfung bekommen. Zudem sind an ihnen vegetative Reaktionen,

zum Beispiel Hautrötung, Schwitzen und unkoordinierte Bewegungen, zu

beobachten. Selbst Wunden können sie noch ausheilen.

Daß und wie stark lebenswichtige Körperfunktionen gestört sind, läßt

Rückschlüsse auf den Schweregrad einer Erkrankung zu. Es besagt jedoch

nicht, daß der Mensch tot ist.

Wird ein Patient im Hirnversagen operiert, um ihm Organe zur

Transplantation zu entnehmen, so reagiert er in vieler Hinsicht, wie

jeder Mensch, der operiert wird, der unbewußt Schmerz erlebt. Er zeigt

Reaktionen: Die Pulsfrequenz schnellt hoch, der Blutdruck bewegt sich,

Hormone werden ausgeschüttet. Zu solchen Reaktionen ist ein Leichnam

nicht mehr in der Lage.

Patientinnen im Hirnversagen, die schwanger sind, beweisen geradezu,

daß sie zwar sehr schwer krank, aber doch noch am Leben sind. Die

Entwicklung eines Kindes im Mutterleib ist eine der wundervollsten,

höchst integrativen Lebenserscheinungen, die wir kennen.

In Erlangen wurde im Oktober 1992 die schwangere Marion Ploch für tot

erklärt. Mit ihr wurde einer breiten Öffentlichkeit brutal vor Augen

geführt, daß sich heutzutage Schwangerschaft und Tod nicht mehr

ausschließen und daß die Mediziner der angeblich Toten sogar zutrauten,

ein gesundes Kind zur Welt zu bringen.

(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Aber nicht bei Hirntoten! Bei

Koma!)

Das hat zwar im Fall des Erlanger Babys nicht geklappt, ist aber in

anderen Fällen bereits gelungen. Es schafft einfach Verwirrung und

Mißtrauen, wenn in einigen Bundesländern die Ärzte einem Menschen mit

noch schlagendem Herzen genau den gleichen Totenschein ausstellen wie

einer Leiche.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute gibt es - das ist neu in der

Medizin - Ärzte, die nicht im Interesse der todkranken möglichen

Spender, sondern im Interesse der Beschaffung von Organen für ihre

Patienten auftreten. Sie sind es, die vom Gesundheitsminister, vom

Deutschen Bundestag gemeinsam mit den von ihnen transplantierten

Organempfängern fordern, Patienten im Stadium des irreversiblen

Hirnversagens mit Toten gleichzusetzen. Sie bedrängen uns ultimativ und

bringen die auf sie angewiesenen Patienten dabei mit, wenn wir ihrer

Strategie nicht folgen: ,,Keine Transplantation mehr, wenn ihr Politiker

diese Patienten nicht per Gesetz zu Toten umdefiniert und wenn ihr die

mangelnde Spendebereit


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16410


noch: Dr. Wolfgang Wodarg


lautet die drohende Botschaft.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Von wem?)

Ich achte und anerkenne das Bemühen und den Einsatz dieser

Spezialisten. Doch ich bin betrübt und ärgerlich über ihre

Kurzsichtigkeit

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der

PDS)

und ihre die möglichen Spender abschreckenden Versuche, der

Öffentlichkeit mit ihrem Fachchinesisch etwas einzureden, von dem meine

sehr klar und nüchtern denkende Nachbarin sagt: So ein Quatsch, die sind

doch gar nicht richtig tot! Die wollen doch nur ihre Organe!

(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das ist laienhaft! - Wolfgang

Zöller [CDU/CSU]: Das ist ungeheuerlich, das ist wirklich

ungeheuerlich!)

- Es gibt viele Menschen in Deutschland, die so denken. Das müssen Sie

zur Kenntnis nehmen.

Dabei gibt es gar keine mangelnde Hilfsbereitschaft in Deutschland.

Mehr als 80 Prozent der Menschen wollen Organe spenden. Tausende melden

sich zum Beispiel zur Knochenmarkspende. Die Transplantationsmediziner

selbst haben durch ihre von Laien nicht nachvollziehbare

Todesdefinition, durch fehlende Sicherheit bei denen, die gerne spenden

würden, Angst und Mißtrauen erzeugt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie uns heute Klarheit

schaffen und dafür sorgen, daß den spendebereiten Menschen in unserem

Lande ehrlich gesagt wird, um was es in dieser schweren Stunde zwischen

Leben und Tod geht. Sie, die Spender selbst - und nur sie -, sollen

rechtzeitig und eindeutig erklären, ob sie wollen, daß im Falle eines

endgültigen und vollständigen Hirnversagens die Maschinen abgestellt

werden und das Sterben beendet wird, oder ob sie ihre Ärzte bitten,

dafür zu sorgen, daß einige ihrer noch lebenden Organe explantiert

werden, um in anderen Menschen weiterzuleben und diesen anderen Menschen

das Leben zu retten oder zumindest erheblich zu erleichtern.

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Wodarg, kommen Sie zum Schluß!

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Ja. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines

ist klar: Es können in Deutschland nur dann mehr Organe transplantiert

werden, wenn die Menschen in Deutschland mehr Organe spenden. Bitte

ermöglichen Sie durch Ihre Stimme, daß wir den Menschen in Zukunft sagen

können: Denkt an eure Angehörigen, bringt sie nicht in Not, sprecht mit

ihnen über den Tod, und hinterlegt eure Willenserklärung zur Organspende

bei einer Person eures Vertrauens!

Und eines noch: Wenn die Entscheidung kommt zwischen Abschalten und

Organspende, dann soll es möglich sein zu sagen: Ich möchte, daß einige

meiner Organe am Leben bleiben, damit sie anderen Menschen helfen

können, weiterzuleben. - Das ist eine Hoffnung und eine Möglichkeit der

Nächstenliebe, die wir den Menschen nur durch unser Gesetz eröffnen

können. Eine Neudefinition des Todes per Gesetz wäre der Versuch einer

Organbeschaffung von oben. Helfen Sie mit, daß Menschen wissen, was sie

tun, und deshalb gern und freiwillig spenden!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei

Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster hat der Abgeordnete Rudolf

Dreßler das Wort.

Rudolf Dreßler (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt

wohl nur wenige Gegenstände der Gesetzgebung, die die Menschen emotional

ähnlich tief berühren wie Regelungen zur Organtransplantation. Das ist

verständlich; denn wir rühren damit an menschliche Urängste, aber auch

Hoffnungen zur Rettung aus sonst aussichtsloser Lage.

Wir brauchen ein Transplantationsgesetz. Wir brauchen eine Regelung,

die der Transplantationsmedizin gesicherten rechtlichen Boden bietet und

die Grauzonen beseitigt. Wir haben mit dem Transplantationsgesetz eine

ethisch moralische Gratwanderung zu vollziehen; denn wir haben den

Anspruch der Menschen auf Heilung bei schwerer Krankheit in Einklang zu

bringen mit dem Recht jedes einzelnen auf ein Lebensende in Würde. Wir

dürfen eine gesetzliche Regelung der Organtransplantation nicht dazu

mißbrauchen, beide Rechte gegeneinander auszuspielen. Wir dürfen nicht

den Eindruck erwecken, als sei die Sicherung des einen Rechtes nur um

der Verletzung des anderen willen möglich. Dies wäre für mich

verantwortungslos.

Wer manchen öffentlichen Diskussionsbeitrag registriert, muß

festhalten: Es ist nicht wahr, daß auf der einen Seite mit gezücktem

Skalpell gierig auf neue, transplantationsfähige Organe wartende Ärzte

stehen, die es mit dem Todeszeitpunkt dann und wann nicht so genau

nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es ist auch nicht wahr, daß auf der anderen Seite verstockte und

herzlose Wesen stehen, die Hilfsbedürftigen Hilfe verweigern, die sie

benötigen, um zu überleben. Wir brauchen verantwortungsbewußt handelnde

Transplanteure. Das heißt aber, wir müssen ihnen auch Verantwortung

geben. Wir wollen Ärzte, die sich - das ist unverzichtbar - in der

letzten Konsequenz ihres Handelns ausschließlich ihrem Gewissen

unterwerfen. Das heißt aber, meine Damen und Herren, wir müssen ihnen

den Raum für Gewissensentscheidungen auch schaffen. Gesetzesparagraphen

müssen Gewissensentscheidungen ermöglichen. Aber kein Gesetzesparagraph

kann das Gewissen ersetzen: nicht das des Verwandten eines Verstorbenen

und nicht das eines Arztes.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16411


noch: Rudolf Dreßler


Wenn ich dies so nachdrücklich betone, will ich auf die Motive

hinweisen, die mich dazu bewegen, für die erweiterte Zustimmungslösung

zu werben.

Wir haben im Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung zwei

Grundfragen zu beantworten. Erstens: Wann dürfen einem Organspender zum

Zwecke der Transplantation Organe entnommen werden? Zweitens: Wer

entscheidet darüber, ob ein potentieller Organspender für die

Organspende zur Verfügung steht?

Für mich steht fest: Es darf keine Organentnahme geben, es sei denn,

der Organspender ist tot. Abgesehen von der getrennt zu bewertenden

Lebensspende unter Verwandten: Der Tod des Spenders ist unabdingbare

Voraussetzung für jede Organentnahme. Das berührt die Grundvoraussetzung

jedes menschlichen Zusammenlebens. Eine Organentnahme bei noch Lebenden

- und geschähe sie selbst in der letzten Phase ihres Sterbens - ist für

mich in jeder Hinsicht inakzeptabel. Insofern unterscheide ich mich

grundsätzlich von den Vertretern der sogenannten engeren

Zustimmungslösung, die den irreversiblen Ausfall der gesamten

Hirnfunktion nicht als Tod, sondern als unumkehrbare letzte Phase des

Sterbens verstanden wissen wollen. Ich wiederhole: Wäre dies so, wäre

also ein Mensch nach dem Ausfall der gesamten Hirnfunktion ein noch

Lebender, wenn auch ein unumkehrbar Sterbender, dürfen seine Organe

nicht entnommen werden. Denn, meine Damen und Herren, für mich gilt: Der

Schutz des Lebens endet mit dem Leben. Es gilt nicht: Das Leben endet

mit dem Schutz des Lebens.

Der dem Hause vorliegende Vorschlag zur erweiterten Zustimmungslösung

trägt dem bedingungslosen Schutz des Lebens bis zum Tode in seinem 1/2 3

Rechnung. Ich kann mir weiterhin schlechterdings nicht vorstellen, daß

ein Gesetzgeber per Gesetz darüber entscheidet, wann ein Mensch tot ist

und wann nicht. Diese Entscheidung kommt ihm nicht zu. Der Tod ist ein

von der Natur bestimmtes biologisches Ereignis. Die Entscheidung

darüber, ob es eingetreten ist, können nur die treffen, die dazu in der

Lage sind: die medizinische Wissenschaft im allgemeinen, was die

grundlegenden Entscheidungsregeln angeht, und die einzelnen Ärzte, was

den Einzelfall betrifft. Der Gesetzgeber kann nur daran anknüpfen. Das

bedeutet: Die Entscheidung der Medizin muß Grundlage für die

entsprechende Gesetzesbestimmung sein. Genau diese Regelung wird mit dem

Vorschlag zur erweiterten Zustimmungslösung getroffen.

Weltweit, meine Damen und Herren, ist der Ausfall der gesamten

Hirnfunktion als ein sicheres Zeichen des menschlichen Todes von der

Wissenschaft festgelegt. Ich stelle klar: Ausfall der gesamten

Hirnfunktion heißt Ausfall der Großhirnrinde, Ausfall des Kleinhirns und

Ausfall des Stammhirns. Keine Hirnregion ist noch aktiv. Das heißt,

komatöse Patienten oder Patienten mit apallischem Syndrom werden von

dieser Todesfestlegung nicht erfaßt.

Die einheitliche und weltweit getroffene Feststellung der medizinischen

Wissenschaft, daß der Ausfall der Gesamthirnfunktion den Tod des

Menschen bedeutet, übernimmt der Gesetzesvorschlag der Vertreter der

erweiterten Zustimmungslösung implizit, ohne sie ausdrücklich zu

erwähnen. Würden im Zuge der Fortentwicklung medizinischer Erkenntnisse

ergänzende oder zusätzliche Kriterien für die Feststellung des

menschlichen Todes entstehen und von der medizinischen Wissenschaft

verbindlich festgestellt, so würden diese konsequenterweise ebenfalls

gelten. Unser Gesetzentwurf ist also in diesem Punkt offen. In einem

Punkt allerdings ist er nicht offen. Der Gesamthirntod als

Todeszeitpunkt für den Menschen ist eine Mindestnorm.

Die Botschaft unseres Lösungsvorschlags ist also denkbar unkompliziert:

Erstens. Ein Organspender muß tot sein, wenn er für eine Organspende in

Frage kommt. Zweitens. Wann er tot ist, entscheidet die medizinische

Wissenschaft; der Gesetzgeber schließt sich dem an. Drittens. Die

Medizin darf dabei als unterste Schwelle den Gesamthirntod als

Todeskriterium nicht unterschreiten.

Die zweite wesentliche Entscheidung, die wir heute treffen müssen, hat

das Problem zu klären, wer darüber entscheidet, ob ein potentieller

Organspender für eine Organspende zur Verfügung steht. Damit auch hier

kein Zweifel bleibt, lautet unsere klare Antwort: der Betroffene selbst.

Seine Entscheidung gilt und bindet jeden und jede. Allerdings ist das

Problem damit nicht gelöst; denn in den wenigsten Fällen hat er

tatsächlich auch entschieden.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch)

Die Zahlen mögen verdeutlichen, um was es geht: Im vergangenen Jahr

sind in Deutschland 3228 Organe - das waren Nieren, Herzen, Leber,

Lungen und Bauchspeicheldrüsen - transplantiert worden. Nur in 34 Fällen

lag eine höchstpersönliche Zustimmung der Betroffenen vor, also in

gerade 1 Prozent der Transplantationsfälle. Selbst eine Verdoppelung,

eine Steigerung um 100 Prozent, würde uns zwingen, Tausende von Organen

aus anderen Ländern, die wesentlich größere Öffnungen unter der

Bezeichnung ,,Widerspruchslösung" kennen, nach Deutschland zu

importieren. Wer will das ernsthaft verantworten?

Mir stellt sich die Frage, ob wir diesen Zustand vor unserem Gewissen

einfach so akzeptieren dürfen oder ob wir nach einer Lösung auch in

solchen Fällen suchen müssen, in denen sich der potentielle Spender zu

Lebzeiten nicht entschieden hat. Die Vertreter der engen

Zustimmungslösung schlagen vor, das nicht zu tun, sondern festzulegen,

daß nur die Betroffenen die Entscheidung fällen. Ich kann das nicht

akzeptieren. Ich will eine Lösung auch in solchen Fällen, in denen der

Betroffene nicht entschieden hat, so wie dies in allen europäischen

Staaten - von A wie Albanien über N wie Norwegen bis Z wie Zypern - der

Fall ist. Nirgendwo in Europa gibt es ein Transplantationsgesetz, das

eine enge Zustimmungslösung zum Inhalt hat, bei der also nur die

Betroffenen entscheiden.

Wir sollten das auch in Deutschland nicht einführen, sondern beim

bewährten, durch Richterrecht bestätigten Verfahren einer

Angehörigenzustimmung bleiben. Wir brauchen eine Regelung auch in den


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16412


noch: Rudolf Dreßler


hat. Die Kranken, die auf Spenderorgane angewiesen sind, brauchen nicht

nur ärztliche Hilfe; sie brauchen auch unsere Hilfe. Deshalb ist für

mich eine Lösung auch in möglichst vielen der Fälle erforderlich, in

denen sich potentielle Organspender nicht erklärt haben. Das aber geht

nur, indem man die Angehörigen in diesen Fällen in die Entscheidung

einbezieht.

Abschließend bitte ich die Abgeordneten des Bundestages, dem

Änderungsantrag auf Drucksache 13/8027 zuzustimmen. Er ist in

Übereinstimmung mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft. Er knüpft

an das Totensorgerecht der Angehörigen an, die im Sinne des Verstorbenen

zu entscheiden haben. Er baut einen Damm gegen das Aufweichen der

Hirntodkriterien. Er schafft Rechtssicherheit, Klarheit und Vertrauen.

Er sichert die Transplantationsmedizin in der Bundesrepublik. Nicht

zuletzt wird er den vielen, die mit einer Organspende weiterleben

können, die Lebensperspektive sichern helfen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zu einer Kurzintervention zu der Rede

der Abgeordneten Philipp gebe ich der Abgeordneten Christa Nickels das

Wort.

Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Philipp, wir schätzen uns zwar, aber ich kann Ihre

Feststellung nicht akzeptieren, daß es hier darum geht, sich nicht um

die Feststellung des Todes herumzudrücken. Herr Kollege Dreßler hat

gerade erklärt, daß der Tod ein von der Natur bestimmtes biologisches

Ereignis ist. Er hat weiter gesagt - das hat auch Frau Philipp in ihrer

Rede geäußert -, daß die Wissenschaft festlegen muß, wann der Tod

eingetreten ist.

Ich meine, es ist richtig, daß der Tod ein von der Natur bestimmtes

biologisches Ereignis ist. Nur, wir leiden heute nicht so sehr darunter,

was wir technisch nicht können. Das Problem, das wir heute haben,

besteht vielmehr darin, daß wir wegen der neuen technisch-medizinischen

Möglichkeiten gezwungen sind, uns mit dem Anfang und dem Ende des

menschlichen Lebens neu auseinanderzusetzen. Das, was Geboren-Werden

bedeutet, ja, schon das, was Gezeugt-Werden bedeutet,

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Daran hättet ihr mal bei 1/2 218 denken

können!)

ist in dem Kontext, so wie er bis vor einigen Jahren gegolten hat, heute

überhaupt nicht mehr denkbar. Sterben und Tod sind etwas, worüber man

früher nicht in der Art und Weise nachdenken mußte. Wozu uns heute die

neuen Möglichkeiten des medizinischen Fortschritte zwingen und wodurch

wir in riesengroße Nöte kommen.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist doch keine Kurzintervention mehr!)

Richtig ist, daß Menschen, die darüber nachdenken, ein Schauder

überfällt; denn es kommt den Menschen nicht zu, eigenmächtig zu

entscheiden, wo die Grenzen von Tod und Leben sind, weil man dann immer

in der Gefahr steht, die Entscheidung aus Nützlichkeitserwägungen zu

fällen. Aber durch medizinisch-technische Fortschritte sind wir

gezwungen, uns genau darüber zu unterhalten.

Darum möchte ich erstens sagen, daß Gefühle und Emotionen, die wir

haben, wenn wir darüber nachdenken, keine Gefühlsduselei sind. Ich rate

niemandem, hier seine Gefühle zu verdrängen und diese Entscheidung

allein der Wissenschaft zu überlassen. Gefühle sind ganz wichtige

Wegweiser in diesem Entscheidungsprozeß, die mit dem Verstand

ausgeleuchtet werden müssen.

Zweitens kann man sich meiner Meinung nach aus diesem Dilemma nicht mit

einem großen ,,Basta" befreien, indem man sagt, man halte sich an die

Kriterien, die entwickelt worden sind, folge den neuen technischen

Möglichkeiten, ohne daß darüber gesellschaftlich breit diskutiert worden

ist, und dann seien die Befürchtungen ausgeräumt, so daß die

Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen, entfalle.

(Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.: Das ist keine Kurzintervention!

Das ist eine Rede!)

So wird es nicht gehen. Denn wenn wir es den Menschen mit einem großen

,,Basta" abnehmen, sich höchstpersönlich damit auseinanderzusetzen und

auch selber eine Entscheidung zu treffen - das ist ja immer dann der

Fall, wenn sie am Bett eines Angehörigen stehen oder in der Situation

sind, selber ein Organ zu benötigen -, dann leisten wir einer

unmenschlichen Gedankenlosigkeit in der Gesellschaft Vorschub, die bei

weiter voranschreitender Technik unheilvolle Auswirkungen haben kann.

Darum plädiere ich in der heutigen Debatte dafür, daß wir diese

fundamentale Entscheidung nicht allein der Wissenschaft überlassen, die

sich wandelt und glücklicherweise weiter voranschreitet.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Frau Kollegin Nickels, es tut mir

leid, ich muß Sie unterbrechen, weil Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielmehr müssen wir Kriterien

schaffen, die es dem einzelnen potentiellen Spender oder Empfänger von

Organen ermöglichen, selbst zu entscheiden.

Danke.

(Unruhe)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Meine Damen und Herren, keine

Aufregung, wir befinden uns durchaus im Rahmen der Geschäftsordnung. Es

war eine zulässige Kurzintervention.

Nun gebe ich das Wort zur Erwiderung, falls sie es wünscht, der

Kollegin Philipp. - Das ist nicht der Fall.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16413


noch: Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch


Dann gebe ich das Wort dem Kollegen Eckart von Klaeden.

Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten haben mich wie viele andere

Kolleginnen und Kollegen zur bevorstehenden Verabschiedung des

Transplantationsgesetzes zahlreiche Briefe erreicht. Ich habe viele

Gespräche geführt, habe mit Menschen gesprochen, die dringend auf ein

Organ angewiesen sind, habe Transplantationszentren besucht, habe mit

Eltern gesprochen, die in die Explantation der Organe ihrer hirntoten

Kinder eingewilligt haben und für die diese Entscheidung eine große

Hilfe war. Es haben sich aber auch solche an mich gewandt, die sich auf

Grund mangelnder Informationen wegen dieser Zustimmung heute schwere

Vorwürfe machen, weil sie sich über den Zustand ihrer Kinder nicht

hinreichend aufgeklärt fühlten.

Nach alledem ist für mich klar: Die Transplantationsmedizin ist ein

Segen für die Menschen, die dringend ein Spenderorgan brauchen. Ein

solches Gesetz muß insbesondere die Menschenwürde und den Schutz des

menschlichen Lebens beachten. Ich möchte an dieser Stelle auch sagen,

daß ich zu den Transplantationsmedizinern in Deutschland Vertrauen habe,

daß sie ihre Tätigkeit verantwortungsvoll ausüben. Ich wüßte mich, wenn

es einmal dazu käme, als Spender oder Empfänger bei ihnen in guten

Händen.

Ich gestehe zu, daß auch mir zunächst das Ansehen des Hirntodes als ein

sicheres Todeszeichen plausibel erschien. Insbesondere das Bild von der

,,inneren Enthauptung" hat mir spontan eingeleuchtet. Der Fall der

Erlanger Schwangeren, der gezeigt hat, daß bei Hirntod mit apparativer

Unterstützung selbst das Austragen einer Schwangerschaft möglich ist,

hat bei mir aber Zweifel geweckt.

(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Sie war noch nicht hirntot!)

- Doch, die Erlanger Schwangere war hirntot, Herr Kollege Thomae. Das

hat Professor Wuermeling, der diese Behandlung begleitet hat, selbst

bestätigt.

1993 definierte der wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer den

Tod als ,,Ende des Organismus in seiner funktionellen Ganzheit". Gegen

diese Definition ist nichts zu sagen. Sie trifft bloß nicht zu, wenn man

den Fall von Marion Ploch unvoreingenommen betrachtet. 97 Prozent ihrer

Organe funktionierten. Die Patientin atmete. Nur die Bewegungen des

Zwerchfellmuskels wurden durch eine Beatmungsmaschine ersetzt. Die Herz-

und Kreislauffunktionen waren intakt. Nur ein Organ war definitiv

ausgefallen: das gesamte Gehirn.

Man braucht kein Mediziner zu sein, um zu wissen, daß eine

Schwangerschaft ein höchst irritierbarer Vorgang ist, der voraussetzt,

daß alle Organe subtil aufeinander abgestimmt funktionieren. Von dem

,,Ende des Organismus in seiner funktionellen Ganzheit" kann daher keine

Rede sein. Bei einer Enthauptung tritt aber der Tod unter anderem durch

den mit dem hohen Blutverlust verbundenen Zusammenbruch von Herz und

Kreislauf ein. Damit ist klar: Eine ,,innere Enthauptung" gibt es nicht.

Nun wird eingewandt, daß eine Schwangerschaft prinzipiell auch in der

Retorte möglich wäre und daß die erwähnte Schwangerschaft nur mit

intensivapparativer Unterstützung aufrechterhalten werden konnte. Aber

auch die Tatsache der apparativen Unterstützung oder Imitierbarkeit von

Vitalfunktionen kann doch unmöglich zur Todesfeststellung ausreichen;

sonst müßten alle Patienten einer Intensivstation für tot erklärt

werden, denn sie werden geradezu typischerweise in ihren Vitalfunktionen

unterstützt.

Es ist vor diesem Hintergrund folgerichtig, daß die Definition der

Bundesärztekammer aus dem Jahre 1993 immer weiter in den Hintergrund

tritt. In der Anlage zum Schreiben des Präsidenten der Bundesärztekammer

vom 17. Juni 1997, das Ihnen allen zugegangen ist und in dem Argumente

vorgetragen werden, die dafür sprechen sollen, daß Sie sich unserem

Antrag nicht anschließen, ist von dieser Definition gar nicht mehr die

Rede. Statt dessen heißt es dort:

Die naturwissenschaftliche Medizin kann sicher sagen, daß die den

lebenden Menschen konstituierende physisch-metaphysische Einheit mit dem

völligen und unabänderlichen Ausfall der Gesamtfunktionen des Gehirns

ihre unersetzliche körperliche Grundlage verloren hat und damit beendet

ist.

Die metaphysische Dimension des Menschen läßt sich aber nicht in einem

Organ lokalisieren. Sie ist etwas grundsätzlich anderes als seine

Bewußtseinsfähigkeit oder Geistigkeit. Die Behauptung, diese

Lokalisierung medizinisch-naturwissenschaftlich nachweisen zu können,

hat die Qualität eines Gottesbeweises.

Wohin ein Menschenbild führt, das den Tod und den Hirntod gleichsetzt,

zeigt die Rede des australischen Philosophen Peter Singer, die er in

Heidelberg halten sollte - aber nicht gehalten hat - und die später

veröffentlicht wurde. Er tritt darin dafür ein, die ,,Ethik der

Unantastbarkeit des Lebens" aufzugeben und statt dessen ,,Überlegungen

zur Lebensqualität bei Entscheidungen über Leben und Tod zuzulassen". Er

schreibt weiter: Ein erster Schritt dahin ist es, ,,den Hirntod \u als

ein Kriterium für den Tod des Menschen zu akzeptieren".

Diesem Menschenbild darf nicht durch eine entsprechende direkte oder

indirekte Festlegung im Transplantationsgesetz Vorschub geleistet

werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE

GRÜNEN und der PDS)

Sie ist auch nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Aus dem 88. Band -

Seite 252 - der Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen ergibt sich

zweifelsfrei, daß es für den grundrechtlichen Status eines Menschen

allein auf seine Existenz ankommt, nicht nur auf Wahrnehmen, Erleben,

Wünschen, Hoffen,


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16414


noch: Eckart von Klaeden


Gehirnfunktionen.

(Beifall der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch im Ausland ist die Unhaltbarkeit des Hirntodkonzepts gerade auf

Grund des intensivmedizinischen Fortschritts offenkundig geworden. In

Amerika, dem Mutterland der Hirntodkonzeption, wird diese zunehmend als

überholt angesehen. Erst jüngst ist in einer renommierten

Fachzeitschrift ein Aufsatz mit dem Titel ,,The brain death of brain

death", ,,Der Hirntod des Hirntodes", erschienen.

Japan ist den Kritikern des Hirntodkonzepts immer wieder als Beispiel

ihrer Rückständigkeit vorgehalten worden. Die vorgesehene Anerkennung

des Hirntodes als Tod des Menschen ist jedoch im japanischen

Gesetzgebungsverfahren gescheitert.

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Ausdrücklich!)

Man hat einen logisch nicht nachvollziehbaren Kompromiß gefunden: Die

Hirntoddiagnose gilt als Todesfeststellung nur für die

Transplantationsmedizin, aber sonst nicht. Damit korrespondiert eine

besonders enge Zustimmungslösung. Erforderlich ist nicht nur die

vorherige schriftliche Zustimmung des Spenders, sondern darüber hinaus

auch noch die Zustimmung seiner Angehörigen.

Der bereits beschriebene intensivmedizinische Fortschritt ist auch für

die Diskussion in den Kirchen nicht ohne Folgen geblieben. Nach

ursprünglich zustimmenden Erklärungen zu diesem Konzept der Kirchen aus

dem Jahre 1990 hat sich das Blatt gewendet. Nicht umsonst beschäftigt

sich die Päpstliche Akademie für das Leben erneut mit dieser Frage. So

heißt es in der Stellungnahme der EKD in der Anhörung des

Gesundheitsausschusses zum Transplantationsgesetz vom 25. September 1996

- diese Unterlage ist allen Mitgliedern des Gesundheitsausschusses

zugegangen -:

Die Diskussion der letzten Jahre hat deutlich gemacht: Die Gleichsetzung

des Todeskriteriums ,,Hirntod" mit dem ,,Tod des Menschen" sollte

deshalb aufgegeben werden, denn sie stößt aus anthropologischer,

biologischer und medizinischer Sicht auf gewichtige Bedenken. Die Frage

des Zeitpunkts für die Explantation von Organen setzt keine Einigung

über die unterschiedlichen Sichtweisen und Definitionen des Todes des

Menschen voraus. Erforderlich ist lediglich eine verantwortungsvoll und

gewissenhaft vorgenommene Verständigung, also Konvention, über den

Zeitpunkt, von dem an die Entnahme eines lebenswichtigen Organs

rechtlich und ethisch nicht mehr als Körperverletzung und Tötung

angesehen wird. Der sogenannte Hirntod kann als ein solcher Zeitpunkt

angesehen werden.

In einer Stellungnahme vom 11. Juni 1997 heißt es ergänzend dazu:

Deshalb tut der Gesetzgeber gut daran, in 1/2 3 ,,Organentnahme mit

Einwilligung des Organspenders" Abs. 2 nicht vom ,,Tod des Organspenders

nach dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft" zu sprechen,

sondern besser und genauer vom Hirntod des Spenders, ,,irreversiblen

Ausfall aller Funktionen des Gehirns".

Dann fährt diese Stellungnahme fort mit den Worten:

Wer Hirntod und Tod des Menschen in eins setzt, trägt bei zur Verwirrung

der Begriffe, verzichtet auf anthropologisch notwendige

Unterscheidungen, verletzt ohne Not religiöses Empfinden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg.

Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])

In dieselbe Richtung weisen Briefe von Joachim Kardinal Meisner an den

Bundesgesundheitsminister und an die Mitglieder der CDU/CSU-

Bundestagsfraktion vom Freitag letzter Woche. Nichts anderes, als dort

definiert ist, nichts anderes als eine Konvention, als ein

ausdrückliches Offenlassen dieser strittigen Frage schlagen wir Ihnen

vor. Deswegen ist es auch nicht richtig, wenn uns unterstellt wird, wir

würden in unserem 1/2 3 ausdrücklich von lebenden Spendern ausgehen. Ich

meine, daß man eine solche Festlegung der Transplantationsmedizin auch

nicht zumuten kann.

Diese Stellungnahmen der Kirchen verdeutlichen das unauflösliche

Dilemma, in das die Transplantationsmedizin bei Annahme des anderen

Antrags eintritt: Einerseits soll vom Verstorbensein des Spenders

ausgegangen werden, andererseits sind gerade um der Qualität der Organe

willen nicht unerhebliche Vitalfunktionen des Körpers erforderlich.

Die Annahme des Hirntodes als sicheres Todeszeichen ist zwar

unausgesprochene, aber nicht hinwegzudenkende Voraussetzung des

genannten Antrags. Herr Kollege Dreßler, Sie haben das gerade noch

einmal bestätigt. Wer das nicht zugibt, denkt meiner Meinung nach nicht

logisch oder täuscht über seine Absichten.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Dr. Dieter Thomae

[F.D.P.]: Das ist ein bißchen viel!)

- Ich habe Ihnen nicht unterstellt, daß Sie täuschen.

(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Doch!)

- Nein, nein, Sie müssen schon genau zuhören. Ich habe gesagt: Wer sagt,

daß in Ihrem Entwurf Hirntod und Tod des Menschen nicht miteinander

identifiziert werden, der denkt nicht logisch. In den Reden, die von

Ihrer Seite bisher gehalten worden sind, ist gerade diese Identifikation

verteidigt worden. Insofern mache ich Ihnen gar keinen Vorwurf, Frau

Philipp.

(Beifall des Abg. Otto Schily [SPD])

Diese mangelnde Deutlichkeit im Gesetz hat jedoch einen Preis, nämlich

weniger Rechtssicherheit für die Transplantationsmediziner. Weil der

Gesetzgeber die ausdrückliche Gleichsetzung vermeidet, delegiert er

diese Entscheidung nicht an die medizinische Wissenschaft, sondern in

Wirklichkeit an die


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16415


noch: Eckart von Klaeden


Der von uns vorgeschlagene 1/2 3 läßt diese Frage ausdrücklich offen

und formuliert, wie es Joachim Kardinal Meisner in seinem Brief als

Aufgabe der Politik bezeichnet hat, den breiten gesellschaftlichen

Konsens, daß nach der Feststellung des sogenannten Hirntods

Organentnahme unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.

Vor diesem Hintergrund ist es abwegig, die Behauptung aufzustellen, daß

dann den Ärzten eine Tötung abverlangt werde.

(Zuruf von der SPD: Genau das ist es aber!)

Zunächst beinhaltet diese These die Unterstellung, verschiedene

evangelische Bischöfe, Joachim Kardinal Meisner und eine ganze Reihe

deutscher Rechtslehrer, unter ihnen der angesehene Strafrechtsprofessor

Herbert Tröndle, würden sich für eine solche Tötung einsetzen. Alle

Genannten haben sich bisher in Lebensschutzfragen besonders engagiert.

Ihnen diesen Vorwurf zu machen ist besonders absurd. Weiterhin müßte der

Gesetzgeber auch in den letzten 30 Jahren den Ärzten eine solche

Tötungshandlung zugemutet haben. Denn bis heute fehlt es an der von der

Gegenseite geforderten gesetzlichen Voraussetzung.

Schließlich fehlt es objektiv und subjektiv an einer Tötungshandlung.

Weder wollen die Ärzte töten, noch will der Spender getötet werden. Auch

fehlt es an der für die Tötung selbstverständlichen Lebensverkürzung.

Denn nach Eintritt des Hirntodes ist die Pflicht zum Abstellen der Herz

und Kreislauf aufrechterhaltenden Maschinen unbestritten. In diesem Fall

tritt unmittelbar ein Multiorganversagen, also der Tod, ein. Zum Zweck

der Organentnahme wird dieses sittlich gebotene Sterbenlassen

verlängert. Das hat mit einer Tötung nichts zu tun.

Für die Zustimmungsregelung, über die in einer weiteren Runde noch

gesprochen wird, ergibt sich aus meiner Sicht folgendes: Der

Stellungnahme der EKD entsprechend muß die Organentnahme dem Willen des

Spenders entsprechen. Die Forderung nach einer schriftlichen Zustimmung

würde aus meiner Sicht zu hohe Hürden aufrichten, weil sie die intensive

Beschäftigung mit dem eigenen Tod voraussetzt. Auf diese Schwierigkeiten

hat die Kollegin Philipp schon hingewiesen.

Die Vermittlung des Willens des Spenders kann daher auch durch die

nächsten Angehörigen oder ihnen gleichzusetzende Personen geschehen. Sie

kann jedoch nicht so weit gehen, daß die Angehörigen ein eigenständiges

Entscheidungsrecht erhalten, das ihnen unter Umständen eine größere

Verantwortung zumutet, als sie angesichts einer derart schwierigen

Situation übernehmen wollen oder können. Sie sollen lediglich eine

Entscheidung im Sinne des Spenders, also seines bekannten oder

mutmaßlichen Willens, treffen.

Dafür sind, wie in meinem Vorschlag vorgesehen, wesentliche

Anhaltspunkte nötig. Hier ist auch der wesentliche Unterschied meines

Vorschlags zum Antrag von Lohmann, Seehofer, Dreßler und anderen, der

auch dann eine eigenständige Entscheidung der Angehörigen zulassen will,

wenn für den Willen des Spenders keine Anhaltspunkte vorliegen. Auch das

hat die EKD in der vorliegenden Stellungnahme ausdrücklich abgelehnt.

Die Forderung, die der intensivmedizinische Fortschritt an unsere

Gesellschaft stellt, ist, das Sterben als Teil des Lebens anzunehmen.

Das gilt insbesondere für das heute zur Abstimmung stehende

Transplantationsgesetz. Ich bitte Sie daher herzlich insbesondere um

Zustimmung zu 1/2 3 unseres Gesetzentwurfs.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe dem Abgeordneten Horst

Seehofer das Wort.

Horst Seehofer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Organübertragungen gehören heute in Ländern mit hochwertiger

medizinischer Versorgung zum Standard. Allein in Deutschland werden

jährlich über 3000 lebenswichtige Organe transplantiert. Das sind

beeindruckende Zahlen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß in jedem Fall

das Leben eines Menschen gerettet oder eine Krankheit weitgehend geheilt

werden kann.

Zur Realität gehört allerdings auch, daß etwa doppelt so viele

Patienten auf ein Spenderorgan warten. Nicht wenige von ihnen müssen

wegen des Mangels an Organen vorzeitig sterben. Nur wer jemals einem

Menschen gegenüberstand, der auf diese letzte Möglichkeit der Medizin

für sich persönlich gehofft hat, wird verstehen können, daß unsere

Sprache viel zu arm ist, um den Gegensatz zwischen der Todesangst beim

Warten auf ein Spenderorgan und der tiefen Dankbarkeit nach einer

erfolgreichen Transplantation zu beschreiben.

Lebensrettende Hilfe wäre ohne die Bereitschaft vieler Menschen zur

Organspende nicht möglich. Deshalb, so finde ich, sollten wir diese

Stunde einmal dazu benutzen, um allen Menschen zu danken, die zur

Organspende ja sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD sowie bei Abgeordneten

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Die beiden großen Kirchen haben - zu Recht und unzweideutig - immer

wieder zum Ausdruck gebracht, daß Organspende ein Zeichen der

Solidarität und Nächstenliebe ist. Ich bin erleichtert, daß in jüngster

Zeit die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende wieder angestiegen

ist, nachdem sie in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen war.

Dieser Anstieg der Spendebereitschaft macht nicht nur vielen

schwerkranken Menschen Mut, die auf Organtransplantationen warten. Er

ist auch ein Auftrag an die Politik, durch eine klare gesetzliche

Regelung die Rechtssicherheit in diesem sensiblen


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16416


noch: Horst Seehofer


Transplantationsmedizin zu festigen.

Das Bundesministerium der Justiz erarbeitete bereits 1978, damals unter

Verantwortung von Hans-

Jochen Vogel, den ersten Entwurf für eine bundeseinheitliche Regelung

der Organentnahme. Diesem Entwurf lag die Widerspruchslösung zugrunde.

Danach wäre eine Organentnahme zulässig gewesen, wenn der Verstorbene zu

Lebzeiten nicht widersprochen hat. Der Gesetzentwurf hatte wegen der

Bedenken des Bundesrates keinen Erfolg.

Deutschland ist heute einer der letzten Staaten in Europa ohne eine

gesetzliche Regelung zur Organtransplantation. Nach rund 20 Jahren

liegen jetzt entscheidungsreife Konzepte vor. Mir war wichtig, daß wir

die verschiedenen Aspekte in den letzten Monaten ohne Zeitdruck mit der

Öffentlichkeit, den Bundesländern, den Sachverständigen und Verbänden

diskutiert haben. Ich danke für diese sachliche Auseinandersetzung auf

allen Ebenen und in den Medien. Das war ein Beispiel für eine

anspruchsvolle Diskussionskultur in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum zentralen Punkt hat sich die Diskussion über die Zulässigkeit der

Entnahme lebenswichtiger Organe entwickelt. Der Unterschied - wir haben

das hier schon gehört - liegt vor allem in der Bewertung des Hirntodes

und in der Frage, ob die nächsten Angehörigen eine

Entscheidungsmöglichkeit im Sinne des Verstorbenen haben. Diese

Unterschiede sind von elementarer Bedeutung für die

Transplantationsmedizin und auch für die ethischen Fundamente unserer

Rechtsordnung.

Ich trete für die erweitere Zustimmungslösung ein. Sie beruht auf der

Grundentscheidung, daß Organe immer nur dann entnommen werden dürfen,

wenn der Tod des Organspenders nach den Erkenntnissen der medizinischen

Wissenschaft festgestellt ist. Kein Leben darf zugunsten eines

Organempfängers vorzeitig für tot erklärt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

Weitere Voraussetzung ist, daß die Zustimmung des Organspenders

vorliegt. Hat der Organspender keine Erklärung abgegeben, können die

Angehörigen einer Organentnahme im Sinne des Verstorbenen zustimmen. Sie

haben dabei den mutmaßlichen Willen des Organspenders zu beachten.

Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, daß diese erweiterte

Zustimmungslösung der Praxis in der Bundesrepublik Deutschland seit über

25 Jahren entspricht, einer Praxis, die im hohen Konsens mit der

gesamten Bevölkerung sowie mit der Ärzteschaft erfolgt und die so gut

wie nie zu irgendeiner Rechtsauseinandersetzung in der Bundesrepublik

Deutschland geführt hat. Ich kann nicht verstehen, warum es so schwer

ist, eine im hohen Konsens mit der Gesellschaft durchgeführte Praxis

jetzt unverändert in ein Gesetz zu übernehmen.

Die Kriterien für die Feststellung des Todes sind von der medizinischen

Wissenschaft nach medizinisch-naturwissenschaftlichen Regeln zu

definieren. Die Definition des Todes ist keine Aufgabe der Politik oder

des Gesetzgebers. Ich weise hier noch einmal ausdrücklich darauf hin,

daß es bei den hier genannten Beispielen nicht um Patienten ging, bei

denen der Hirntod diagnostiziert war, sondern um sogenannte komatöse

Patienten. Das darf man nicht verwechseln.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Allein die naturwissenschaftliche Forschung kann für alle Menschen in

gleicher Weise feststellen, welche körperlichen Befunde Leben und Tod

voneinander abgrenzen, unabhängig von einem Menschenbild oder einem

subjektiven Verständnis von Leben und Tod. Das entspricht unserem

Rechts- und Verfassungsverständnis. Auch das Bundesverfassungsgericht

hat die Frage, wann menschliches Leben beginnt, nicht nach

lebensweltlichen, theologischen, philosophischen oder emotionalen

Erfahrungen beantwortet, sondern entsprechend dem naturwissenschaftlich-

medizinischen Kenntnisstand. Für die Frage nach dem Lebensende kann es

keine andere Entscheidungsgrundlage geben. Der Gesetzgeber kann in

dieser wichtigen Frage keine unterschiedlichen Maßstäbe für Lebensbeginn

und Lebensende zugrunde legen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Wir können - da weiß mich mit dem Bundesminister des Innern einig -

diese elementare Frage, ob der Mensch zum Zeitpunkt der Organentnahme

tot ist oder noch lebt, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht

offenlassen. Denn von Verfassungs wegen darf die Organentnahme -

abgesehen von der Lebendspende, die nur in sehr engen Grenzen möglich

ist - nur bei toten Menschen gesetzlich zugelassen werden. Übrigens

vertritt diese Auffassung auch das Bundesministerium der Justiz in

seiner Stellungnahme an das Bundesministerium für Gesundheit vom

Dezember 1995.

Die persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist von

jedermann, auch von den Angehörigen, zu beachten. Das

Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger hat erste Priorität.

So sehr wir uns auch alle wünschen, daß sich möglichst viele Bürger für

ein Ja entscheiden, so sehr müssen wir respektieren, wenn ein Bürger zur

Organspende nein sagt.

Das Gesetz muß aber auch die überwiegende Anzahl der Fälle sachgerecht

und ausgewogen regeln, in denen der Verstorbene zu Lebzeiten, aus

welchen Gründen auch immer, eine Erklärung nicht abgegeben hat. Bei der

Beteiligung der Angehörigen muß sich der Arzt zunächst vergewissern, ob

dem nächsten Angehörigen eine Erklärung des möglichen Organspenders

bekannt ist. Ist dies der Fall, bleibt kein Raum für eigene Überlegungen

des Angehörigen. Der Wille des Verstorbenen gilt uneingeschränkt. Ist


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16417


noch: Horst Seehofer


dem mutmaßlichen Willen des möglichen Organspenders orientieren. Das

heißt: Er muß auf Grund seiner Kenntnis der Gesamtpersönlichkeit eine

Entscheidung treffen, die nach seiner Überzeugung dem Willen des

Verstorbenen gerecht wird. Damit liegt die Entscheidung bei denen, die

besser als der Gesetzgeber einschätzen können, was im Sinne des

Verstorbenen ist.

Ich weiß, daß es leider keinen Weg gibt, beim Verlust eines Angehörigen

die Betroffenen von Schmerz und Trauer zu befreien. Es ist für die

Angehörigen eine schwere zusätzliche Entscheidung, sich mit einer

möglichen Organspende des Verstorbenen zu beschäftigen. Sie befinden

sich wie die Ärzte in einer Grenzsituation. Ich habe Verständnis dafür,

daß sich manche bedrängt und überfordert fühlen und sich in dieser

Situation überhaupt nicht äußern wollen. Jede Entscheidung ist zu

respektieren, auch die Entscheidung, in der Phase der Trauer nicht mit

der Frage der Organspende befaßt zu werden.

Wir dürfen aber auch nicht verkennen, daß viele Angehörige eine

Entscheidungsmöglichkeit bejahen. Die Tatsache, daß in Deutschland heute

etwa 95 Prozent der Organentnahmen auf einer Zustimmung der Angehörigen

beruhen, sollte uns Mut machen.

Ich weiß aus vielen Gesprächen um die Angst der Menschen, daß bei der

Todesfeststellung Fehler gemacht werden könnten oder daß sich Ärzte mit

der Organentnahme über den Willen des Verstorbenen oder die von ihnen

selbst getroffene Entscheidung hinwegsetzen könnten. Deshalb schlagen

wir zusätzliche verfahrensrechtliche Sicherungen vor: Der Tod wird von

zwei qualifizierten Ärzten, die den Verstorbenen unabhängig voneinander

untersuchen und die mit der nachfolgenden Organtransplantation nichts zu

tun haben, festgestellt. Die Organentnahme und die Beteiligung der

Angehörigen muß vom Arzt dokumentiert werden. Die Angehörigen haben ein

Recht auf Einsichtnahme in diese Unterlagen und können dabei

sachverständige Personen ihres Vertrauens hinzuziehen. - All diese

Regelungen sind geeignet, Transparenz zu schaffen und Vertrauen zu

bilden.

Ich achte jede andere Position. Nur, die Öffentlichkeit hat ein Anrecht

darauf zu wissen, warum ich der Alternative, der sogenannten engen

Zustimmungslösung, nicht zustimmen kann. Ich respektiere diese Position,

akzeptiere sie aber nicht.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Alternativantrag mit der engen

Zustimmungslösung läßt im Kern offen, ob die Diagnose des Hirntodes auch

den Tod des Menschen bedeutet. So finden sich in diesem Antrag viele mit

unterschiedlichen Interpretationen wieder. Da gibt es jene, die sagen,

es sei eine Lebensverlängerung, jene, die sagen, es sei ein

irreversibler Sterbeprozeß, jene, die sagen: Der Mensch ist tot. Es gibt

aber auch jene, die meinen: Man kann gar nichts Genaues sagen.

Wenn man konsequent ist und die Diagnose des Hirntodes nicht als Tod

des Lebewesens Mensch begreift, dann müßte man sagen, daß eine

Explantation nicht möglich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und der PDS)

Zu sagen: ,,Der Mensch ist nicht tot; wenn er aber zu Lebzeiten

zugestimmt hat, kann gleichwohl ein lebenswichtiges Organ entnommen

werden", bringt die Transplantationsmedizin in Deutschland rechtlich in

ein Zwielicht, mutet den Ärzten Ungeheures zu und würde letztlich die

Transplantationsmedizin in der Bundesrepublik Deutschland auf den

Nullpunkt zurückführen. Im übrigen müßte man dann die gleichen ethischen

und juristischen Regeln für alle Organe, die aus dem Ausland in die

Bundesrepublik Deutschland importiert werden, anwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD

und der PDS)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Seehofer, ich darf Sie

bitten, zum Schluß zu kommen.

Horst Seehofer (CDU/CSU): Ich bin gleich fertig.

Meine Damen und Herren, die Begegnungen mit potentiellen Organspendern,

mit den Angehörigen von Organspendern und mit Transplantationspatienten

gehören zu den unvergeßlichen Erlebnissen. Ich habe vor kurzem in einer

Herzklinik mit Patienten gesprochen, die ein Kunstherz in der Brust

trugen und deren Lebenszeit auf wenige Monate beschränkt war. So sehr

ich die Interessen, die Sorgen und die Nöte jener sehe, die sich mit der

Entscheidung für oder gegen eine Organspende schwertun, die vielleicht

als Angehörige heute noch um eine Entscheidung ringen, sich

rechtfertigen und sich damit auseinandersetzen, so sehr müssen wir auch

an jene denken, die schwerkrank, ja todkrank sind -

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Seehofer, Sie müssen

jetzt zum Schluß kommen.

Horst Seehofer (CDU/CSU): - und denen wir die Hoffnung auf ein passendes

Spendeorgan nicht nehmen dürfen.

Meine Damen und Herren, die Art und Weise, wie wir in der

Bundesrepublik Deutschland mit diesen schwerkranken, ja todkranken

Menschen umgehen, ist ein Spiegelbild für die Mitmenschlichkeit in

unserer Gesellschaft. Schaffen wir Rahmenbedingungen dafür, daß es zu

mehr Mitmenschlichkeit in unserer Gesellschaft kommen kann!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und der PDS)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe das Wort dem Abgeordneten

Professor Dr. Schmidt-

Jortzig.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und

Herren Kollegen! Die heu


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16418


noch: Dr. Edzard Schmidt-Jortzig


daß sich immer mehr Menschen über die Bedeutung und Tragweite der

heutigen Beschlußfassung im klaren sind. Der Hinweis darauf, daß sich

nach einer jüngsten Umfrage 80 Prozent der Befragten mit dieser

Problematik beschäftigen wollen und 40 Prozent der Befragten sagen, daß

sie es von ihrem eigenen Willen abhängig machen wollen, ob sie

dermaleinst als Spender von lebenswichtigen Organen für Dritte zur

Verfügung stehen wollen, ist deutlich. Ich finde es gut, richtig und

hoffnungsvoll, daß Sie, lieber Herr Seehofer, zu Recht darauf

hingewiesen haben, daß auf Grund unserer Diskussion - ich jedenfalls

kann mir nur vorstellen, daß das dadurch gekommen ist - in jüngster Zeit

die Spendebereitschaft wieder im Steigen begriffen ist. Ich möchte das

ja, wie Sie wissen, noch weiter stimulieren.

Bei kaum einer anderen Frage liegen Leben und Tod so eng beieinander

wie bei der Frage der Organspende; denn mit einer Organspende kann ein

Mensch noch im Sterben oder - ich formuliere das bewußt vorsichtig - am

Rande des Todes einem anderen Menschen das Leben retten.

Ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Hauptanträgen, der

erweiterten und der engen Zustimmungslösung, liegt in der

Identifizierung der medizinischen Voraussetzung einer Transplantation.

Auch in dem Entwurf, der für eine erweiterte Zustimmungslösung plädiert,

verzichtet man jetzt ja interessanterweise darauf - weil man da eben

doch auch Zweifel bekommen hat; ganz im Gegensatz zu dem, was wir heute

zum Teil hören -, den Hirntod per definitionem als Gesamttod des

Menschen festzulegen. Das ist schon bemerkenswert. Es ist in meinen

Augen auch ein beachtlicher Erfolg unserer Problematisierung.

Herr Seehofer, in dem von Ihnen mitgetragenen Entwurf wird aber nach

wie vor verlangt, daß der Gesamttod des Organspenders nach Regeln, die

dem Stand der Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entsprechen,

festgestellt ist. Wenn ich mir das genau anschaue, dann komme ich zu dem

Schluß, daß man damit eigentlich entweder eine Organtransplantation

praktisch unmöglich macht oder sich eben doch auf den Hirntod

kaprizieren muß. Eine Organtransplantation würde man nämlich dann

praktisch unmöglich machen, wenn die medizinische Wissenschaft zu der

Erkenntnis käme - das ist sicherlich noch nicht durchgehend der Fall,

aber diese Entwicklung zeichnet sich ab -, daß mit dem Hirntod eben

nicht schon das Ende aller menschlichen Lebensäußerungen gegeben ist.

Eine Explantation ist aber eben nur möglich, wenn man damit schon

unmittelbar beim Hirntod einsetzt. Wir sehen den Wandel der

wissenschaftlichen Einsicht ja auch in den medizinisch-

wissenschaftlichen Stellungnahmen, die wir in dieser Diskussion zur

Kenntnis nehmen konnten; wir sehen das auch in der Entwicklung, die die

Gesetzgebung beispielsweise in Japan genommen hat. Zumindest denke ich,

daß bei dem Tempo der medizinisch-wissenschaftlichen Entwicklung

überhaupt nicht auszuschließen ist, daß morgen schon Ströme, etwa

Hirnströme oder Ströme, die nur im Rückenmark gespeichert sind, gemessen

werden können, die wir heute noch nicht zu messen vermögen. Wer will

denn sagen, daß das, was gestern Stand der Wissenschaft war und es heute

noch ist, morgen noch genauso sein wird? Unsere gesamte Diskussion ist

doch eigentlich ein Beleg dafür, daß dem nicht so ist. Vielmehr

entwickeln sich die Medizin, die Apparatemedizin, die Intensivmedizin

immer schneller fort - nicht nur in den Techniken der

Organtransplantation, sondern auch in ihren Erkenntnissen.

In der Sache doch auf den Hirntod abzustellen ist in meinen Augen

fragwürdig, weil grundlegendes Schutzgut nach Art. 2 Abs. 2 des

Grundgesetzes das menschliche Leben ist. Es ist ja im übrigen auch

bedeutsam, daß in der gesamten Verfassung nicht von Tod die Rede ist -

in welchem Zuschnitt auch immer -, sondern immer nur von Leben als

Schutzgut.

Wo immer Leben möglich ist - niemand kann heute ausschließen, daß auch

noch nach dem Hirntod Reste an Leben möglich sind -, darf es deshalb

nicht gesetzlich einseitig ausgegrenzt werden, und sei es auch nur

mittelbar. Es gibt - in meinen Augen jedenfalls - den eindeutigen Satz:

In dubio pro vita.

Deshalb kann der Hirntod, besser: der irreversible Ausfall der gesamten

Hirnfunktion, nicht das alleinentscheidende Kriterium für den Gesamttod

des Menschen sein. Es ist einfach nicht so, daß Hirntod gleich Gesamttod

ist. Wer so etwas behauptet, leugnet, daß es Unterschiede gibt, daß auch

der verkürzt so bezeichnete Hirntod etwas ganz anderes ist als der

verkürzt so bezeichnete Herztod.

Nur weil wir die natürliche Aufeinanderfolge dieser Ereignisse,

Hirntod, Herztod und damit Gesamttod des Menschen, durch die

Intensivmedizin auseinanderziehen, strecken, kommen wir in die

Situation, uns über dieses Zwischenstadium Gedanken machen zu müssen und

zu wollen.

Alles, was zu einem - wie auch immer im einzelnen zu bewertenden -

Fortdauern von Lebensäußerungen nach dem Hirntod zu sagen ist, hat der

Kollege Wodarg gesagt. Ich will es nicht wiederholen. Für mich ist der

Hirntod der ,,point of no return"; da setzt irreversibel der

Sterbeprozeß ein.

Deswegen muß man deutlich sagen: Die Anhänger der erweiterten

Zustimmungslösung setzen wie die Anhänger der engen Zustimmungslösung

als Voraussetzung beim Hirntod an. Und es ist falsch und nicht

sachgerecht, zu sagen: Ihr wollt ja Lebende explantieren. Vielmehr

wollen wir Hirntote explantieren. Das ist ein deutlicher Unterschied.

Ein Letztes zu diesem Punkt: Wer will eigentlich feststellen - vor

allen Dingen definitiv mittelbar oder unmittelbar durch das Gesetz -,

wann das, was am Menschen metaphysisch ist, etwa seine Beseeltheit, zu

Ende ist? Das kann man doch nicht definitiv sagen.

(Beifall der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Als Letzter kann das der Gesetzgeber.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16419


noch: Dr. Edzard Schmidt-Jortzig


Bei dieser Wertung darf auch die Medizin keine Monopolkompetenz haben,

wie sie immer wieder eingefordert wird. Gerade Ihr Gesetzentwurf, lieber

Herr Seehofer, stellt auf den Stand der medizinischen Wissenschaft ab.

Das ist nicht das Entscheidende für die Feststellung, wann ein Leben zu

Ende ist. Da kommen ganz wesentliche metaphysische, da kommen ethische,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da kommen religiöse, auch juristische Argumente zum Tragen.

Deswegen kann der Gesetzgeber schon aus diesem Grund nicht einseitig

darauf abstellen und sagen: Alles andere zählt nicht, was für den

einzelnen nach seiner ureigenen ethischen Einstellung vielleicht doch

noch als menschliches Leben nachwirkt.

Eckart von Klaeden hat darauf hingewiesen - ich tue das noch einmal,

aber pauschaler -, daß die erweiterte Zustimmungslösung deshalb nicht

mehr - auch da ist deutlich die Entwicklung des Standpunktes zu sehen -

mit der Zustimmung der beiden großen christlichen Kirchen rechnen kann.

Was der Bischof Löwe und der Kardinal Meisner dazu geäußert haben, ist

hier schon vorgetragen worden. Dem ist weiter nichts hinzuzufügen.

(Widerspruch bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU - Dr. Dieter

Thomae [F.D.P.]: Einzelne Meinungen! Das halten wir mal fest!)

- Nein, bei der EKD kann ich Ihnen garantieren, daß das keine einzelne

Meinung ist, sondern der derzeitige Stand eines umfassenden

Diskussionsprozesses.

(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Nein! Nein!)

Der Gesetzgeber und erst recht der einfache Gesetzgeber sollte sich

nicht, ja darf sich nicht in Vorstaatliches, in Unwägbares einmischen.

Dies gilt um so mehr, als eine Festlegung auf einen Gesamttod für die

Organtransplantation auch gar nicht erforderlich ist. Wichtig ist nur,

daß wir für die Entnahmekriterien eine definitive Festlegung haben.

Dafür ist der Hirntod plus die Einwilligung des potentiellen Spenders

nach unserer Auffassung das Maßgebliche.

Ein letztes Wort: Herr Seehofer, Sie haben einen Vorwurf vorsichtig

umschrieben, indem Sie sagten, mit dem Verzicht auf eine jetzt zwar

indirekte, aber dennoch eindeutige Festlegung auf den Hirntod als

Gesamttod des Menschen werde jede Transplantation zwischen Hirntod und

Herztod bzw. Kreislaufzusammenbruch zu einer unerlaubten Tötungshandlung

oder könne jedenfalls diese Zweifel erwecken.

Diese Sorgen verdienen Beachtung, sind aber eindeutig auszuräumen, wie

man in jeder neueren strafrechtlichen, insbesondere

verfassungsrechtlichen Äußerung nachlesen kann.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Schmidt-Jortzig,

gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Professor Schuchardt?

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Gerne.

Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Herr Schmidt-Jortzig, ich bitte Sie noch

einmal, genau zu differenzieren. Ich möchte deutlich machen, daß die

Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland gerade die

erweiterte Zustimmung favorisiert

(Zuruf von der CDU/CSU und der F.D.P.: So ist es!)

und daß der einzige Unterschied - weil nicht nur Sterben, sondern auch

Leben ein Prozeß ist - allein darin besteht, daß ein neues Nachdenken

darüber begonnen wird, ob der Tod und der Hirntod als Zeichen des Todes

gleichgesetzt werden können. Sie stimmen mir zu?

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Nur zu diesem Punkt habe ich

gesprochen.

Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Die Folgerung daraus - -

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, Sie

müssen eine Frage formulieren.

Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Ich frage Sie also, ob Sie dem

zustimmen, daß hier ein Weiterdenken eingesetzt hat, daß aber die

Evangelische Kirche grundsätzlich die erweiterte Zustimmung favorisiert,

weil Gott ein Freund des Lebens ist und sich der Mensch, frei

geschaffen, dafür oder dagegen entscheiden kann.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Verehrte Frau Kollegin, Ihre

Differenzierung ist völlig richtig. Ich spreche nur darüber, ob wir

definitiv den menschlichen Gesamttod mit dem Hirntod gleichsetzen dürfen

und können. Dazu hat sich eine ganz entscheidend veränderte Erkenntnis

bei der Evangelischen Kirche - zumindest für diese will ich es sagen,

bei der Schwesterkirche weiß ich es nicht - abgezeichnet.

Was sich daraus später an Konsequenzen für die erweiterte oder die enge

Zustimmungslösung ergeben wird, ist noch gar nicht mein Thema. Ich will

nur darauf hinweisen, daß über das, was wir gestern noch für ganz sicher

gehalten haben, heute - wie Sie in der Tat selbst sagen - ein neues

Nachdenken gefordert wird. Dazu haben wir viel Unterstützung aus dem

kirchlichen Bereich, auch aus dem offiziellen. Auch das ist eine Frucht

unserer Diskussion.

Ich möchte gern den Vorwurf der unerlaubten Tötungshandlung wieder

aufgreifen. Mit dem irreversiblen Hirnversagen endet - das ist

unbestritten - die Pflicht des Arztes zur Aufrechterhaltung der

Körperfunktionen. Sie wechselt in die Pflicht, den natürlichen

Sterbeprozeß nicht weiter aufzuhalten. Wer den Hirntoten unautorisiert

an die Maschine anschließt, macht sich auch nach geltendem Recht

strafbar. Dazu gibt es bereits Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16420


noch: Dr. Edzard Schmidt-Jortzig


Es ist also nur dann gerechtfertigt, den natürlichen Sterbeprozeß zu

verlängern, wenn eine Einwilligung vorliegt. Wenn diese nur darauf

abzielt, nach dem irreversiblen Ausfall der Hirnfunktionen eine

Organentnahme zuzulassen, ist die Situation schlicht und ergreifend

nicht vergleichbar mit jener in 1/2 216 StGB, der eine Tötung auf

Verlangen unter Strafe stellt. Dort wird nämlich ein ohne medizinisches

Eingreifen andauerndes Leben beendet, zerstört; hier hingegen wird ein

nur zum Zweck der Organtransplantation, per Apparatemedizin

verlängertes, sonst längst beendetes Leben in diesem seinen vom Inhaber

selbst bestimmten Zweck erfüllt. Das kann juristisch überhaupt nie in

den Verdacht geraten, eine Tötungshandlung zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, zum Schluß bitten, der engen

Zustimmungslösung zuzustimmen, weil sie die Konsequenz aus der

Erkenntnis ist, daß nicht das Ende des gesamten Lebens, der Gesamttod,

mit dem Hirntod definitiv zusammenfällt. Die medizinische Erkenntnis und

ihre Entwicklung sprechen dagegen. Dann kann es nur richtig sein - im

Sinne meines Menschenbildes jedenfalls -, daß im Grundsatz dieser Mensch

selbst über sich und die Verfügbarkeit seiner Organe bestimmt.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und des

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe dem Abgeordneten Professor

Dr. Rupert Scholz das Wort.

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen

und Herren! - Hier wird angezeigt, daß ich nur vier Minuten Redezeit

habe.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Nein, nein. Für Sie sind fünf Minuten

vorgesehen.

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Mir war mehr avisiert worden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sieben!)

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Aber wir sind nicht so kleinlich, daß

Sie fürchten müßten, daß ich Sie in einem lebhaften Gedanken

unterbrechen würde, wenn es nicht unbedingt nötig ist.

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich bedanke mich, Herr Präsident.

Die Organtransplantation muß gesetzlich geregelt werden. Darüber

besteht Konsens. Dies ist ein auch verfassungsrechtliches Gebot. Das

Stichwort Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts macht

dies eindeutig und klar. Daß um die Fragen des Todes und der Zustimmung

gestritten wird, ist nachvollziehbar. Aber auch diese Fragen fordern

eine klare und rechtssichere Antwort durch den Gesetzgeber.

In diesem Sinne stelle ich als erstes fest: Der Gesetzgeber muß

entscheiden: Jeder, der die eine oder andere Frage bzw. gar die Frage

des Todes offenlassen will, schafft nicht nur Rechtsunsicherheit in

einem mehr oder weniger formalen Sinne, sondern schafft auch nicht

Recht. Er schafft nicht Recht im Sinne dessen, worauf der einzelne - der

Organspender wie letztlich auch derjenige, der auf ein gespendetes Organ

hofft - ein verfassungsrechtliches Recht - Recht auf Leben und

Gesundheit, Schutz der Menschenwürde - hat.

Der Tod ist entscheidend. Die Frage des Todes kann nicht offengelassen

werden. Die Frage des Todes kann aber, Herr Schmidt-Jortzig, nicht nach

metaphysischen, religiösen, ethischen oder sonstwie moralischen

Vorstellungen in diesem Bereich entschieden werden, der einen Auftrag

der Rechtsordnung formuliert. Da fehlt es an Kriterien. Daß für den

einzelnen sein Leben, auch das Ende seines Lebens, ein entscheidendes

religiöses, metaphysisches Element ist und davon mitgetragen ist, ist

klar. Gerade deshalb ist sein Recht auf Selbstbestimmung in der Frage

,,Zustimmung - ja oder nein?" wesentlich getragen und zu orientieren an

diesen Grundprinzipien, nicht aber die Frage danach, was der Gesetzgeber

für die Allgemeinheit zu entscheiden hat. Hier kann es nicht anders

sein, als daß nach naturwissenschaftlich-medizinischen Erkenntnisständen

zu entscheiden ist. Hier muß in diesem Sinne entschieden werden.

Der Entwurf der Kollegen Seehofer, Lohmann, Dreßler und anderer geht

den richtigen Weg.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Professor Scholz,

gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt-Jortzig?

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Mit Vergnügen.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Lieber Herr Scholz, wir sind uns in

dem Ausgangspunkt, daß es wichtig ist - gerade für unseren

Regelungsbereich -, zum Tod Stellung zu nehmen, überhaupt nicht uneins.

Ist nicht aber zwingende Voraussetzung für unsere ganze Diskussion und

die Auseinandersetzung um die verschiedenen Konzepte, daß wir in Vollzug

der medizinischen Erkenntnisse zwischen den verschiedenen Formen des

Todes differenzieren: zwischen dem Hirntod, dem Herztod und, wie man

meines Erachtens nur der Verfassung entnehmen kann, dem Gesamttod des

Menschen?

Ist nicht gerade das Dilemma unserer Befassung mit diesem Problem, daß

der Tod des Menschen wohl nicht mehr ein einheitliches, natürlich

eintretendes Ereignis ist - wie wir es vor 50 Jahren vielleicht noch

meinten -, sondern unter dem Einfluß des medizinischen Fortschritts

differenziert zu sehen ist?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16421


Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Richtig ist, Herr Schmidt-Jortzig, daß sich

der Tod, heute zunehmend erkannt, prozeßhaft vollzieht. Der Hirntod

stellt nach heutiger medizinischer Erkenntnis jedenfalls das Stadium

dar, in dem es kein Zurück mehr gibt.

(Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Aber man lebt dann

noch!)

(Vorsitz:Vizepräsidentin Michaela Geiger)

Die Entität dessen, was das Leben des Menschen ausmacht - auf der einen

Seite physische Existenz und auf der anderen Seite die geistig-

individuelle Sinnhaftigkeit, die Persönlichkeit -, alles das, was das

Menschenbild unseres Grundgesetzes ausmacht, ist mit dem Hirntod

unwiederbringlich dahin. Das ist keine Wertungsfrage, sondern das ist

das Menschenbild unseres Grundgesetzes. Das wissen Sie genau.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Scholz, gestatten

Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Schily?

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich bin mit der Antwort auf die Frage von

Herrn Schmidt-Jortzig noch gar nicht fertig.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Er sitzt aber schon, Herr Abgeordneter.

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Mit meinem Freund Schmidt-Jortzig bin ich

noch lange nicht fertig.

(Heiterkeit)

Ihr Satz von vorhin, Herr Schmidt-Jortzig, ,,in dubio pro vita", ist

für sich genommen unwiderleglich. Sie haben aber die Frage nicht

beantwortet: Wie weit geht Vita? Sie gehen im Grunde genommen - das

zeigt Ihr Entwurf - bis zur letzten Zelle. Aber die Zelle stirbt, und

der Tatbestand ist irreversibel. Der einzelne kann sein

Selbstbestimmungsrecht nicht mehr ausüben, das sein Leben doch erst

inhaltlich bestimmt, in Fragen, die wir hier zu regeln haben.

Deshalb müssen wir auch aus verfassungsrechtlichen Gründen eine

Definition des Todes geben und können uns nicht in die

Rechtsunsicherheit zurückziehen, die zwar mit dem schönen Satz beginnt,

den Sie gesagt haben, ,,in dubio pro vita", der aber letztlich alles

offenläßt.

Richtig ist, daß man den medizinischen Erkenntnisstand beachten muß -

darauf haben Sie hingewiesen, und darin bin ich mit Ihnen einig -: Die

Entwicklung kann uns eines Tages zeigen, daß - wie Sie es formuliert

haben - Gehirnströme plötzlich noch möglich sind, daß die nach heutigem

Erkenntnisstand maßgebende Irreversibilität eines Tages im Lichte neuer

medizinischer Entwicklungen möglicherweise anders zu beurteilen sein

wird.

Deshalb geht der Entwurf Seehofer den richtigen Weg, indem er sagt: Es

ist nach medizinischen Erkenntnisständen zu entscheiden. Ich füge aber

hinzu: Nach heutigem Erkenntnisstand darf jedenfalls der absolute, der

Gesamthirntod nicht unterschritten werden. Das ist heutiger

Erkenntnisstand. Ich glaube, daß sich Ihre Position davon fundamental

unterscheidet. - Ich genieße es, daß Sie mir immer noch zuhören müssen,

Herr Schmidt-Jortzig. - Hier sind wir auseinander.

(Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.]: Wir unterschreiten den Hirntod im

übrigen auch nicht!)

Damit habe ich die Frage von Herrn Schmidt-Jortzig beantwortet, Frau

Präsidentin.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Gut. Gestatten Sie jetzt eine weitere

Zwischenfrage des Abgeordneten Schily?

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Bitte, gerne.

Otto Schily (SPD): Herr Kollege Scholz, Sie haben soeben gesagt, eine

Norm in diesem Zusammenhang könne sich nur nach naturwissenschaftlich-

medizinischen Erkenntnissen richten, und was sozusagen außerhalb solcher

medizinisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnisse vorhanden sei, das sei

außerhalb der Norm.

Wir haben eine Grundnorm in Art. 1 des Grundgesetzes, nämlich die Würde

des Menschen. Meinen Sie, Herr Professor Scholz, die Norm in Art. 1

könnten Sie nur aus naturwissenschaftlich-medizinischen Erkenntnissen

her definieren?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der

F.D.P.)

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Lieber Herr Schily, ich glaube, Sie haben

mir nicht zugehört.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich habe sehr deutlich gemacht, daß die verfassungsrechtlichen

Wertmaßstäbe, die entscheidend getragen sind vom Satz der Menschenwürde,

hier auch vom Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, strikt zu

beachten, maßgebend sind. Bei der Frage von Leben und Gesundheit sind

die Naturwissenschaften zwar nicht die Norm - ich habe auch nicht von

,,Norm" gesprochen -, aber, wenn Sie so wollen, der zugrunde liegende

Sachverhalt. Das können Sie als Jurist und erfahrener Anwalt ja

besonders deutlich unterscheiden: ,,Norm" und ,,Tatbestand" hier,

,,Sachverhalt" dort. Es ist eine Sachverhaltsfeststellung, um die es

geht, nichts anderes.

Daß diese Sachverhaltsfeststellung die normative Wertentscheidung

natürlich nicht ausschalten darf, ist völlig richtig, und darin sind

wir, wenn Sie das meinen, auch völlig einig. Die Menschenwürde, das

Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gebieten uns,

verfassungsmäßig wertgerecht zu entscheiden. Aber sie erlauben uns nicht

- das habe ich ausgeführt -, in einer solchen nur naturwissenschaft


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16422


noch: Dr. Rupert Scholz


die auf Überlegungen und Abwägungen außerhalb des

naturwissenschaftlichen Erkenntnisstandes basieren, oder, was das andere

und aus meiner Sicht noch Problematischere ist, die Frage überhaupt

offenzulassen. Wer diese Frage offenläßt, vergeht sich an der

Menschenwürde, am Recht auf Leben, am Menschen.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Professor Dr. Scholz,

mir liegt der Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage - des

Abgeordneten Häfner - vor.

Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich glaube, Sie sehen es mir nach, Herr

Häfner, daß ich Ihre Frage jetzt nicht mehr zulasse; denn wir wollen,

wenn ich das richtig sehe, die Debatte ja fortführen.

Gestatten Sie mir zum Abschluß nur noch wenige Bemerkungen zum zweiten

Streitpunkt, zur Zustimmungslösung: Ich bin der Meinung, daß die

erweiterte Zustimmungslösung in der Sache richtig ist und daß sie auch

verfassungsmäßig ist. Entscheidend ist natürlich das

Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Es ist Ausfluß seines

Persönlichkeitsrechtes. Das steht zu niemandes Disposition. Dieses

Persönlichkeitsrecht wirkt natürlich über den Tod hinaus.

Andererseits: Das Menschenbild unseres Grundgesetzes ist auch das des

gemeinschaftsgebundenen Individuums, das auch zur Mitmenschlichkeit

angehalten ist. Wenn es im mutmaßlichen Willen des Verstorbenen liegt -

das können nur seine nächsten Angehörigen beantworten -, für fremdes

Leben, für die Erhaltung, Bewahrung fremden Lebens, für die Heilung der

Krankheit eines anderen ein eigenes Organ zu spenden, dann darf es nicht

verwehrt sein, diesen mutmaßlichen Willen vor denen, die für die

Totensorge verantwortlich sind - den nächsten Angehörigen -,

auszuschließen.

Ich glaube, daß das nicht human wäre. Ich glaube auch, daß das nicht

der Wertentscheidung unserer Verfassung entspräche. Deshalb werbe ich

für die erweiterte Zustimmungslösung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der F.D.P. sowie bei der

SPD und der PDS)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile das Wort zu einer

Kurzintervention der Abgeordneten Frau Dr. Antje Vollmer, Bündnis 90/Die

Grünen.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Auch ich möchte etwas zu dem eben angeschnittenen Komplex

sagen, nämlich zu der Frage, wie weit das Leben - Vita - reicht, und zu

Ihrer Auffassung, Herr Kollege Scholz, Stellung nehmen, das müsse

naturwissenschaftliche Erkenntnis bestimmen.

Ich weiß, daß das heute die moderne Form der Antwort ist. Aber ich

möchte doch darauf hinweisen, daß wir damit große Antworten der

Menschheit, ihrer Zivilisation und Religionen ausschließen. Gerade in

diesem Fall finde ich das sehr schwierig.

Wie soll ich das erklären? - Früher gab es oft das Gebet von Menschen

um ihren eigenen Tod. Das hieß auch: das Recht auf einen Abschied. Ich

persönlich glaube, daß wir zuwenig konkret darüber diskutieren. Ich bin

bei solchen Abschieden als Seelsorgerin oft dabeigewesen und weiß, was

es für Angehörige bedeutet, wenn sie diese Begleitung - das Sterben ist

ein Prozeß - künstlich abkürzen müssen.

Ich glaube, daß auch der einzelne, der für sich die Entscheidung fällt,

Organspender zu sein, wissen muß, daß er damit eine Erfahrung des Todes

beendet. Das kann er tun, und das ist zu respektieren. Aber: Früher

wurden die Toten im Familienkreise drei Tage aufgebahrt. Das war doch

nicht deshalb so, weil man ganz sicher wissen wollte, daß der Tote auch

wirklich tot und nicht scheintot ist, sondern es entsprang dem Gefühl,

daß das ein Übergang ist, daß noch etwas da ist, daß es so etwas wie

Seele gibt. Die Entscheidung, über die wir heute sprechen, greift

natürlich in einer ganz anderen Weise in diesem Prozeß ein. Ich glaube,

daß die Unsicherheiten mancher Menschen, sich so zu entscheiden, genau

damit zu tun haben, daß sie denken, diese Situation des Abschieds, des

Übergangs ist etwas, das sie unmittelbar betrifft - sie und ihre

Angehörigen. Ich persönlich bin auch deswegen für die enge

Zustimmungslösung, weil ich sage: Nur wenn der potentiell Sterbende für

sich entschieden hat, daß er diesen Abschied nicht mehr braucht, hat er

ihn eigentlich vorweggenommen. Dann kann man es akzeptieren.

Aber ich habe oft gesehen, daß für die Trauernden und Angehörigen - wir

müssen die Situation bedenken; sie kommt fast immer sehr überraschend,

da es sich meistens um Unfalltote handelt - der plötzliche Verzicht auf

diese letzte Begleitungsmöglichkeit, in der ja die Zeit stillsteht, ganz

besonders hart ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der

F.D.P. und der PDS )

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Professor Dr. Scholz,

möchten Sie antworten? - Nein.

Dann erteile ich das Wort jetzt der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-

Gmelin, SPD-Fraktion.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Ich werbe dafür, daß wir bei der heutigen Entscheidung über das

Transplantationsgesetz den Weg der engen Zustimmungsregelung gehen. Ich

glaube, das ist die klarste Lösung, das ist die konsequenteste Lösung,

und es ist der humanste Weg. Ich bin der Meinung, lieber Herr Kollege

Scholz, daß dies auch der Weg ist, der unserer Verfassung am

deutlichsten entspricht.

Was bedeutet enge Zustimmungsregelung? Enge Zustimmungsregelung

bedeutet zweierlei. Zum einen entscheiden wir in der Frage, wann der

Mensch tot ist, nicht neu, sondern belassen es bei dem, was


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16423


noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin


letzte Absolutum. Der Tod wird sichtbar - und zwar für alle - durch den

Ausfall aller Lebensfunktionen.

Enge Zustimmungsregelung bedeutet zum zweiten: Wenn das Gehirn

ausfällt, wenn also durch Maschinen meßbare Hirnströme nicht mehr

nachzuweisen sind, bezeichnet dies den Beginn des endgültigen Sterbens,

aber nicht den Tod des Menschen, also nicht das Ende seines Sterbens.

Dieses Sterben gehört - ich wiederhole das - noch zum Leben; es ist

nicht schon Tod, sondern es gehört noch zum Leben; in dieser Zeit dürfen

Ärzte Organe entnehmen. Sie dürfen es freilich nur, wenn die Zustimmung

der organspendenden Bürgerinnen und Bürger selbst vorliegt.

Meine Damen und Herren, jeder von uns bekam in den letzten Monaten sehr

viele Briefe, die viel Unsicherheit verraten. Diese Unsicherheit wollen

wir heute durch eine klare Regelung beenden. Ich glaube, darin sind wir

uns alle einig. Diese Briefe zeigen aber auch, welch überaus

unterschiedliche Auffassungen und Meinungen zur Organspende vertreten

werden.

Da sind zum einen die Ärzte, die sagen: Wir wollen eine sichere

Rechtsgrundlage. - Die sollen sie bekommen. Meine Damen und Herren, ich

finde es allerdings nicht gut, daß uns einige Ärztefunktionäre ganz

ungeniert bevormunden wollen. Ich glaube, das müssen wir alle

zurückweisen.

Erschütternd sind die vielen Briefe von Menschen, die auf eine

Organspende warten, oder die von ihren Angehörigen. Sie sind

erschütternd deswegen, weil sich wohl jeder von uns sehr gut vorstellen

kann, wie es ist, wenn man sich in der Situation befindet, auf ein Organ

zu warten. Man setzt seine ganze Hoffnung auf dieses neue Organ. Man

hofft, daß man weiterleben kann, obwohl man sehr gut weiß, daß es

Wartelisten bei jeder Regelung geben wird. Auch unser Nachbarland

Österreich, Herr Kollege Seehofer, das eine Widerspruchsregelung gewählt

hat, hat lange Wartelisten. Diese Frage hängt also nicht von dem Weg der

Regelung ab.

Meine Damen und Herren, wir wissen, daß längst nicht jede

Organtransplantation zu dem Ergebnis führt, das die Kranken sich

erhoffen. Ich glaube, es ist wichtig, auch das hier festzuhalten; auch

das müssen wir bedenken.

Aber da ist noch eine dritte Gruppe von Briefen, die uns erreicht. Das

sind die Briefe von Menschen, die uns sagen: Wenn ihr jetzt ein neues

Gesetz beschließt, dann achtet bitte darauf, daß ihr darin auch das

Recht jedes Menschen auf Selbstbestimmung, auf Würde, auf Leben und auf

Respekt am Ende seines Lebens festschreibt.

Auch diese Menschen haben recht. Sie bringen Sorgen zum Ausdruck; sie

stehen unter dem Eindruck der Debatte in vielen Ländern, wenn sie uns

beschwören, den Todesbegriff eben nicht den medizinischen

,,Notwendigkeiten" oder Wünschen anzupassen. Herr Dreßler, Sie haben

gesagt - Herr Seehofer, Sie haben es nicht ganz so deutlich gesagt; aber

wahrscheinlich meinen Sie dies ebenfalls -, daß die Explantation erst

beim Ausfall aller Hirnströme beginnen darf. In anderen Ländern setzt

man schon bei dem sogenannten Teilhirntod an. Die Diskussion in wieder

anderen Ländern grenzt Leben vom Tod durch die Kommunikationsfähigkeit

ab, setzt Leben mit Personalität gleich. Die Menschen, die uns

schreiben, beschwören uns deshalb: Fangt gar nicht erst an, am

Todesbegriff herumzuändern, weil ihr sonst bei den zunehmenden

medizinischen Möglichkeiten auch die jetzt anvisierte Grenze nicht mehr

halten könnt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei

Abgeordneten der PDS)

Diese Menschen stehen natürlich auch unter dem Eindruck der

Biomedizinkonvention und der Diskussionen, die es in diesem Zusammenhang

gibt.

(Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Herr Seehofer, bitte schön.

(Heiterkeit)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Es ist schön, daß Sie die Zwischenfrage

des Herrn Abgeordneten Seehofer zulassen.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Natürlich, gern.

Horst Seehofer (CDU/CSU): Frau Kollegin, darf ich Sie noch einmal auf

das hinweisen, was der Kollege Dreßler schon deutlicher gemacht hat, als

ich persönlich es getan habe, nämlich auf die klare Festlegung in unser

erweiterten Zustimmungslösung, daß es sich in jedem Fall um einen

verstorbenen Menschen handeln muß, wenn explantiert werden soll, daß

zweitens nach den Regeln der Medizin und Naturwissenschaft festzulegen

ist, wann der Tod eingetreten ist, und daß wir drittens - das ist das

Entscheidende, was ich im Hinblick auf das, was Sie gerade gesagt haben,

noch ansprechen möchte -, wenn die Medizin Regeln festlegt, ihr durch

das Gesetz aber nicht erlauben, unter die Schwelle des Ausfalls des

gesamten Hirns zu gehen? Denn auch wir kennen die Diskussion, die es in

Amerika und in den skandinavischen Ländern gibt und in der es darum

geht, ob nicht auch ein Teilhirntod gewissermaßen den Tod des Lebewesens

bedeutet. Das verneinen wir, und deshalb sagen wir: Unter die Schwelle

des Hirntodes darf nicht gegangen werden.

(Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schreiben Sie es ins

Gesetz!)

- Das steht im Gesetz, Frau Knoche.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD

und der PDS)

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Herr Seehofer, daran besteht gar kein

Zweifel. Herr Dreßler hat es vorhin - wie Sie sagen - in der Tat noch

deutlicher


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16424


noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin


auch von Ihrer Seite ganz klar bestätigen. Das aber nimmt den Menschen,

die die Diskussion in den USA und in anderen Ländern verfolgen, doch

nicht die Angst, daß Sie Ihren Todesbegriff in einigen Jahren doch

wieder anpassen, und sei es auf dem Wege über eine internationale

Konvention. Im Bereich der Biomedizinkonvention haben wir erleben

müssen, wie wenig wir unsere eigenen Standards international halten

können. Es geht jetzt nicht um einen Vorwurf an Sie oder an Herrn

Dreßler, sondern es geht um die Sorge, daß dann, wenn man von dem Tod

als Absolutum, als dem jederzeit sichtbaren und erkennbaren Ende des

Lebens durch den Ausfall aller Lebensfunktionen abgeht, kein Halten mehr

ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN -

Zuruf von der CDU/CSU: Das Gegenteil ist der Fall!)

Meine Damen und Herren, ich glaube schon, daß wir sehr sorgfältig

darauf achten müssen, was wir gesetzlich festlegen. Deshalb komme ich

jetzt noch zu dem weiteren Einwand, den Sie, Herr Seehofer, zur

Organentnahme nach Beginn der Sterbephase, die durch den Ausfall aller

Hirnfunktionen signalisiert wird, gemacht haben. Ich halte Ihre

Ausführungen für falsch. Die Sterbephase gehört zum Leben; man darf sie

nicht als den Tod umdefinieren. Sie ist nicht der Tod. Wer die Begriffe

verändert, würde vielleicht bei einigen Ärzten Ängste überwinden. Aber

das wäre eine Umdefinition, die ich bei einer solchen Frage nicht für

erlaubt halte, die auch kein Problem löst.

Ich will noch einen anderen Punkt anführen. Der naturwissenschaftlich

definierte Tod soll - wie Sie, Herr Professor Scholz, sagen - als

Sachverhaltsgrundlage für uns Juristen dienen. Daß das Ende des Lebens

mit dem Ausfall der Hirnströme eintritt, ist jedoch auch unter

naturwissenschaftlich argumentierenden Medizinern nicht unumstritten.

Sie alle wissen, daß der Streit darüber nicht alleine zwischen Menschen

besteht, die schwerpunktmäßig ethische oder juristische Standpunkte

vertreten, sondern er ist auch unter den Medizinern aller Fachbereiche

heute stärker als vor fünf oder zehn Jahren im Gange.

Ich persönlich halte die Zweifel, die heute vorgetragen werden, für

plausibel, weil es schon eine Menge an begrifflichen

Definitionskunststücken verlangt, ein schlagendes Herz, ein lebendes

Organ einem Körper zu entnehmen, der ,,tot" sein soll. Daß eine

Schwangere, deren Kind

(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Stimmt doch gar nicht!)

- doch, Herr Thomae, ich komme gleich darauf zurück - durch

Kaiserschnitt zum Leben gebracht werden kann, nach der Feststellung des

Ausfalls der Hirnfunktionen ,,tot" sein soll, meine Damen und Herren,

werden Sie ernsthaft nicht behaupten können.

Da hier der Einwand gekommen ist, dies sei nicht der Fall, möchte ich

Sie daran erinnern, daß bei dem Erlanger Baby der behandelnde Arzt, Herr

Professor Scheele, deutlich darauf hingewiesen hat, daß die

Hirntoddiagnose vorlag. Das gleiche war bei der Frau der Fall, deren

Kind im Krankenhaus Filderstadt durch Kaiserschnitt geboren wurde.

(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nein!)

- Ich habe das Protokoll hier und lese es Ihnen jetzt vor. Ich bitte

aber, das nicht auf meine Redezeit anzurechnen.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Frau Abgeordnete, das geht leider

nicht. Sie müssen es in Ihrer Redezeit unterbringen.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Dann müssen Sie mir das so glauben. Wenn

es wegen der Redezeit nicht möglich ist, werde ich es nicht vortragen.

Aber Sie sollten es dann einfach akzeptieren und nicht bestreiten.

Vielleicht fragt mich ja auch jemand.

(Abg. Peter Conradi [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage -

Heiterkeit)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Herrn Abgeordneten Conradi?

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Bitte schön, Herr Conradi.

Peter Conradi (SPD): Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin, würden Sie bitte

das, was Sie dem Haus gerade vortragen wollten, wegen Ihrer Redezeit

aber nicht konnten, ohne Zeitverlust mir vortragen?

(Heiterkeit)

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Vielen Dank, Herr Conradi; das ist eine

sehr liebenswürdige Frage.

Während der Anhörung hat der behandelnde Arzt in Erlangen, Herr

Professor Scheele, vorgetragen:

Wir haben keine Angiographien durchgeführt,

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Na also!)

- hören Sie doch einfach einmal zu; entschuldigen Sie, Sie brauchen ein

bißchen mehr Geduld, Herr Kollege -

(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Keine Ahnung, der Herr Zöller!)

sondern wir haben Doppler-Sonographien und EEG-Untersuchungen

vorgenommen. Diese wurden auf Wunsch des Vaters auch nach der

Hirntoddiagnose in wöchentlichen Abständen wiederholt.

Herr Conradi, um Ihre Frage vollständig zu beantworten, möchte ich

hinzufügen, daß in dem Filderstädter Fall, bei dem das Baby durch einen

Kaiserschnitt zum Leben gebracht werden konnte, der sogenannte Hirntod,

also der Ausfall aller Hirnfunktionen, in einem anderen Krankenhaus

ebenfalls festgestellt worden ist. Es gibt also keinen Zweifel.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16425


noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin


Einen letzten Gedanken möchte ich Ihnen vortragen: Auch wenn ich

persönlich diese Zweifel am naturwissenschaftlichen Ende des Lebens

nicht teilte, Herr Kollege Scholz, so gäbe es diese Zweifel doch. Und

wir als Juristen können deshalb nicht annehmen, daß der Tod

unzweifelhaft sachverhaltsmäßig naturwissenschaftlich definiert ist.

Vielmehr müßten wir genau das, was Herr Schmidt-Jortzig vorhin

vorgetragen hat, gelten lassen: daß unsere Verfassung mit ihrer

Stellungnahme im Zweifel für das Leben auf jeden Fall die Sterbephase in

den Bereich des Noch-Lebens einordnet. Damit sind wir bei dem

Erfordernis der höchstpersönlichen Zustimmung. Damit sind wir bei der

engen Zustimmungsregelung, auf die ich übrigens auch meine ganze

Zuversicht setze, weil ich es für eine moralische und ethische

Verpflichtung halte, zu helfen, wenn ich es kann, und zwar auch durch

eine Organspende, was absolut mit dem korrespondiert, was als

Zustimmungserfordernis vom Bürger erwartet werden kann und erwartet

werden muß.

Setzen wir also auf die Bürger! Fordern wir die Hausärzte auf, mit

ihren Patienten über Organspenden zu reden! Bitten wir die

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, eine der Aidskampagne

ähnliche Kampagne zu starten!

(Abg. Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU] meldet sich zu einer

Zwischenfrage)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter, ich kann keine

Zwischenfrage mehr zulassen. Die Redezeit ist ohnehin längst abgelaufen.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Darf ich meinen Gedanken vielleicht noch

beenden?

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ja, bitte.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Bitten wir auch darum, daß sämtliche Möglichkeiten zur Erinnerung an

diese moralische Verpflichtung genutzt werden! Setzen wir vor allen

Dingen dann auf die klare gesetzliche Regelung, die die Zustimmung von

den mündigen Bürgern verlangt, von denen wir so viel sprechen! Diese

klare Regelung bringt mehr. Für eine klare Regelung können wir besser

werben. Mit dieser klaren Regelung werden wir dann, glaube ich, auch den

Hoffnungen gerecht, die gerade die Kranken, die Organspender und die

Ärzte auf uns setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

und der PDS)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr.

Jürgen Rüttgers.

Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin dankbar für diese Debatte. Ich glaube, sie gereicht

dem Deutschen Bundestag zur Ehre.

Viele von uns haben - das hat der bisherige Verlauf dieser Debatte

gezeigt - einen ganz persönlichen Zugang zum Thema

Organtransplantationen. Ich denke, es ist wichtig zu sagen, daß hinter

den beiden verschiedenen Anträgen, über die wir jetzt diskutieren, sehr

unterschiedliche Zugänge stehen, übrigens Zugänge, die sich - das stellt

man fest, wenn man sich in einem Diskussionsprozeß austauscht -

stellenweise sogar ausschließen. Trotz der verschiedenen Meinungen und

der verschiedenen Zugänge gibt es aber den Versuch, eine Lösung zu

erzielen.

Frau Kollegin Däubler-Gmelin, es kommt mir sehr darauf an,

festzustellen, daß der Antrag, den ich unterstütze, keinen neuen

Todesbegriff einführt,

(Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/CSU])

daß er am vorhandenen Todesbegriff nichts ändert und daß er keine neue

Definition einführt.

Lieber Herr Schmidt-Jortzig, bezogen auf das, was Sie gesagt haben, und

auch im Zusammenhang mit dem, was der Kollege Scholz gesagt hat, möchte

ich betonen: Es gibt keine verschiedenen Formen von Tod.

(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: So ist es!)

Entweder lebt der Mensch, oder er ist tot.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für mich lebt der Sterbende. Deshalb hat er auch ein Recht auf einen

würdigen Tod.

Wenn ich die Debatte und die verschiedenen Alternativen auch auf Grund

all der Gespräche, an denen ich teilnehmen durfte, richtig verstanden

habe, dann, werte Kolleginnen und Kollegen, stellen sich die

Alternativen - ich wiederhole das ausdrücklich - vor dem Hintergrund

sehr persönlicher Zugänge zu diesem Thema wie folgt dar: Der Antrag von

von Klaeden, Schmidt-Jortzig und anderen erlaubt die Entnahme von

Organen bei einem Nichttoten; er erlaubt also die Entnahme von Organen

bei einem Lebenden. Weil dies so ist, enthält er zwangsläufig und

konsequenterweise eine möglichst restriktive Zustimmungsregelung. So

habe ich es verstanden.

(Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Das ist falsch!)

Der Antrag, den ich unterstütze, setzt bei allen Regelungen in bezug

auf das Verfahren voraus, daß der Mensch tot sein muß. Weil der Antrag

dies zur Voraussetzung macht, kann er konsequenterweise eine erweiterte

Zustimmungsregelung vorsehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.])

- Herr Vizepräsident Hirsch, der Mensch muß tatsächlich tot sein. Die

Antwort auf die Frage, wann dies vorliegt, ist natürlich ganz, ganz

schwierig. Es stellt sich auch die Frage: Wer legt dies fest? Das ist

einer der Punkte, über den wir alle parteiübergrei


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16426


noch: Dr. Jürgen Rüttgers


Die Antwort ist um so schwieriger, als es bei der Frage, was der Tod

ist, keinen unstrittigen Konsens in unserer Gesellschaft mehr gibt.

Unsere Gesellschaft hat den Tod verdrängt. Er ist aus der Familie in die

Sterbezimmer der Krankenhäuser und in die Altersheime verbannt worden.

Bei diesem Thema kommt er plötzlich zurück.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Rüttgers,

gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Nickels?

Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Ja.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte.

Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, ich verstehe das

Dilemma. In dem befinden wir uns alle. Aber woher nehmen Sie die

Hoffnung, daß das Dilemma durch Definition weg ist, wenn man sich die

Angehörigen vorstellt, denen man erklärt, ihr Angehöriger sei tot, aber

sie können seine warme Hand anfassen? Der Angehörige, der tot sein soll,

schwitzt. Wie erklären Sie das einer Krankenschwester? Ich bin

Fachkrankenschwester für Innere Intensivpflege und habe solche Patienten

gepflegt. Wie erklären Sie der Krankenschwester, daß sie bei diesem

Menschen noch die Fusionen anhängt und Medikamente gibt, die bei dem

,,Toten" noch wirken? Wie gehen Sie mit der Tatsache des praktischen

Lebens um, daß lebende Haut warme Haut oder schwitzige oder kühle Haut

ist? Woher nehmen Sie die Hoffnung, daß Sie durch die Definition dieses

Dilemma heilen?

Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Verehrte Frau Kollegin, ich habe da weder

Hoffnung noch Sicherheit, noch irgend etwas anderes, weil dies genau so

offen ist, wie Sie es schildern, weil ich genau die persönlichen

Schwierigkeiten sehe, die Menschen angesichts dieses Problems haben. Wie

soll man einem Vater klarmachen, daß sein Sohn tot ist, wenn er dessen

Puls noch fühlt? Dieser Punkt ist nicht zu lösen.

Weil dies aber so ist, Frau Kollegin - da liegt Ihr Mißverständnis -,

definiere ich nicht.

(Zustimmung des Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU])

Gerade deshalb sage ich: Ich bin mit der Wahl in den Deutschen Bundestag

nicht beauftragt worden, festzulegen, wann ein Mensch stirbt und wann

ein Mensch lebt,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

sondern ich stelle nur fest, daß es so, wie der Herr diese Welt

geschaffen hat, diese zwei Zustände gibt.

Es gibt bisher nur eine einzige Möglichkeit, dies festzustellen,

nämlich daß das diejenigen tun, die das berufsmäßig auf Grund ihrer

Ausbildung, auf Grund ihres Ethos, auf Grund ihrer Zielsetzung machen,

so wie dies immer gewesen ist, seitdem die Menschheit besteht. Es ist

Aufgabe der Ärzte, zu sagen, dieser Mensch ist tot, dieser Mensch lebt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]:

Also legt ihr es doch fest!)

Da erfolgt eben nicht die Festlegung durch den Gesetzgeber: Das ist der

Hirntod, und das ist der Herztod.

Gerade als jemand, der sich auch mit Forschung beschäftigt, Frau

Kollegin Nickels, sage ich Ihnen: Wir alle haben in den letzten Jahren

erlebt, daß sich das Verständnis von dem, was Tod ausmacht, bei

denjenigen, die damit zu tun haben, durchaus ändern kann.

(Peter Conradi [SPD]: Eben!)

Es ist noch nicht lange her, da gab es einen breiten Konsens in der

Medizin und in der Gesellschaft, daß der Herztod mit dem Tod

gleichzusetzen ist. Heute sagt eine Mehrheit, es ist der Hirntod.

(Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das spricht doch gerade dafür,

die Entscheidung nicht der Ärzteschaft zu überlassen!)

Ich weiß nicht, ob wir nicht in fünf oder zehn Jahren eine Situation

haben, in der etwas anderes als Mehrheitsmeinung vorgetragen wird. Weil

dies so ist, ziehe ich den Schluß daraus - das ist mir wichtig -, daß

wir als Gesetzgeber, als Deutscher Bundestag nicht sagen, unter diesen

und jenen Voraussetzungen ist ein Mensch tot oder er lebt. Dies ist

vielmehr eine Aufgabe - das ist nun einmal so -, die ich Ärzten nicht

abnehmen kann. Sie müssen das nach dem Stand der medizinischen

Erkenntnis feststellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zur zweiten Frage, die

genauso wichtig ist, auch im Hinblick auf unser Verständnis von

Gesellschaft, im Hinblick auf unser Verständnis vom Menschsein. Wenn ich

eine juristische Festsetzung von Hirntod und Tod ablehne, legt dies dann

eine enge Zustimmungsregelung nahe? Ich meine, nein. Kein Mensch ist

Herr über Leben und Tod eines anderen. Die Feststellung des Todes ist

Aufgabe der Ärzte.

Der Philosoph Hans Jonas hat gesagt: ,,Das Urbild aller Verantwortung

ist die von Menschen für Menschen." Da stimme ich ihm zu. Ein Mensch

kann für andere Menschen Verantwortung übernehmen. Oder andersherum

gesagt: Zeichnet er sich nicht gerade dadurch vor allen anderen

Lebewesen aus? Das Tragen von Verantwortung ist unbestreitbar ein

Bestandteil unseres Menschseins. Der Mensch erhält seine eigentliche

Würde und Bestimmung durch die Verantwortung, die er für andere Menschen

übernimmt. Diese Verantwortung wird zur Herausforderung, wenn der Mensch

in Grenzsituationen des Lebens Entscheidungen fällen muß. Das gilt

übrigens sowohl für die Ärzte als auch für die Verwandten, die einer

Organentnahme bei einem Toten zustimmen.

Jeder Mensch stirbt seinen ureigenen Tod. Der Tod ist immer das Ende

der Lebensgeschichte. Jede Lebensgeschichte ist einzigartig und

gleichzeitig ein


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16427


noch: Dr. Jürgen Rüttgers


Beziehungen. Jeder von uns weiß das und hat das auch persönlich

erfahren. Die Beziehungen, die ein Mensch zu Lebzeiten geknüpft hat,

haben über seinen Tod hinaus Bestand.

Aus diesem Grunde bin ich für die erweiterte Zustimmungsregelung. Ich

halte es für vertretbar, daß die engsten Verwandten - gleichsam als

Treuhänder - auch diese letzte Verantwortung übernehmen. Ich glaube, daß

der letzte Wille eines Verstorbenen im Herzen seiner Angehörigen

aufgehoben ist. Die Angehörigen allein können den mutmaßlichen Willen

beurteilen, falls der Betreffende sich vorher selbst nicht geäußert hat.

Kann die Grenzsituation einer Organspende - auch diese Frage stellt

sich - eigentlich schon zu Lebzeiten genau beurteilt werden? Ich glaube,

nein. Deswegen meine ich, daß die treuhänderische Interpretation naher

Menschen den Willen eines Verstorbenen ebenso authentisch zeigt wie eine

vor dem Tod schriftlich erklärte Bereitschaft zur Organspende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle tun uns schwer damit, schon zu

Lebzeiten an den Tod zu denken. Wir stehen in einem Dilemma. Auf dem Weg

zu dieser Debatte heute traf ich den Kollegen Alfons Müller, der diesem

Haus viele Jahre angehört hat. Er verfolgt diese Debatte heute sehr

aufmerksam. Er selber hat schon mehrfach eine Organtransplantation

erhalten. Das beschreibt genau das Dilemma, vor dem wir stehen, nämlich

auf der einen Seite das richtige Verständnis vom Leben und vom Tod zu

haben und auf der anderen Seite den Versuch zu machen, so gut wie irgend

möglich zu helfen.

Ich persönlich glaube, daß der Antrag, der im Bewußtsein der

beschränkten Möglichkeiten, die ein Gesetzgeber hat und haben muß, auf

der einen Seite darauf verzichtet, zu definieren, wann der Mensch tot

ist und wann er lebt, der auf der anderen Seite den Menschen nicht nur

als Individualwesen versteht, sondern auch als ein Wesen, das in eine

Gemeinschaft eingebunden ist, dieser Spannung, die es sicherlich gibt

und die auszuhalten wir alle aufgerufen sind, am besten gerecht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr.

Wolfgang Götzer.

Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung, die der Deutsche Bundestag

heute zu treffen hat, ist sicherlich eine der schwerwiegendsten und

schwierigsten dieser Legislaturperiode. Das Parlament hat es sich in

seinen Beratungen wahrlich nicht leichtgemacht. Umfangreiche Anhörungen

und zahlreiche Gesprächsrunden haben in den letzten Jahren

stattgefunden. Viele Briefe und Stellungnahmen von Bürgern und Verbänden

haben uns erreicht und sind in die Beratungen mit eingeflossen.

Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei

Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, der sich intensiv um eine

konsensfähige Regelung bemüht hat. Daß es dennoch heute eine ganze Reihe

unterschiedlicher Anträge gibt, ist angesichts der ungeheuer

komplizierten juristischen, medizinischen und ethischen Fragen, die das

Thema Organtransplantation aufwirft, begreiflich.

Ich selbst plädiere für die enge Zustimmungslösung und möchte Ihnen die

Gründe kurz darlegen, die mich dazu geführt haben. Ich vertrete

entschieden die Auffassung, daß sich der Gesetzgeber einer

Legaldefinition des Todes enthalten soll, ja aus verfassungsrechtlichen

Gründen enthalten muß. Es gibt Dinge, die der Kompetenz des Politischen

entzogen sind. Die Festlegung des Todeszeitpunktes gehört dazu.

(Beifall des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Edzard

Schmidt-Jortzig [F.D.P.])

Mit gutem Grund ist dies auch bisher nicht gesetzlich geregelt.

Es werden statt dessen lediglich Rechtsfolgen durch Gesetz bestimmt,

die an den Tod anknüpfen. Insbesondere halte ich es für nicht

vertretbar, durch ein Gesetz den sogenannten Hirntod als Tod des

Menschen zu bestimmen.

Die Zweifel an der Richtigkeit der Hirntodkonzeption haben sich im

Laufe der Beratungen verstärkt und können nicht als abwegige

Mindermeinung abgetan werden. Vielmehr ist heute sowohl in der Medizin

als auch in der Rechtswissenschaft und in der Philosophie umstritten, ob

der Hirntod den Tod des Menschen sicher anzeigt. Beide Kirchen haben

sogar inzwischen klar Position gegen die Festlegung des Hirntodes als

Tod des Menschen bezogen und darauf hingewiesen, daß eine solche

Auffassung im Widerspruch zum christlichen Menschenbild steht.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

- Ich beziehe mich auf die Hirntodfeststellung, nicht auf die

Zustimmungslösung. Dazu gibt es jüngste klare Aussagen beider Kirchen.

Der Hirntod ist demnach der entscheidende Einschnitt im Prozeß des

Sterbens, nicht aber der endgültige Tod selbst. Angesichts der großen

Zweifel ist es dem Gesetzgeber dann aber verwehrt, den Hirntod als den

Tod des Menschen zu definieren. Vielmehr muß er diese Frage offenlassen.

(Beifall des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])

Dem steht aber nicht entgegen, den Hirntod als Entnahmekriterium für

eine Organtransplantation anzunehmen.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Götzer, gestatten

Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dreßen?


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16428


Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Bitte schön.

Peter Dreßen (SPD): Herr Kollege, was halten Sie denn von den

Schwierigkeiten, die die Transplantationsmediziner haben, wenn wir jetzt

nicht eindeutig festlegen, was der Tod ist? Wenn wir uns nicht eindeutig

festlegen, kann man den Transplantationsmedizinern nicht zumuten, zu

entscheiden, wer tot ist. Sie wissen dann nicht, ob sie einem lebenden

oder einem toten Menschen Organe entnehmen. Glauben Sie nicht, daß wir

in diesem Fall auch die Schwierigkeiten, in denen die

Transplantationsmediziner stecken, berücksichtigen müssen?

Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Ich verstehe Ihre Frage sehr gut.

Trotzdem bleibe ich dabei, daß es nicht Sache des Gesetzgebers ist, die

Definition des Todes festzulegen. Man darf aber auch nicht - da haben

Sie völlig recht - das alleinige Risiko den Medizinern auferlegen.

Deswegen bin ich - ich komme im nächsten Punkt dazu - für eine enge

Zustimmungslösung, die ich als die einzig konsequente bei dieser

Auffassung ansehe.

Der Einwand, der dagegen vorgebracht wird, daß man den Hirntod trotzdem

als Entnahmekriterium zulassen kann, ist vor allem der, daß dies ein

Verstoß gegen das Recht auf Leben und damit gegen 1/2 216 StGB wäre.

Dieser Einwand ist beachtlich, aber er greift letztlich nicht. Wie der

angesehene Strafrechtler Professor Herbert Tröndle bei der Anhörung des

Rechtsausschusses im Januar dieses Jahres überzeugend ausgeführt hat,

ist es Sinn und Zweck des 1/2 216 StGB, eine gezielt die

Lebensbeendigung herbeiführende Handlung zu untersagen.

Die Organentnahme bei einem Hirntoten ist aber etwas ganz anderes. Sie

setzt bei einem irreversibel Sterbenden eine von ihm gewollte

Lebensverlängerung allein zu dem Zweck voraus, durch die Organentnahme

das Leben eines anderen zu retten. Es kommt somit nicht zu einer

Lebensverkürzung durch die Organentnahme, sondern zu einer Lebens- oder

- anders ausgedrückt - zu einer Sterbensverlängerung mit Einwilligung

des Betroffenen, um ein sittlich hochstehendes Ziel zu erreichen,

nämlich die Rettung eines anderen Menschen.

Daraus ergibt sich für mich allerdings zwingend - jetzt komme ich zu

dem Punkt, Herr Kollege - das Erfordernis einer ausdrücklich und

höchstpersönlich erklärten Einwilligung des Organspenders. Denn wenn der

Hirntote als sterbende, aber noch lebende Person anzusehen ist,

gleichwohl aber als Organspender in Frage kommen soll, hat der

Gesetzgeber im Rahmen des Transplantationsgesetzes die Pflicht, die

Persönlichkeitsrechte des Spenders ohne Einschränkung zu wahren. Es ist

ein Ausdruck der jedem Menschen innewohnenden und unveräußerlichen

Würde, daß ein Dritter nicht ohne oder gegen den Willen des Betroffenen

über dessen Körper verfügen kann.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Götzer, gestatten

Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seehofer?

Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Aber selbstverständlich.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte, Herr Seehofer.

Horst Seehofer (CDU/CSU): Herr Kollege Götzer, würden Sie dann die

gleichen juristischen und ethischen Regeln in bezug auf jene Organe

anwenden, die die Bundesrepublik Deutschland aus dem Ausland importiert,

und sind Sie sich bewußt, daß wir schon heute ein Importland sind und,

wenn Sie die gleichen Regeln anwenden würden, die

Transplantationsmedizin der Bundesrepublik Deutschland am Ende wäre?

Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Herr Kollege Seehofer, ich sehe das

Problem so wie Sie und bin mit Ihnen der Meinung, daß wir versuchen

müssen, dieses Problem zu lösen. Allerdings können wir heute nur über

ein Gesetz entscheiden, das die Organtransplantation hier in Deutschland

regelt.

Ich darf fortfahren. Das, was ich gesagt habe, gilt für den in der

letzten Sterbephase befindlichen Menschen genauso wie nach dem

endgültigen Tode im Rahmen des postmortalen Persönlichkeitsrechts. Nicht

die Definition des Todes, sondern die Frage der Einwilligung ist somit

aus meiner Sicht das entscheidende Problem bei diesem Thema.

Nur der Organspender kann demnach in eine Organentnahme wirksam

einwilligen. Eine mutmaßliche Einwilligung kann meines Erachtens nicht

ausreichen. Erst recht scheidet die Ersetzung seiner Einwilligung durch

die Zustimmung der Angehörigen aus. Außerdem stellt es eine meiner

Meinung nach unzumutbare Belastung für die Angehörigen dar, wenn ihnen

eine so schwerwiegende Entscheidung aufgebürdet wird.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Uns allen liegt am

Herzen, daß die Spendebereitschaft in der Bevölkerung steigt. Wir

brauchen mehr Organe, weil immer mehr Menschen lebensnotwendig auf eine

Organtransplantation angewiesen sind. Für Organspenden muß ohne Zweifel

noch stärker geworben werden.

Ich habe großes Verständnis für all diejenigen, die auf eine

Organspende warten und deshalb eine möglichst weite Regelung wünschen.

Trotzdem muß klar gesagt werden - auch und gerade im Interesse dieser

Menschen -, daß der erste Zweck eines Transplantationsgesetzes nicht die

Schaffung erleichterter Voraussetzungen für eine Organspende sein kann,

sondern ihre verfassungsgemäße und ethisch unangreifbare Regelung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P., des BÜNDNISSES 90/DIE

GRÜNEN und der PDS)

Die Voraussetzung für mehr Organspenden ist Vertrauen - Vertrauen der

Bürger in die Transplantationsmedizin und Vertrauen, das aus klaren

gesetzlichen Regelungen erwächst. Dafür ist eine intensive


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16429


noch: Dr. Wolfgang Götzer


respektiert wird.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen und der PDS)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau

Dr. Ruth Fuchs.

Dr. Ruth Fuchs (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ebenso

wie andere Abgeordnete unserer Bundestagsgruppe trete ich dafür ein, daß

es in diesem Lande auch künftig Organtransplantationen in einem

ausreichenden Umfang gibt. Dabei stelle ich mir für diese wichtige

medizinische Hilfsmöglichkeit keinesfalls einen uferlos wachsenden

Bedarf vor. Ich meine, daß es für diese Methode ethische Grenzen und

Grenzen der Sinnhaftigkeit geben muß. Ihr Einsatz rechtfertigt sich vor

allem durch die Rettung menschlichen Lebens, welche auf andere Weise

nicht mehr möglich ist, oder, wie bei der Nierentransplantation,

dadurch, daß gegenüber einem Leben am Dialysegerät Jahrzehnte an

Gesundheit und Leistungsfähigkeit gewonnen werden können.

Nach allem, was wir der Medizingeschichte entnehmen können, wird sicher

auch die Organtransplantation in einer heute noch nicht absehbaren

Zukunft durch neue medizinische Entwicklungen und Möglichkeiten

schrittweise ersetzt bzw. abgelöst werden. Fest steht aber: Gegenwärtig

und auf absehbare Zeit ist sie eine ethisch gerechtfertigte und

medizinisch gebotene Möglichkeit, Leben zu retten oder Leben in seiner

Qualität völlig neu zu schenken.

Das Bemühen um Organtransplantationen und um Erhöhung der

Spenderbereitschaft gewinnt an Glaubwürdigkeit, wenn zugleich sichtbar

wird, daß sich Gesellschaft und Staat mit gleichem Nachdruck für die

Vermeidung von vorzeitigen und lebensbedrohenden Organkrankheiten

einsetzen, wie sie dies für den medizinisch-technischen Ersatz unheilbar

zerstörter Organe tun. Die Analyse der Ursachen und damit der

Vermeidbarkeit lebensbedrohlicher Organschädigungen ist eine wichtige

Voraussetzung, damit durch die Organtransplantationen keine einseitigen

Entwicklungen in der Medizin verfestigt bzw. fortgesetzt werden.

Auf die Bedeutung präventiver Aspekte wird in der Diskussion zu diesem

Gesetz bisher nur selten hingewiesen. Sie sollten meines Erachtens aber

mehr in den Vordergrund gerückt werden. Sie müssen auch eine größere

Rolle spielen, um den ohnehin bestehenden Trend zu einer Apparate- und

Reparaturmedizin nicht noch einseitig zu befördern. Er sollte vielmehr

veranwortungsbewußt in Bahnen gelenkt werden, in denen nur die

sinnvollen, notwendigen Maßnahmen zur Anwendung kommen. Als ein Beispiel

sei hier genannt, daß 20 Prozent aller Fälle mit definitivem Ausfall der

Nierenfunktion infolge chronischer Niereninsuffizienz auf

Schmerzmittelabusus zurückgehen.

Unabweisbare Voraussetzung für die Organtransplantation ist, daß der

Gesetzgeber alle damit verbundenen und zum Teil äußerst komplizierten

Probleme und Handlungsfelder sorgfältig und verantwortungsbewußt, aber

auch eindeutig und auf Dauer tragfähig regelt.

Bei der erweiterten Zustimmungslösung wird der isolierte Hirntod als

sicher diagnostizierbarer, vollständiger und irreversibler Ausfall der

gesamten Hirnfunktion verstanden und davon ausgehend als eindeutiges

Kriterium für den Tod des Menschen definiert; dies nicht nur, weil die

geistigen Leistungen des Gehirns wegfallen und die individuelle

Personalität unwiederbringbar verloren ist, sondern zugleich auch, weil

die biologische Lebensfähigkeit des Menschen mit dem Ausfall des Gehirns

nicht mehr besteht. Nach Abschalten der Beatmungsgeräte stehen

bekanntlich auch Atmung und Kreislauf still.

Der Hirntote ist in diesem Verständnis ein Verstorbener, bei dem das

Totensorgerecht der Angehörigen greift. Daraus ergibt sich, daß sie um

Zustimmung gefragt werden dürfen. Wahr ist allerdings, daß Angehörige

dabei mit einer menschlich kaum zu bewältigenden Entscheidungssituation

konfrontiert werden. Diese Lage kann allenfalls dadurch gemildert

werden, daß Menschen, die einander nahestehen, über diese Problematik zu

Lebzeiten sprechen und dadurch Sicherheit über ihre gegenseitigen

persönlichen Auffassungen gewinnen.

Ich habe Respekt vor dem Anliegen der Vertreter einer engen

Zustimmungslösung, eine Organspende einzig und allein an die persönliche

Zustimmung des aufgeklärten einzelnen binden zu wollen. Zugleich aber

ist für mich nicht zu übersehen, daß die enge Zustimmungslösung auf

grundlegenden Fehlannahmen basiert und eine Reihe unauflöslicher

Widersprüche enthält. Wer den Hirntod als Tod des Menschen ablehnt, darf

eigentlich als Konsequenz daraus nur das strikte Verbot jeglicher

Organentnahme ableiten.

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Solange ein Mensch lebt oder als noch Lebender betrachtet wird, ist

eine Organentnahme unakzeptabel. Das ist in der ganzen Welt so, und das

muß meiner Meinung nach auch in unserem Lande so bleiben. Eine

Organentnahme bei nicht Verstorbenen ist auch dann nicht zu vertreten,

wenn der einzelne dem selbst zugestimmt hat. Denn dies läuft

unausweichlich auf eine Tötung auf Verlangen hinaus. Dazu dürfen sich

Ärzte bekanntlich nicht bereit finden. Die scharfe Ablehnung eines

solchen Vorgehens seitens der Ärzte ist konsequent; steht es doch in

absolutem Gegensatz zu ihrem Berufsverständnis.

Wer Organtransplantationen für richtig und notwendig hält, muß vom

gesicherten internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ausgehen

und sie damit so regeln, daß Ärzte ihr Handeln auch mit ihren

fundamentalen berufsethischen Grundsätzen vereinbaren können. Im anderen

Fall ist das Ergebnis Rechtsunsicherheit, ein Handeln im Zwielicht und

irreparabler Schaden für das Anliegen selbst.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16430


noch: Dr. Ruth Fuchs


Die eindeutige Feststellung des eingetretenen Todes ist deshalb als

Voraussetzung für eine Organentnahme unverzichtbar.

Die bei der engen Zustimmungslösung vorgenommene Bewertung des

Hirntodes stützt sich international nach meiner Kenntnis auf eine

ausgesprochene Minderheit von Wissenschaftlern. Außerdem muß man in

diesem Zusammenhang sagen, daß die Ablehnung des Hirntodkonzeptes in

vielen Fällen mit einem teilweise vorwissenschaftlichen Verständnis des

menschlichen Todes verknüpft ist.

Diejenigen, die es ablehnen, den Hirntod als Tod des Menschen zu

verstehen, berufen sich häufig darauf, daß der sinnlich erfahrbare

Anschein dagegen spricht. Bekanntlich bieten Hirntote nicht das Bild von

Verstorbenen. Diesen Zustand nach ärztlicher Diagnose dennoch als Tod zu

verstehen und zu akzeptieren bedarf tatsächlich wissenschaftlicher

Erkenntnis und entsprechender Abstraktion. Aber, meine Damen und Herren:

Ist es nicht völlig einsichtig, daß wir oft erst solcher Erkenntnis und

des abstrakten Denkens bedürfen, um zu einer die Wirklichkeit richtig

abbildenden Auffassung zu kommen?

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Frau Abgeordnete Fuchs, lassen Sie eine

Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Nickels zu?

Dr. Ruth Fuchs (PDS): Ich denke, die Positionen sind derart klar, daß

jegliche weitere Zwischenfrage nur eine Verzögerung wäre. Ich glaube,

wir kommen nicht zu einer Klärung des Problems; viele Abgeordnete haben

mit Recht eine gefestigte persönliche Meinung, und ich bringe jetzt

meine gefestigte persönliche Meinung zum Ausdruck.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Ich möchte also keine Zwischenfragen zulassen.

So geht es im vorliegenden Fall letztlich auch um die Frage, ob sich

dieses Land Gesetze gibt, die ihre geistigen Wurzeln weiterhin im

Hauptstrom der auf wissenschaftlicher Vernunft basierenden europäischen

Aufklärung haben.

Bei fehlender individueller Erklärung erlaubt die enge

Zustimmungslösung keine Organentnahme. Das geht meiner Meinung nach am

Leben vorbei. Die meisten Menschen möchten sich nicht zu Lebzeiten

festlegen; sie denken und reden nicht über ihren Tod. Dies scheint ein

überall bestehendes Faktum zu sein, das man bis zu einem gewissen Grade

in Rechnung stellen sollte, anstatt auf Wunschvorstellungen zu setzen.

So glaube ich, daß unter den Bedingungen einer engen Zustimmungslösung

die Zahl der Organspenden noch einmal drastisch zurückgehen wird. Schon

jetzt treffen bekanntlich nur 5 bis 10 Prozent aller potentiellen

Organspender zu Lebzeiten eine entsprechende Entscheidung. Wir wissen

auch, daß überhaupt nur 0,6 Prozent aller Versterbenden für eine

Organspende in Frage kommen.

Gegen die vielfach zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, dieser Anteil ließe

sich auch bei einer engen Zustimmungslösung durch Aufklärung deutlich

erhöhen, steht leider die berechtigte Befürchtung, daß Organspenden dann

kaum noch vorkommen werden. Die Konsequenz wäre eine weitere Zunahme der

Zahl der Wartenden und auch eine Zunahme der Zahl der Wartenden, die

sterben, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten.

Gerade die Menschen in den neuen Bundesländern, die lange eine

Widerspruchslösung hatten und für die die Organtransplantation zum

akzeptierten Spektrum zu erwartender medizinischer Hilfemöglichkeiten

gehörte und gehört, würden in großer Mehrzahl einen durch die

Gesetzgebung verursachten Rückschlag auf diesem Gebiet nicht verstehen.

Übrigens - auch das ist meine persönliche Meinung - halte ich die

Widerspruchslösung nach wie vor für die vernünftigste Variante.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, das Gesetz soll durch die mit ihm zu stärkende

Rechtssicherheit eine Grundlage dafür geben, mehr Vertrauen in der

Bevölkerung zu schaffen und von daher wieder eine breitere Zustimmung

der Menschen für eine Organspende zu erhalten. Entscheidend dafür kann

aber nicht allein das Gesetz sein. Es ist und bleibt eine unverzichtbare

Voraussetzung. Mindestens genauso wichtig oder noch wichtiger dürfte

aber das Vertrauen der Bevölkerung in die Medizin und in die Motive

ärztlichen Handelns sein.

Nach allem, was wir wissen, haben die meisten Menschen eine positive

Einstellung zur Organspende. Aber viele sind verunsichert, weil sie

erleben, daß die Medizin immer mehr zum Geschäft gemacht wird. Die

dritte Stufe der Gesundheitsreform und die mit ihr verbundene Forcierung

dieser Tendenz sind hier ein zweifellos negatives Moment.

Es kann festgestellt werden, daß das vorliegende Gesetzesvorhaben aber

gerade für den Bereich der Organtransplantation viele wichtige

Mechanismen der Regulierung, Kontrolle und Transparenz eingebaut hat,

die das humanistische Anliegen der Medizin durch rechtliche Fundierung

deutlich stärken. Die letztlich entscheidende Frage besteht darin: Wird

das Gesetz den hohen Anforderungen gerecht, die gerade auf diesem Gebiet

an Sorgfalt, Verantwortungsbewußtsein und an ethischer Sensibilität

gestellt werden müssen?

Ich denke, man darf zusammenfassend sagen: Der Gesetzentwurf, der die

erweiterte Zustimmungslösung enthält, steht in deutlichem Gegensatz zu

vielem, was im letzten Jahr aus dem Hause Seehofer vorgelegt wurde. Er

ist eine verantwortungsbewußte, sachlich korrekte und auch

gesetzestechnisch solide Arbeit. Das Gesetz ist geeignet, die von ihm zu

erwartende Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16431


noch: Dr. Ruth Fuchs


Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, der CDU/CSU und der SPD - Wolfgang

Zöller [CDU/CSU]: Der letzte Satz war gut!)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile dem Abgeordneten Seehofer

das Wort zu einer Kurzintervention. Er bezieht sich auf den Beitrag der

Abgeordneten Dr. Däubler-Gmelin.

Horst Seehofer (CDU/CSU): Verehrte Frau Kollegin Däubler-Gmelin, heute

hat mehrfach die Frage Hirntod, Schwangerschaft und Austragen eines

Kindes eine Rolle gespielt. Sie haben teilweise aus Protokollen zitiert.

Ich möchte gerade bei diesem schwierigen Thema Wert darauf legen, daß

das Parlament korrekt informiert wird.

Ich habe mir deshalb das offizielle Protokoll der Sitzung des

Gesundheitsausschusses vom 25. September 1996 kommen lassen. Ich darf

daraus den Sachverständigen Professor Dr. Link im Zusammenhang mit der

Filderklinik, die auch Sie genannt haben, zitieren. Der Sachverständige

Professor Dr. Link sagt zu dieser Frage wörtlich:

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann geht es um die Patientin aus

der Filderklinik. Ich denke, da hat die Musiktherapeutin recht gehabt,

wenn sie gesagt hat, daß sie einer schwerkranken Frau und nicht einer

Toten begegnet ist, denn bei dieser Frau ist nie die Hirntoddiagnostik

gemacht worden.

(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: So ist es!)

Der Sachverständige Professor Dr. Link sagt weiter:

Die Frau war nicht tot. Es ist weder die Hirntoddiagnostik gemacht

worden, und wie die Beschreibung des behandelnden Arztes selbst zeigt,

war die Frau nicht tot.

Ich möchte, daß das Parlament über dieses offizielle Protokoll Kenntnis

erhält.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Frau Dr. Däubler-Gmelin, Sie haben das

Recht zu antworten.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Vielen Dank, Herr Seehofer, daß Sie den

Sachverständigen zitiert haben. Ich habe bereits den behandelnden Arzt

zitiert und mache das jetzt noch einmal mit Namens- und Funktionsangabe:

Professor Dr. med. Johannes Scheele, Chirurgische Universitätsklinik der

Universität Erlangen/Nürnberg.

Ich stelle das einfach dagegen.

(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Das ist ein anderer Fall!)

- Nein, bei mir nicht.

Auf die Frage, ,,Herr Scheele, haben Sie die zerebrale Angiographie

durchgeführt" - das ist eine Methode der Hirntoddiagnose -, antwortet

er: ,,Wir haben zwar keine Angiographien durchgeführt, sondern wir haben

Dopplersonographien und EEG-

Untersuchungen vorgenommen", die sich ebenfalls auf die Hirntoddiagnose

beziehen. ,,Diese wurden auf Wunsch des Vaters auch nach der

Hirntoddiagnose in wöchentlichen Abständen wiederholt." Er führt weiter

aus - ich kann das gern noch einmal vortragen -, daß die Angiographie

deswegen nicht vorgenommen wurde, weil der Fötus keiner unnötigen

Strahlenbelastung ausgesetzt werden sollte.

Was sich daraus ergibt - das möchte ich, weil Sie dankenswerterweise

einen anderen Fall zitiert haben, noch einmal vortragen -, ist, daß im

Fall des Erlanger Babys genauso wie im Fall des Leinfeldener Babys eine

Hirntoddiagnose vorgenommen wurde

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Eben nicht!)

und daß in beiden Fällen nach Ihrer Definition der Tod vorliegen müßte.

Als letzten Satz darf ich hinzufügen: In Leinfelden konnte durch

Kaiserschnitt das Leben des Babys gerettet werden. Es lebt heute. Das

ist der Punkt, um den es geht.

Danke schön.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das macht ja die Sache so schwierig,

daß jeder seinen Gutachter hat, den er heranziehen kann.

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist der behandelnde Arzt!)

Jetzt gebe ich das Wort der Abgeordneten Monika Knoche.

Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr viel aufschlußreicher, meine

sehr geehrten Damen und Herren, ist - ich möchte kurz auf die Debatte

eben eingehen - die Tatsache, daß eine mit Totenschein ausgestattete

hirntote Frau in Erlangen ihren Fötus über mehrere Wochen hinweg

ausgetragen und das Phänomen des Spontanabortes vollzogen hat. Es ist

unmöglich, zu sagen: Eine Leiche ist in der Lage, ein Kind zu gebären.

Es ist unmöglich.

Wenn wir aber eine andere gesetzliche Regelung hätten als die, die wir

vorschlagen, würden wir in der Tat zwei Arten des Totseins festlegen. Es

würde lebendige, belebte Leichen und kalte Leichen geben. Über diese

Erfahrung und über dieses Erleben kann keine Wissenschaft die Menschen

hinwegtäuschen. Das ist so. Deshalb darf diese Frage nicht zweckgebunden

diskutiert werden. Sie ist keine Ansichtssache, und sie ist auch nicht

beliebig.

Dennoch muß entschieden werden, welchen Rechtsstatus ein Mensch im

Zustand des irreversiblen Hirnorganverlustes hat. Wir sagen, er ist ein

Sterbender und damit ein Grundrechtsträger.

Betrachten wir es doch als unsere Chance, aus dieser einmaligen Debatte

heute ein Gesetz zu verabschieden, das die medizinischen, kulturellen

und religiösen Fragen in Einklang mit unserer Verfassung


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16432


noch: Monika Knoche


Begehrlichkeiten fest verschlossen.

Organentnahme ist, wenn der Mensch zugestimmt hat, niemals Tötung, weil

das Leben eines irreversibel Sterbenden nicht mit allen Mitteln

verlängert werden darf. Beziehen wir doch ein, daß das auch ein

Grundprinzip ärztlicher Ethik und ein Bestandteil der Ethik des

Grundgesetzes ist.

Hierin ist der unverrückbare Konsens einer freien Gesellschaft

ausgedrückt. Er sichert uns das ganzheitliche und weltanschaulich offene

Menschenbild. Was ist das Wesen der Transplantationsmedizin? Sie ist ein

Ausnahmefall ärztlichen Handelns; denn sie muß die Grenze der

Fremdleibigkeit eines Menschen überschreiten, um einem anderen helfen zu

können. Die Organentnahme liegt nicht im ärztlichen Behandlungsauftrag.

Der Behandlungsauftrag erlischt, wenn der Zustand des Coma dpass

festgestellt ist.

Hirntote sind nicht einwilligungsfähig. Sie können nicht sagen, was mit

ihnen geschehen soll. Dennoch darf mit ihnen nichts im Interesse Dritter

gemacht werden, was sie nicht gewollt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und

der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])

Will man die durchbluteten Organe entnehmen, kann man das nur bei

lebendigem Leib tun. Tot bei lebendigem Leib, es ist ein definitorischer

Kunstgriff, der aber nichts am Zustand des Menschen ändert. Kein Mensch

wird durch Definition zu einem Verstorbenen. Ich unterstreiche mit allem

Nachdruck die Aussage der Bundesärztekammer: Ärzte töten nicht. - Das

muß die ethisch unstrittige Maxime in allen Fragen ärztlichen Handelns

bleiben.

Nur ist der ethische und moralische Konflikt der Explantation nicht

dadurch aus der Welt zu bringen, daß man eine neue Art des Totseins

festlegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und

der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])

Für die Medizin ist es ungleich schwerer, zu sagen, daß die

Organentnahme das Sterben verändert und keine Tötung ist. Man muß es

aber dennoch sagen. Ohne neue Todesart wird es nicht mehr dazu kommen

müssen, die Gefühle, die Wahrnehmungen, die viele Angehörige haben, zu

verletzen. Sie können ihre Nächsten eben nicht als tot begreifen. Sie

erleben ihre Belebtheit. Ein Mensch lebt, solange er als lebendig

erfahrbar ist. Diesen existenziellen Konflikt können Ärzte sich und den

Angehörigen nehmen, wenn wir das Sterben beim Leben lassen.

Es ist nicht vertretbar, das Bewußtsein als Kriterium für Personalität

zu qualifizieren. Die Grundrechtsträgerschaft und die Personalität sind

nicht an Geistigkeit gebunden. Es ist wahr: Die Eindeutigkeit, die der

Begriff des Todes einmal auszeichnete, hat sich durch die

Intensivmedizin verändert. Das entbindet uns aber nicht der Pflicht, den

Begriff vom Leben am Ende extensiv auszulegen. Erkennen können wir heute

lediglich einen ganz spezifischen Charakter des Erlöschens menschlichen

Lebens, indem wir Hirnfunktionen messen. Wir können aber niemals

ermessen, was dieser Zustand ist.

Das Grundgesetz sichert uns ein offenes, ganzheitliches Menschenbild.

Jenseits von individueller Weltanschauung, jenseits von zweckrationalen

Erwägungen drückt sich darin das Selbstverständnis einer freien

Gesellschaft aus. Darauf sich zu beziehen gehört meines Erachtens zu den

vornehmsten Aufgaben des Parlaments. Wenn wir uns an die Ethik des

Grundgesetzes halten, die eine Ethik der Würde und keine Ethik der

Interessen ist, haben wir den bestmöglichen Schutz gegen praktische

Ethiker, die solche letzten Werte ablehnen.

Wenn man sagt: ,,Nur durch den Nachweis aller Hirnfunktionen ist der

Mensch eine Person", dann verliert er mit dem Verlust seiner

Hirnfunktionen seine Würde. Es bleibt sein materieller, verfügbarer

Wert. Das ist der konkrete Utilitarismus. Das zeigt auch, daß der

Versuch, per Definition eine Zäsur zwischen Leib und Geist an das Gehirn

zu binden, den gesellschaftlichen Wertekontext zur Disposition stellt.

Das zeigt gleichfalls, wie nah man einer Verwerfung des traditionellen

Todesverständnisses und der Verwerfung ethischer Übereinkünfte kommt.

Nur wenn gesagt wird, was dieser explantationsgeeignete Zustand

tatsächlich ist, daß die Beatmung abgestellt werden muß, weil es keine

Behandlung im Interesse des Patienten oder der Patientin mehr gibt, nur

wenn man diese Wahrheit sagt, wird man Vertrauen und Zustimmung in der

Bevölkerung gewinnen können, und nur dann ist die Voraussetzung gegeben,

eine autonome Entscheidung zu treffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und

der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])

Der Mensch ist frei, er ist Subjekt seiner selbst, und er ist es in

allen Zuständen, auch im Sterben. Das Sterben ist das ganz Eigene, das

ganz Unveräußerliche. Wir müssen garantieren, daß der Mensch in seinen

schwächsten Zuständen den vollen Respekt und die Achtung der

Gesellschaft erhält und daß sich der Blick auf ihn als ganzen Menschen

nicht darauf reduziert, wodurch er für andere nützlich werden könnte.

Niemand ist der Gesellschaft, die er durch Sterben verläßt, etwas

schuldig.

Die Bereitschaft zur Organspende ist eine Entscheidung in einem eigenen

persönlichen Bereich, wo es überhaupt keine Gewißheiten gibt. Die

leiblich-seelische Integrität gehört zu diesem ureigenen Bereich, in dem

es keine Stellvertretung geben kann. Von daher kann es auch keine

Stellvertretung der Entscheidung über die Zustimmung geben.

Wir haben viel über den Wunsch gehört, die Organfrage optimal zu lösen,

die Bedarfe zu befriedigen. Ich möchte noch einmal nachdrücklich darauf

hinweisen: Selbst die extensivste Regelung, selbst eine von niemandem

gewünschte Solidarpflicht des menschlichen Leibes würde jemals das

Dilemma auf


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16433


noch: Monika Knoche


nämlich daß immer viel mehr Menschen auf Organe warten werden, als es

Menschen gibt - Gott sei Dank -, die einen explantationsgeeigneten Tod

sterben.

Wir müssen uns dessen vergewissern, daß wir durch keine noch so

maximale Regelung das Problem, das durch die Transplantationsmedizin in

die Welt gekommen ist, lösen können. Gerade deshalb müssen wir uns auf

die prinzipiellen Fragen, die prinzipiellen Werte konzentrieren. Diese

werden nur gewahrt, wenn wir die Transplantationsmedizin in die alten

Werte zurückbinden.

Ich weiß, das ist eine wertekonservative Haltung. Das ist eine

Wertedebatte. Wir Grünen haben sie geführt. Ich hoffe, wir konnten Sie

davon überzeugen, daß es für die Zukunft außerordentlich wichtig ist, an

den allgemeinen alten Werteübereinkünften festzuhalten.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS sowie bei

Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr.

Hansjörg Schäfer.

Dr. Hansjörg Schäfer (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Verehrte Frau Knoche, es ist schon ein Ding, wenn Sie einen Spontanabort

mit einer Spontangeburt vergleichen und ableiten, wenn ein Spontanabort

möglich ist, sei das der Nachweis des Lebens einer Hirntoten. Ich könnte

ironischerweise sagen, daß dann eine vermißte Fehlgeburt der Nachweis

des Todes einer Lebenden ist.

Ich bin langgedienter Geburtshelfer. Ich kann Ihnen gerne einmal

Nachhilfeunterricht in der Frage geben, was Spontanaborte auslöst und

was nicht. Das hat mit der Frage des Lebens mit Sicherheit nichts zu

tun.

Ich bin froh, daß die Diskussion um die Organtransplantation heute ein

vorläufiges Ende findet, weil dann, so hoffe ich inständig, mehr

todkranken Menschen geholfen werden kann - Menschen, die für manche der

vorgebrachten Argumente wenig Verständnis aufbringen können.

Ich bin froh, weil dann endlich für die handelnden Ärzte

Rechtssicherheit herrscht. Sie können dann nach der Feststellung des

Hirntodes und einer erweiterten Zustimmung in einem rechtlich

einwandfreien Raum Organe transplantieren.

Ich bin froh, daß dieses Gesetz nach einer Debatte zustandekommt, nach

der niemand behaupten kann, seine Meinung sei nicht gehört worden.

Ich bin aber auch froh, daß eine Diskussion beendet wird, in der bewußt

oder unbewußt mit der Einführung falscher Begriffe argumentiert wurde.

Ich habe eben versucht, das an einem Beispiel klarzumachen.

Wann ist der Mensch tot? Aus meiner 26 jährigen Erfahrung als

praktizierender Arzt bin ich der festen Überzeugung: Der Hirntod beendet

die Einheit von Geist und Körper, die erst den Menschen ausmacht. Der

Hirntod ist das Ende des Menschen, sein Tod. Das Lebewesen Mensch ist

eine Einheit und eben nicht nur die Summe verschiedener Körperteile. Mit

Eintritt des Hirntodes ist die Rückkehr zum Leben mit absoluter

Sicherheit ausgeschlossen. Es ist weltweit kein Fall bekannt, wo nach

Feststellung des Hirntodes eine Besserung eingetreten ist.

Natürlich müssen Definition und Diagnose des Hirntodes sehr klaren

Bestimmungen unterliegen. Diese Bestimmungen sind in der Stellungnahme

des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer vom 9. Mai 1997

sehr eindeutig formuliert. Ich darf das zitieren:

Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen

Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Dabei

wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch

künstlich aufrechterhalten. Die Diagnose des Hirntodes erfordert: Die

Erfüllung der Voraussetzungen, die Feststellung der klinischen Symptome,

die Bewußtlosigkeit, Hirnstammareflexie und Atemstillstand, sowie den

Nachweis der Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome.

Hier wird einwandfrei klargestellt, was mit Hirntod gemeint ist.

Irrtümer in der Definition sind nicht möglich.

Zu meinem Bedauern sind in der Diskussion des öfteren die Grenzen zum

apallischen Syndrom verwischt worden. Ob dies bewußt geschehen ist oder

aus Mangel an Kenntnissen, das möge dahingestellt sein. Das apallische

Syndrom ist eine Bewußtseinsstörung, die aus schweren zerebralen

Funktionsstörungen unterschiedlicher Genese resultiert und durch

aufgehobene Wahrnehmungsfähigkeit bei erhaltener Wachheit

charakterisiert ist. Die Grenzen zum Hirntod sind mit dieser Definition

eindeutig und klar. Apalliker sind wach, aber nehmen nichts wahr, und in

den meisten Fällen ist eine eigenständige Atmung möglich.

Im übrigen ist der Hirntod nicht eine Definitionserfindung

transplantationswütiger Ärzte,

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ist es!)

um an mehr Spenderorgane heranzukommen. Am Anfang stand diese Definition

des Hirntodes dafür, nicht unsinnige Intensiv- und Apparatemedizin

weiterführen zu müssen.

Natürlich bin ich der Meinung, daß die Hirntoddiagnose dem jeweiligen

Stand der Wissenschaft entsprechen muß. Ganz entschieden widerspreche

ich der Aufweichung des Hirntodes als Ganzhirntod. Diese Tendenzen - das

weiß auch ich - gibt es in anderen Ländern. Aber ich bin der Auffassung,

daß die strenge Definition in unserem Gesetzentwurf diesen Tendenzen

standhält.

In den anderen vorliegenden Gesetzentwürfen wird der Hirntod nur als

Datum für die Organent


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16434


noch: Dr. Hansjörg Schäfer


da kann mich niemand beirren - bedeutet die Entnahme am Lebenden. Folgt

man dieser Auffassung, so bedeutet diese Entnahme eine aktive

Tötungshandlung. Das ist aktive Euthanasie. Ich bleibe bei diesem Wort.

Daß sich die transplantierenden Ärzte gegen eine solche

Betrachtungsweise wehren, ist ihr gutes Recht. Ich möchte von dieser

Stelle einmal ganz herzlich den transplantierenden Ärzten in Deutschland

danken für ihren Mut und für ihre Leistung. Sie verdienen unsere

Anerkennung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie haben es verdient, in Rechtssicherheit arbeiten zu können. Tod nein,

aber Entnahme ja - das ist keine Rechtssicherheit. Es muß sichergestellt

sein, daß Ärzte nicht nur keine Straftat begehen, sondern in völliger

Übereinstimmung mit den ethischen Grundwerten dieser Gesellschaft

handeln.

Es ist unzweifelhaft, daß durch Herz-Lungen-Transplantationen

Menschenleben gerettet werden können und ihnen ein lebenswertes Leben

über längere Zeit geschenkt werden kann. Es ist weiterhin unzweifelhaft,

daß die Lebensqualität vieler Patienten durch die Transplantation von

Nieren entscheidend verbessert werden kann.

Der Staat hat die Pflicht zur Wahrung des Rechts auf Leben und

körperliche Unversehrtheit. Der Staat ist auch dem Schutz der

Menschenwürde verpflichtet. Dies gilt für Spender, aber auch für

Empfänger. Lassen Sie uns, meine Damen und Herren, den Mut aufbringen,

das zu verwirklichen, was in anderen Ländern Rechtswirklichkeit ist.

Lassen Sie uns den Mut aufbringen, mit diesem Gesetz Menschen zu helfen!

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Otto

Schily.

Otto Schily (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen!

Was sich in den Klüftungen des Todes vollzieht, ist nicht nur ein

äußerliches Geschehen. Nach meiner Überzeugung handelt es sich bei dem

Sterben um einen physisch-metaphysischen Prozeß. Wir tun gut daran, mit

unseren Definitionen zurückhaltend zu sein.

Ich für meine Person meine, daß wir die Frage, was bei einem solchen

Geschehen stattfindet, auch nicht medizinischen oder kirchlichen

Konzilen anvertrauen können. Ich wehre mich auch dagegen, daß wir das,

was während des Sterbens passiert, nur dann als wissenschaftlich

verbürgt anerkennen, wenn es von naturwissenschaftlich-medizinischer

Seite kommt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin der Meinung, daß wir jeglichen Hochmut ablegen sollten, daß wir

im 20. Jahrhundert am Scheitelpunkt der Wissenschaft angekommen seien.

Nach meiner Überzeugung steht die Wissenschaft vom Menschen erst am

Anfang.

Es stellt sich die Frage, ob wir nicht manches, was in der

Vergangenheit zu diesen Fragen ausgesagt worden ist, als eine Wahrheit

wiederfinden. Zum Beispiel findet im Tode etwas statt, was man so

bezeichnen kann, daß sich die geistig-seelische Einheit aus dem Körper

löst. Das ist etwas, was nicht in materiell orientierten,

wissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Begriffen

eingefangen werden kann. Sie haben ihr Recht, und ich habe vor ihnen

großen Respekt. Sie haben zu gewaltigen wissenschaftlichen

Errungenschaften geführt. Aber ich glaube, es liegt noch viel Arbeit des

Verstehens vor uns, was bei der Geburt und was bei dem Tode stattfindet.

Ich rate dazu, die Diskussion heute im Hause - die, wie ich finde, einen

hohen Rang einnimmt - nicht ergebnisorientiert zu führen in der

Richtung, daß wir sagen, wir müssen eine Lage herbeiführen, bei der nun

möglichst viele Transplantationen möglich sind.

Ich sage Ihnen das in aller Offenheit und bei allem Verständnis - Herr

Kollege Seehofer hat das hier sehr eindrucksvoll vorgetragen - für viele

Menschen, die sich in einer Notlage befinden, die um das Ende ihres

Lebens fürchten und die die Hoffnung haben, durch die Opferbereitschaft

eines Menschen eine Lebensverlängerung zu erhalten. Aber ich glaube, wir

sind uns doch in einem Punkt alle einig. Es kann nicht so sein, daß wir

eine Definition oder eine Rechtslage wählen, die sich nur an diesem

Zweck orientieren darf. Das ist für mich ein sehr entscheidender Punkt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei

Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Nun habe ich sehr aufmerksam zugehört, was Herr Kollege Scholz gesagt

hat. Er meinte, auf der einen Seite stehe die Norm und auf der anderen

Seite die Feststellung des Sachverhalts. Aber, meine Damen und Herren

Kollegen, es ist nicht so, daß wir auf der einen Seite einen Sachverhalt

haben, der rein naturwissenschaftlich-medizinisch zu ermitteln und

festzustellen ist, und auf der anderen Seite eine Norm und eine relative

Beliebigkeit der Wertentscheidung, sondern - um einen philosophischen

Begriff zu benutzen - das, was die Einheit des physischen-metaphysischen

Prozesses ausmacht, ist eine Art ontologische Kategorie, ist auch eine

Seinskategorie, ist auch ein Sachverhalt.

Wer der Meinung ist, wir dürfen in einen solchen Prozeß eingreifen, wir

dürfen diesen Ehrfurcht gebietenden Prozeß des Sterbens stören - ich

glaube, jeder von uns, der schon einmal an einer Geburt oder an einem

Sterbevorgang teilgenommen hat, weiß, daß es zu den bestürzendsten und

eindrucksvollsten Erlebnissen unseres Lebens überhaupt gehört -, der muß

sich darüber im klaren sein, daß er eine Beziehung zur Würde des

Menschen setzen muß. Selbstverständlich erkenne ich an, wenn ein Mensch

aus seiner individuellen Würde heraus auf Grund einer


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16435


noch: Otto Schily


einer solchen Situation auch bereit, ein Organ zu spenden, um einem

anderen das Leben zu ermöglichen. - Es gibt Situationen dieser Art in

den unterschiedlichsten Konstellationen. Wer die Tradition der Habeas-

Corpus-Akte in Europa ernst nimmt, der muß sich sagen: In dieser

Entscheidung muß der Mensch immer Subjekt bleiben. Er darf nie zum

Objekt werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei

Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)

Das ist ein Verständnis des Menschen, das seiner Würde gerecht wird,

das den Menschen als Teil des Kosmos, des Universums begreift und ihn

nicht als zufällige Zusammenwürfelung von Molekülen und Zellen begreift,

sondern ihn in diese individuelle Pflicht und Verantwortung stellt, ihm

die Freiheit aber nicht nimmt. Ich meine, die Konsequenz einer solchen

Betrachtungsweise kann nur die engere Zustimmungslösung sein.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten

der F.D.P. und der PDS)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete

Gudrun Schaich-Walch.

Gudrun Schaich-Walch (SPD): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen

und Kollegen! Wir haben - wie selten bei unserer Arbeit - eine Materie

zu regeln, die tief in Bereiche eindringt, in denen Ängste vorhanden

sind, in denen es um Schmerz und um Trauer geht. Ebenso bedeutend ist in

diesem Zusammenhang die Rolle der ethischen, religiösen und

weltanschaulichen Werte, um die es in unserer Gesellschaft geht.

Wir haben bei der Beratung dieses Gesetzes einen Vorteil; denn wir

blicken zurück auf 20 Jahre Transplantation in der Bundesrepublik, in

denen es 44 000 Transplantationen gegeben hat. Im Rückblick auf das, was

geschehen ist, können wir sagen, daß wir einen Gesetzentwurf vorgelegt

haben, in dem wir den Erfahrungen Rechnung tragen. Das heißt, daß wir

die bisherige erfolgreiche Praxis gesetzlich festschreiben, gesetzlich

Klarheit schaffen und dies in einigen Punkten sehr deutlich zum Ausdruck

bringen.

Ich bin der Überzeugung, daß wir die Diskussion ergebnisorientiert

führen müssen; denn nicht nur die Menschen, die ihre Organe zur

Verfügung stellen, sind mehr als eine Zusammenwürfelung von Zellen und

Molekülen, sondern auch die Menschen, die auf Hilfe warten und die Hilfe

erhoffen. Ihr Anspruch ist da. Er steht nicht gegen den Anspruch der

anderen, aber er ist letztlich für uns vorhanden. Ich bin nach vielen

Diskussionen zu dem Ergebnis gelangt, daß ich der erweiterten

Zustimmungslösung zustimmen werde.

Ich gehe davon aus, daß viele Menschen nicht bereit und auch nicht in

der Lage sind, sich mit dem Gedanken an ihren eigenen Tod so

auseinanderzusetzen, daß am Ende ihres Lebens eine schriftliche

Erklärung steht, weil ich glaube, daß eine solche Erklärung eine

besondere Qualität hat. Ich bin aber auch der festen Überzeugung, daß

bei Nichtvorliegen einer solchen schriftlichen Erklärung nicht gesagt

werden kann, daß keine Äußerung über die Bereitschaft zur Organspende

abgegeben worden ist. Ich schließe dies aus der Tatsache, daß es bei

1054 vorgenommenen Organspenden nur 34 schriftliche Erklärungen gab.

Deshalb glaube ich, daß man sich fragen muß, ob der Gesetzgeber die

persönliche schriftliche Zustimmung zur unabdingbaren Voraussetzung für

die Zulässigkeit der Organspende machen darf. Das müssen wir auch unter

dem Gesichtspunkt tun, daß wir davon ausgehen können, ansonsten auf

einen katastrophalen Mangel an Organen zuzusteuern und den nun einmal

bestehenden Bedarf aus anderen Ländern decken zu müssen.

Ich bin der Überzeugung, daß es eine Verkürzung der Wahrnehmung des

Willens des Menschen ist, wenn wir diese Wahrnehmung seines Willens auf

eine schriftliche Äußerung reduzieren. Kommt man nicht dem wirklichen

Willen näher, wenn man Angehörige befragt - wenn man also die

Überlegungen derer berücksichtigt, die zu dem Betroffenen eine besondere

Nähe hatten - und wenn man ergründet, wie das Ereignis, daß das Leben

endet, aufgenommen wird?

Bei unserem Vorschlag geht es nicht darum, den Willen des Betroffenen

durch einen fremden Willen zu ersetzen. Das haben wir dadurch deutlich

gemacht, daß wir die Formulierung aufgenommen haben, daß der Angehörige

den mutmaßlichen Willen des möglichen Organspenders zu beachten hat, und

das wir den Arzt, der die Organentnahme vornehmen soll, verpflichtet

haben, die Angehörigen darauf hinzuweisen.

Mit der von uns gewählten Rangfolge der nächsten Angehörigen verfolgen

wir das Ziel, den wirklichen Willen des potentiellen Organspenders über

die persönliche Nähe der Angehörigen klären zu können. Deshalb

berücksichtigen wir auch die Tatsache, daß es Angehörige geben kann, die

unterschiedlicher Auffassung sind. Für diesen Fall gehen wir in dem

Gesetzentwurf davon aus, daß es keine Klärung gegeben hat und daß eine

Organentnahme somit unzulässig ist. Auch dem Umstand, daß sich immer

mehr Menschen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften befinden, haben wir

Rechnung getragen, indem die jeweiligen Partner als Mittler des

mutmaßlichen Willens des Organspenders neben die Angehörigen treten.

Ich möchte jetzt nur noch kurz auf einen Punkt eingehen, der Kritik

hervorgerufen hat, die ich zu verstehen versuche. Es handelt sich um die

Tatsache, daß wir den Angehörigen die Möglichkeit einräumen, sich eine

Bedenkzeit für die endgültige Zustimmung vorzubehalten. Diese können sie

mit dem Arzt vereinbaren und zusätzlich bestimmen, daß ihre Zustimmung

als erteilt gilt, wenn sie sich nach Ablauf der vereinbarten Frist nicht

erneut erklären.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16436


noch: Gudrun Schaich-Walch


Ich verstehe die Bedenken, die mit der Interpretation des Schweigens

als Zustimmung verknüpft sind. Wir wollen aber damit der Situation

Rechnung tragen, daß sich die Angehörigen einerseits in einer starken

psychischen Belastung befinden und sie sich mit der Situation von Trauer

und Verlust auseinandersetzen müssen, daß aber andererseits - in diesem

schwierigen Prozeß - eine Entscheidung von ihnen erwartet wird. Ich

finde, daß man dieser außerordentlichen Belastung Rechnung tragen muß,

indem man den Angehörigen die Möglichkeit gibt, sich anders als verbal

zu äußern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile jetzt dem Abgeordneten

Horst Schmidbauer das Wort.

Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen

und Kollegen! Ich möchte zunächst aus einem Brief zitieren, den mir Herr

G. aus München geschrieben hat:

Ich beschwöre Sie deshalb, keinesfalls der gnadenlosen, abwegigen,

menschenfeindlichen Horrorvariante zuzustimmen. Und lassen Sie sich

nicht gegen das Hirntod-Kriterium aufwiegeln.

Er schreibt weiter:

Der Hirntod ist kein Scheintod, kein Koma. Hirntod heißt mausetot.

Ich denke, daß uns solche Oberflächlichkeiten bei der Diskussion, in der

wir stehen, nicht weiterhelfen.

Wir sind alle dazu aufgefordert, uns persönlich ein Bild zu machen. Ich

habe mein Bild dort gewonnen, wo Menschen unmittelbar und am nächsten

mit Sterbenden zu tun haben. Ich meine die Schwestern und Pfleger auf

der Intensivstation. Mich hat die Schilderung einer Schwester auf der

Intensivstation tief beeindruckt, die ich gern wiedergeben möchte:

Auf der chirurgischen Intensivstation muß ich immer wieder lebende Tote

pflegen, die zur Organspende vorgesehen sind. Zunächst bemühen wir uns

um einen schwerverletzten Patienten, bei dem alle intensivmedizinischen

und pflegerischen Möglichkeiten eingesetzt werden, um sein Leben zu

retten. Mit der Diagnose Hirntod beginnt aber das Dilemma des

Pflegepersonals.

Dann pflegen wir einen toten Patienten. Aber ein Patient ist es nicht,

der wäre nicht tot. Aber ein Toter ist es auch nicht, weil er zu leben

scheint. Aber um Tote zu pflegen, haben wir diesen Beruf nicht erlernt.

Er darf eigentlich nicht tot sein. Er darf aber auch nicht lebendig

sein, dieser lebende Tote.

Pflege eines Toten? Was heißt das für uns? Muß er noch angesprochen

werden? Muß er noch gewaschen werden? Muß er noch gelagert, gebettet

werden? Muß er abgesaugt werden, werden Verbände erneuert, Katheter

kontrolliert, Mund-, Nasen- und Augenpflege durchgeführt?

Wir sind unsicher, und es gibt verschiedene Meinungen. Es geht um die

Würde des Patienten.

Normal ist, daß man tote Menschen in Ruhe läßt. Weil wir den

Stoffwechsel künstlich aufrechterhalten, sind wir verpflichtet, den

Körper des Toten, der noch zu leben scheint, der beatmet wird, dessen

Herz noch schlägt, auch äußerlich unversehrt und sauber zu erhalten.

Also funktionieren wir. Aber unsere Gefühle bei dieser ,,Pflege unter

anderen Gesichtspunkten" sind zwiespältig.

Hier möchte ich die Schilderung beenden.

Damit kommen wir zum Kern. Im Grundgesetz heißt es: ,,Die Würde des

Menschen ist unantastbar." Das bedeutet, daß der lebende Mensch nicht

zum bloßen Mittel zur Erreichung eines Zweckes mißbraucht werden darf.

Daher darf die körperliche Unversehrtheit eines Menschen nur

beeinträchtigt werden, wenn eine Aussicht auf Hilfe besteht und wenn der

Betroffene dieser Verletzung seiner körperlichen Integrität zugestimmt

hat.

Viele Wissenschaftler, Ärzte, Philosophen und Theologen sehen im

Hirntod zwar eine unumkehrbare Phase im Sterbeprozeß, ordnen diese aber

noch dem Leben zu. So sehen dies auch viele meiner Kolleginnen und

Kollegen; so sehe auch ich es. Diese ethische Sichtweise bedingt die

enge Zustimmungslösung, die allein auf der Zustimmung des Spenders

basiert.

Die durch die Harvard-Kommission 1968 beschlossene Einführung des

Hirntodkriteriums trug dazu bei, ein Kunstwort zu schaffen. Das

Kunstwort Hirntod hat als solches nichts mit dem Tod des Menschen zu

tun. Hirntod bezeichnet zunächst nichts weiter als den Tod eines Teils

des Zentralnervensystems - zwar unumkehrbar -, also als einen Teil des

Sterbens.

Die Harvard-Kommission hat sich zum damaligen Zeitpunkt - es ist

interessant, dies nachzulesen - nicht mit der ethischen Fragestellung

des Hirntodes auseinandergesetzt. Die von ihr vorgebrachten Begründungen

zur Einführung des Hirntodkriteriums waren rein pragmatischer Art. Es

waren zwei Gründe für die Harvard-Kommission, warum es einen Bedarf für

die neue Todesdefinition gab.

Erstens. Die Last ist groß für die betroffenen Patienten, die den

permanenten Verlust ihres Intellekts erleiden, für ihre Familien, für

die Krankenhäuser und solche Patienten, die eines der Intensivbetten

bedürften, die durch die komatösen Patienten belegt sind.

Zweitens. Veraltete Kriterien für die Definition des Todes können zu

Kontroversen bei der Beschaffung von Spenderorganen führen.

Bekräftigt wird dies durch Professor Dörner, der als Sachverständiger

bei der Anhörung sagte:

Das Geniale an der Harvard-Formel von 1968 bestand darin, daß auf jede

Begründung verzichtet wurde. So hatte die Formel etwas von einer Norm,

die die ganze Welt begeisterte und unhinterfragt begrüßte.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16437


noch: Horst Schmidbauer (Nürnberg)


Diese pragmatischen Aussagen rechtfertigen nach meiner Auffassung nicht

die gesetzliche Festschreibung der Hirntoddefinition in der deutschen

Gesetzgebung. Wir befinden uns mit der Definition des Hirntodes als Tod

des Menschen auf einem Irrweg. Der Hirntod ist eben nicht der Zeitpunkt

des Todes, sondern der Zeitpunkt der Unumkehrbarkeit des

Sterbeprozesses. Gerade die Menschen, die von der Zerreißprobe

unmittelbar betroffen sind, wollen diesen Irrweg nicht weiter mitgehen.

Die Spendenbereitschaft, über die wir heute so viel sprechen, wird

wachsen, wenn wir mit unserem Weg ein Fundament aus Selbstbestimmung

schaffen. Wenn zwei Drittel der in einer Umfrage der Zeitschrift ,,Die

Woche" Befragten dafür sind, sich während ihres Lebens zu entscheiden,

dann frage ich mich, wieso wir dann nicht dieses Fundament aus

Selbstbestimmung schaffen, auf die Menschen zugehen und ihre

Entscheidung abholen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen ein Fundament, bei dem nicht mehr der Zweck die Mittel

heiligt; wir brauchen ein Fundament, das nicht mehr zu Mißtrauen Anlaß

gibt, ein Fundament, mit dem die Voraussetzungen dafür geschaffen

werden, daß alle Beteiligten offen und vertrauensvoll miteinander

umgehen.

In diesem Sinne bitte ich Sie: Stimmen Sie für die enge

Zustimmungslösung und für das Hirntodkriterium, wie ich es eben

definiert habe.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der

F.D.P. und der PDS)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Jürgen Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Unter denen, die dieser Debatte heute draußen zuhören und

zuschauen, sind gewiß viele, die in Krankenhäusern oder daheim darauf

hoffen, daß ihnen durch eine Organspende geholfen wird, ihr Leiden zu

lindern, und viele, die nur durch eine Organspende überleben können,

deren Leben also nur dadurch gerettet werden kann.

Wenn man dieser Debatte aufmerksam folgt, dann fällt auf, daß dieser

Aspekt des Themas eher beiläufig behandelt wird. Es ist sicher

verständlich, vielleicht gerade auf Grund der deutschen Geschichte, daß

die anderen Aspekte und die anderen Beteiligten und Betroffenen sehr

stark im Mittelpunkt stehen. Aber ich möchte in meinem Beitrag sagen,

daß für mich mindestens ebenso wichtig wie die Würde von Toten oder

unwiderruflich im Sterbeprozeß Befindlichen das Lebensrecht, das

Überlebensrecht und damit der Kernpunkt der Würde von Menschen ist, die

sonst sterben müssen. Auch darum geht es schließlich. Ich glaube, auch

dem müssen wir gerecht werden.

Mein Freund Bernd Tönnies - er war damals gemeinsam mit mir in den

Führungsgremien von Schalke 04 tätig - starb an Nierenversagen. Er war

gerade an der Schwelle zum 40. Lebensjahr. Es kam nicht schnell genug

zur Organspende. Wir waren befreundet, und deswegen habe ich ihn beim

Sterben begleitet, und zwar nicht wissend, daß ich ihn beim Sterben

begleite. Wir haben in der Zeit, als er immer noch auf eine Organspende

hoffte, darüber gesprochen, warum es in unserem Land so wenige gibt, die

Organe spenden. Eine plausible Antwort darauf hat hier keiner. Es gibt

Spekulationen darüber. Aber eines kann ich sagen: Von denen, die heute

gerettet werden, werden 94 Prozent gerettet, weil eine erweiterte

Zustimmungsregelung praktiziert wird. Eines muß sich jeder fragen, der

hier für eine enge Lösung plädiert, nämlich ob er diesen 94 Prozent

wirklich die Hoffnung machen kann, daß sie auch bei einer engen

Zustimmungsregelung überleben können.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine

Zwischenfrage des Abgeordneten Dreßen?

Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Ich möchte meine Gedanken gerne im

Zusammenhang vortragen; ich bitte um Verständnis dafür.

Ich glaube, daß die Sorge nicht unbegründet ist, daß unsere Appelle,

die hier ausgerufen werden und an denen ich mich hier schon selber

beteiligt habe, nicht sehr viel bewirken werden, warum auch immer das so

ist. Hier wird gesagt: Holen wir die Menschen doch dort ab. - Ja, wer

war denn bisher gehindert, seinen Willen zur Organspende zu bekunden?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, von der Geschäftsordnung her

geht es nicht; aber eigentlich sähe ich gern, wenn alle, die ihre

Stimmkarte nachher draußen abholen und etwa gar dafür stimmen wollen,

daß künftig jedermann verbindlich seinen Willen erklären soll, vorher

einmal ihren Organspendeausweis vorzeigen, mit dem sie selber mit gutem

Beispiel vorangegangen sind. Ich würde mich freuen, wenn 672 Abgeordnete

des Deutschen Bundestages für sich bereits diese Entscheidung getroffen

hätten.

(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das ist unglaublich! - Dr. Herta

Däubler-Gmelin [SPD]: Die Karte ist schon lange da!)

Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können nicht erwarten,

daß die Bevölkerung das alles, von dem wir meinen, daß es getan werden

müßte, tut, nur weil wir hier Appelle an sie richten. Meine Besorgnis

ist: Die ernstzunehmenden Argumente zum Schutz der Würde der Toten oder

der unwiderruflich Sterbenden, die wir sehr hoch gewichten und die, wenn

der Antrag mit der engen Zustimmungslösung die Mehrheit bekäme, uns

vielleicht ein gutes Gewissen geben würden, werden leider in Tausenden

von Fällen zum Tod von Menschen führen, weil diese daraufhin auf

Organspenden verzichten mußten.

(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das ist unglaublich!)


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16438


noch: Jürgen W. Möllemann


- Das hat mit ,,unglaublich" nichts zu tun, es hat nur keinen Zweck, die

Entscheidungsalternativen in ihren Implikationen im einen Fall moralisch

zu überhöhen und im anderen Fall die Verantwortung von sich

wegzudrängen, die man in Wahrheit doch dafür übernähme, daß Organe für

Lebensrettung nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.

Weil ich das sehe und nicht auf das Prinzip Hoffnung setzen will,

sondern darauf, daß Menschen in Todesangst, in Todesgefahr geholfen

werden kann, daß ihr Leid gelindert wird, bitte ich Sie, für die

erweiterte Zustimmungslösung zu stimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Der Abgeordnete Dreßen hat den Wunsch

nach einer Kurzintervention. Bitte sehr.

Peter Dreßen (SPD): Kollege Möllemann, gerade weil ich bisher ein

Anhänger der erweiterten Fassung bin, möchte ich einem Punkt scharf

widersprechen: Ich glaube, daß Menschen, die auf ein Organ warten, nicht

ein Recht auf Organe haben, sondern sie haben die Hoffnung und

bestenfalls das Glück, ein Organ zu bekommen. Ich glaube, man kann da

nicht von einem Recht sprechen.

Ich habe zum Beispiel ein Recht darauf, ein Hüftgelenk zu bekommen,

aber bei Organen sollte man den Zungenschlag, den Sie jetzt in die

Debatte gebracht haben, wirklich nicht weiter verwenden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe, ehrlich gesagt, an meiner Haltung auch gewisse Zweifel. Ich

gebe das offen zu. Genausogut gestehe ich jenen, die für die engere

Lösung sind, auch ihre Zweifel zu. Deswegen fand ich Ihre

Argumentationskette wirklich verfehlt.

Gerade weil ich bei meiner Meinung Zweifel habe, ob sie richtig ist,

ich aber eher dieser erweiterten Zustimmungslösung meine Stimme geben

möchte, möchte ich eine Debatte, wie Sie sie gerade geführt haben,

zutiefst ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Möllemann, Sie

könnten antworten, wenn Sie wollten.

Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Frau Präsidentin, ich möchte gerne darauf

antworten, weil ich auch nicht möchte, Herr Dreßen, daß Ihre Position

gegenüber meiner Haltung auf einem Mißverständnis beruht.

Ich habe nicht von einem Recht derer, die auf ein Überleben hoffen,

gegenüber einem in Frage kommenden Spender gesprochen, jedenfalls nicht

sprechen wollen. Ich habe von dem Recht dieser Menschen gesprochen, an

uns die Erwartung zu richten, daß wir uns mit ihrer Situation, mit ihrer

Not mit der gleichen Intensität beschäftigen wie mit der Würde derer,

die tot sind oder unwiderruflich sterben werden. Darum geht es mir.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Es gibt den Wunsch auf zwei weitere

Kurzinterventionen, und zwar zuerst Herr Dr. Wolfgang Wodarg und dann

Herr Otto Schily.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Möllemann, Sie haben einen Fall

dargestellt, bei dem es nach einem Nierenversagen zum Tod gekommen ist.

Ich möchte als Arzt hier korrigieren und ergänzen: Es ist nicht so, daß

man durch ein Nierenversagen sterben muß, sondern wir wissen alle, daß

beide Nieren ausfallen können und trotzdem Menschen ohne Nieren

weiterleben können, auch wenn sie kein Transplantat bekommen.

Es gibt zum Glück die Dialyse, die Menschen viele, viele Jahre am Leben

halten kann. Daß viele Dialysepatienten in ihrer Lebensqualität

Fortschritte erleben und besser rehabilitierbar sind, wenn sie

transplantiert werden - das gilt nicht für alle, aber für eine ganze

Reihe von Dialysepatienten -, ist völlig unbestritten, aber

Nierenversagen heißt längst nicht Tod.

(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Aber sehr häufig!)

Da gibt es eine Maschine, die von vielen tausend Menschen regelmäßig

angewandt wird und deren Überleben sichert.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte schön, die Antwort.

Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Lieber Herr Kollege, dieser Sachverhalt

ist mir geläufig, aber der konkrete Fall hat sich so abgespielt, daß auf

Grund des Versagens beider Nieren und auf Grund des dauerhaften

Überstrapaziertwerdens durch die Dialyse der Wunsch nach Transplantation

da war. Ich sagte, die Transplantation kam zu spät, und der Betroffene -

das ist auch ein Sachverhalt, den man im nachhinein nicht medizinisch

anders erörtern kann - ist dann gestorben.

Während dieser Phase haben wir uns intensivst über die Frage

unterhalten, die man aus dem Blickwinkel eines Betroffenen anders,

leidenschaftlicher diskutiert: Woran liegt es denn, daß so wenig

Menschen Organe spenden, daß so viele, die betroffen sind, warten müssen

und daß bei vielen dann die Hilfe zu spät kommt?

Deswegen - das wollte ich noch einmal betonen - habe ich die

Betrachtungsweise, die andere hier angestellt haben, eine Zeitlang auch

selber vertreten, nämlich ob man eine vermehrte Spendenbereitschaft

nicht mit administrativen Maßnahmen geradezu erzwingen könne. Ich

glaube, daß das aussichtslos ist


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16439


noch: Jürgen W. Möllemann


geschützt werden muß.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte schön, Herr Abgeordneter Schily,

Ihre Kurzintervention.

Otto Schily (SPD): Herr Kollege Möllemann, Ihre Argumentation halte ich

für äußerst fragwürdig. Zunächst einmal darf ich darauf hinweisen, daß

Sie eine Situation beschreiben, in der, wie Sie richtig sagen, viele

eine solche Zustimmung - in welcher Form auch immer - vorher nicht

erklären. Sie wollen das dadurch kompensieren, daß Sie Dritten die

Möglichkeit geben, diese Zustimmung zu erklären.

Das halte ich für einen Verstoß gegen die Autonomie des einzelnen, die

gerade in der Verweigerung einer solchen Zustimmung zum Ausdruck kommt.

Es ist Ihr gutes Recht, dafür zu werben, daß eine solche Zustimmung

erteilt wird. Sie sollten sie nur nicht auf die Weise, die Sie

vorschlagen, sozusagen überholen wollen.

Ein Zweites möchte ich zu Ihren Ausführungen sagen. Ich respektiere

das, was Sie dargestellt haben. Ich respektiere Ihre Position. Aber

versuchen Sie nicht, jenseits einer rechtlichen eine moralische

Verpflichtung zur Organspende zu etablieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE

GRÜNEN)

Es wäre wirklich sehr schwierig, damit umzugehen. Wenn Sie diejenigen,

die einen Organspendeausweis vorzeigen, jetzt als die moralisch

Höherstehenden qualifizieren wollen, dann wehre ich mich dagegen ganz

entschieden.

(Beifall der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bin der Meinung, es ist durchaus moralisch und vertretbar, zu

sagen: Ich möchte diesen Eingriff in einen Sterbeprozeß nicht. - In

diesem Punkt bin ich genauso moralisch wie derjenige, der ein solches

Opfer aus seiner Position und Einschätzung heraus erbringen will. Wir

sollten eine Verständigung so suchen, daß keine Unklarheiten entstehen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei

Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Möllemann, bitte,

Ihre Antwort.

Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Lieber Herr Schily, just das habe ich an

die Adresse derjenigen gesagt, die erklären, eine Bürgerpflicht

konstituieren zu wollen. Ich habe festgestellt, daß diejenigen, die dem

Antrag, die Organspende sozusagen von Staats wegen zu verordnen,

zustimmen wollen - sei es auch nur als eine nicht sanktionierte Pflicht

-, durch Vorzeigen ihres Organspendeausweises eigentlich dokumentieren

müßten, daß sie selber dieser postulierten Pflicht schon genügen.

Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile jetzt dem Abgeordneten Dr.

Burkhard Hirsch das Wort.

Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Gerade der Wortwechsel, den wir soeben erlebt haben,

zeigt, daß der Kollege Seehofer nicht recht hatte, wenn er zu Beginn der

Debatte sagte, daß in der Gesellschaft und nach gemeinsamen Auffassungen

die gegenwärtige Praxis völlig streitlos und selbstverständlich

durchgeführt werde. Die von uns geführte Debatte und die jahrelange

Beratung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag zeigen, daß genau

das nicht der Fall ist.

Die bewunderungswürdige Transplantationsmedizin hat uns nicht nur zu

erstaunlichen Ergebnissen geführt, sondern auch in ein kaum entwirrbares

Knäuel von medizinischen, ethischen, rechtlichen und leider auch

pragmatischen Problemen. Denn gerade diese pragmatischen, soeben

erörterten Probleme tragen mit dazu bei, daß das Vertrauen von Menschen

ins Wanken gerät, wenn sie sich als Sterbende in ärztliche Verantwortung

begeben.

Wenn das Sterben ein Teil des Lebens ist, dann kann es - das hat Herr

Schily zutreffend gesagt - nicht von der menschlichen Würde und damit

von der eigenen Entscheidung gelöst werden, soweit ich überhaupt eine

Entscheidung darüber zu treffen vermag, soweit das Schicksal es mir

gestattet, eine Entscheidung zu treffen.

Wer sich als Spender zur Verfügung stellt, nimmt eine moralisch

achtenswerte Haltung ein. Aber wenn ich die Organspende zu einer

rechtlichen oder moralischen Pflicht erkläre, dann beraube ich diese

Entscheidung gleichzeitig ihrer Autonomie und Freiwilligkeit und nehme

ihr damit ihren eigentlichen Wert. Das kann nicht richtig sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

und der PDS)

Darum ist die Entscheidung des Menschen, ob er sich zur Verfügung stellt

oder nicht, eine höchstpersönliche Entscheidung, die nicht und durch

niemanden ersetzbar sein kann. Auch der Sterbende, der keine eigene

Entscheidung trifft - weil der Tod, weil das Schicksal ihn überrascht,

weil er sich seinen Angehörigen nicht offenbaren will oder weil er keine

Angehörigen hat, mit denen er darüber sprechen will -, hat eine Würde

und das Recht, zu wissen, daß sein Körper der Erde überantwortet wird,

wie es der Tradition unseres Kulturkreises entspricht. Darum ist die

Einwilligung, von der hier geredet wird, nicht ersetzbar.

Nun verlangen die Transplantationsmediziner von uns, gesetzlich direkt

oder indirekt den Todeszeitpunkt zu bestimmen. Da muß ich Ihnen sagen:

Das geht nicht. Das Sterben ist ein medizinischer, ein biologischer

Vorgang. Kein Gesetzgeber kann diesen Vorgang beeinflussen. Man kann ihn

nicht beschleunigen, und man kann nicht einen Toten gesetzlich zum Leben

erwecken oder umgekehrt. Das sind zwei ganz unterschiedliche Kategorien.

Darum können


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16440


noch: Dr. Burkhard Hirsch


wir die berufsethische Frage, die Sie in den Vordergrund gestellt haben,

als Gesetzgeber nicht lösen.

(Beifall der Abg. Dorle Marx [SPD])

Wir können den Medizinern diese Frage nicht abnehmen. Wir können nicht

jemanden, der möglicherweise lebt, kraft Gesetzes zu einem Toten

erklären. Wir können nur an bestimmte medizinische Umstände rechtliche

Folgen knüpfen. Aber die berufsethische Frage können wir nicht lösen.

Nun führt uns die Transplantationsmedizin in ein neues Problem, nämlich

daß der Prozeß des Sterbens in einer Weise verlängert wird, wie das

niemand von uns früher geglaubt hätte. Herr Kollege Wodarg hat am Anfang

der Debatte das Wort Hirntod hinterfragt. Dieser Begriff Hirntod hat

eine Berechtigung als etwas anderes als Tod nur dann, wenn man zu dem

Begriff Hirntod auch die Worte ,,organlebender Körper" hinzufügt. Man

muß das auch aussprechen. Zum Hirntod gehört der organlebende Körper,

ein Körper, der - wie hier wiederholt dargestellt wurde - physiologische

und vegetative Reaktionen hat und der eben deswegen für die

Transplantationsmedizin so wichtig und bedeutsam ist, weil seine Organe

nicht abgestorben sind.

Die einzige Entscheidung, die wir gesetzgeberisch treffen können, ist,

ob wir die Entscheidung darüber, was mit dem Körper in diesem Prozeß des

Sterbens wird, ob er den normalen Weg des Todes geht oder nicht, zu

irgendeinem Zeitpunkt irgendeinem anderen, einem Dritten, übertragen

können. Die Übertragung auf einen Dritten bedeutet gleichzeitig, daß wir

diesen Körper zu einem verfügbaren Gegenstand machen, dessen weiteres

Schicksal nicht mehr im Willen des Sterbenden selbst, sondern in der

Entscheidung eines anderen liegt, mag er verwandt sein oder nicht und

aus welchen Motiven auch immer er entscheidet.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Das ist der Punkt. Herr Schily hat mit Recht gesagt: habeas corpus.

Wann endet die Würde des Menschen, die untrennbar mit dieser

Entscheidung verbunden ist? Ich glaube, daß sie nicht mit dem Bewußtsein

endet, daß sie nicht mit der Tätigkeit des Gehirns endet, sondern daß

der Mensch sich nicht nur in seinem Bewußtsein verwirklicht, sondern

auch in der körperlichen Erscheinung, in seinem Körper.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darum gehört es unentziehbar zur Menschenwürde, daß die Entscheidung

über die Dauer, die Art des Sterbens ungeachtet aller pragmatischen und

sonstigen praktischen Überlegungen bei dem einzelnen Menschen bleibt.

Von ihm muß die Entscheidung getroffen werden.

(Beifall des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.] - Beifall bei der

SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Wer die Ausdehnung der Transplantationsmedizin will - vieles spricht

dafür -, der muß dafür werben. Er darf nicht in der Überzeugung

resignieren, daß es möglich wäre, mehr Menschen als bisher von der Not

ihrer Mitmenschen anrühren zu lassen, sie zum Nachdenken zu bewegen. Wir

müssen Möglichkeiten schaffen, daß, wie es der Antrag zur Änderung von

1/2 2 vorsieht, jeder Mensch mit dieser Frage konfrontiert wird, daß er

ihr nicht leichtherzig ausweichen kann. Das ist unsere gesetzgeberische

und moralische Pflicht. Das ist auch unsere gesetzgeberische

Möglichkeit. Aber all das, was wir darüber hinaus täten, indem wir den

Willen des Menschen fingierten, würde einen Verstoß gegen Grundlagen

unseres kulturellen Bewußtseins bedeuten.

(Beifall des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.] - Beifall bei der

SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Kollege Peter

Hintze.

Peter Hintze (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! In der Debatte ist zu Recht angesprochen worden, daß es für

Angehörige von frisch Verstorbenen nicht einfach ist, die Entscheidung

zu treffen, zu einer Organspende ja zu sagen. Ein Kollege hat darauf

hingewiesen, daß damit für den Angehörigen eine seelische Last verbunden

ist. Das habe ich so erlebt. Ich habe aber auch erlebt, daß Angehörige

aus dieser Entscheidung heraus eine seelische Kraft entwickelt haben.

(Beifall des Abg. Hildebrecht Braun [Augsburg] [F.D.P.])

Ich will das an einem Beispiel schildern: Mich hat das Erlebnis einer

Frau aus Wuppertal sehr stark bewegt, die mich in der Sprechstunde

aufgesucht hat. Sie hat mir von einem sehr ruhigen Gespräch nach dem

Suizid ihres Mannes über die Bereitschaft, ein Organ zu spenden,

erzählt. Es war keines, von dem sie sich unter Druck gesetzt fühlte. Sie

hat die Entscheidung in Ruhe getroffen und hat ja gesagt. Sie findet

noch heute den größten Trost über den Tod ihres Mannes in dem Wissen,

daß mit einem seiner Organe einem anderen Menschen Leben geschenkt

worden ist, daß er weiterleben kann. - Das ist eines von mehreren

Beispielen, die belegen, daß die Entscheidung eines Angehörigen für eine

Organspende seelische Kraft entwickeln kann, bei der Sterbebegleitung

eine Rolle spielt und auch ein Stück Trost ist. Ich halte es für die

wichtigste Aufgabe der heutigen Gesetzgebung, diese Hilfsbereitschaft,

die Solidarität und die Nächstenliebe, die über den Tod hinaus möglich

ist, zu fördern und zu stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wir denken viel und zu Recht über den Tod und seinen Charakter nach.

Das ist auch richtig. Daß aber aus dem eigenen Tod ein anderer Mensch

Lebenskraft schöpfen kann, ist vielleicht das Schönste, was es zu diesem

Thema zu sagen gibt.

Die heutige Gesetzgebung würde ihr Ziel verfehlen, wenn sie nicht

Rechtssicherheit und Spendenbereitschaft stärken würde.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16441


noch: Peter Hintze


Ich habe in den letzten Tagen, Wochen und Monaten unserer ernsthaften

Diskussion erlebt, daß Ärzte und Schwestern auf einmal unter einen

Rechtfertigungsdruck gerieten, und möchte im Namen auch derer, die dies

für richtig halten, den Ärzten und Schwestern für ihre

lebenserleichternde und lebensrettende Arbeit im Rahmen der

Transplantationsmedizin danken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Die Frage, wann der Mensch tot ist, stellt sich durch die Möglichkeiten

der Intensivmedizin in neuer Weise. Das ist die Reihenfolge; ich glaube,

darüber sind wir uns in der Diskussion noch einig.

Mit Hilfe der Apparate ist es möglich, einzelne Organe vor dem

Absterben zu bewahren, auch wenn das, was den Menschen ausmacht, nämlich

die Einheit von Körper und Geist, von Leib und Seele, nicht mehr

vorhanden ist. Zu welchem Zeitpunkt der Tod exakt eintritt, wann also

die Verbindung von Geist und Körper aufgehoben wird und was dabei genau

vorgeht, das wissen wir nicht. Wir wissen aber, daß mit der Diagnose des

Hirntodes dieser Zeitpunkt erreicht ist, der Tod also bereits

eingetreten ist. Ich halte es für wichtig, daß wir festhalten, daß nicht

die Diagnose des Hirntodes den Punkt des Todes markiert, sondern, daß

dieser Zeitpunkt schon vor der Diagnose tatsächlich erreicht ist.

Es geht bei dieser Frage nicht nur um medizinische Dinge - Otto Schily

hat zu Recht davon gesprochen; ich ziehe daraus allerdings einen anderen

Schluß als er -; es geht auch um unser Verständnis vom Menschen. Sie

sprachen von den metaphysischen Aspekten. Die christliche Vorstellung

von der Person sieht den untrennbaren Zusammenhang zwischen Körper und

Geist. Oder anders gesagt, Ihnen antwortend: Das Metaphysische gibt es

nicht ohne das Physische, den Geist nicht ohne das Gehirn.

(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das stimmt so nicht!)

Die Konzeption von Seehofer wird auch aus rechtlicher Sicht den

ethischen Erkenntnissen zu Leben und Tod gerecht; sie bewahrt uns vor

Unklarheit auf einem Gebiet, das nach höchster Klarheit verlangt. Sie

sichert einen gewissenhaften Umgang mit diesem ernsten Thema; sie

schafft Rechtssicherheit, auf die alle Beteiligten, Ärzte, Schwestern,

Patienten, Angehörige und der Verstorbene zur Wahrung der Würde seines

Todes, einen Anspruch haben.

Bei unserer Entscheidung müssen wir uns klarmachen, daß eine enge

Zustimmungslösung die bisherige verantwortliche Praxis massiv

einschränken und für viele Menschen, die auf Hilfe dringend angewiesen

sind, bedeuten würde, daß sie nicht mehr weiterleben können und nicht

mehr weiterleben dürfen. Diesen wichtigen Hinweis kann man nicht mit der

Utilitarismus-Keule erschlagen. Vielmehr ist das Ergebnis unserer

ethischen Abwägung, daß wir bereit sind, eine solche rechtliche

Grundlage zu schaffen, die einerseits sicherstellt, daß der Tod klar und

unwiderruflich eingetreten ist, die andererseits aber die

Organtransplantation auch tatsächlich möglich macht.

Heute ist viel von den Wartelisten gesprochen worden; auffällig ist,

daß die Wartelisten bei Lunge, Leber und Herz recht kurz sind, weil sehr

viele Patienten die Wartezeit nicht überleben. Auch das müssen wir uns

deutlich machen.

Ich bitte Sie daher dringend, der erweiterten Zustimmungslösung Ihre

Zustimmung zu geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P.)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Frau Kollegin

Dr. Rita Süssmuth.

Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Die Entscheidung, die heute zu treffen ist, ist vielen von uns, auch

mir, nicht leichtgefallen. Ich habe in den letzten Wochen oft gedacht:

Vielleicht hätten wir es doch bei dem Verhaltenskodex der

Transplantationszentren belassen sollen. Aber es gibt Prozesse, hinter

die man nicht mehr zurück kann. Dann kann es sich ergeben, daß ein

Gesetzgebungsvorgang, der vielleicht weniger vom sachlichen als vielmehr

vom politischen Standpunkt notwendig ist, unwiderruflich ist, und das

nicht nur, weil andere Länder ähnliche Gesetze verabschiedet haben.

Vielmehr würde sonst die Öffentlichkeit annehmen, wir flüchteten vor der

Entscheidung oder sie würde mit ihrer Entscheidung alleingelassen.

Deswegen ist dieser Gesetzgebungsvorgang notwendig.

Ein weiterer Punkt. Es ist heute viel von Rechtssicherheit,

Transparenz, Klarheit und Eindeutigkeit die Rede gewesen. Vielleicht

schaffen wir ja Rechtssicherheit, aber es wäre vermessen, anzunehmen,

daß wir das, was so kompliziert ist, eindeutig machen könnten. Wenn die

Bürgerinnen und Bürger wissen, wie viele Dinge zwischen Himmel und Erde,

zwischen dem Medizinisch-Wissenschaftlichen und dem Metaphysischen

unentschieden bleiben, dann erst wird klar, welch einen kleinen Bereich

wir regeln und wie groß der Bereich ist, der offen bleibt. Das ist für

den Gläubigen wie für den Nichtgläubigen so. Wo beginnt Leben? Wo endet

es? Die Fragen über Anfang und Ende sind gleich kompliziert und

konflikthaft. Ich bin davon überzeugt: Auch mit der Rechtssicherheit,

die wir heute geben, vermeiden wir nicht die konflikthaften

Entscheidungen im ganz konkreten Fall.

Wenn wir dem Rechnung tragen, dann frage ich mich, warum wir so sehr

über die Unterscheidung streiten: Wir dürfen nicht mehr vom Sterben

reden, wenn der Mensch tot ist. Für mich ist das eine die Konvention von

Wissenschaftlern über den Hirntod, den Gesamthirntod und den Tod des

Menschen. Das andere ist der Sterbeprozeß.

Ich denke, daß wir, wenn wir über Entnahmekriterien sprechen, wissen,

daß es um die Unterbrechung des Sterbeprozesses geht. Alle miteinander -

Ärzte, insbesondere die Transplantationschirurgen, Pflegepersonal und

Angehörige - sind aufgefordert, zu akzeptieren, daß es um die Würde des

Sterbenden geht, daß diese mit dem Gesetz nicht aufgehoben


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16442


noch: Dr. Rita Süssmuth


Für mich ist ganz wichtig, daß der Gesetzgeber in dem veränderten

Gesetzentwurf, den der Minister und andere Unterzeichner vorgelegt

haben, auf die Definition des Todes verzichtet. Das ist die Rücknahme

von Ansprüchen und von Gewißheiten, die wir nicht haben sollten.

Viele von uns haben das genauso erlebt. Wir müssen dem Tatbestand

Rechnung tragen, daß hier nach dem Stand auch sich verändernder

wissenschaftlicher Erkenntnis entschieden und gehandelt wird und daß in

diesem Bereich eher Vorsicht geboten ist. Das schließt aber nicht aus,

daß diejenigen, die entnehmen, Gewißheit brauchen. Davon sind wir

angesichts der Diskussion über Teilhirntod und Gesamthirntod abgerückt.

Das ist aber ein ganz wichtiger Punkt bei den Entnahmekriterien.

Denjenigen, die meinen ,,Es ist Leben und nicht Sterben", möchte ich

sagen - Professor Scholz und andere haben es bereits angesprochen -: Es

ist der Moment des Todes verbunden mit einem irreversiblen Sterbeprozeß.

Wenn wir das gemeinsam festhalten, wissen wir um das Prozeßhafte.

Zu den Äußerungen menschlichen Lebens während dieses Prozesses möchte

ich sagen: Ich maße mir nicht an, sie zu bewerten. Sie sind für mich

menschlich. In diesem komplexen Sinne gelten sie auch. Es darf kein

Gezanke um eine Floskel oder um ein ,,Ich weiß es nicht" geben.

Vielleicht ist es auch gut, in dem einen oder anderen Fall dieses

Nichtwissen zum Ausdruck zu bringen.

Bei dem Konflikt ,,Was tut sich noch zwischen Sterben und" - ich sage -

,,Weiterleben?" sollten wir uns nicht anmaßen, im Sinne der logischen

Schlußfolgerung zu argumentieren: Tatbestände gleich Tatbestände gleich

Definition gleich Tod.

Ich möchte noch ein Zweites ansprechen; das ist die Frage der

Zustimmungslösung. Es spricht viel für eine enge Zustimmungslösung. Wir

haben eine große Pflicht, die Menschen mit einer massiven Informations-,

Aufklärungs- und auch Beratungswerbung anzusprechen. Was ist der

Vorteil, daß wir nun ein Gesetz bekommen? Der Vorteil ist, daß das Thema

an die Öffentlichkeit gekommen ist, ein tabuisiertes Thema. Es ist

derzeit in mehr Familien Thema, als es das je gewesen ist - mit

Zustimmung und Ablehnung. Beides haben wir zu respektieren.

Ich habe zu dem Gesichtspunkt ,,Es kann nur das einzelne Subjekt

entscheiden" eine andere Frage zu stellen: das Subjekt der Entscheidung

und der intersubjektive Vorgang. Sind wir als Menschen nicht in einer

Weise verbunden, daß wir bei den Kindern den intersubjektiven Vorgang

nehmen und ihn bei den Erwachsenen außen vor lassen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Deswegen muß ich an dieser Stelle sagen: Vorsicht, wenn wir von

mutmaßlichem Willen sprechen. Das Wort ist ein bißchen mißverständlich,

es geht nicht um Mutmaßung, um das, was hätte sein können, sondern um

wirkliche Abklärung. Es kann nicht sein, daß jemand, der nie mit einem

anderen Menschen darüber gesprochen hat und ihn nicht kennt, erklärt, er

verweigert oder bejaht. Er fällt aus. Das gehört zur Ernstnahme des

Willens des anderen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

Ich komme zu dem Ergebnis, daß das Intersubjektive unter Menschen seine

Berechtigung und Geltung hat. Oftmals erleben wir, daß das

Intersubjektive, auch das aus dem Leben oft zu stark Verdrängte, gerade

in Konfliktsituationen wichtig ist.

Meine letzte Bemerkung. Ich wünsche mir, daß auch die Experten oft

anders redeten, als sie reden, und Menschen mehr Vertrauen als Mißtrauen

geben. Es gibt immer wieder Stimmen, die mich eher abrücken lassen, weil

sie zuwenig deutlich machen: Es geht hier um rettende Lebenshilfe. Das

ist sicherlich ein Akt der Menschenliebe, der Nächstenliebe. Dazu kann

niemand gezwungen werden.

Es ist aber so, daß mancher, der vorher nein gesagt hat, in der

Situation des Freundes, des Partners, des Kindes, des Angehörigen oder

des Menschen, von dessen Leid er erfährt, eine ganz andere Entscheidung

trifft.

Ich glaube, daß unsere heutige Debatte dazu beitragen kann. Niemand hat

einen Anspruch, und niemand darf daraus ein Gewerbe machen. Es gibt oft

auch Ärzte, ob das nun bei der Abtreibung oder der Transplantation ist,

die nicht gewissenhaft mit ihrem Beruf umgehen. Aber das darf nicht dazu

führen, daß alle die als gewissenlos bezeichnet werden, die sich

gewissenhaft verhalten.

Deswegen ist es ganz entscheidend, daß dieses Gesetz zu mehr

Verantwortung, Bewußtseinsbildung, aber auch zu den Möglichkeiten der

Lebensrettung beiträgt, die wir haben. Wenn wir uns alle im Rahmen

unserer Möglichkeiten engagieren und aufklärend, werbend und abwägend

unter die Menschen treten, könnten wir viel bewirken, aber nicht den

Konflikt nehmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD

und der PDS)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Zu einer Kurzintervention erhält

zunächst der Kollege Büttner das Wort.

Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Herr Kollege Hintze hat in seinem

Beitrag mit Blick auf die christliche Anschauung gesagt: Körper und

Geist sind eine Einheit, und wenn das Gehirn abgeschaltet ist oder nicht

mehr funktioniert, dann ist die Trennung vollzogen, dann ist der Mensch

tot.

Ich sage Ihnen als Christ: Ich setze Gehirn nicht gleich mit Geist.

(Beifall des Abg. Otto Schily [SPD])


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16443


noch: Hans Büttner (Ingolstadt)


Ich meine, wir sollten als Gesetzgeber nicht den Versuch unternehmen,

qua Gesetz für das, was in den Glaubensbereich über die menschliche

Existenz gehört und über das in einer freien Gesellschaft jeder einzeln

für sich Entscheidungen treffen und treffen können muß, bestimmte

Auffassungen, Ideen, Haltungen oder Glauben vorzuschreiben.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Möchten Sie antworten, Herr Hintze?

Peter Hintze (CDU/CSU): Der Gesetzgeber tut das, was Sie befürchten oder

abwehren wollen, mit dem Gesetzentwurf nicht. Ich habe in meinem Beitrag

auch nicht Gehirn mit Geist gleichgesetzt, sondern ich habe gesagt, daß

Geist ohne Gehirn nicht denkbar ist.

Ich bin auf die Unterscheidung zwischen Metaphysik und Physik gekommen.

Wir brauchen eben auch für die unstofflichen Vorgänge im Körper

stoffliche.

Gerade kam noch ein anderer Zwischenruf, der sich auf die Seele bezog.

Das wäre ein dritter Sachverhalt. Dem belebten Körper, also dem, der

durch meine stoffliche Körperlichkeit mein geistiges Dasein ermöglicht -

dazu brauche ich das Gehirn -, kann ich als Christ, als Person eine

Seele zusprechen. Dazu können Sie sagen: ,,Ich glaube daran" oder ,,Ich

glaube nicht daran". Das regelt hier nicht der Gesetzgeber. Das ist ein

anderer Sachverhalt.

Aber für mich ist die Einheit von Körper und Geist, die das Menschsein,

das Personsein ausmacht, mit dem Tod des Hirns beendet. Damit ist der

Mensch nach meinem Verständnis gestorben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD - Abg.

Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Frau Kollegin Nickels, wollen Sie

eine Kurzintervention machen?

(Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich möchte etwas zu Herrn

Hintze sagen!)

- Nein, darauf direkt reagieren dürfen Sie nicht.

Ich erteile jetzt dem Kollegen Gerald Häfner das Wort.

Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Frau Präsidentin! Verehrte

Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden heute hier über weit mehr als

über die Voraussetzungen und Regelungen zur Organtransplantation. Das

ist der Grund, warum diese Debatte sehr wichtig ist. Ich meine, wir

stehen mit ihr am Scheideweg in der Gestaltung unserer Rechtsordnung und

damit auch unseres Selbstverständnisses als Menschen wie auch als

Gesellschaft.

Wir entscheiden hier auch über das Menschenbild unseres Staates und

unserer Verfassung. Wir entscheiden über unser Verhältnis zum Tod und

damit auch zum Leben und zum Menschen. Wir entscheiden auch über die

Frage - das möchte ich nicht ganz in Vergessenheit geraten lassen -, wie

weit ein Gesetzgeber gehen darf, vielleicht auch gehen muß, und wo er

seine Kompetenzen in fataler Hybris überschreitet.

Unverständlicherweise sind wir in diese Situation ohne Not getrieben

worden. Ein verständiger Beobachter kann darüber eigentlich nur mit dem

Kopf schütteln. Denn in den Fragen, die hier heute wirklich entschieden

werden müssen, besteht in diesem Haus doch ein ganz erstaunlicher

Konsens, und zwar sowohl was die Organspenden Lebender wie auch was die

Organspende Sterbender betrifft. In der entscheidenden Frage, daß bei

der letztgenannten Form der Spende der vollständige Ausfall aller

meßbaren Hirnfunktionen zwingende Voraussetzung für eine Explantation

von Organen ist, gibt es doch überhaupt keinen Dissens.

(Beifall der Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD] und Dr. Edzard Schmidt-

Jortzig [F.D.P.])

So weit, so gut. Wenn wir uns also darauf beschränken würden, was der

Gesetzgeber tun darf und tun muß, könnten wir heute abend nach Hause

gehen und sagen: Der Deutsche Bundestag hat in großer Einmütigkeit ein

wichtiges Gesetz beschlossen. Damit würde endlich die ganze Unklarheit,

die in diesem schwerwiegenden Bereich noch immer besteht, beseitigt.

Aber - und jetzt kommt das, worüber ich mich sehr ärgere - einige

wollen eben sehr viel mehr. Sie wollen nicht nur das, was rechtlich

unumstritten und zu regeln notwendig ist, sondern sie wollen, daß ein

Gesetz etwas behauptet, was jeder Lebenserfahrung und der Auffassung

vieler Wissenschaftler widerspricht, nämlich daß der vollständige

Ausfall meßbarer Hirnfunktionen gleichzeitig der absolute und endgültige

Tod des Menschen sei. So behaupten Sie das implizit in ihrem

Gesetzentwurf.

(Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Nein, das stimmt nicht! Das ist die

Unwahrheit!)

- Ich sagte ,,implizit". Ich kann es Ihnen vorlesen, wenn Sie wollen.

Eine solche Festlegung widerspricht natürlich nicht nur der

Lebenserfahrung, der ganz banalen Erfahrung, wonach ein Toter starr ist,

er kalt ist, keine Reflexe mehr hat usw., wohingegen für einen

sogenannten Hirntoten gerade das Gegenteil gilt: Er ist warm, weich, er

ist belebt, das Herz schlägt, die Reflexe funktionieren; viele Kollegen

haben das hier schon dargestellt -, sie widerspricht auch meinem ganz

persönlichen Bild vom Menschen. Darauf will ich gleich noch

zurückkommen.

Zunächst müssen wir feststellen: Unsere Verfassung läßt nicht zu, daß

das Leben als Schutzgut gemäß Art. 2 des Grundgesetzes nach rein

materiell-quantitativen Gesichtspunkten, also nach

Nützlichkeitserwägungen, bestimmt werden kann.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16444


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Häfner, gestatten Sie

eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rüttgers?

Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn das nicht auf meine Redezeit

angerechnet wird, gern.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Bitte.

Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Kollege Häfner, ich melde mich deshalb zu

Wort, weil ich finde, daß es dieser Debatte nicht gut tut und daß es

nicht nur nicht fair ist, sondern uns wirklich auf eine schiefe Bahn

führt, wenn Sie unwidersprochen die Behauptung aufstellen, daß der

Entwurf, den ich unterstütze, den Hirntod mit dem Tod gleichsetzt. Dies

ist gerade nicht der Fall. Das wird auch durch Wiederholungen nicht

besser.

Wir haben Wochen darum gerungen, Formulierungen zu finden, die

sicherstellen, daß es keine Definition von Tod und schon gar keine

Gleichstellung von Tod und Hirntod gibt. Es ist nur festgelegt worden -

darüber kann man sicherlich diskutieren; das tun wir den ganzen

Vormittag -, ob der Tod Voraussetzung dafür ist, und zwar der Tod, der

nicht durch den Gesetzgeber, sondern nach den Regeln der medizinischen

Kunst festgelegt wird.

Wir haben ein Zweites getan. Wir haben gesagt: Das darf sowohl im

Verfahren als auch vom Inhalt her nicht unter bestimmte Kriterien

abrutschen. Dies heißt aber für jeden Juristen - das kann man, auch wenn

man nicht Jura studiert hat, wirklich dem Text entnehmen -, daß die

Behauptung, hier sei der Hirntod als Tod definiert, falsch ist. Ich

persönlich würde dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, wenn es irgendeinen

Zweifel daran gäbe, daß die Position in dem Gesetz nicht so beschrieben

wäre.

Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Rüttgers, abgesehen davon,

daß Sie eigentlich keine Frage gestellt haben: Was Sie sagen, ist zum

Teil richtig. Sie haben auf die lange Zeit vorgesehene Definition am

Ende verzichtet. Aber in der Rechtswirkung ist es exakt das gleiche.

(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nein! - Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Das ist

der Punkt!)

- Aber selbstverständlich. Das ergibt sich zwingend aus dem Verhältnis

Ihres Absatzes 1 zu Absatz 2.

Ich möchte hier sehr deutlich aussprechen: Der Mensch ist weitaus mehr

als die Summe seiner Organe. Er ist auch sehr viel mehr als das, als wir

mit naturwissenschaftlichen Methoden zählen, messen und wiegen können.

Er ist ein sinnlich-übersinnliches Wesen.

Geburt und Tod sind Übergänge. Der Mensch - jedenfalls nach meiner

Überzeugung - kommt mit der Geburt in diese physische Welt und geht mit

dem Tod aus ihr heraus. Was in diesem Übergang stattfindet, das wissen

wir nur sehr anfänglich, in weiten Teilen wissen wir es überhaupt nicht.

Und vor allem: Hierüber gibt es sehr verschiedene Auffassungen.

Aber eines wissen wir mit Sicherheit: Der Mensch läßt sich nicht auf

sein Gehirn und dessen Funktionen reduzieren. Was für ein armseliges und

jämmerliches Menschenbild ist es, das den Menschen auf die Funktionen

seines Gehirns reduziert?

Wie gehen Sie eigentlich mit den konkreten Erlebnissen um, die man mit

sogenannten Hirntoten machen kann, wie mit der ,,Hirntoten", die als

Mutter ein Kind austrägt? Ist sie etwa kein Mensch mehr? Was sagen Sie

zu den vielfältigen Erfahrungen der Menschen, die Sterbebegleitung

vorgenommen und Totenwache gehalten haben und die dabei den Tod gerade

nicht erlebt haben, wie das bei einem Radiogerät oder einer Maschine

wäre, wenn der Schalter von ,,on" auf ,,off" geschaltet wird, sondern

die ihn als einen allmählichen Übergang beschreiben, in dem sich die

Wesenheit des Menschen nur allmählich verabschiedet und aus dem Körper

zurückzieht?

Ich will Ihnen überhaupt nicht zumuten, daß Sie meinen Überzeugungen in

diesem Bereich folgen; das kann ich nicht erwarten; umgekehrt ist das ja

ebenso nicht der Fall. Ich will nur, daß Sie respektieren, daß ich über

den Tod so denke - übrigens auch über die Geburt.

Und deshalb bin ich der ganz festen Überzeugung, daß in einem

pluralistischen Gemeinwesen, in einer offenen, demokratisch verfaßten

Gesellschaft der Gesetzgeber an einer Stelle, bei der ganz

unterschiedliche Auffassungen unter den Menschen nebeneinander bestehen

und die gleichzeitig von so zentraler Bedeutung ist wie dieser Bereich

des Überganges vom Leben zum Tod, keinesfalls mehr tun darf, als er muß

und kann. Der Gesetzgeber darf an dieser Stelle gar nicht ein bestimmtes

Menschenbild und damit ein bestimmtes Todesverständnis vorschreiben und

zum Gesetz erheben.

Ich möchte deshalb ganz dringend dafür werben, daß wir an dieser Stelle

offenbleiben für die verschiedenen Auffassungen, die es hierüber unter

den Menschen gibt. Wir sollten offen sein dafür - hier könnten wir uns

eigentlich wieder treffen, tun es leider aber nicht -, daß der Mensch

letzten Endes nur selbst entscheiden kann, was mit ihm in dieser Phase

geschieht; das ergibt sich für mich ganz zwingend aus diesen

Vorüberlegungen.

(Beifall des Abg. Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.])

Bei den Umfragen, die hierzu gemacht worden sind, haben sich übrigens

viele weder so noch so entschieden; auch davor habe ich sehr großen

Respekt. Ich finde, man sollte die Menschen bei Fragen, die sie für sich

selber noch nicht geklärt haben, nicht zu Entscheidungen zwingen. Dieses

Klären ist manchmal nicht leicht.

Aber diejenigen, die sich entschieden haben, haben sich mit ganz großer

Mehrheit für die sogenannte enge Zustimmungslösung ausgesprochen. Das

hängt, glaube ich, damit zusammen, daß das Mißbehagen, die Angst, die

sehr verbreitet ist, nur


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16445


noch: Gerald Häfner


Falle ihres Sterbens mit ihnen nichts geschieht, was sie nicht zu

Lebzeiten gewollt und befürwortet haben.

Deswegen werbe ich so dringend für die enge Zustimmungslösung, die, um

der Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen - jedenfalls nach meinem

Vorschlag -, auch zuläßt, daß Dritte, enge Angehörige oder

Lebenspartner,

(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das ist keine enge

Zustimmungslösung!)

dann, wenn eine sichere Willenserklärung abgegeben worden ist, sie aber

nicht schriftlich beigebracht werden kann, diese als Boten überbringen.

Ich glaube, wir sind uns darin einig, daß im Sterbeprozeß der

vollständige Ausfall aller Hirnfunktionen einen ,,point of no return"

darstellt. Das heißt, daß von diesem Moment an das Sterben, der Tod

unumkehrbar geworden ist. Aber ich glaube, daß das Sterben an dieser

Stelle noch nicht abgeschlossen ist. Wir sind uns auch einig darüber,

daß die Transplantation einen Eingriff in den Sterbevorgang bedeutet.

Das ist gerade das Verrückte an dieser Stelle: Die Mediziner brauchen

lebende Organe für die Transplantation. Deswegen wird der Sterbeprozeß

unterbrochen, wird er aufgehalten, wird er verlängert. Deswegen darf

bzw. kann der Mensch noch nicht sterben. Dies ist eine Tatsache. Nun

aber gleichzeitig aus rechtlichen Gründen - weil es dann so viel

einfacher zu sein scheint - zu behaupten, der im Sterben Befindliche sei

schon tot, sei eine Leiche, ist nun wirklich Rabulistik. Das, so finde

ich, ist keinem Menschen beizubringen, der einmal diesen Prozeß des

Sterbens bei einem anderen Menschen miterlebt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der

F.D.P. und der PDS)

Deshalb: Ich meine, daß der endgültige Tod eingetreten ist, wenn der

Ausfall aller Organfunktionen vorliegt - nicht beim Hirntod. Ich meine

aber, daß nach dem Eintreten des Hirntodes explantiert werden darf, wenn

der Betroffene zu Lebzeiten zugestimmt hat. Für diese Position möchte

ich herzlich werben, auch in der Abstimmung.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der

F.D.P., der PDS und des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU])

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete

Christina Schenk.

Christina Schenk (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

bisherige Diskussion um eine ethisch vertretbare Regelung von

Organtransplantationen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen zwei

verschiedenen Schwerpunktsetzungen: Auf der einen Seite wurde die

Chance, dadurch Leben retten zu können, in den Vordergrund gestellt und

auf der anderen Seite die Frage nach dem Prozeß, der vom Leben zum Tod

führt, und seiner Bedeutung für den Menschen, dem Organe entnommen

werden.

Für die Erstgenannten sind die Verbesserung der Akzeptanz der

Organtransplantation und die Steigerung des Organaufkommens vorrangig.

Für sie ist der Hirntod mit dem Tod des Menschen gleichzusetzen. Jede

Kritik daran und am Hirntodkonzept überhaupt wird mit der Behauptung

zurückgewiesen, damit werde die Legitimität der Organtransplantation

untergraben.

Meine Damen und Herren, es ist mir sehr wichtig, hier festzustellen,

daß man über eine so schwerwiegende Frage im Grenzbereich zwischen Leben

und Tod nicht vom gewollten Ergebnis her diskutieren darf. Der Zweck

heiligt die Mittel nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE

GRÜNEN)

Der sogenannte Hirntod ist eine Übereinkunft über den Zeitpunkt, ab dem

ein irreversibler Zustand vorliegt und somit der Behandlungsauftrag

erlischt. Er ist zugleich die allgemein anerkannte Voraussetzung für die

Zulässigkeit der Organentnahme. Allerdings - auch das will ich hier so

deutlich sagen - ist der Begriff irreführend, da das Erfülltsein der

Kriterien keineswegs den Tod des gesamten Gehirns nachzuweisen imstande

ist.

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Richtig!)

Auch nach der Hirntodfeststellung finden noch diverse

Stoffwechselprozesse statt, sowohl im Gehirn selbst - sogar hochkomplexe

Steuerungsvorgänge sind noch möglich, wie die schwangere, hirntote Frau

in Erlangen bewiesen hat - als auch im übrigen Körper. Letztlich könnte

eine maschinelle Beatmung ihre Wirkung nicht entfalten, wenn das Gewebe

tot wäre.

Für mich ist der sogenannte Hirntod nicht mit dem Tod des gesamten

Gehirns gleichzusetzen und schon gar nicht mit dem des Gesamtorganismus.

Ein als hirntot eingestufter Mensch befindet sich in einem irreversiblen

Prozeß des Sterbens, aber er ist nicht tot. Ich denke, daß man sehr

genau unterscheiden muß zwischen der Festlegung eines justitiablen

Kriteriums für die Organentnahme und der Versuchung, eine neue

Legaldefinition des materiellen Todes, des Gesamttodes, vorzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und der SPD sowie der Abg. Monika

Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich meine, genau dies dürfen wir hier nicht tun, weil das Gesetz Raum

lassen muß für die verschiedenen Auffassungen darüber, was der Tod ist.

Der grundgesetzliche Schutz von Menschen zwischen Leben und Tod, das

Recht auf Achtung ihrer Würde, muß weiterhin uneingeschränkt garantiert

bleiben.

Aus dieser Sicht beantwortet sich meines Erachtens zugleich die Frage,

wie die Zustimmung zu regeln ist, ob sie ausschließlich durch die

Betroffenen


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16446


noch: Christina Schenk


Nahestehenden Entscheidungsbefugnisse zukommen. Niemand kann mit

Bestimmtheit sagen, was in sogenannten Hirntoten vorgeht. Wir wissen

nicht, was tatsächlich intrapersonal bei einem Menschen, bei dem die

Hirntodkriterien erfüllt sind, sowohl vor als auch während der

Explantation geschieht, wenn der Sterbeprozeß mit technischen Mitteln

aufgehalten wird und dann mit der Organentnahme abrupt beendet wird. Das

muß der Öffentlichkeit auch so ehrlich und klar gesagt werden.

Aus meiner Sicht bleibt die Organspende ein mögliches persönliches

Risiko - nicht nur auf der metaphysischen Ebene -, das mit

naturwissenschaftlicher Erkenntnis nicht aus der Welt zu schaffen ist.

Es gibt Erfahrungen - einige haben in dieser Debatte schon darauf

hingewiesen -, für die in den heutigen Schulweisheiten kein Platz ist.

Diejenigen, die Sterbende begleitet haben, wissen das.

Die jetzige Gesellschaft hat den Tod weitestgehend tabuisiert und die

Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens aus dem Leben

verdrängt. Sie hat infolgedessen das Gefühl für die Unwägbarkeiten und

Unbestimmtheiten der letzten Lebensphase und damit auch den Respekt vor

dieser Phase verloren. Solche Ungewißheiten sind nicht einfach mit einem

definitorischen Handstreich, mit der Gleichsetzung von Hirntod und Tod

aus der Welt zu schaffen. Im Gegenteil: Ich meine, daß die allgemeine

Verharmlosung der Umstände und Geschehnisse bei einer

Organtransplantation hierzulande sehr viel zu Mißtrauen und mangelnder

Spendebereitschaft beigetragen hat.

Deshalb ist für mich die Bereitschaft zur Organspende nur auf der Basis

einer persönlich abgegebenen Erklärung akzeptabel. Den Angehörigen oder

den Nahestehenden steht die Verfügung über diese Bereitschaft nicht zu.

Sie ist ihnen in einer solch schmerzlichen Situation auch nicht

abzuverlangen. Die Berichte mehren sich: Viele haben erst im nachhinein

von den Unwägbarkeiten erfahren und machen sich lebenslang schwerste

Vorwürfe, einen ihnen nahestehenden Menschen einer solchen Prozedur

überlassen zu haben, ohne zu wissen, ob sie in seinem Willen gehandelt

haben.

In der Konsequenz des Gesagten werden einige meiner Kolleginnen und

Kollegen und ich selbst nur einer engen Zustimmungsregelung ihre Stimme

geben.

Danke.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES

90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete

Dr. Erika Schuchardt.

Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Werte Kollegen und

Kolleginnen! Nach der jahrelangen Diskussion haben sich die

unterschiedlichen Positionen bedauerlicherweise nicht in einer

Konsenslösung, sondern in zwei unterschiedlichen Gesetzentwürfen und

zahlreichen Änderungsanträgen niedergeschlagen, um die wir heute ringen.

Maßgeblichen Einfluß auf unsere heutige Entscheidung dürften neben den

Stellungnahmen der Ärzte auch die der Kirchen haben. Ich möchte mich in

erster Linie der Haltung der Kirchen zuwenden, zu denen ich als

langjährige EKD-Synodale besonderen Zugang zu haben glaube und mit denen

ich daher in engerem Kontakt stehe. Dies ist vor allem deshalb nötig,

weil es sowohl im Vorfeld als auch während unserer Debatte manchmal zu

unzutreffenden oder zumindest mißverständlichen Aussagen gekommen ist,

die in der Öffentlichkeit zu Verunsicherung und Beunruhigung geführt

haben.

Die beiden bisher vorliegenden offiziellen Stellungnahmen der Kirchen -

die Erklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland ,,Gott ist ein

Freund des Lebens" von 1989 sowie die Gemeinsame Erklärung der

Bischofskonferenz von 1990 - haben noch eine Gleichsetzung von Hirntod

und Tod des Menschen angenommen. Seither gab es etliche zusätzliche

Äußerungen. So hat der Ratsvorsitzende, Bischof Engelhardt, 1994 vor der

EKD-Synode zwar erklärt, die neuerliche Diskussion um den Hirntod habe

eine Gleichsetzung mit dem Tod des Menschen wieder in Frage gestellt,

wenngleich der Hirntod ein entscheidender Einschnitt im Sterbegeschehen

sei. Doch ist der Rat der EKD von seiner Grundsatzerklärung von 1989

keineswegs abgerückt. Bischof Engelhardt hat mir persönlich vor wenigen

Tagen auf meine Anfrage noch einmal versichert, daß die Evangelische

Kirche in Deutschland an ihrer Kernaussage festhalte, die lautet:

Nach christlichem Verständnis ist das Leben und damit der Leib ein

Geschenk des Schöpfers\u, das er aber aus Liebe zum Nächsten einsetzen

darf.

Auch Äußerungen des Bevollmächtigten der EKD in Bonn, des Bischofs

Löwe, die Herr von Klaeden mehrfach zitiert hat, haben in letzter Zeit

zu gewissen Irritationen geführt. Hierzu hat mir, ebenfalls in der

vorigen Woche, der Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD in Hannover

versichert, daß verschiedentlich geäußerte abweichende Meinungen von

Einzelpersonen oder einzelnen Landeskirchen wie Berlin-Brandenburg oder

Westfalen nichts daran änderten, daß die offiziellen Erklärungen von

1989 und 1990 noch immer die Äußerungen der für die gesamte Evangelische

Kirche in Deutschland zuständigen Organe seien

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und als solche in ihrer Substanz unverändert als gültig betrachtet

würden.

Auch für die katholische Seite gibt es einzelne Abweichungen, etwa die

Äußerungen des Kardinals Meisner. Aber auch dort ist die offiziell

zuständige Bischofskonferenz mit kaum einem Wort von ihrer früheren

Erklärung abgerückt. Das bedeutet, daß alle Versuche, die Kirchen in

unserer Diskussion auseinanderzudividieren, untauglich sind. Die

offiziellen Vertretungen beider Kirchen stehen auch heute zu ihrer

Auffassung, daß sie sich mit aller Deutlichkeit


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Dr. Erika Schuchardt


also auch, ein noch Lebender -, und haben sich unmißverständlich dafür

ausgesprochen, daß die Entnahme von Organen bei Hirntoten somit ethisch

und rechtlich von einer Tötungsmaßnahme zu unterscheiden ist.

Daß auch die Vertreter der Gegenposition dies erkannt haben, zeigt

deren jüngste Presseerklärung vom 20. Juni, in der nicht mehr von der

abweichenden Meinung der Kirchen, sondern nur noch von - ich zitiere -

,,führenden Kirchenvertretern wie Meisner und Löwe" gesprochen wird.

Den von den Kirchen ausdrücklich gewünschten weiteren Diskussionen zur

Frage des Hirntods trägt der neue Änderungsantrag von Seehofer Rechnung.

Darin wird weiterhin die Feststellung des Todes gefordert. Aber er

definiert den Tod selber nicht, sondern überläßt diese Frage in 1/2 3

den dafür ausgewiesenen Fachleuten. Eine Kompetenzüberschreitung des

Gesetzgebers ist damit ausgeschlossen.

Mit dem Seehofer-Antrag stimmt ebenfalls die kirchliche Haltung zur

Frage der Zustimmung überein. Die Kirchen haben ohne Wenn und Aber die

erweiterte Zustimmung favorisiert. Ergebnis ist also, daß man mit der

Zustimmung der verantwortlichen Organe der Kirchen im Rücken den

Seehofer-Antrag unterstützen kann, wofür auch ich nachdrücklich

eintrete.

An dieser Stelle möchte ich - im Widerspruch zu den Ausführungen von

Herrn Häfner - darauf hinweisen, daß dem Bundestag 4000 Unterschriften

für eine erweiterte Zustimmungslösung vorliegen. Ich habe sie hier in

den Händen und kann sie Ihnen zeigen. Des weiteren ist auf Initiative

der Spitzensportler - unter anderem von Steffi Graf - eine

Organtransplantationsinitiative begründet worden, die, angeregt durch

den Chef von Opel, der sein Leben einer Organspende verdankt, der

erweiterten Zustimmungsregelung das Wort redet.

Im Hinblick auf die Einholung der Zustimmung der Angehörigen liegt mir

allerdings ein Punkt am Herzen, der in den Briefen erwähnt wird und auf

den ich eingehen möchte. Eine Mutter fand ihr schwerverunglücktes Kind

in der Intensivstation wieder. Es lag ruhig und gesund aussehend im

Krankenbett. Schockartig traf die Mutter nach Tagen intensivsten Ringens

um das Leben des Kindes die Frage des Arztes, ob sie einer

Hirntoduntersuchung zustimmen würde, da man ihrem Kind nicht mehr helfen

könne, möglicherweise aber einem anderen. Wegen allergrößter Zweifel an

der Richtigkeit dieser Diagnose bat die Mutter schließlich darum, bei

dieser Untersuchung anwesend sein zu dürfen. Der Arzt hatte dafür

Verständnis. Nun konnte und mußte die Mutter selbst erkennen, daß ihr

scheinbar so rosig schlafendes Kind - ich zitiere - ,,absolut

reaktionsunfähig, ja leblos war". Daraufhin fand sie gemeinsam mit ihrer

Familie den Mut, einer Organweitergabe zuzustimmen. Aus der Rückschau

schreibt sie - ich zitiere -: ,,\u gerade dies in aller scheinbaren

Sinnlosigkeit dankbar als Sinn zu erleben".

Meine Bitte an die künftigen Transplantationsärzte lautet daher: Prüfen

Sie bitte in jedem Einzelfall -

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Frau Kollegin, denken Sie bitte an

Ihre Redezeit.

Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): - ich bin fertig -, ob Sie den

Angehörigen ihre ungeheuer schwierige Entscheidung dadurch erleichtern

können, daß Sie ihnen die Anwesenheit bei der Untersuchung gestatten.

Das wäre einer von sicherlich vielen lebensnotwendigen Wegen, die

Angehörigen in ihrer denkbar schwierigen Situation zu begleiten und

Jonas\9 Verantwortungsethik - Verantwortung für andere übernehmen -

praktisch zu leben.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete

Barbara Höll.

Dr. Barbara Höll (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

heute anstehende abschließende Beratung eines Gesetzes zur Regelung der

Transplantation schließt eine Gesetzeslücke und beendet vorläufig einen

breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozeß, der mit der heutigen

Abstimmung jedoch nicht endgültig abgeschlossen ist.

Viele Abgeordnete im Hohen Hause sind sich der Notwendigkeit der

Gesetzesberatung bewußt und fühlen sich gleichzeitig in ihrem

Entscheidungsprozeß überfordert. Der für uns oftmals übliche

Mechanismus, ein politisches Problem durch Hinzuziehung von

Sachverständigen zu lösen, scheint nicht mehr zu funktionieren. Das zur

Abstimmung anstehende Gesetz zur Transplantation konfrontiert uns

unmittelbar mit ethischen Fragen, die nicht durch

naturwissenschaftliches Fachwissen gelöst werden können. Wir befinden

uns in einer für unsere Epoche typischen Situation, in der der

wissenschaftlich-technische Fortschritt Möglichkeiten eröffnet, denen

wir scheinbar nicht mehr gewachsen sind. Die sich daraus ergebenden

Risiken und Gefahren werden nicht mehr ausreichend breit diskutiert.

Im Transplantationsgesetz geht es um das Wertvollste, was der Mensch

besitzt: um sein Leben, welches Sterben und Tod einschließt. Im

Bewußtsein dessen, daß wir uns als Gesetzgeber mit ethischen Fragen

auseinandersetzen, die durch kein Gesetz geklärt werden können, heißt

das, daß wir in der Frage der Transplantation trotzdem abschließend

darüber beraten müssen, nach welchen Regeln sie in der Zukunft in der

Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen wird.

Widerspruchslösung, Informationslösung, erweiterte und enge

Zustimmungslösung werden international diskutiert und praktiziert. Der

heute vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis einer langen Diskussion

und beinhaltet viele Punkte, die einen breiten Konsens dokumentieren.

Die heutige Auseinandersetzung dreht sich letztendlich um die Frage


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16448


noch: Dr. Barbara Höll


der Definition des Sterbeprozesses und um die Frage, wer eine

Entscheidung darüber treffen kann, ob eine Organentnahme stattfindet.

Meiner Meinung nach sind sowohl die erweiterte als auch die enge

Zustimmungslösung mit dem Grundgesetz vereinbar und moralisch nicht

verwerflich. Beide unterstützen das sogenannte postmortale

Persönlichkeitsrecht.

Ich entscheide mich für die enge Zustimmungslösung, und zwar aus

verschiedenen Gründen, von denen ich einige anführen möchte. Es ist

auffällig, daß die Einflußmöglichkeit des Staates in der von mir

erwähnten Reihenfolge der zur Entscheidung, ob eine Organentnahme

stattfindet oder nicht, Berechtigten abnimmt und die freie, bewußte

Entscheidung des Individuums immer größeres Gewicht bekommt. Am

stärksten zeigt sich das bei der engen Zustimmungslösung.

Gleichzeitig bin ich gegen jegliche Überlegung - wie sie in der

Diskussion laut wurde -, wonach sich jeder Bürger zu einem bestimmten

Zeitpunkt mit der Transplantationsfrage auseinandersetzen muß, indem er

per Gesetz verpflichtet wird, sich zu entscheiden. Denn schon die Frage,

ob ich mich mit diesem Problem auseinandersetzen möchte oder nicht, muß

eine freie Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Jede von uns heute verabschiedete Lösung wird eine Möglichkeit des

Mißbrauchs beinhalten. Man kann das nicht per Gesetz vollständig

vermeiden. Es geht aber darum, diese Mißbrauchsmöglichkeiten gering zu

halten. Die abnehmende Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung

zeugt davon, daß das Mißtrauen gegenüber dem Gesundheitswesen relativ

tief verwurzelt ist - nachvollziehbar in einer Gesellschaft, in der

Gesundheit immer mehr zur Ware degradiert wird.

Ich halte die enge Zustimmungslösung unter dem moralischen Aspekt für

die adäquateste und gleichzeitig für die demokratischste, wenn auch

schwierigste. Wenn man sich gesellschaftlich darüber geeinigt hat, die

Transplantationsmedizin zu wollen, und potentielle Spenderinnen und

Spender braucht, ist die persönliche, freiwillige Zustimmung genau

dieser potentiellen Spender einzuholen. Dieser Weg ist natürlich

ungleich schwieriger als der Weg der erweiterten Zustimmungslösung, die

in einer emotional äußerst schwierigen Situation des Verlustes und des

Schmerzes eine Entscheidung von den nächsten Verwandten verlangt, die

damit oft überfordert sind und sich in einer Drucksituation befinden.

Eine wirklich freiwillige und selbstbestimmte Entscheidung setzt

Aufklärung und Beratung voraus und erleichtert gleichzeitig die

Situation für die Menschen, die dringend auf eine Spende warten: Sie

wissen, daß sie eine mögliche Spende in Übereinstimmung mit dem Willen

des Sterbenden erhalten.

Jegliche Begründung vom Bedarf her halte ich moralisch für unzumutbar.

Ich denke, wir müssen uns auch darüber verständigen, daß prinzipiell

nicht alles das, was machbar ist, getan werden sollte.

Die breite Diskussion, die wir jetzt geführt haben, sollte damit enden,

daß sich die Mehrheit des Hauses für eine enge Zustimmungslösung

entscheidet, und gewährleisten, daß tatsächlich die Akzeptanz dieser

Prozesse in der Gesellschaft steigt.

Zur Frage des irreversiblen Hirnversagens glaube ich, daß wir als

Gesetzgeber uns nicht die Definitionsgewalt über den Prozeß des Sterbens

anmaßen sollten. Wir sollten nur in dem Sinne über diese Frage

diskutieren, daß ein formales juristisches Entnahmekriterium festgelegt

wird. Ansonsten würden wir unsere Kompetenzen überschreiten.

(Beifall bei der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])

Vizepräsident Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Hans-Hinrich Knaape.

Dr. Hans-Hinrich Knaape (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Gesetze, die ärztliches Handeln aus medizinischem Fortschritt regeln

sollen, müssen sich auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse der Medizin

als Entscheidungsgrundlage stützen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Auf keinen Fall dürfen sie durch geisteswissenschaftliche

Interpretationen, religiöse Auffassungen oder subjektives Erleben

verfälscht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Ich möchte mich auf das Hirntodkonzept beschränken, da hier einige

Auffassungen geäußert wurden, die der Realität widersprechen.

Das Hirntodkonzept war eine Notwendigkeit, die aus der medizinischen

Wissenschaft heraus geboren wurde. Als es möglich wurde, Menschen, die

bei einem Unfall zu Tode gekommen waren, wiederzubeleben auf Grund der

modernen Beatmungstechnik, auf Grund der Weiterentwicklung der

Intubation und auf Grund der Verfügbarkeit moderner technischer Geräte -

, konnte das Herz wieder zum Schlagen gebracht werden, obgleich

schwerste Schädel-/Hirnverletzungen eingetreten waren. Diese Personen

sind tagelang - am Anfang wochenlang - beatmet worden. Das Ergebnis war:

Wenn man die Maschinen abgestellt hat, war bei der Sektion das Gehirn

verflüssigt, die Nekrose des Gehirns eingetreten. Das war der

Grundgedanke des Hirntodkonzepts.

Wenn der Hirntod festgestellt wird, dann ist nach medizinischem Wissen

- das ist in der deutschen Ärzteschaft nicht bestritten; das hat der

100. Deutsche Ärztetag noch einmal bekräftigt; dahinter stehen alle

wissenschaftlichen Fachorganisationen der deutschen Ärzteschaft - der

Tod des Menschen erfolgt, dann ist das, was seine Individualität, was

seine psychische Eigenart, was seine Persönlichkeit ausmacht, das, war

wir als Mensch an ihm erleben konnten, schon von uns gegangen, dann ist

diese Persönlichkeit bereits verschieden.

Es ist möglich, das, was als Leiche übrigbleibt, mit moderner Technik

intensiv zu pflegen und dadurch für einen beschränkten Zeitraum, also

nicht für die


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Dr. Hans-Hinrich Knaape


Fortschritt der Medizin möglich ist, anderen Menschen einzupflanzen, zu

implantieren. Das ist eine Weiterentwicklung der modernen Medizin. Alles

andere, was von den Gegnern des Hirntodkonzeptes vertreten wird, hieße,

die Medizin auf den Kopf zu stellen und wieder zu dem zurückzugehen, was

im Mittelalter vertreten wurde, als die Medizin noch der Meinung war,

daß im Herzen die Seele oder der Geist des Menschen ihren Sitz hätte.

Das wäre nicht moderne Medizin, sondern Rückschritt.

Des weiteren sind hier Befindlichkeiten geschildert worden, die jeder

Mensch hat, der das Sterben eines Menschen erlebt. Ich kenne selbst

Ärzte, die unter Extrembedingungen, weil sie tagelang bei einem

Sterbenden waren, eine andere Auffassung haben. Das ist möglich; das

zeichnet uns Menschen aus. Aber Emotionen und das Erleben des

Sterbeprozesses müssen von dem getrennt werden, was neurophysiologisch

und pathophysiologisch abläuft. Das sind unterschiedliche

Betrachtungsweisen, die man scharf voneinander trennen muß.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Kollege Wodarg, Frau Knoche und andere haben hier praktisch ein

Mißtrauen gegen die deutsche Ärzteschaft zum Ausdruck gebracht. Sie

haben unter den Patienten bzw. unter denjenigen Angst geschürt, die sich

in ein Krankenhaus begeben. Falsche Beispiele sind angeführt worden. Die

Knochenmarkspende ist eine Lebendspende. Hinsichtlich des Erlanger Babys

weiß niemand, wann bei der Mutter der Hirntod festgestellt worden ist

und wann sie tot war, weil niemand von uns die Krankengeschichte kennt

und wir sie also nicht interpretieren können.

Emotionen sind angesprochen worden. Sendungsbewußtes Auftreten ist hier

demonstriert worden. Praktisch wird eine neue Heilslehre zelebriert, die

wider die naturwissenschaftliche Erkenntnis ist. Dieser kann aber nicht

widersprochen werden. Wir müssen die naturwissenschaftlichen Realitäten

anerkennen und sollten das Wissen der deutschen Ärzteschaft achten und

respektieren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Jetzt hat der Abgeordnete Wolf-

Michael Catenhusen das Wort.

Wolf-Michael Catenhusen (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Unser großes Problem heute ist, daß wir zur Kenntnis nehmen

müssen, daß die Fortschritte in Wissenschaft und Medizin die Struktur

und den Inhalt unserer Moral beeinflussen und in Frage stellen. Vor

allem ist unser Problem, daß wir sowohl hinsichtlich der Frage des

Beginns als auch hinsichtlich der Frage des Endes menschlichen Lebens

durch die Entwicklung der Medizin zu einer bewußten moralischen

Entscheidung gezwungen werden, die sich bisher jahrtausendelang als

kulturelle historische Erfahrung entwickelt hat, ohne daß wir sie durch

rechtliche Entscheidungen normiert haben.

Das gilt für den Beginn des menschlichen Lebens im Zusammenhang mit

Empfängnisverhütung und Embryonenschutz, und als Folge der

Intensivmedizin stellt sich dieses Problem jetzt auch für die Definition

des Endes menschlichen Lebens. Der Philosoph Kurt Bayertz hat es einmal

so formuliert:

Je weiter unser medizinisches Know-how reicht, desto stärker tritt das

Sterben an die Stelle des Todes.

Ich komme nach langem Nachdenken zu der Entscheidung, daß die

Hirntoddefinition schärfer und tiefergehend als der lange akzeptierte

Begriff des klinischen Todes ist. Der Hirntod ist die entscheidende

Zäsur im Sterbeprozeß, die es auch rechtfertigt, lebenserhaltende

Maßnahmen zu beenden. Der Hirntod ist unaufhaltsam und unumkehrbar.

Meine Damen und Herren, wir treffen damit aber eine Definition, die mit

der Lebenserfahrung der Menschen im Umgang mit sterbenden Menschen nicht

übereinstimmt; denn wir sehen dem Hirntoten nicht an, daß er tot ist. Er

unterscheidet sich in der Wahrnehmung der Angehörigen nicht von einem

noch lebenden Menschen. Mit diesem ethischen und moralischen Dilemma

umzugehen ist unsere große Schwierigkeit.

Deshalb hat der Gruppenantrag einen guten Weg gefunden, indem er die

kontextbezogene Mindestanforderung stellt, daß bei einer Organentnahme

wenigstens die Voraussetzungen des Hirntodes festgestellt sein müssen,

ohne daß damit eine abschließende gesamtgesellschaftliche, in allen

Lebenslagen gültige Entscheidung über das Ende menschlichen Lebens

getroffen wird.

Meine Damen und Herren, es geht dann natürlich auch um die Frage, wie

eine Zustimmungslösung - ich bin für eine erweiterte Zustimmungslösung -

ausgestaltet werden soll. Heute schon können nächste Angehörige bei

schwerwiegenden Entscheidungen über die Grenzen und die Beendigung

lebenserhaltender Maßnahmen mitentscheiden; sie werden vom Arzt

einbezogen. Ich lasse diese Einbeziehung eines engsten Angehörigen auch

für eine Situation gelten, in der es keine schriftlich abgegebene oder

einem nächsten Angehörigen bekannte Erklärung des Betroffenen oder der

Betroffenen über die Bereitschaft zu einer Organspende gibt.

Nur, wenn Zustimmung auf einen nächsten Angehörigen oder eine nächste

Angehörige delegierbar wird, dann muß auch ein engster Angehöriger seine

Zustimmung erklären. Wenn Zustimmung delegiert wird, muß er am Schluß

von Beratung und Gespräch eine abschließende Erklärung abgeben? Das kann

ein Widerruf sein; es kann aber kein Schweigen sein. Denn wir dürfen

nicht vergessen, die Entnahme von Organen greift tief in den Prozeß des

Erlöschens eines Menschenleben ein. Wir schulden auch dem Hirntoten

Achtung und Schutz. Wenn wir schon einem engsten Angehörigen eine

eigenständige Entscheidungsmöglichkeit einräumen, muß er am


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16450


noch: Wolf-Michael Catenhusen


durch Schweigen beenden.

Schönen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Konrad Kunick.

Konrad Kunick (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das Schwierige an dieser Debatte ist, daß die Frage des Todes

die Menschen derart berührt, daß sie sie in bezug auf sich selbst viel

zu häufig wegschieben. Wir werden aber nur dann genügend

Transplantationsorgane bekommen, wenn sich die Menschen darüber

klarwerden, daß sie im weiteren Lebensverlauf sowohl Spender als auch

Empfänger von Organen werden könnten, und wenn wir sie persönlich mit

dieser Frage konfrontieren. Es glaube doch niemand, daß der Ersatz

dieser höchst persönlichen Frage durch Entscheidungen von Angehörigen

den Mangel an Organen beseitigen würde. Wenn sich diese Gesellschaft

nicht positiv mit der Transplantation beschäftigt und sie akzeptiert,

wird es beim Organmangel bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

An diejenigen, die noch das christliche Denken gelernt haben: Es gibt

in unserer Kultur und Gesellschaft seit zwei Jahrtausenden den

Grundsatz: Es gibt nichts Höheres, als sein Leben hinzugeben für seine

Freunde. Das bedeutet aber nicht, daß man erst tot ist und dann aus der

Risikolosigkeit des Totseins sein Leben für die Freunde hingibt, sondern

es bedeutet, sich selber dafür aufzuopfern, daß andere weiterleben, daß

vielleicht das eigene Herz einem anderen noch zu zwei Jahrzehnten Leben

verhilft. Diesen Gedanken muß man ein Stück weiterbringen, wenn man mehr

Transplantationsspender finden will.

Man kann doch wohl nicht sagen, daß in dieser Gesellschaft bisher alles

getan worden sei, um die freiwillige Spende zu fördern. Bis jetzt kommen

mir Teile der Debatte so vor, als ob der preußische Obrigkeitsstaat

dafür sorgen wollte, daß seine Landeskinder zu gutem Zweck verwertbar

seien. Das ist in einer parlamentarischen Demokratie kein Zustand. Ich

halte es jedenfalls für unmöglich, den Schutz des Grundgesetzes für das

Leben - einschließlich des Sterbeprozesses - zu verkürzen und den

Menschen vorzeitig zur Sache zu machen, deren man sich dann leichter

bedienen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE

GRÜNEN )

Der Schutz des Grundgesetzes geht weiter und geht bis zum totalen

Erlöschen des Lebens. Da ist nur die Konstruktion hilfreich, die besagt:

Der Mensch darf sein Leben für seine Freunde opfern. Er darf darüber

entscheiden, daß er sich in der letzten Phase seines Lebens für andere

hingeben will.

Ich glaube, alles andere ist zu kurz geschlossen. Wir können den

Menschen nicht vorzeitig zur Sache machen, um bequemer an seine Organe

heranzukommen. Dieser Weg würde auch nicht dazu führen, daß der Mangel

an Transplantaten beendet würde. Nur neues Vertrauen kann der

Transplantationsmedizin weiterhelfen. Bisher ist ihr schwer geschadet

worden, und zwar durch die Debatten, die von Medizinern in dieser

Gesellschaft angefangen wurden und die zu schwerer Verunsicherung

geführt haben.

Schönen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der

PDS)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Klaus Kirschner.

Klaus Kirschner (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen

Sie mich auf das zurückkommen, was wir mit dem

Organtransplantationsgesetz erreichen wollen, nämlich daß mit Organen,

die transplantiert werden, todkranken Menschen geholfen werden kann. Sie

gewinnen einen sonst verlorenen Lebensabschnitt zurück.

Organtransplantation ist also eine Entscheidung für das Leben.

In vielen Fällen ist die Organspende und die Transplantation die

einzige und letzte Möglichkeit, Leben zu erhalten. Organspende von einem

Toten zur Erhaltung eines Menschenlebens ist also ein Akt der

Nächstenliebe.

(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Meine Damen und Herren, deshalb ist es notwendig, daß alle, die an

einer Organtransplantation beteiligt sind, Klarheit über den Nachweis

des Todes erhalten: die Angehörigen, denen die Totensorge obliegt, die

Ärzte, das pflegende Personal sowie die Transplantationszentren. Denn

der Nachweis des Todes ist entscheidend für die Zielrichtung der

ärztlichen und pflegenden Tätigkeit: Vor dem Tod hat alle ärztliche und

pflegerische Tätigkeit danach zu streben, dem Kranken zu helfen und sein

Leiden zu lindern. Wenn nach dem nachgewiesenen Tod medizinisches

Personal an dem Verstorbenen tätig wird, dann zu anderem, zu fremdem

Nutzen. Nach dem Tod und keinesfalls davor ist die fremdnützige

Tätigkeit, die Einwilligung vorausgesetzt, zulässig.

Für alle Beteiligten ist es deshalb von entscheidender Wichtigkeit,

über drei Fragen zum Todesnachweis Klarheit zu erhalten: Erstens.

Welches ist der Zeitpunkt, von dem an der Gesetzgeber den Tod als

nachgewiesen erachtet? Zweitens. Steht die gesetzliche Festlegung des

Nachweises im Einklang mit dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen

Wissenschaft? Drittens. Ist sichergestellt, daß die medizinische

Wissenschaft die Anforderungen an den Todesnachweis nicht zum Schaden

der Sterbenden und zu fremdem Nutzen willkürlich aufweichen kann? Eine

Todeserklärung - lassen Sie mich dies auch deutlich sagen - von

Teilhirntoten wie zum Beispiel Anenzephalen darf es nicht geben!


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16451


noch: Klaus Kirschner


Diese Fragen werden im Antrag von Dreßler/Seehofer klar beantwortet.

Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag befinden wir uns in

Übereinstimmung mit anderen rechtsstaatlich-demokratischen Ländern der

Welt und mit der Verfassung, was uns in den Anhörungen von namhaften

Rechtsgelehrten bestätigt wurde.

Unser Regelungsvorschlag entspricht außerdem der bisherigen bewährten

Praxis und ermöglicht weiterhin für viele schwerkranke Menschen Hilfe

und Heilung durch eine Organspende. Dies möchte ich noch einmal

ausdrücklich betonen. Darum ist es von entscheidender Wichtigkeit, der

Transplantationsmedizin eine sichere Vertrauensgrundlage zu schaffen.

Deshalb möchte ich mich auch noch mit der Position, die den Ganzhirntod

als formales Organentnahmekriterium, nicht aber als Kriterium für den

eingetretenen Tod eines Menschen sieht, auseinandersetzen.

Die Bundesärztekammer hat in den Anhörungen deutlich gemacht, daß sie,

sollte dieser Vorschlag die Mehrheit finden, die Organentnahme künftig

ablehnt. Ich zitiere:

Eine Entnahme lebenswichtiger Organe kann und darf nur nach sicherer

Todesfeststellung des betroffenen Menschen durchgeführt werden.

Der Antrag von Wolfgang Wodarg und anderen - es ist mir wichtig, noch

einmal darauf hinzuweisen - erklärt die Explantation lebenswichtiger

Organe an einem noch Lebenden, also eine Tötung zu fremdem Nutzen, für

zulässig. Ich will daran erinnern, was Professor Schreiber dazu in der

Anhörung ausgeführt hat:

Mit der Erlaubnis, Organexplantation bei noch lebenden Hirntoten

vorzunehmen, wie es der eine Entwurf

- nämlich Ihrer -

vorsieht, werden zwei Stufen oder zwei Arten von Leben eingeführt.

Dieses Leben der Hirntoten wäre ein Leben minderer Stufe, das wäre ein

Leben minderer Qualität, das jedenfalls genommen werden kann, wenn der

Betroffene eingewilligt hat. Ich würde das für falsch und gefährlich

halten.

So die Aussage von Professor Schreiber in unserer Anhörung.

Meine Damen und Herren, damit wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das muß jeder wissen, der nachher für diesen Antrag stimmt.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Kirschner, gestatten Sie

eine Zwischenfrage des Kollegen Wodarg?

Klaus Kirschner (SPD): Bitte schön.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Sehr geehrter Herr Kollege Kirschner, können

Sie zugestehen, daß wir in unserem Antrag eben nicht sagen, daß hier

Organe von Lebenden entnommen werden, sondern daß wir die Handlung des

Arztes, der das Sterben des Patienten dadurch beendet, daß er das

Beatmungsgerät ausschaltet, gleichsetzen mit der Handlung des Arztes,

der dem Willen des Patienten entspricht, sein Sterben nicht auf diese

Weise zu beenden, sondern durch eine Explantation lebender Organe, die

in anderen Menschen weiterleben sollen? Das ist die Alternative, die zu

wählen wir Sie bitten.

Danke.

Klaus Kirschner (SPD): Lieber Wolfgang Wodarg, in Ihrem Antrag heißt es

in der Begründung, ,,daß das unwiederbringliche Versagen des Organs

Gehirn, der sogenannte Hirntod, einen Übergangszustand im Sterbeprozeß

darstellt". Dann heißt es weiter: Dies ist der Punkt,

von dem an das Sterben des betroffenen Menschen nicht mehr umzukehren

ist. Der Sterbeprozeß selbst aber ist dem Leben zuzurechnen.

Das heißt doch: Wenn nach Ihrer Auffassung Hirntote noch leben, dann

müssen wir sie so behandeln wie andere Lebende auch. Wir dürfen keinen

Einbruch in den Schutz des Lebens zulassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Dr. Dieter Thomae

[F.D.P.]: So ist es!)

Das würde einen Paradigmenwechsel einleiten. Ich weise nur darauf hin,

was im Ausschuß dazu gesagt worden ist. Diese Meinung teile ich. Ich

nehme sie sehr ernst. Deshalb kann ich vor einem solchen

Paradigmenwechsel nur warnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Gestatten Sie eine zweite

Zwischenfrage des Kollegen Wodarg?

Klaus Kirschner (SPD): Bitte schön.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Kollege Kirschner, weshalb ist es kein

Tötungsdelikt, wenn der Arzt in den Sterbeprozeß eingreift und den

Beatmungsapparat durch aktives Handeln abschaltet, so daß der Patient

dann erstickt und stirbt? Weshalb ist es ein Tötungsdelikt, wenn er auf

die andere Weise das Sterben des Patienten beendet? Worin sehen Sie denn

den Unterschied im ärztlichen Handeln?

Klaus Kirschner (SPD): Lieber Kollege Wodarg, es geht doch hier darum,

daß der Gesetzgeber feststellt, daß das, was seit 20 Jahren Praxis ist

und was von der Bundesärztekammer als Ganzhirntod festgelegt worden ist,

als der Tod des Menschen festzustellen ist. In Ihrem Antrag wird davon

gesprochen, daß dies ein Sterbeprozeß ist, der dem Leben zuzuordnen ist.

Dies ist - darauf weise ich nochmals mit aller Deut


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16452


noch: Klaus Kirschner


Rechtsauffassung. Das ist der Punkt.

(Zustimmung bei der SPD)

Einen weiteren Punkt möchte ich deutlich machen. Noch gravierender ist

Ihre Konstruktion bei Organspenden von Kindern. Sie schlagen nämlich

folgende Regelung vor:

Hat der Organspender das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, obliegt

die Einwilligung den Personensorgeberechtigten, sofern der mögliche

Organspender nicht widersprochen hat.

Ich weise nur darauf hin: Damit wird den Eltern eine Tötungsanordnung

des nach Ihrer Prämisse - ich betone, in Ihrem Antrag steht: ,,Der

Sterbeprozeß selbst aber ist dem Leben zuzuordnen" - noch lebenden

Kindes zugemutet. Wenn Sie die Hirntodkonzeption ablehnen, dann können

und dürfen Sie nicht das elterliche Sorgerecht zu dem Recht

pervertieren, über Leben und Tod des Kindes zu entscheiden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich kann selbstverständlich eine andere Todesauffassung akzeptieren,

und ich kann sie nachvollziehen. Ich mache sie mir aber nicht zu eigen.

Ich warne vor diesem Weg. Auch das muß man mit aller Deutlichkeit sagen.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege, es besteht noch ein

Wunsch nach einer Zwischenfrage, und zwar von Frau Däubler-Gmelin.

Klaus Kirschner (SPD): Nein, ich möchte jetzt zum Schluß kommen.

Ich will noch einmal auf das hinweisen, was auch Professor Dr. Heun in

der Sachverständigenanhörung sagte: ,,Wenn man annimmt, die Kinder leben

noch, dann wird man den Eltern hier kein Verfügungsrecht zubilligen

können."

Ich sage noch einmal: Ich akzeptiere, daß Sie die Sorge treibt, daß das

Leben verfügbar gemacht wird. Aber indem Sie diese Sorge treibt, sind

Sie gerade dabei, das Gegenteil zu erreichen. Alle Medizinprofessoren

und die Bundesärztekammer haben in den Anhörungen des

Gesundheitsausschusses die Argumente, die gegen das Hirntodkriterium

angeführt wurden, aus meiner Sicht einleuchtend entkräften können.

Ich will noch einmal aus der Stellungnahme der Bundesärztekammer

zitieren:

Der endgültige Ausfall der Hirnfunktion als sicheres Todeszeichen ist

biologisch begründet und sowohl in der internationalen medizinischen

Literatur anerkannt als auch in Deutschland in Stellungnahmen der vier

mit dieser Thematik befaßten medizinisch-wissenschaftlichen

Fachgesellschaften bestätigt worden.

Alle hochentwickelten rechtsstaatlich-demokratischen Länder und auch

die Kirchen gehen im übrigen - auch das möchte ich betonen - vom

Ganzhirntod als Tod des Menschen aus. Ich kann respektieren, wenn Sie

diese Darlegungen nicht teilen. Aber ich bitte Sie, bei Ihrer

Entscheidung zu berücksichtigen: Wenn Sie der Auffassung sind, daß ein

ganzhirntoter Mensch noch lebt, dann müssen Sie sich auch zu der einzig

möglichen Konsequenz bekennen: Sie müssen beantragen, daß die

Explantation nach dem Ganzhirntod verboten wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb bitte ich all diejenigen Abgeordneten, die sich noch nicht

entschieden haben und sich erst unter Abwägung der Argumente dieser

Debatte entscheiden wollen, dem Antrag von Dreßler und anderen

zuzustimmen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Zu einer Kurzintervention die

Kollegin Herta Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Herr Kollege Kirschner, ich hätte ja

gerne eine Frage gestellt, aber ich glaube, es geht auch als

Kurzintervention.

Die Debatte hat lange gedauert, und wir haben uns gegenseitig sehr gut

zugehört. Wir haben ganz unterschiedliche Standpunkte. Aber wir sollten

am Ende der Debatte nicht damit beginnen, Folgerungen zu ziehen, die die

Ausführungen und die Intentionen der jeweils anderen Seite

unberücksichtigt lassen. Deswegen möchte ich von dem, was Sie gesagt

haben, zwei Dinge zurechtrücken.

Wir gehen - ich glaube, mit guten Gründen - davon aus, daß in der

Sterbephase Organe entnommen werden müssen, schlagende Herzen, lebende

Organe. Wir gehen davon aus, daß die Umdefinition des Todes auf den

Zeitpunkt des Beginns des Sterbens, signalisiert durch den Ausfall aller

Hirnfunktionen, vielleicht manche Ängste bei Ärzten mildern mag, aber

das Problem nicht bewältigt.

Außerdem können wir keinen Zweifel daran lassen, daß Eltern für ihre

kleinen Kinder handeln müssen. Wir wissen alle genau: Unsere Kinder sind

Grundrechtsträger. Aber es ist nun lange Zeit unbestritten - ich dachte

eigentlich, das sei auch zwischen den Vertretern der im übrigen

umstrittenen Meinungen völlig unstreitig -, daß dann, wenn Kinder klein

sind und diese Grundrechte nicht selbst ausüben können, ihre Eltern das

nicht nur tun dürfen, sondern tun müssen. Das ist bei zweijährigen, bei

dreijährigen, wahrscheinlich auch bei zehnjährigen und möglicherweise

auch noch bei zwölfjährigen Kindern der Fall. Bei 14 jährigen und 16

jährigen ist es schon anders. In diesem Alter können und müssen auch

Kinder selbst entscheiden. Die Juristen bezeichnen das als die Theorie

der wachsenden Grundrechtsmün


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin


Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der

F.D.P.)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Wir sind damit am Schluß der Debatte.

Zu den nun folgenden Abstimmungen liegen von den Abgeordneten Freimut

Duve, Norbert Geis, Roland Kohn, Wolfgang Lohmann und Manfred Opel

Erklärungen zur Abstimmung gemäß 1/2 31 unserer Geschäftsordnung vor.

Gibt es weitere Erklärungen zur Abstimmung? -

(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Von Herrn Zöller!)

- Gut. Ich bitte, alle Erklärungen zu Protokoll geben zu dürfen.*)

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen zum Gesetzentwurf der Fraktionen

von CDU/CSU, SPD und F.D.P. über die Spende, Entnahme und Übertragung

von Organen auf Drucksache 13/4355.

Ich rufe zunächst 1/2 3 auf, die Frage der Feststellung des Todes.

Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, und zwar ein Änderungsantrag

der Initiativgruppe der Abgeordneten von Klaeden, Wodarg, Knoche,

Schmidt-Jortzig und anderen auf Drucksache 13/8025 sowie ein

Änderungsantrag der Initiativgruppe der Abgeordneten Seehofer, Lohmann

(Lüdenscheid), Dreßler, Thomae und anderen auf Drucksache 13/8027. Es

ist eine namentliche Abstimmung vorgesehen.

Für die Abstimmung benötigen Sie den Stimmzettel mit der Überschrift

,,Stimmzettel zu 1/2 3". Die Stimmzettel wurden bereits verteilt.

Sollten Sie noch keinen erhalten haben, können Sie sich jetzt noch einen

von den Plenarassistenten geben lassen.

Bitte tragen Sie gut lesbar Ihren Namen einschließlich eines

eventuellen Ortszusatzes sowie Ihre Fraktion bzw. Gruppe ein. Wichtig

ist: Sie haben nur eine Stimme. Wenn Sie einem der beiden Anträge

zustimmen wollen, machen Sie in der entsprechenden Zeile ein Kreuz. Wenn

Sie keinem der beiden Anträge zustimmen oder sich der Stimme enthalten

wollen, machen Sie ein Kreuz in dem entsprechenden Kreis. Sie haben aber

insgesamt nur eine Stimme.

Angenommen ist ein Vorschlag, wenn er die Mehrheit der abgegebenen

Stimmen, also die einfache Mehrheit, erhält. Er muß also mehr Stimmen

als der andere Vorschlag zuzüglich eventueller Neinstimmen bekommen.

Stimmkarten, die mehr als ein Kreuz, gar kein Kreuz oder keinen

lesbaren Namen aufweisen, müssen als ungültig gezählt werden.


*) Anlage 2

Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer, die

vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der

Fall. Ich eröffne damit die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht

abgegeben hat? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich schließe damit

die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit

der Auszählung zu beginnen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der

Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung von 14.27 Uhr bis 14.45 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Die unterbrochene Sitzung ist wieder

eröffnet.

Bevor ich Ihnen das Ergebnis der Abstimmung mitteile, möchte ich alle

Kolleginnen und Kollegen bitten, entgegen einer Durchsage, die es

gegeben hat, bis zur Schlußabstimmung über das Transplantationsgesetz

hierzubleiben, nicht nur bis zur letzten namentlichen Abstimmung. Da wir

freie Abstimmung haben, brauchen wir alle bis zur Schlußabstimmung.

Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte

Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Änderungsanträge zur zweiten

Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.

eingebrachten Entwurfs eines Transplantationsgesetzes bekannt.

Abgegebene Stimmen: 635; ungültige Stimmen: 4; gültige Stimmen damit:

631. Mit Nein hat ein Abgeordneter gestimmt, mit Enthaltung haben vier

gestimmt. Für die Drucksache 13/8025 - Änderungsantrag der Abgeordneten

von Klaeden, Wodarg, Knoche, Schmidt-Jortzig und anderer - sind 202

Stimmen abgegeben worden, für die Drucksache 13/8027 - Änderungsantrag

der Abgeordneten Seehofer, Lohmann, Dreßler, Thomae und anderer - 424.*)

Damit hat die zweite Drucksache die Mehrheit des Hauses gefunden.

Die Initiativgruppen haben um kurzfristige Sitzungsunterbrechung

gebeten, um das weitere Vorgehen untereinander zu beraten. Ich denke,

wir sollten dem nachkommen.

Ich unterbreche die Sitzung jetzt für etwa eine Viertelstunde.

(Unterbrechung von 14.46 bis 14.58 Uhr)

(Vorsitz: Vizepräsident Hans-Ulrich Klose)

Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Die unterbrochene Sitzung ist wieder

eröffnet.

Wir kommen jetzt zu 1/2 4. Dazu liegen bisher fünf Änderungsanträge

vor. Es ist vereinbart, daß die verschiedenen Vorschläge nochmals kurz

erläutert werden. Deshalb hat zunächst der Kollege Wodarg das Wort.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle

Ihnen jetzt unseren Antrag


*) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Seite 16479 (Liste 1)


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16454


noch: Dr. Wolfgang Wodarg


zu 1/2 4 vor, der die enge Zustimmungslösung fordert. Wir wollen, daß

nur derjenige Organe spendet, der vorher informiert wurde und der zu

einem Zeitpunkt, an dem er noch klar und wach ist, selbst zugestimmt und

es schriftlich bekundet hat.

Das hat folgenden Grund: Wenn wir uns die Situation am Krankenbett

vorstellen und uns vor Augen führen, wie der zuständige Arzt die

juristisch ausformulierten Möglichkeiten der Zustimmung, die ja in den

anderen Anträgen ausgedrückt sind, in Realität umsetzen muß, dann zeigt

sich, daß es für diesen sehr schwierig wird. Denn er ist derjenige, der

sich bei den Angehörigen um die Zustimmung kümmern muß. Er muß

entscheiden, ob es sich um einen mutmaßlichen, einen wirklichen Willen

handelt oder ob der Wille sonstwie erklärt worden ist. Das ist im

Bürgerlichen Gesetzbuch näher erläutert, und diese Entscheidung ist für

Juristen schon schwierig genug. Ein Arzt auf der Intensivstation ist

dabei mit Sicherheit überfordert.

Wir wollen hier Klarheit schaffen und setzen darauf, daß eine

ausreichende Zahl an Organspendeausweisen, an schriftlichen Erklärungen

zur Organspende dadurch erreicht wird, daß wir erheblich mehr für die

Organspende werben. Allein die Aktion, die im vergangenen Winter

gelaufen ist - mit all den Macken, die sie hatte; diese haben wir im

Ausschuß kritisiert -, hat dazu geführt, daß das Aufkommen an

Spenderherzen im ersten Quartal des Jahres 1997 um 33 Prozent höher lag

als im Vorjahr. Wer also behauptet, man könne durch Werbeaktionen nicht

erreichen, daß genügend Organe gespendet würden, der täuscht sich

offenbar. Wir könnten viel mehr werben.

Auf der Vertrauensbasis, die dadurch geschaffen wird, daß nur der

Betreffende selbst durch seine persönliche Erklärung entscheiden kann,

ob Organe entnommen werden oder nicht, können wir auch nach dem eben

festgestellten Abstimmungsergebnis dafür sorgen, daß es hier eine klare

Lösung gibt. Ich bitte Sie, Ihre Stimme für die schriftliche Zustimmung

abzugeben.

Danke.

Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Ich möchte zwischendurch darauf

hinweisen, daß die Stimmzettel noch nicht ausgefüllt werden sollten;

denn es steht zu vermuten, daß Änderungsanträge zurückgezogen werden.

Dann wäre möglicherweise schon ein Kreuz auf dem Zettel, das dann Folgen

hätte. Füllen Sie die Zettel bitte noch nicht aus.

Jetzt hat der Kollege Seehofer das Wort.

Horst Seehofer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Unser Vorschlag sieht - so, wie es seit 25 Jahren in der

Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird - bei der Frage, wer einer

Organentnahme zuzustimmen hat und zu befragen ist, eine Dreistufigkeit

vor. Mit erster Priorität kommt es auf die schriftliche Einwilligung

oder den schriftlichen Widerspruch des Verstorbenen zu Lebzeiten an.

Liegt eine solche Erklärung nicht vor, sind dessen nächste Angehörige zu

befragen, ob ihnen eine Erklärung des Verstorbenen bekannt ist. Ist eine

solche Erklärung nicht bekannt - das ist der dritte Schritt -, haben die

Angehörigen selbst zu entscheiden und sich dabei nach dem mutmaßlichen

Willen des möglichen Organspenders zu richten. Besteht bei den

Angehörigen Uneinigkeit, kann nicht explantiert werden. Dies ist die

Folge der gerade getroffenen Entscheidung, die es dann, wenn man vom Tod

des Menschen ausgeht, verfassungsrechtlich und ethisch auch ermöglicht,

Angehörige in die Entscheidung einzubinden.

Nun haben wir gerade mit den Initiativgruppen von Klaeden und

Catenhusen gesprochen; sie werden anschließend noch etwas dazu sagen.

Als Ergebnis dieses Gesprächs und der vielen Gespräche mit Kolleginnen

und Kollegen, die mich zu diesem Punkt heute noch einmal angesprochen

haben, möchte ich Ihnen eine Änderung zu der Drucksache 13/8027, und

zwar zu 1/2 4 - das ist Seite 3 des Antrages - vorschlagen, die es unter

Umständen ermöglicht, die Zahl der Änderungsanträge zu verringern.

1/2 4 Abs. 1 letzter Satz des Änderungsantrages auf Drucksache 13/8027

lautet:

Will der Angehörige sich eine Bedenkzeit für seine endgültige Zustimmung

vorbehalten, kann er mit dem Arzt vereinbaren, daß die Zustimmung

erteilt ist, wenn er innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist sich

nicht erneut erklärt hat.

Diesbezüglich gibt es das Bedenken, daß sich dies in der Praxis zu

einem Einverständnis durch Stillschweigen entwickeln könnte. Dieses

Bedenken sehe ich so nicht. Aber wenn durch eine Änderung der

Formulierung Klarheit für die Zukunft geschaffen werden kann, sollten

wir das tun. Deshalb schlage ich in Abstimmung mit den

Hauptunterzeichnern dieses Antrages und der beiden Initiativanträge vor,

daß dieser Satz durch folgenden kurzen Satz ersetzt wird:

Der Angehörige kann mit dem Arzt vereinbaren, daß er seine Erklärung

innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist widerrufen kann.

Damit ist das Anliegen, um das es bei diesem Satz geht, nämlich dem

Angehörigen in dieser Grenzsituation eine Bedenkzeit einzuräumen,

erfüllt. Mit Ablaufen der Bedenkzeit gilt die Zustimmung nur dann

automatisch als erteilt, wenn er die Zustimmung nicht aktiv widerruft.

Das schafft mehr Rechtssicherheit.

Ich lese noch einmal den Satz vor, der an die Stelle des 1/2 4 Abs. 1

letzter Satz tritt:

Der Angehörige kann mit dem Arzt vereinbaren, daß er seine Erklärung

innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist widerrufen kann.

Soweit der Änderungsvorschlag. Vorbehaltlich der Wortmeldungen derer,

die ebenfalls Änderungsanträge zu 1/2 4 gestellt haben, besteht die

Chance, daß sich die Zahl der Änderungsanträge reduziert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16455


Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Das Wort hat jetzt der Kollege von

Klaeden.

Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der von mir unterstützte Antrag zu 1/2 4 sah vor, daß die

Abstimmung zu 1/2 3 zugunsten unseres Antrags ausgeht. Er steht also in

einem logischen Zusammenhang zu dem in der Abstimmung unterlegenen

Antrag zu 1/2 3. Deshalb werden wir den Antrag zu 1/2 4 zurückziehen.

Ich persönlich werde für den Antrag von Herrn Seehofer, Herrn Dreßler

und anderen in der jetzt geänderten Fassung stimmen.

Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Das Wort hat jetzt der Kollege Schmidt-

Jortzig.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und

Herren! Der von mir mit initiierte Antrag bleibt bestehen, weil er eine

ganz bewußte und eigenständige Position verfolgt. Gerade jetzt, nachdem

feststeht, daß der rechtliche Schlußstrich beim Sterbeprozeß beim

Hirntod gezogen wird und somit der Schutz des erlöschenden Lebens früher

aufhört, ist es um so wichtiger, daß der Wille des einzelnen maßgeblich

bleibt, um diese Unsicherheit zu beseitigen.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE

GRÜNEN und der PDS)

An diesem Punkt - obwohl ich mir jede Ironie versagen will - kann ich

sagen, daß unsere Position wesentlich einfacher und pragmatischer ist

als das, was ich vom Antrag von Herrn Seehofer und anderen mitbekommen

habe. Es kommt eben auf den Willen des betroffenen potentiellen Spenders

an.

Unser Vorschlag ist nicht so eng wie das, was der Kollege Wodarg und

die ihm folgenden Kollegen festlegen wollen. Wir wollen gelten lassen,

daß ein solcher Wille auch dann maßgeblich ist, wenn er nicht - was

natürlich das beste wäre - in dem Spenderpaß schriftlich und

unmißverständlich erklärt wird. Man kann nämlich auch einen Zeugen bzw.

- wie es einfach und verkürzt heißt - einen Boten hören, der dann etwa

sagt: Ich weiß es genau, der Spender hat es mir gestern noch gesagt. Das

würde dann auch genügen. Es kommt aber immer darauf an, daß es der Wille

des Betroffenen ist. Das ist das wichtigste an der ganzen Sache.

Ich möchte noch etwas zu Frau Kollegin Süssmuth sagen. Natürlich muß

die Spendemöglichkeit auch in der Kinderorgantransplantation gegeben

sein. Ich halte es für ganz wichtig, zu sagen, daß die Eltern den Willen

des Kindes vertreten. Es kommt also auch in diesem Fall auf den Willen

des spendenden Kindes an. Das ist der grundlegende Unterschied. Wir sind

pragmatischer als Wolfgang Wodarg mit seinen Vorschlägen, halten aber an

der Grundposition fest.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Jetzt der Kollege Catenhusen.

Wolf-Michael Catenhusen (SPD): Der von mir unterstützte Antrag bewegt

sich im Rahmen einer erweiterten Zustimmungslösung. Das heißt: Die

Initiatorinnen und Initiatoren gingen und gehen davon aus, daß es

ethisch vertretbar ist, die Entscheidung in der schwierigen Situation,

wenn wir weder eine schriftliche Entscheidung noch eine sonstige

Mitteilung über den mutmaßlichen Willen des Betroffenen haben, von einem

Angehörigen treffen zu lassen.

Ziel des Antrages war es von Anfang an, das Bewußtsein dafür

wachzuhalten, daß die Entnahme von Organen ein Eingriff ist, der tief in

den Prozeß des Erlöschens eines Menschens eingreift. Wir schulden auch

bei der Ausgestaltung der Zustimmung den Hirntoten Achtung und Schutz.

Deshalb haben wir mit unserem Antrag versucht, sicherzustellen, daß am

Schluß des Gespräches, der Kommunikation zwischen Arzt und Angehörigen

eine bewußte abschließende Entscheidung des oder der Angehörigen steht.

Der Änderungsvorschlag von Seehofer, Dreßler und anderen hat diese

Intention aufgenommen, so daß ich unseren Antrag zurückziehen kann. Ich

glaube, diejenigen, die diesen Antrag unterstützt haben oder

unterstützen wollten, können mit guten Gründen dem Antrag von Dreßler

und Seehofer zu 1/2 4 zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Ich schließe diese kurze Aussprache.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Änderungsanträge zu 1/2 4. Die

Änderungsanträge sind auf dem Stimmzettel mit der Überschrift

,,Stimmzettel zu 1/2 4" aufgeführt. Nach den Erklärungen, die wir eben

gehört haben, sind auf diesem Stimmzettel die Änderungsanträge mit den

laufenden Nummern 3 und 5 zu streichen. Streichen Sie das einfach

handschriftlich durch; wir haben jetzt keine Zeit, neue Stimmzettel zu

machen.

Ich darf vorsichtshalber fragen, ob jeder der Anwesenden einen

Stimmzettel hat; sonst ist jetzt die letzte Gelegenheit, sich einen

geben zu lassen. - Das scheint der Fall zu sein.

Wie zuvor müssen Sie leserlich in Blockschrift Ihren Namen mit einem

eventuellen Ortszusatz und die Fraktion bzw. Gruppe eintragen.

Für das vereinbarte Abstimmungsverfahren entsprechend 1/2 50 der

Geschäftsordnung gilt hier wiederum: Sie haben nur eine Stimme, die Sie

einem der Vorschläge geben können. Die Stimmzettel enthalten außerdem je

einen Kreis für Nein und für Enthaltung hinsichtlich aller Vorschläge.

Angenommen ist der Vorschlag, der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen

erhält. Das heißt, daß er mehr Stimmen erhalten muß als alle anderen

Vorschläge zusammen zuzüglich der Neinstimmen. Er


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16456


noch: Vizepräsident Hans-Ulrich Klose


wir einen Stichentscheid durchführen.

Beachten Sie bitte noch folgendes: Stimmzettel, die mehr als ein Kreuz

aufweisen, gar kein Kreuz oder keinen lesbaren Namen enthalten, sind

ungültig.

Ich bitte jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze

einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall.

Dann eröffne ich die Abstimmung. -

Haben jetzt alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme

abgegeben? - Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich die

Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der

Auszählung zu beginnen.

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses unterbreche ich die Sitzung.

(Unterbrechung von 15.17 bis 15.37 Uhr)

Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Die Sitzung wird fortgesetzt.

Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte

Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu 1/2 4, Abstimmung über

Änderungsanträge zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der

CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines

Transplantationsgesetzes, Drucksache 13/4355, bekannt.

Abgegebene Stimmen: 633. Ungültige Stimmen: 2. Gültige Stimmen: 631.

Mit Nein hat ein Abgeordneter gestimmt, eine Abgeordnete hat sich

enthalten. Auf die laufende Nr. 1 - ich nenne hier nur Wodarg -

entfielen 134 Stimmen, auf die laufende Nr. 2 - Seehofer - 422 Stimmen

und auf die laufende Nr. 4 73 Stimmen.*)

Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen als alle anderen

Vorschläge zusammen zuzüglich der Neinstimmen erhalten hat. Der

Vorschlag laufende Nr. 2 - Seehofer und andere - hat im ersten

Abstimmungsgang die erforderliche Mehrheit erhalten. Damit erübrigt sich

ein Stichentscheid.

Wir müssen jetzt noch über die bisher nicht behandelten Vorschriften

des Gesetzentwurfes abstimmen.

Ich rufe 1/2 1 in der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die

zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -

Enthaltungen? - 1/2 1 ist mit großer Mehrheit angenommen.

Ich rufe jetzt 1/2 2 in der Ausschußfassung mit den Folgeänderungen,

die sich aus dem angenommenen Änderungsantrag zu 1/2 3 und 1/2 4,

Drucksache 13/8027, ergeben, auf. Hierzu liegt auf Drucksache 13/8029

ein Änderungsantrag des Abgeordneten Schmidt-Jortzig vor. Wer stimmt für

diesen Änderungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser

Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.


*) Endgültiges Ergebnis und Namenslisten siehe Seite 16491 (Liste 2)

Ich bitte jetzt diejenigen, die dem 1/2 2 in der Ausschußfassung mit

den Folgeänderungen, die sich aus den angenommenen Änderungsanträgen zu

den 1/21/2 3 und 4 ergeben - das ist Drucksache 13/8027 -, zustimmen

wollen, um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle

fest, daß 1/2 2 in der Ausschußfassung einschließlich der

Folgeänderungen, die sich aus den angenommenen Änderungsanträgen zu den

1/21/2 3 und 4 ergeben, mit Mehrheit angenommen ist.

Ich rufe jetzt auf die 1/21/2 5 bis 24 sowie Einleitung und Überschrift

in der Ausschußfassung einschließlich der Folgeänderungen, die sich aus

den angenommenen Änderungsanträgen zu den 1/21/2 3 und 4 - das ist die

Drucksache 13/8027 - ergeben. Ich bitte diejenigen, die zustimmen

wollen, um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die

aufgerufenen Vorschriften sind mit Mehrheit angenommen. Damit ist die

zweite Beratung abgeschlossen.

Es ist zwischen den Fraktionen vereinbart worden, trotz der in zweiter

Beratung angenommenen Änderungen jetzt unmittelbar in die dritte

Beratung einzutreten. - Das ist mit der erforderlichen Mehrheit, wie ich

unterstelle, so beschlossen worden.

Dann kommen wir jetzt zur dritten Beratung und Schlußabstimmung.

Es liegt eine schriftliche Erklärung zur Abstimmung der Kollegin

Marieluise Beck und einiger anderer vor. Ich gehe davon aus, daß das

Haus damit einverstanden ist, daß das zu Protokoll genommen wird.

Es ist für die dritte Lesung namentliche Abstimmung verlangt worden, in

die wir jetzt eintreten. Ich bitte die Schriftführerinnen und

Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen und mir ein Zeichen zu geben,

wenn die Urnen besetzt sind.

Ich gehe davon aus, daß alle Urnen besetzt sind. Dann eröffne ich die

Abstimmung.

Haben alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme abgegeben? -

Ich gehe davon aus, daß alle abgestimmt haben. Ich schließe die

Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der

Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später

mitgeteilt.*)

Wir setzen die Sitzung jetzt mit den übrigen Abstimmungen fort. Ich

wäre dankbar, wenn Sie Platz nehmen würden, sonst kann ich die

Abstimmungsergebnisse nur sehr schlecht übersehen.

Der Ausschuß für Gesundheit empfiehlt unter Nr. 1 Buchstabe d seiner

Beschlußempfehlung auf Drucksache 13/8017 die Annahme einer

Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -

Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit Mehrheit bei vereinzelten

Enthaltungen angenommen.

Wir kommen zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem

Antrag der Abge-


*) Endgültiges Ergebnis und Namenslisten siehe Seite 16503 (Liste 3)


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16457


noch: Vizepräsident Hans-Ulrich Klose


Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Horst

Schmidbauer (Nürnberg) und weiterer Abgeordneter zu Kriterien für die

Spende, Entnahme und Übertragung von menschlichen Organen. Das ist die

Drucksache 13/8017 Nr. 2.

Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4114 für erledigt

zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -

Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem

Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Rudolf Scharping, Klaus

Kirschner, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Horst Seehofer, Dr. Wolfgang

Schäuble, Dr. Dieter Thomae, Wolfgang Zöller sowie weiterer Abgeordneter

der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zu Spende, Entnahme und

Übertragung von Organen. Das ist die Drucksache 13/8017 Nr. 3.

Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4368 für erledigt

zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -

Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem

Antrag der Abgeordneten Eckart von Klaeden, Dr. Wolfgang Götzer, Dr.

Edzard Schmidt-Jortzig sowie weiterer Abgeordneter der Fraktionen der

CDU/CSU und F.D.P. zu Eckpunkten für die Spende, Entnahme und

Übertragung von Organen. Das ist die Drucksache 13/8017 Nr. 4.

Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/6591 für erledigt

zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -

Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig angenommen.


...


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16479


Liste 1

Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Änderungsanträge

zur Zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.

eingebrachten

Entwurfs eines Transplantationsgesetzes

- Drucksachen 13/4355 und 13/8017 -

Abgegebene Stimmen635

Ungültige Stimmen4

Gültige Stimmen631

Mit Nein haben gestimmt1Abgeordneter

Enthaltungen4

Es entfielen auf

lfd. Nr. 1, Drucksache 13/8025, von Klaeden,

Wodarg, Knoche, Schmidt-Jortzig u. a. 202Stimmen

lfd. Nr. 2, Drucksache 13/8027, Seehofer,

Lohmann (Lüdenscheid), Dreßler, Thomae u. a. 424Stimmen

Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen als der andere

Vorschlag zuzüglich der Nein-Stimmen erhalten hat.

Demnach hat der Vorschlag lfd. Nr. 2, Drs. 13/8027, Seehofer, Lohmann

(Lüdenscheid), Dreßler, Thomae u.a. die erforderliche Mehrheit erreicht.


Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

CDU/CSU

Ulrich Adam x

Peter Altmaier x

Anneliese Augustin x

Jürgen Augustinowitz x

Dietrich Austermann x

Heinz-Günter Bargfrede x

Franz Peter Basten x

Dr. Wolf Bauer x

Brigitte Baumeister x

Meinrad Belle x

Dr. Sabine Bergmann-Pohl x

Hans-Dirk Bierling x

Dr. Joseph-Theodor Blank x

Renate Blank x

Dr. Heribert Blens x

Peter Bleser x

Dr. Norbert Blüm x

Dr. Maria Böhmer x

Wolfgang Börnsen (Bönstrup) x

Wolfgang Bosbach x

Dr. Wolfgang Bötsch x

Klaus Brähmig x

Rudolf Braun (Auerbach) x

Paul Breuer x

Monika Brudlewsky x

Georg Brunnhuber x

Klaus Bühler (Bruchsal) x

Hartmut Büttner (Schönebeck) x

Dankward Buwitt x

Manfred Carstens (Emstek) x

Peter H. Carstensen (Nordstrand) x

Wolfgang Dehnel x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16480



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Hubert Deittert x

Gertrud Dempwolf x

Albert Deß x

Renate Diemers x

Wilhelm Dietzel x

Werner Dörflinger x

Hansjürgen Doss x

Dr. Alfred Dregger x

Maria Eichhorn x

Wolfgang Engelmann x

Rainer Eppelmann x

Heinz Dieter Eßmann x

Horst Eylmann x

Anke Eymer x

Ilse Falk x

Jochen Feilcke x

Ulf Fink x

Dirk Fischer (Hamburg) x

Klaus Francke (Hamburg) x

Herbert Frankenhauser x

Dr. Gerhard Friedrich x

Erich G. Fritz x

Hans-Joachim Fuchtel x

Michaela Geiger x

Norbert Geis x

Dr. Heiner Geißler x

Michael Glos x

Wilma Glücklich x

Dr. Reinhard Göhner x

Peter Götz x

Dr. Wolfgang Götzer x

Joachim Gres x

Kurt-Dieter Grill x

Wolfgang Gröbl x

Hermann Gröhe x

Claus-Peter Grotz x

Manfred Grund x

Horst Günther (Duisburg) x

Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein x

Gottfried Haschke (Großhennersdorf) x

Gerda Hasselfeldt x

Otto Hauser (Esslingen) x

Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) x

Helmut Heiderich x

Manfred Heise x

Detlef Helling x

Dr. Renate Hellwig x

Ernst Hinsken x

Peter Hintze x

Josef Hollerith x

Dr. Karl-Heinrich Hornhues x

Siegfried Hornung x

Joachim Hörster x

Hubert Hüppe x

Peter Jacoby x

Susanne Jaffke x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16481



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Georg Janovsky x

Helmut Jawurek x

Dr. Dionys Jobst x

Dr.-Ing. Rainer Jork x

Michael Jung (Limburg) x

Ulrich Junghanns x

Dr. Egon Jüttner x

Dr. Harald Kahl x

Bartholomäus Kalb x

Steffen Kampeter x

Dr.-Ing. Dietmar Kansy x

Manfred Kanther x

Irmgard Karwatzki x

Volker Kauder x

Peter Keller x

Eckart von Klaeden x

Dr. Bernd Klaußner x

Ulrich Klinkert x

Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz) x

Manfred Kolbe x

Norbert Königshofen x

Eva-Maria Kors x

Hartmut Koschyk x

Manfred Koslowski x

Thomas Kossendey x

Rudolf Kraus x

Wolfgang Krause (Dessau) x

Andreas Krautscheid x

Arnulf Kriedner x

Heinz-Jürgen Kronberg x

Dr.-Ing. Paul Krüger x

Reiner Krziskewitz x

Dr. Hermann Kues x

Werner Kuhn x

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) x

Karl Lamers x

Dr. Norbert Lammert x

Helmut Lamp x

Armin Laschet x

Herbert Lattmann x

Dr. Paul Laufs x

Karl-Josef Laumann x

Vera Lengsfeld x

Werner Lensing x

Christian Lenzer x

Peter Letzgus x

Walter Link (Diepholz) x

Eduard Lintner x

Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) x

Dr. Manfred Lischewski x

Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) x

Julius Louven x

Sigrun Löwisch x

Heinrich Lummer x

Dr. Michael Luther x

Erich Maaß (Wilhelmshaven) x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16482



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Dr. Dietrich Mahlo x

Erwin Marschewski x

Günter Marten x

Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) x

Wolfgang Meckelburg x

Rudolf Meinl x

Dr. Michael Meister x

Friedrich Merz x

Rudolf Meyer (Winsen) x

Hans Michelbach x

Meinolf Michels x

Dr. Gerd Müller x

Elmar Müller (Kirchheim) x

Engelbert Nelle x

Bernd Neumann (Bremen) x

Johannes Nitsch x

Claudia Nolte x

Dr. Rolf Olderog x

Friedhelm Ost x

Eduard Oswald x

Norbert Otto (Erfurt) x

Dr. Gerhard Päselt x

Hans-Wilhelm Pesch x

Ulrich Petzold x

Anton Pfeifer x

Angelika Pfeiffer x

Dr. Gero Pfennig x

Dr. Friedbert Pflüger x

Beatrix Philipp x

Dr. Winfried Pinger x

Ronald Pofalla x

Dr. Hermann Pohler x

Ruprecht Polenz x

Marlies Pretzlaff x

Dr. Bernd Protzner x

Dieter Pützhofen x

Thomas Rachel x

Hans Raidel x

Dr. Peter Ramsauer x

Rolf Rau x

Helmut Rauber x

Peter Rauen x

Christa Reichard (Dresden) x

Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) x

Dr. Bertold Reinartz x

Erika Reinhardt x

Hans-Peter Repnik x

Roland Richter x

Roland Richwien x

Dr. Norbert Rieder x

Dr. Erich Riedl (München) x

Klaus Riegert x

Dr. Heinz Riesenhuber x

Franz Romer x

Hannelore Rönsch (Wiesbaden) x

Dr. Klaus Rose x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16483



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Kurt J. Rossmanith x

Adolf Roth (Gießen) x

Norbert Röttgen x

Volker Rühe x

Dr. Jürgen Rüttgers x

Roland Sauer (Stuttgart) x

Ortrun Schätzle x

Dr. Wolfgang Schäuble x

Hartmut Schauerte x

Heinz Schemken x

Karl-Heinz Scherhag x

Gerhard Scheu x

Norbert Schindler x

Dietmar Schlee x

Ulrich Schmalz x

Bernd Schmidbauer x

Christian Schmidt (Fürth) x

Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) x

Andreas Schmidt (Mülheim) x

Hans-Otto Schmiedeberg x

Hans Peter Schmitz (Baesweiler) x

Birgit Schnieber-Jastram x

Dr. Andreas Schockenhoff x

Dr. Rupert Scholz x

Reinhard Freiherr von Schorlemer x

Dr. Erika Schuchardt x

Wolfgang Schulhoff x

Dr. Dieter Schulte (Schwäbisch Gmünd) x

Gerhard Schulz (Leipzig) x

Frederick Schulze (Sangershausen) x

Diethard Schütze (Berlin) x

Clemens Schwalbe x

Dr. Christian Schwarz-Schilling x

Wilhelm Josef Sebastian x

Horst Seehofer x

Marion Seib x

Wilfried Seibel x

Heinz-Georg Seiffert x

Rudolf Seiters x

Johannes Selle x

Jürgen Sikora x

Johannes Singhammer x

Bärbel Sothmann x

Margarete Späte x

Carl-Dieter Spranger x

Wolfgang Steiger x

Erika Steinbach x

Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten x

Dr. Gerhard Stoltenberg x

Andreas Storm x

Max Straubinger x

Matthäus Strebl x

Michael Stübgen x

Egon Susset x

Dr. Rita Süssmuth x

Michael Teiser x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16484



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Dr. Susanne Tiemann x

Gottfried Tröger x

Dr. Klaus-Dieter Uelhoff x

Gunnar Uldall x

Wolfgang Vogt (Düren) x

Dr. Horst Waffenschmidt x

Dr. Theodor Waigel x

Alois Graf von Waldburg-Zeil x

Dr. Jürgen Warnke x

Kersten Wetzel x

Hans-Otto Wilhelm (Mainz) x

Gert Willner x

Bernd Wilz x

Willy Wimmer (Neuss) x

Matthias Wissmann x

Dagmar Wöhrl x

Michael Wonneberger x

Elke Wülfing x

Peter Kurt Würzbach x

Wolfgang Zeitlmann x

Wolfgang Zöller x

SPD

Brigitte Adler x

Gerd Andres x

Hermann Bachmaier x

Ernst Bahr x

Doris Barnett x

Klaus Barthel x

Ingrid Becker-Inglau x

Hans Berger x

Hans-Werner Bertl x

Friedhelm Julius Beucher x

Rudolf Bindig x

Arne Börnsen (Ritterhude) x

Anni Brandt-Elsweier x

Tilo Braune x

Dr. Eberhard Brecht x

Edelgard Bulmahn x

Ursula Burchardt x

Dr. Michael Bürsch x

Hans Martin Bury x

Hans Büttner (Ingolstadt) x

Wolf-Michael Catenhusen x

Peter Conradi x

Dr. Herta Däubler-Gmelin x

Christel Deichmann x

Karl Diller x

Dr. Marliese Dobberthien x

Peter Dreßen x

Rudolf Dreßler x

Freimut Duve x

Ludwig Eich x

Peter Enders x

Gernot Erler x

Petra Ernstberger x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16485



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Annette Faße x

Elke Ferner x

Lothar Fischer (Homburg) x

Gabriele Fograscher x

Iris Follak x

Norbert Formanski x

Dagmar Freitag x

Anke Fuchs (Köln) x

Katrin Fuchs (Verl) x

Arne Fuhrmann x

Monika Ganseforth x

Konrad Gilges x

Iris Gleicke x

Günter Gloser x

Uwe Göllner x

Günter Graf (Friesoythe) x

Angelika Graf (Rosenheim) x

Dieter Grasedieck x

Achim Großmann x

Karl Hermann Haack (Extertal) x

Hans-Joachim Hacker x

Klaus Hagemann x

Manfred Hampel x

Christel Hanewinckel x

Alfred Hartenbach x

Dr. Liesel Hartenstein x

Klaus Hasenfratz x

Dr. Ingomar Hauchler x

Dieter Heistermann x

Reinhold Hemker x

Rolf Hempelmann x

Dr. Barbara Hendricks x

Monika Heubaum x

Uwe Hiksch x

Reinhold Hiller (Lübeck) x

Gerd Höfer x

Jelena Hoffmann (Chemnitz) x

Frank Hofmann (Volkach) x

Ingrid Holzhüter x

Eike Hovermann x

Lothar Ibrügger x

Wolfgang Ilte x

Barbara Imhof x

Brunhilde Irber x

Gabriele Iwersen x

Renate Jäger x

Jann-Peter Janssen x

Ilse Janz x

Dr. Uwe Jens x

Volker Jung (Düsseldorf) x

Sabine Kaspereit x

Susanne Kastner x

Ernst Kastning x

Hans-Peter Kemper x

Klaus Kirschner x

Marianne Klappert x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16486



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Siegrun Klemmer x

Hans-Ulrich Klose x

Dr. Hans-Hinrich Knaape x

Walter Kolbow x

Fritz Rudolf Körper x

Nicolette Kressl x

Volker Kröning x

Thomas Krüger x

Horst Kubatschka x

Eckart Kuhlwein x

Helga Kühn-Mengel x

Konrad Kunick x

Christine Kurzhals x

Dr. Uwe Küster x

Werner Labsch x

Brigitte Lange x

Detlev von Larcher x

Waltraud Lehn x

Robert Leidinger x

Klaus Lennartz x

Dr. Elke Leonhard x

Christa Lörcher x

Erika Lotz x

Dr. Christine Lucyga x

Dieter Maaß (Herne) x

Winfried Mante x

Dorle Marx x

Ulrike Mascher x

Christoph Matschie x

Ingrid Matthäus-Maier x

Heide Mattischeck x

Markus Meckel x

Ulrike Mehl x

Herbert Meißner x

Angelika Mertens x

Dr. Jürgen Meyer (Ulm) x

Ursula Mogg x

Siegmar Mosdorf x

Michael Müller (Düsseldorf) x

Jutta Müller (Völklingen) x

Christian Müller (Zittau) x

Volker Neumann (Bramsche) x

Gerhard Neumann (Gotha) x

Dr. Edith Niehuis x

Dr. Rolf Niese x

Doris Odendahl x

Günter Oesinghaus x

Leyla Onur x

Manfred Opel x

Adolf Ostertag x

Kurt Palis x

Albrecht Papenroth x

Dr. Willfried Penner x

Dr. Martin Pfaff x

Georg Pfannenstein x

Dr. Eckhart Pick x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16487



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Joachim Poß x

Rudolf Purps x

Hermann Rappe (Hildesheim) x

Karin Rehbock-Zureich x

Margot von Renesse x

Renate Rennebach x

Otto Reschke x

Bernd Reuter x

Dr. Edelbert Richter x

Günter Rixe x

Reinhold Robbe x

Gerhard Rübenkönig x

Marlene Rupprecht x

Dr. Hansjörg Schäfer x

Gudrun Schaich-Walch x

Dieter Schanz x

Rudolf Scharping x

Bernd Scheelen x

Dr. Hermann Scheer x

Siegfried Scheffler x

Horst Schild x

Otto Schily x

Günter Schluckebier x

Horst Schmidbauer (Nürnberg) x

Ulla Schmidt (Aachen) x

Dagmar Schmidt (Meschede) x

Wilhelm Schmidt (Salzgitter) x

Regina Schmidt-Zadel x

Heinz Schmitt (Berg) x

Dr. Emil Schnell x

Walter Schöler x

Ottmar Schreiner x

Gisela Schröter x

Richard Schuhmann (Delitzsch) x

Brigitte Schulte (Hameln) x

Reinhard Schultz (Everswinkel) x

Volkmar Schultz (Köln) x

Ilse Schumann x

Dr. R. Werner Schuster x

Dietmar Schütz (Oldenburg) x

Dr. Angelica Schwall-Düren x

Ernst Schwanhold x

Rolf Schwanitz x

Bodo Seidenthal x

Lisa Seuster x

Horst Sielaff x

Johannes Singer x

Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk x

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast x

Wieland Sorge x

Wolfgang Spanier x

Dr. Dietrich Sperling x

Jörg-Otto Spiller x

Antje-Marie Steen x

Ludwig Stiegler x

Dr. Peter Struck x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16488



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Joachim Tappe x

Jörg Tauss x

Dr. Bodo Teichmann x

Jella Teuchner x

Dr. Gerald Thalheim x

Wolfgang Thierse x

Franz Thönnes x

Uta Titze-Stecher x

Adelheid Tröscher x

Hans-Eberhard Urbaniak x

Siegfried Vergin x

Günter Verheugen x

Ute Vogt (Pforzheim) x

Karsten D. Voigt (Frankfurt) x

Josef Vosen x

Hans Georg Wagner x

Dr. Konstanze Wegner x

Wolfgang Weiermann x

Reinhard Weis (Stendal) x

Matthias Weisheit x

Gunter Weißgerber x

Gert Weisskirchen (Wiesloch) x

Jochen Welt x

Hildegard Wester x

Lydia Westrich x

Inge Wettig-Danielmeier x

Dr. Norbert Wieczorek x

Helmut Wieczorek (Duisburg) x

Heidemarie Wieczorek-Zeul x

Dieter Wiefelspütz x

Dr. Wolfgang Wodarg x

Verena Wohlleben x

Hanna Wolf (München) x

Heide Wright x

Uta Zapf x

Dr. Christoph Zöpel x

Peter Zumkley x

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) x

Marieluise Beck (Bremen) x

Volker Beck (Köln) x

Angelika Beer x

Matthias Berninger x

Annelie Buntenbach x

Amke Dietert-Scheuer x

Franziska Eichstädt-Bohlig x

Dr. Uschi Eid x

Andrea Fischer (Berlin) x

Joseph Fischer (Frankfurt) x

Rita Grießhaber x

Gerald Häfner x

Antje Hermenau x

Kristin Heyne x

Ulrike Höfken x

Dr. Manuel Kiper x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16489



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Monika Knoche x

Dr. Angelika Köster-Loßack x

Steffi Lemke x

Dr. Helmut Lippelt x

Oswald Metzger x

Kerstin Müller (Köln) x

Winfried Nachtwei x

Christa Nickels x

Egbert Nitsch (Rendsburg) x

Cem Özdemir x

Gerd Poppe x

Simone Probst x

Dr. Jürgen Rochlitz x

Halo Saibold x

Christine Scheel x

Irmingard Schewe-Gerigk x

Albert Schmidt (Hitzhofen) x

Wolfgang Schmitt (Langenfeld) x

Ursula Schönberger x

Waltraud Schoppe x

Werner Schulz (Berlin) x

Marina Steindor x

Christian Sterzing x

Manfred Such x

Dr. Antje Vollmer x

Ludger Volmer x

Helmut Wilhelm (Amberg) x

Margareta Wolf (Frankfurt) x

F.D.P.

Ina Albowitz x

Dr. Gisela Babel x

Hildebrecht Braun (Augsburg) x

Günther Bredehorn x

Jörg van Essen x

Dr. Olaf Feldmann x

Paul K. Friedhoff x

Horst Friedrich x

Rainer Funke x

Dr. Wolfgang Gerhardt x

Joachim Günther (Plauen) x

Dr. Karlheinz Guttmacher x

Dr. Helmut Haussmann x

Ulrich Heinrich x

Walter Hirche x

Dr. Burkhard Hirsch x

Birgit Homburger x

Dr. Werner Hoyer x

Ulrich Irmer x

Dr. Klaus Kinkel x

Roland Kohn x

Dr. Heinrich L. Kolb x

Jürgen Koppelin x

Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann x

Dr. Otto Graf Lambsdorff x

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16490



Name

Drucksache

13/8025

Drucksache

13/8027

Nein

Enthaltung

Uwe Lühr x

Jürgen W. Möllemann x

Günther Friedrich Nolting x

Dr. Rainer Ortleb x

Lisa Peters x

Dr. Günter Rexrodt x

Dr. Klaus Röhl x

Helmut Schäfer (Mainz) x

Cornelia Schmalz-Jacobsen x

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig x

Dr. Irmgard Schwaetzer x

Dr. Hermann Otto Solms x

Dr. Max Stadler x

Carl-Ludwig Thiele x

Dr. Dieter Thomae x

Jürgen Türk x

Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) x

Dr.Guido Westerwelle x

PDS

Petra Bläss x

Maritta Böttcher x

Eva Bulling-Schröter x

Dr. Ludwig Elm x

Dr. Dagmar Enkelmann x

Dr. Ruth Fuchs x

Andrea Gysi x

Dr. Gregor Gysi x

Hans-Peter Hartmann x

Dr. Barbara Höll x

Ulla Jelpke x

Gerhard Jüttemann x

Dr. Heidi Knake-Werner x

Rolf Köhne x

Rolf Kutzmutz x

Dr. Christa Luft x

Heidemarie Lüth x

Dr. Günther Maleuda x

Manfred Müller (Berlin) x

Rosel Neuhäuser x

Dr. Uwe-Jens Rössel x

Christina Schenk x

Steffen Tippach x

Klaus-Jürgen Warnick x

Dr. Winfried Wolf x

Gerhard Zwerenz x

Fraktionslos

Kurt Neumann (Berlin) x Entschuldigt wegen Übernahme einer

Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen

Versammlungen des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der

IPU

Abgeordnete(r)

Antretter, Robert, SPDSchloten, Dieter, SPD

Behrendt, Wolfgang, SPDvon Schmude, Michael, CDU/CSU

Fischer (Unna), Leni, CDU/CSUSiebert, Bernd, CDU/CSU

Horn, Erwin, SPDTerborg, Margitta, SPD

Dr. Probst, Albert, CDU/CSUZierer, Benno, CDU/CSU


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16491


Liste 2

Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Änderungsanträge

zur Zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.

eingebrachten

Entwurfs eines Transplantationsgesetzes

- Drucksachen 13/4355 und 13/8017 -

Abgegebene Stimmen634

Ungültige Stimmen4

Gültige Stimmen630

Mit Nein haben gestimmt1Abgeordneter

Enthaltungen1

Es entfielen auf

Drucksache 13/8026, Wodarg u. a. 133Stimmen

Drucksache 13/8027, Seehofer,

Lohmann (Lüdenscheid), Dreßler, Thomae u. a. 421Stimmen

Drucksache 13/8030, Schmidt-Jortzig u. a. 74Stimmen

Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen als alle anderen

Vorschläge zusammen zuzüglich der Nein-Stimmen erhalten hat.

Der Vorschlag Drucksache 13/8027, Seehofer, Lohmann (Lüdenscheid),

Dreßler, Thomae u.a. hat die erforderliche Mehrheit erhalten.


Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

CDU/CSU

Ulrich Adam x

Peter Altmaier x

Anneliese Augustin x

Jürgen Augustinowitz x

Dietrich Austermann x

Heinz-Günter Bargfrede x

Franz Peter Basten x

Dr. Wolf Bauer x

Brigitte Baumeister x

Meinrad Belle x

Dr. Sabine Bergmann-Pohl x

Hans-Dirk Bierling x

Dr. Joseph-Theodor Blank x

Renate Blank x

Dr. Heribert Blens x

Peter Bleser x

Dr. Norbert Blüm x

Friedrich Bohl x

Dr. Maria Böhmer x

Wolfgang Börnsen (Bönstrup) x

Wolfgang Bosbach x

Dr. Wolfgang Bötsch x

Klaus Brähmig x

Rudolf Braun (Auerbach) x

Paul Breuer x

Monika Brudlewsky x

Georg Brunnhuber x

Klaus Bühler (Bruchsal) x

Hartmut Büttner (Schönebeck) x

Dankward Buwitt x

Manfred Carstens (Emstek) x

Peter H. Carstensen (Nordstrand) x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16492



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Wolfgang Dehnel x

Hubert Deittert x

Gertrud Dempwolf x

Albert Deß x

Renate Diemers x

Wilhelm Dietzel x

Werner Dörflinger x

Hansjürgen Doss x

Dr. Alfred Dregger x

Maria Eichhorn x

Wolfgang Engelmann x

Rainer Eppelmann x

Heinz Dieter Eßmann x

Horst Eylmann x

Anke Eymer x

Ilse Falk x

Ulf Fink x

Dirk Fischer (Hamburg) x

Klaus Francke (Hamburg) x

Herbert Frankenhauser x

Dr. Gerhard Friedrich x

Erich G. Fritz x

Hans-Joachim Fuchtel x

Michaela Geiger x

Norbert Geis x

Dr. Heiner Geißler x

Michael Glos x

Wilma Glücklich x

Dr. Reinhard Göhner x

Peter Götz x

Dr. Wolfgang Götzer x

Joachim Gres x

Kurt-Dieter Grill x

Wolfgang Gröbl x

Hermann Gröhe x

Claus-Peter Grotz x

Manfred Grund x

Horst Günther (Duisburg) x

Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein x

Gottfried Haschke (Großhennersdorf) x

Gerda Hasselfeldt x

Otto Hauser (Esslingen) x

Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) x

Helmut Heiderich x

Manfred Heise x

Detlef Helling x

Dr. Renate Hellwig x

Ernst Hinsken x

Peter Hintze x

Josef Hollerith x

Dr. Karl-Heinrich Hornhues x

Siegfried Hornung x

Joachim Hörster x

Hubert Hüppe x

Peter Jacoby x

Susanne Jaffke x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16493



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Georg Janovsky x

Helmut Jawurek x

Dr. Dionys Jobst x

Dr.-Ing. Rainer Jork x

Michael Jung (Limburg) x

Ulrich Junghanns x

Dr. Egon Jüttner x

Dr. Harald Kahl x

Bartholomäus Kalb x

Steffen Kampeter x

Dr.-Ing. Dietmar Kansy x

Manfred Kanther x

Irmgard Karwatzki x

Volker Kauder x

Peter Keller x

Eckart von Klaeden x

Dr. Bernd Klaußner x

Ulrich Klinkert x

Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz) x

Manfred Kolbe x

Norbert Königshofen x

Eva-Maria Kors x

Hartmut Koschyk x

Manfred Koslowski x

Thomas Kossendey x

Rudolf Kraus x

Wolfgang Krause (Dessau) x

Andreas Krautscheid x

Arnulf Kriedner x

Heinz-Jürgen Kronberg x

Dr.-Ing. Paul Krüger x

Reiner Krziskewitz x

Dr. Hermann Kues x

Werner Kuhn x

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) x

Dr. Norbert Lammert x

Helmut Lamp x

Armin Laschet x

Herbert Lattmann x

Dr. Paul Laufs x

Karl-Josef Laumann x

Vera Lengsfeld x

Werner Lensing x

Christian Lenzer x

Peter Letzgus x

Walter Link (Diepholz) x

Eduard Lintner x

Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) x

Dr. Manfred Lischewski x

Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) x

Julius Louven x

Sigrun Löwisch x

Heinrich Lummer x

Dr. Michael Luther x

Erich Maaß (Wilhelmshaven) x

Dr. Dietrich Mahlo x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16494



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Erwin Marschewski x

Günter Marten x

Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) x

Wolfgang Meckelburg x

Rudolf Meinl x

Dr. Michael Meister x

Friedrich Merz x

Rudolf Meyer (Winsen) x

Hans Michelbach x

Meinolf Michels x

Dr. Gerd Müller x

Elmar Müller (Kirchheim) x

Engelbert Nelle x

Bernd Neumann (Bremen) x

Johannes Nitsch x

Claudia Nolte x

Dr. Rolf Olderog x

Friedhelm Ost x

Eduard Oswald x

Norbert Otto (Erfurt) x

Dr. Gerhard Päselt x

Hans-Wilhelm Pesch x

Ulrich Petzold x

Anton Pfeifer x

Angelika Pfeiffer x

Dr. Gero Pfennig x

Dr. Friedbert Pflüger x

Beatrix Philipp x

Dr. Winfried Pinger x

Ronald Pofalla x

Dr. Hermann Pohler x

Ruprecht Polenz x

Marlies Pretzlaff x

Dr. Bernd Protzner x

Dieter Pützhofen x

Thomas Rachel x

Hans Raidel x

Dr. Peter Ramsauer x

Rolf Rau x

Helmut Rauber x

Peter Rauen x

Christa Reichard (Dresden) x

Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) x

Dr. Bertold Reinartz x

Erika Reinhardt x

Hans-Peter Repnik x

Roland Richter x

Roland Richwien x

Dr. Norbert Rieder x

Dr. Erich Riedl (München) x

Klaus Riegert x

Dr. Heinz Riesenhuber x

Franz Romer x

Hannelore Rönsch (Wiesbaden) x

Dr. Klaus Rose x

Kurt J. Rossmanith x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16495



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Adolf Roth (Gießen) x

Norbert Röttgen x

Volker Rühe x

Dr. Jürgen Rüttgers x

Roland Sauer (Stuttgart) x

Ortrun Schätzle x

Dr. Wolfgang Schäuble x

Hartmut Schauerte x

Heinz Schemken x

Karl-Heinz Scherhag x

Gerhard Scheu x

Norbert Schindler x

Dietmar Schlee x

Ulrich Schmalz x

Bernd Schmidbauer x

Christian Schmidt (Fürth) x

Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) x

Andreas Schmidt (Mülheim) x

Hans-Otto Schmiedeberg x

Hans Peter Schmitz (Baesweiler) x

Birgit Schnieber-Jastram x

Dr. Andreas Schockenhoff x

Dr. Rupert Scholz x

Reinhard Freiherr von Schorlemer x

Dr. Erika Schuchardt x

Wolfgang Schulhoff x

Dr. Dieter Schulte (Schwäbisch Gmünd) x

Gerhard Schulz (Leipzig) x

Frederick Schulze (Sangershausen) x

Diethard Schütze (Berlin) x

Clemens Schwalbe x

Dr. Christian Schwarz-Schilling x

Wilhelm Josef Sebastian x

Horst Seehofer x

Marion Seib x

Wilfried Seibel x

Heinz-Georg Seiffert x

Rudolf Seiters x

Jürgen Sikora x

Johannes Singhammer x

Bärbel Sothmann x

Margarete Späte x

Carl-Dieter Spranger x

Wolfgang Steiger x

Erika Steinbach x

Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten x

Dr. Gerhard Stoltenberg x

Andreas Storm x

Max Straubinger x

Matthäus Strebl x

Michael Stübgen x

Egon Susset x

Dr. Rita Süssmuth x

Michael Teiser x

Dr. Susanne Tiemann x

Gottfried Tröger x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16496



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Dr. Klaus-Dieter Uelhoff x

Gunnar Uldall x

Wolfgang Vogt (Düren) x

Dr. Horst Waffenschmidt x

Dr. Theodor Waigel x

Alois Graf von Waldburg-Zeil x

Dr. Jürgen Warnke x

Kersten Wetzel x

Hans-Otto Wilhelm (Mainz) x

Gert Willner x

Bernd Wilz x

Willy Wimmer (Neuss) x

Matthias Wissmann x

Dagmar Wöhrl x

Michael Wonneberger x

Elke Wülfing x

Peter Kurt Würzbach x

Wolfgang Zeitlmann x

Wolfgang Zöller x

SPD

Brigitte Adler x

Gerd Andres x

Hermann Bachmaier x

Ernst Bahr x

Doris Barnett x

Klaus Barthel x

Ingrid Becker-Inglau x

Hans Berger x

Hans-Werner Bertl x

Friedhelm Julius Beucher x

Rudolf Bindig x

Arne Börnsen (Ritterhude) x

Anni Brandt-Elsweier x

Tilo Braune x

Dr. Eberhard Brecht x

Edelgard Bulmahn x

Ursula Burchardt x

Dr. Michael Bürsch x

Hans Martin Bury x

Hans Büttner (Ingolstadt) x

Wolf-Michael Catenhusen x

Peter Conradi x

Dr. Herta Däubler-Gmelin x

Christel Deichmann x

Karl Diller x

Dr. Marliese Dobberthien x

Peter Dreßen x

Rudolf Dreßler x

Freimut Duve x

Ludwig Eich x

Peter Enders x

Gernot Erler x

Petra Ernstberger x

Annette Faße x

Elke Ferner x

Lothar Fischer (Homburg) x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16497



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Gabriele Fograscher x

Iris Follak x

Norbert Formanski x

Dagmar Freitag x

Anke Fuchs (Köln) x

Katrin Fuchs (Verl) x

Arne Fuhrmann x

Monika Ganseforth x

Uwe Göllner x

Konrad Gilges x

Iris Gleicke x

Günter Gloser x

Günter Graf (Friesoythe) x

Angelika Graf (Rosenheim) x

Dieter Grasedieck x

Achim Großmann x

Karl Hermann Haack (Extertal) x

Hans-Joachim Hacker x

Klaus Hagemann x

Manfred Hampel x

Christel Hanewinckel x

Alfred Hartenbach x

Dr. Liesel Hartenstein x

Klaus Hasenfratz x

Dr. Ingomar Hauchler x

Dieter Heistermann x

Reinhold Hemker x

Rolf Hempelmann x

Dr. Barbara Hendricks x

Monika Heubaum x

Uwe Hiksch x

Reinhold Hiller (Lübeck) x

Stephan Hilsberg x

Gerd Höfer x

Jelena Hoffmann (Chemnitz) x

Frank Hofmann (Volkach) x

Ingrid Holzhüter x

Eike Hovermann x

Lothar Ibrügger x

Wolfgang Ilte x

Barbara Imhof x

Brunhilde Irber x

Gabriele Iwersen x

Renate Jäger x

Jann-Peter Janssen x

Ilse Janz x

Dr. Uwe Jens x

Volker Jung (Düsseldorf) x

Sabine Kaspereit x

Susanne Kastner x

Ernst Kastning x

Hans-Peter Kemper x

Klaus Kirschner x

Marianne Klappert x

Siegrun Klemmer x

Hans-Ulrich Klose x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16498



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Dr. Hans-Hinrich Knaape x

Walter Kolbow x

Fritz Rudolf Körper x

Nicolette Kressl x

Volker Kröning x

Thomas Krüger x

Horst Kubatschka x

Eckart Kuhlwein x

Helga Kühn-Mengel x

Konrad Kunick x

Christine Kurzhals x

Dr. Uwe Küster x

Werner Labsch x

Brigitte Lange x

Detlev von Larcher x

Waltraud Lehn x

Robert Leidinger x

Klaus Lennartz x

Dr. Elke Leonhard x

Christa Lörcher x

Erika Lotz x

Dr. Christine Lucyga x

Dieter Maaß (Herne) x

Winfried Mante x

Dorle Marx x

Ulrike Mascher x

Christoph Matschie x

Ingrid Matthäus-Maier x

Heide Mattischeck x

Markus Meckel x

Ulrike Mehl x

Herbert Meißner x

Angelika Mertens x

Dr. Jürgen Meyer (Ulm) x

Ursula Mogg x

Siegmar Mosdorf x

Michael Müller (Düsseldorf) x

Jutta Müller (Völklingen) x

Christian Müller (Zittau) x

Volker Neumann (Bramsche) x

Gerhard Neumann (Gotha) x

Dr. Edith Niehuis x

Dr. Rolf Niese x

Doris Odendahl x

Günter Oesinghaus x

Leyla Onur x

Manfred Opel x

Adolf Ostertag x

Kurt Palis x

Albrecht Papenroth x

Dr. Willfried Penner x

Dr. Martin Pfaff x

Georg Pfannenstein x

Dr. Eckhart Pick x

Joachim Poß x

Rudolf Purps x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16499



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Hermann Rappe (Hildesheim) x

Karin Rehbock-Zureich x

Margot von Renesse x

Renate Rennebach x

Otto Reschke x

Bernd Reuter x

Dr. Edelbert Richter x

Günter Rixe x

Reinhold Robbe x

Gerhard Rübenkönig x

Marlene Rupprecht x

Dr. Hansjörg Schäfer x

Gudrun Schaich-Walch x

Dieter Schanz x

Rudolf Scharping x

Bernd Scheelen x

Dr. Hermann Scheer x

Siegfried Scheffler x

Horst Schild x

Otto Schily x

Günter Schluckebier x

Horst Schmidbauer (Nürnberg) x

Ulla Schmidt (Aachen) x

Dagmar Schmidt (Meschede) x

Regina Schmidt-Zadel x

Heinz Schmitt (Berg) x

Dr. Emil Schnell x

Walter Schöler x

Ottmar Schreiner x

Gisela Schröter x

Richard Schuhmann (Delitzsch) x

Brigitte Schulte (Hameln) x

Reinhard Schultz (Everswinkel) x

Volkmar Schultz (Köln) x

Ilse Schumann x

Dr. R. Werner Schuster x

Dietmar Schütz (Oldenburg) x

Dr. Angelica Schwall-Düren x

Ernst Schwanhold x

Rolf Schwanitz x

Bodo Seidenthal x

Lisa Seuster x

Horst Sielaff x

Johannes Singer x

Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk x

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast x

Wieland Sorge x

Wolfgang Spanier x

Dr. Dietrich Sperling x

Jörg-Otto Spiller x

Antje-Marie Steen x

Ludwig Stiegler x

Dr. Peter Struck x

Joachim Tappe x

Jörg Tauss x

Dr. Bodo Teichmann x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16500



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Jella Teuchner x

Dr. Gerald Thalheim x

Wolfgang Thierse x

Franz Thönnes x

Uta Titze-Stecher x

Adelheid Tröscher x

Hans-Eberhard Urbaniak x

Siegfried Vergin x

Günter Verheugen x

Ute Vogt (Pforzheim) x

Karsten D. Voigt (Frankfurt) x

Josef Vosen x

Hans Georg Wagner x

Dr. Konstanze Wegner x

Wolfgang Weiermann x

Reinhard Weis (Stendal) x

Matthias Weisheit x

Gunter Weißgerber x

Gert Weisskirchen (Wiesloch) x

Hildegard Wester x

Lydia Westrich x

Inge Wettig-Danielmeier x

Dr. Norbert Wieczorek x

Helmut Wieczorek (Duisburg) x

Heidemarie Wieczorek-Zeul x

Dieter Wiefelspütz x

Berthold Wittich x

Dr. Wolfgang Wodarg x

Verena Wohlleben x

Hanna Wolf (München) x

Heide Wright x

Uta Zapf x

Dr. Christoph Zöpel x

Peter Zumkley x

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) x

Marieluise Beck (Bremen) x

Volker Beck (Köln) x

Angelika Beer x

Matthias Berninger x

Annelie Buntenbach x

Amke Dietert-Scheuer x

Franziska Eichstädt-Bohlig x

Dr. Uschi Eid x

Andrea Fischer (Berlin) x

Joseph Fischer (Frankfurt) x

Rita Grießhaber x

Gerald Häfner x

Antje Hermenau x

Kristin Heyne x

Ulrike Höfken x

Dr. Manuel Kiper x

Monika Knoche x

Dr. Angelika Köster-Loßack x

Steffi Lemke x

Dr. Helmut Lippelt x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16501



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Oswald Metzger x

Kerstin Müller (Köln) x

Winfried Nachtwei x

Christa Nickels x

Egbert Nitsch (Rendsburg) x

Cem Özdemir x

Gerd Poppe x

Simone Probst x

Dr. Jürgen Rochlitz x

Halo Saibold x

Christine Scheel x

Irmingard Schewe-Gerigk x

Rezzo Schlauch x

Albert Schmidt (Hitzhofen) x

Wolfgang Schmitt (Langenfeld) x

Ursula Schönberger x

Waltraud Schoppe x

Werner Schulz (Berlin) x

Marina Steindor x

Christian Sterzing x

Manfred Such x

Dr. Antje Vollmer x

Ludger Volmer x

Helmut Wilhelm (Amberg) x

Margareta Wolf (Frankfurt) x

F.D.P.

Ina Albowitz x

Dr. Gisela Babel x

Hildebrecht Braun (Augsburg) x

Günther Bredehorn x

Jörg van Essen x

Dr. Olaf Feldmann x

Paul K. Friedhoff x

Horst Friedrich x

Rainer Funke x

Dr. Wolfgang Gerhardt x

Joachim Günther (Plauen) x

Dr. Karlheinz Guttmacher x

Dr. Helmut Haussmann x

Ulrich Heinrich x

Walter Hirche x

Dr. Burkhard Hirsch x

Birgit Homburger x

Dr. Werner Hoyer x

Ulrich Irmer x

Dr. Klaus Kinkel x

Roland Kohn x

Dr. Heinrich L. Kolb x

Jürgen Koppelin x

Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann x

Dr. Otto Graf Lambsdorff x

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger x

Uwe Lühr x

Jürgen W. Möllemann x

Günther Friedrich Nolting x


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16502



Name

Drucksache

13/8026

Drucksache

13/8027

Drucksache

13/8030

Nein

Enthaltung

Dr. Rainer Ortleb x

Lisa Peters x

Dr. Günter Rexrodt x

Dr. Klaus Röhl x

Helmut Schäfer (Mainz) x

Cornelia Schmalz-Jacobsen x

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig x

Dr. Irmgard Schwaetzer x

Dr. Hermann Otto Solms x

Dr. Max Stadler x

Carl-Ludwig Thiele x

Dr. Dieter Thomae x

Jürgen Türk x

Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) x

Dr. Guido Westerwelle x

PDS

Petra Bläss x

Maritta Böttcher x

Eva Bulling-Schröter x

Dr. Ludwig Elm x

Dr. Dagmar Enkelmann x

Dr. Ruth Fuchs x

Andrea Gysi x

Dr. Gregor Gysi x

Hans-Peter Hartmann x

Dr. Barbara Höll x

Ulla Jelpke x

Gerhard Jüttemann x

Dr. Heidi Knake-Werner x

Rolf Köhne x

Rolf Kutzmutz x

Dr. Christa Luft x

Heidemarie Lüth x

Dr. Günther Maleuda x

Manfred Müller (Berlin) x

Rosel Neuhäuser x

Dr. Uwe-Jens Rössel x

Christina Schenk x

Steffen Tippach x

Klaus-Jürgen Warnick x

Dr. Winfried Wolf x

Gerhard Zwerenz x

Fraktionslos

Kurt Neumann (Berlin) x Entschuldigt wegen Übernahme einer

Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen

Versammlungen des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der

IPU

Abgeordnete(r)

Antretter, Robert, SPDSchloten, Dieter, SPD

Behrendt, Wolfgang, SPDvon Schmude, Michael, CDU/CSU

Fischer (Unna), Leni, CDU/CSUSiebert, Bernd, CDU/CSU

Horn, Erwin, SPDTerborg, Margitta, SPD

Dr. Probst, Albert, CDU/CSUZierer, Benno, CDU/CSU



Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16503


Liste 3

Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung

zur dritten Beratung und Schlußabstimmung über den Entwurf der

Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zu einem Transplantationsgesetz

Drucksachen 13/4355 und 13/8017

Abgegebene Stimmen:629;

davon:

ja:449

nein:151

enthalten:29

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam

Peter Altmaier

Anneliese Augustin

Jürgen Augustinowitz

Dietrich Austermann

Heinz-Günter Bargfrede

Franz Peter Basten

Dr. Wolf Bauer

Brigitte Baumeister

Meinrad Belle

Dr. Sabine Bergmann-Pohl

Hans-Dirk Bierling

Renate Blank

Dr. Heribert Blens

Peter Bleser

Dr. Norbert Blüm

Friedrich Bohl

Dr. Maria Böhmer

Wolfgang Börnsen (Bönstrup)

Wolfgang Bosbach

Dr. Wolfgang Bötsch

Klaus Brähmig

Rudolf Braun (Auerbach)

Paul Breuer

Georg Brunnhuber

Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner (Schönebeck)

Dankward Buwitt

Manfred Carstens (Emstek)

Peter Harry Carstensen (Nordstrand)

Wolfgang Dehnel

Hubert Deittert

Gertrud Dempwolf

Albert Deß

Renate Diemers

Wilhelm Dietzel

Werner Dörflinger

Hansjürgen Doss

Dr. Alfred Dregger

Maria Eichhorn

Wolfgang Engelmann

Rainer Eppelmann

Heinz Dieter Eßmann

Horst Eylmann

Anke Eymer

Ilse Falk

Jochen Feilcke

Ulf Fink

Dirk Fischer (Hamburg)

Klaus Francke (Hamburg)

Herbert Frankenhauser

Dr. Gerhard Friedrich

Erich G. Fritz

Hans-Joachim Fuchtel

Michaela Geiger

Norbert Geis

Dr. Heiner Geißler

Michael Glos

Dr. Reinhard Göhner

Peter Götz

Joachim Gres

Wolfgang Gröbl

Claus-Peter Grotz

Manfred Grund

Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein

Gottfried Haschke (Großhennersdorf)

Gerda Hasselfeldt

Otto Hauser (Esslingen)

Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)

Helmut Heiderich

Manfred Heise

Detlef Helling

Dr. Renate Hellwig

Ernst Hinsken

Peter Hintze

Josef Hollerith

Dr. Karl-Heinz Hornhues

Siegfried Hornung

Joachim Hörster

Peter Jacoby

Susanne Jaffke

Georg Janovsky

Dr.-Ing. Rainer Jork

Michael Jung (Limburg)

Ulrich Junghanns

Dr. Egon Jüttner

Dr. Harald Kahl

Bartholomäus Kalb

Steffen Kampeter

Dr.-Ing. Dietmar Kansy

Manfred Kanther

Irmgard Karwatzki

Volker Kauder

Peter Keller

Dr. Bernd Klaußner

Ulrich Klinkert

Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz)

Manfred Kolbe

Norbert Königshofen

Eva-Maria Kors

Hartmut Koschyk

Manfred Koslowski

Thomas Kossendey

Rudolf Kraus

Andreas Krautscheid

Arnulf Kriedner

Heinz-Jürgen Kronberg

Dr.-Ing. Paul Krüger

Dr. Hermann Kues

Werner Kuhn

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)

Karl Lamers

Dr. Norbert Lammert

Helmut Lamp

Armin Laschet

Herbert Lattmann

Dr. Paul Laufs

Karl-Josef Laumann

Vera Lengsfeld

Werner Lensing

Christian Lenzer

Peter Letzgus

Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner

Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)

Dr. Manfred Lischewski

Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)

Julius Louven

Sigrun Löwisch

Heinrich Lummer

Dr. Michael Luther

Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Dr. Dietrich Mahlo

Erwin Marschewski

Günter Marten

Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)

Wolfgang Meckelburg

Rudolf Meinl

Dr. Michael Meister

Friedrich Merz

Rudolf Meyer (Winsen)

Hans Michelbach

Meinolf Michels

Dr. Gerd Müller

Elmar Müller (Kirchheim)

Engelbert Nelle

Bernd Neumann (Bremen)

Johannes Nitsch

Claudia Nolte

Dr. Rolf Olderog

Friedhelm Ost

Eduard Oswald

Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Gerhard Päselt

Ulrich Petzold

Anton Pfeifer

Angelika Pfeiffer

Dr. Gero Pfennig

Dr. Friedbert Pflüger

Beatrix Philipp

Dr. Winfried Pinger

Ronald Pofalla

Dr. Hermann Pohler

Ruprecht Polenz

Marlies Pretzlaff

Dr. Bernd Protzner

Dieter Pützhofen

Thomas Rachel

Hans Raidel

Dr. Peter Ramsauer

Rolf Rau

Helmut Rauber

Peter Rauen

Christa Reichard (Dresden)

Klaus Dieter Reichardt (Mannheim)

Dr. Bertold Reinartz

Erika Reinhardt

Hans-Peter Repnik

Roland Richter

Roland Richwien

Dr. Norbert Rieder

Dr. Erich Riedl (München)

Klaus Riegert

Dr. Heinz Riesenhuber

Franz Romer

Hannelore Rönsch (Wiesbaden)

Dr. Klaus Rose

Kurt J. Rossmanith

Adolf Roth (Gießen)

Norbert Röttgen

Volker Rühe

Dr. Jürgen Rüttgers

Roland Sauer (Stuttgart)

Ortrun Schätzle

Dr. Wolfgang Schäuble

Karl-Heinz Scherhag

Gerhard Scheu

Norbert Schindler

Dietmar Schlee

Ulrich Schmalz

Bernd Schmidbauer

Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)

Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans-Otto Schmiedeberg

Hans Peter Schmitz (Baesweiler)

Birgit Schnieber-Jastram

Dr. Andreas Schockenhoff

Dr. Rupert Scholz

Reinhard Freiherr von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt

Wolfgang Schulhoff

Dr. Dieter Schulte (Schwäbisch Gmünd)

Gerhard Schulz (Leipzig)

Frederick Schulze (Sangershausen)

Diethard Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe

Dr. Christian Schwarz-Schilling

Wilhelm Josef Sebastian

Horst Seehofer

Marion Seib

Wilfried Seibel

Heinz-Georg Seiffert

Rudolf Seiters

Jürgen Sikora

Johannes Singhammer

Bärbel Sothmann

Margarete Späte

Carl-Dieter Spranger

Wolfgang Steiger

Erika Steinbach

Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten

Dr. Gerhard Stoltenberg

Andreas Storm

Max Straubinger

Matthäus Strebl

Michael Stübgen

Egon Susset

Dr. Rita Süssmuth

Michael Teiser

Dr. Susanne Tiemann

Gottfried Tröger

Dr. Klaus-Dieter Uelhoff


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16504


Gunnar Uldall

Wolfgang Vogt (Düren)

Dr. Horst Waffenschmidt

Dr. Theodor Waigel

Alois Graf von Waldburg-Zeil

Dr. Jürgen Warnke

Kersten Wetzel

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Gert Willner

Bernd Wilz

Willy Wimmer (Neuss)

Dagmar Wöhrl

Michael Wonneberger

Elke Wülfing

Peter Kurt Würzbach

Wolfgang Zeitlmann

Wolfgang Zöller

SPD

Brigitte Adler

Gerd Andres

Hermann Bachmaier

Ernst Bahr

Doris Barnett

Klaus Barthel

Hans Berger

Rudolf Bindig

Arne Börnsen (Ritterhude)

Tilo Braune

Dr. Eberhard Brecht

Wolf-Michael Catenhusen

Peter Dreßen

Rudolf Dreßler

Ludwig Eich

Peter Enders

Gernot Erler

Lothar Fischer (Homburg)

Norbert Formanski

Anke Fuchs (Köln)

Monika Ganseforth

Konrad Gilges

Günter Gloser

Uwe Göllner

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck

Achim Großmann

Karl Hermann Haack (Extertal)

Klaus Hagemann

Manfred Hampel

Klaus Hasenfratz

Dieter Heistermann

Monika Heubaum

Uwe Hiksch

Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Ingrid Holzhüter

Lothar Ibrügger

Wolfgang Ilte

Brunhilde Irber

Ilse Janz

Volker Jung (Düsseldorf)

Sabine Kaspereit

Susanne Kastner

Ernst Kastning

Hans-Peter Kemper

Klaus Kirschner

Marianne Klappert

Dr. Hans-Hinrich Knaape

Walter Kolbow

Fritz Rudolf Körper

Volker Kröning

Thomas Krüger

Horst Kubatschka

Christine Kurzhals

Dr. Uwe Küster

Werner Labsch

Brigitte Lange

Robert Leidinger

Dr. Elke Leonhard

Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante

Ulrike Mascher

Christoph Matschie

Ingrid Matthäus-Maier

Herbert Meißner

Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg

Siegmar Mosdorf

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Rolf Niese

Kurt Palis

Dr. Willfried Penner

Dr. Eckhart Pick

Joachim Poß

Hermann Rappe (Hildesheim)

Margot von Renesse

Renate Rennebach

Bernd Reuter

Dr. Edelbert Richter

Günter Rixe

Reinhold Robbe

Gerhard Rübenkönig

Dr. Hansjörg Schäfer

Gudrun Schaich-Walch

Dieter Schanz

Rudolf Scharping

Bernd Scheelen

Horst Schild

Günter Schluckebier

Ulla Schmidt (Aachen)

Heinz Schmitt (Berg)

Dr. Emil Schnell

Richard Schuhmann (Delitzsch)

Brigitte Schulte (Hameln)

Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann

Dietmar Schütz (Oldenburg)

Ernst Schwanhold

Rolf Schwanitz

Bodo Seidenthal

Johannes Singer

Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk

Wieland Sorge

Jörg-Otto Spiller

Dr. Peter Struck

Joachim Tappe

Jörg Tauss

Dr. Bodo Teichmann

Jella Teuchner

Dr. Gerald Thalheim

Franz Thönnes

Hans-Eberhard Urbaniak

Siegfried Vergin

Günter Verheugen

Karsten D. Voigt (Frankfurt)

Josef Vosen

Hans Georg Wagner

Dr. Konstanze Wegner

Wolfgang Weiermann

Gunter Weißgerber

Jochen Welt

Lydia Westrich

Dr. Norbert Wieczorek

Helmut Wieczorek (Duisburg)

Dieter Wiefelspütz

Berthold Wittich

Verena Wohlleben

Heidi Wright

Peter Zumkley

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Rita Grießhaber

Antje Hermenau

Christine Scheel

Wolfgang Schmitt (Langenfeld)

Waltraud Schoppe

F.D.P.

Ina Albowitz

Dr. Gisela Babel

Hildebrecht Braun (Augsburg)

Jörg van Essen

Dr. Olaf Feldmann

Paul K. Friedhoff

Horst Friedrich

Dr. Wolfgang Gerhardt

Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher

Walter Hirche

Birgit Homburger

Dr. Werner Hoyer

Ulrich Irmer

Detlef Kleinert (Hannover)

Dr. Heinrich L. Kolb

Jürgen Koppelin

Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann

Dr. Otto Graf Lambsdorff

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Uwe Lühr

Jürgen W. Möllemann

Günther Friedrich Nolting

Dr. Rainer Ortleb

Lisa Peters

Dr. Günter Rexrodt

Helmut Schäfer (Mainz)

Cornelia Schmalz-Jacobsen

Dr. Irmgard Schwaetzer

Dr. Hermann Otto Solms

Dr. Max Stadler

Dr. Dieter Thomae

Jürgen Türk

Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

Dr. Guido Westerwelle

PDS

Maritta Böttcher

Dr. Dagmar Enkelmann

Dr. Ruth Fuchs

Andrea Gysi

Dr. Gregor Gysi

Hanns-Peter Hartmann

Dr. Heidi Knake-Werner

Heidemarie Lüth

Dr. Günther Maleuda

Manfred Müller (Berlin)

Rosel Neuhäuser

Dr. Uwe-Jens Rössel

Steffen Tippach

Klaus-Jürgen Warnick

Gerhard Zwerenz

Fraktionslos

Kurt Neumann (Berlin)

Nein

CDU/CSU

Dr. Joseph-Theodor Blank

Wilma Glücklich

Kurt-Dieter Grill

Hermann Gröhe

Hubert Hüppe

Helmut Jawurek

Dr. Dionys Jobst

Eckart von Klaeden

Wolfgang Krause (Dessau)

Reiner Krziskewitz

Hans-Wilhelm Pesch

SPD

Ingrid Becker-Inglau

Hans-Werner Bertl

Anni Brandt-Elsweier

Edelgard Bulmahn

Ursula Burchardt

Dr. Michael Bürsch

Hans Martin Bury

Hans Büttner (Ingolstadt)

Peter Conradi

Dr. Herta Däubler-Gmelin

Christel Deichmann

Karl Diller

Freimut Duve

Petra Ernstberger

Annette Faße

Elke Ferner

Gabriele Fograscher

Dagmar Freitag

Katrin Fuchs (Verl)

Iris Gleicke

Günter Graf (Friesoythe)

Hans-Joachim Hacker

Christel Hanewinckel

Dr. Liesel Hartenstein

Dr. Ingomar Hauchler

Reinhold Hemker

Rolf Hempelmann

Dr. Barbara Hendricks

Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann

Barbara Imhof

Gabriele Iwersen

Renate Jäger

Jann-Peter Janssen

Helga Kühn-Mengel

Konrad Kunick

Detlev von Larcher

Christa Lörcher

Erika Lotz

Heide Mattischeck

Markus Meckel

Michael Müller (Düsseldorf)

Doris Odendahl

Günter Oesinghaus

Leyla Onur

Manfred Opel

Adolf Ostertag

Albrecht Papenroth

Dr. Martin Pfaff


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16505


Georg Pfannenstein

Rudolf Purps

Karin Rehbock-Zureich

Otto Reschke

Marlene Rupprecht

Dr. Hermann Scheer

Siegfried Scheffler

Otto Schily

Horst Schmidbauer (Nürnberg)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Regina Schmidt-Zadel

Walter Schöler

Gisela Schröter

Dr. R. Werner Schuster

Dr. Angelica Schwall-Düren

Lisa Seuster

Horst Sielaff

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

Wolfgang Spanier

Dr. Dietrich Sperling

Antje-Marie Steen

Wolfgang Thierse

Adelheid Tröscher

Ute Vogt (Pforzheim)

Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit

Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Hildegard Wester

Heidemarie Wieczorek-Zeul

Dr. Wolfgang Wodarg

Hanna Wolf (München)

Uta Zapf

Dr. Christoph Zöpel

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer

Matthias Berninger

Annelie Buntenbach

Amke Dietert-Scheuer

Franziska Eichstädt-Bohlig

Dr. Uschi Eid

Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Gerald Häfner

Dr. Manuel Kiper

Monika Knoche

Dr. Angelika Köster-Loßack

Steffi Lemke

Dr. Helmut Lippelt

Oswald Metzger

Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei

Christa Nickels

Egbert Nitsch (Rendsburg)

Cem Özdemir

Gerd Poppe

Simone Probst

Dr. Jürgen Rochlitz

Halo Saibold

Irmingard Schewe-Gerigk

Rezzo Schlauch

Albert Schmidt (Hitzhofen)

Ursula Schönberger

Werner Schulz (Berlin)

Marina Steindor

Christian Sterzing

Manfred Such

Dr. Antje Vollmer

Ludger Volmer

F.D.P.

Günther Bredehorn

Rainer Funke

Dr. Helmut Haussmann

Ulrich Heinrich

Dr. Burkhard Hirsch

Dr. Klaus Kinkel

Roland Kohn

Dr. Klaus Röhl

PDS

Petra Bläss

Eva Bulling-Schröter

Dr. Ludwig Elm

Dr. Barbara Höll

Ulla Jelpke

Gerhard Jüttemann

Rolf Köhne

Rolf Kutzmutz

Dr. Christa Luft

Christina Schenk

Dr. Winfried Wolf

Enthalten

CDU/CSU

Monika Brudlewsky

Dr. Wolfgang Götzer

Heinz Schemken

Johannes Selle

SPD

Friedhelm Julius Beucher

Dr. Marliese Dobberthien

Iris Follak

Arne Fuhrmann

Alfred Hartenbach

Gerd Höfer

Siegrun Klemmer

Hans-Ulrich Klose

Nicolette Kressl

Eckart Kuhlwein

Waltraud Lehn

Klaus Lennartz

Dr. Christine Lucyga

Dorle Marx

Ulrike Mehl

Angelika Mertens

Dr. Edith Niehuis

Ottmar Schreiner

Uta Titze-Stecher

Inge Wettig-Danielmeier

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Kristin Heyne

Ulrike Höfken

Margareta Wolf (Frankfurt)

F.D.P.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig

Carl-Ludwig Thiele

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer

Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen des Europarates

und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU

Abgeordnete(r)


Antretter, Robert, SPD

Behrendt, Wolfgang, SPD

Fischer (Unna),

Leni, CDU/CSU

Horn, Erwin, SPD

Dr. Probst, Albert, CDU/CSU

Schloten, Dieter, SPD

von Schmude

Michael, CDU/CSU

Siebert, Bernd, CDU/CSU

Terborg, Margitta, SPD

Zierer, Benno, CDU/CSU


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16506




Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16507


Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten


Abgeordnete(r)


entschuldigt bis

einschließlich

Antretter, Robert

SPD

25. 6. 97*

Behrendt, Wolfgang

SPD

25. 6. 97*

Bierstedt, Wolfgang

PDS

25. 6. 97

Blunck, Lilo

SPD

25. 6. 97

Borchert, Jochen

CDU/CSU

25. 6. 97

Bühler (Bruchsal),

Klaus

CDU/CSU

25. 6. 97*

Graf von Einsiedel,

Heinrich

PDS

25. 6. 97

Fischer (Unna), Leni

CDU/CSU

25. 6. 97*

Frick, Gisela

F.D.P.

25. 6. 97

Hedrich, Klaus-Jürgen

CDU/CSU

25. 6. 97

Dr. Heuer, Uwe-Jens

PDS

25. 6. 97

Horn, Erwin

SPD

25. 6. 97*

Dr. Jacob, Willibald

PDS

25. 6. 97

Junghanns, Ulrich

CDU/CSU

25. 6. 97*

Dr. Kohl, Helmut

CDU/CSU

25. 6. 97

Limbach, Editha

CDU/CSU

25. 6. 97

Lohmann (Witten),

Klaus

SPD

25. 6. 97

Marten, Günter

CDU/CSU

25. 6. 97*

Dr. Merkel, Angela

CDU/CSU

25. 6. 97

Dr. Paziorek, Peter

CDU/CSU

25. 6. 97

Dr. Probst, Albert

CDU/CSU

25. 6. 97*

Regenspurger, Otto

CDU/CSU

25. 6. 97

Ronsöhr,

Heinrich-Wilhelm

CDU/CSU

25. 6. 97

Schloten, Dieter

SPD

25. 6. 97*

von Schmude, Michael

CDU/CSU

25. 6. 97*

Simm, Erika

SPD

25. 6. 97

Terborg, Margitta

SPD

25. 6. 97*

Dr. Töpfer, Klaus

CDU/CSU

25. 6. 97

Dr. Wittmann, Fritz

CDU/CSU

25. 6. 97

Zierer, Benno

CDU/CSU

25. 6. 97*

* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des

Europarates

Anlage 2 Erklärungen nach 1/2 31 GO

zu den namentlichen Abstimmungen

über Änderungsanträge zu 1/21/2 3

und 4 Transplantationsgesetz

Freimut Duve (SPD): Erst im Laufe der Debatte habe ich mich

entschließen können, dem Antrag auf Drucksache 13/8025 (von Klaeden,

Wodarg und andere) zum Gesetzentwurf zuzustimmen. Insofern habe ich

meine zuvor geäußerte Haltung, der Gesetzgeber sollte gar nicht tätig

werden, geändert. Ich will sie trotzdem hier zu Protokoll geben:

Der Übergang vom Leben zum Tod ist bisher von den Menschen aller

Kulturen relativ klar und eindeutig und auch sehr bewußt erlebt und

gelebt worden.

Er ist neben der Geburt der für jeden Menschen und für seine Freunde

und Angehörigen bewegendste Moment der Existenz.

An ihm und aus ihm haben sich viele Elemente unserer Zivilisation

gebildet: Wie gehen wir mit unseren Toten um? Was verfügen wir Lebenden

über den Umgang mit unserem Körper, von vielen religiös geprägten

Menschen als ,,sterbliche Hülle" bezeichnet?

Seit der ersten Herztransplantation ist aus dem Vorgang des Todes eine

neue Dimension ermöglicht worden: die Rettung von Leben durch die

Organgabe eines Toten. Auch sie sollte von den Menschen bewußt und

selbstbewußt entschieden werden. Das gilt auch für das Unfallsterben.

Ich würde es vorziehen, den Gesetzgeber nicht mit der Aufgabe zu

befassen, den Zeitpunkt des Todes zu definieren. Die Entwicklung der

vergangenen zwei Jahrzehnte haben - das habe ich aus der Debatte gelernt

- einen Akt der Gesetzgebung durch das Parlament notwendig gemacht.

Ich selbst werde die Entnahme meiner Organe für Patienten, denen ich

damit eine Überlebenschance gebe, festlegen. Ich werde mich für eine

verbesserte Aufklärung über das Spenden von Organen einsetzen.

Norbert Geis (CDU/CSU): Wer eine Entnahme lebenswichtiger Organe bei

Lebenden zuläßt, befindet sich in einem schwierigen

Rechtfertigungszwang. Die deutsche Rechtsordnung und vor allem die

Rechtsprechung haben bislang das Leben nicht als Rechtsgut eingestuft,

über das der einzelne frei verfügen kann. Sicher gibt es bei der

Transplantation gute Gründe, davon abzuweichen. Wer sich dafür

entscheidet, muß sich aber darüber im klaren sein, daß damit eine lange

Rechtstradition aufgegeben wird. Auch über die Auswirkungen in anderen

Bereichen, wie zum Beispiel der Euthanasie, müßte man sich zunächst

einmal Klarheit verschaffen. Es ist deshalb auf jeden Fall

problematisch, bei der Entnahme von lebenswichtigen Organen auf die

Feststellung des Todes des Organspenders zu verzichten.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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Deshalb unterstütze ich den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Sabine

Bergmann-Pohl, Rudolf Dreßler, Michael Glos und anderer. Ausschlaggebend

hierfür war, daß in diesem Änderungsantrag nicht, wie ursprünglich

vorgesehen, darauf abgestellt wird, den Hirntod als Tod des Menschen zu

definieren, sondern festgestellt wird, daß der Tod nach den Regeln,

,,die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaften

entsprechen", eingetreten ist.

Roland Kohn (F.D.P.): Zu meinem Abstimmungsverhalten bezüglich des

Transplantationsgesetzes gebe ich gemäß 1/2 31 der Geschäftsordnung

folgende schriftliche Erklärung ab:

1. Der Tod eines Menschen ist der Abschluß eines Prozesses der

Auflösung seiner leibseelischen Einheit. Es ist mit der Würde des

Menschen unvereinbar, einen bestimmten Zeitpunkt des Sterbeprozesses -

z.B. den Hirntod - durch Entscheidung des Gesetzgebers zum Ende des

Lebens zu erklären.

2. Die Berechtigung zur Organentnahme nach nicht behebbarem Ausfall der

gesamten Hirnfunktionen oder dem endgültigen, nicht behebbaren

Stillstand von Herz und Kreislauf setzt den zweifelsfrei erklärten

Willen des potentiellen Organspenders voraus.

3. Die durch die Fortschritte der medizinischen Technik eröffneten

Möglichkeiten, das Leben anderer Menschen durch Organtransplantation zu

verlängern oder ihre Gesundheit wiederherzustellen, rechtfertigen es,

eine ,,Bürgerpflicht" - im guten Sinn des Wortes - zur Beschäftigung mit

dem ethisch komplexen Thema der Organspende beispielsweise durch Ausgabe

geeigneter Formulare bei der Ausstellung von Personaldokumenten zu

stiften. Eine ,,Sozialpflichtigkeit" des menschlichen Körpers zur

Organspende de facto zu etablieren, ist jedoch mit meinem Bild vom

Menschen und seiner Würde nicht zu vereinbaren.

Aus diesen Gründen unterstütze ich mit meinem Abstimmungsverhalten zum

Transplantationsgesetz die leitenden Ideen, die in den Anträgen des

Abgeordneten Dr. Edzard Schmidt-Jortzig ihren Ausdruck finden.

Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) (CDU/CSU) und Wolfgang Zöller (CDU/CSU):

Die Kriterien für die Festlegung des Todes sind von der medizinischen

Wissenschaft zu definieren. Die Bundesärztekammer als Repräsentant der

Ärzteschaft bestimmt in Richtlinien die Regeln zum Nachweis des Todes.

Der Gesetzgeber sollte lediglich den Punkt markieren, der als

Mindestvoraussetzung für eine Organentnahme gelten muß. Daher ist

vorzuschreiben, daß vor einer Organentnahme stets der Gesamthirntod,

also der Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und

des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der

medizinischen Wissenschaft entsprechen, festzustellen ist. Damit

definiert der Gesetzgeber nicht den Tod, legt aber insoweit ein

Mindestkriterium für die Organentnahme fest.

Die heutige Abstimmung über die zentralen Punkte des ersten deutschen

Transplantationsgesetzes, die Frage des Todeszeitpunktes eines Menschen

und die Frage, ob andere als der Spender in eine Organentnahme

einwilligen können, betrifft elementare medizinische, juristische,

ethische Fragen der menschlichen Existenz. Die Entscheidungen über diese

Punkte gehen über normale Gesetzgebungsentscheidungen weit hinaus. Sie

eignen sich weder zur parteipolitischen noch zur persönlichen

Profilierung. Im Interesse dieses sensiblen Themas ist eine sachliche

Auseinandersetzung geboten. Die heute anstehende Entscheidung kann nicht

getroffen werden ohne das Fachwissen und die Kompetenz von Ärzten,

Juristen, Ethikern und insbesondere auch von Betroffenen. Aufgrund eines

intensiven Beratungsverfahrens in mehreren Anhörungen, zahlreichen

Expertengesprächen und diversen bilateralen Gesprächskontakten ist in

schriftlicher und mündlicher Form eine fundierte Entscheidungsgrundlage

geschaffen worden.

Nach Abwägung aller Argumente kommen wir zu folgendem Ergebnis:

Der Gesetzgeber darf in einem Transplantationsgesetz die Frage nicht

offen lassen, ob der Organspender bei der Entnahme von Organen tot ist.

Ließe der Gesetzgeber dies offen, läßt er auch offen, ob ein Arzt bei

der Organentnahme tötet. Ein solches Gesetz würde die

Transplantationsmedizin beträchtlich ins Zwielicht setzen. Für eine

Organentnahme sind aber eindeutige und klare Maßstäbe in bezug auf die

Feststellung des Todes unabdingbar.

Die Kriterien für die Festlegung des Todes sind von der medizinischen

Wissenschaft zu definieren. Die Bundesärztekammer als Repräsentant der

Ärzteschaft bestimmt in Richtlinien die Regeln zum Nachweis des Todes.

Der Gesetzgeber sollte lediglich den Punkt markieren, der als

Mindestvoraussetzung für eine Organentnahme gelten muß. Daher ist

vorzuschreiben, daß vor einer Organentnahme stets der Gesamthirntod,

also der Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und

des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der

medizinischen Wissenschaft entsprechen, festzustellen ist. Damit

definiert der Gesetzgeber nicht den Tod, legt aber insoweit ein

Mindestkriterium für die Organentnahme fest.

Zur Frage der Organentnahme mit Zustimmung anderer Personen:

Die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit der postmortalen Organspende

muß zum einen dem über den Tod hinaus fortwirkenden

Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen Rechnung tragen. Deshalb hat die

zu Lebzeiten abgegebene Erklärung zur Organspende absolute Priorität und

ist von jedermann strikt zu beachten. Zum anderen soll das

Transplantationsgesetz auch die weitaus überwiegende Zahl der Fälle, in

denen der Verstorbene zu Lebzeiten - aus welchen Gründen auch immer -

keine offizielle Erklärung zur Organspende abgegeben hatte, sach


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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gerecht und ausgewogen regeln. Dazu gehört auch die Einbeziehung der

nächsten Angehörigen des Verstorbenen.

Die mit Verabschiedung des Gesetzes einsetzende Aufklärung über die

Transplantationsmedizin und die Motivierung der Bevölkerung zur Abgabe

einer Erklärung zur Organspende wird nach unserer Überzeugung dazu

führen, daß zukünftig die überwiegende Zahl von Organentnahmen mit

ausdrücklicher Zustimmung der Spender erfolgen werden. Da aktuell aber

lediglich 1 % aller Organentnahmen aufgrund einer ausdrücklichen

Einwilligung des Organspenders erfolgen, würde eine enge

Zustimmungslösung zu einem Erliegen der Transplantationsmedizin in

Deutschland führen. In diesem Zusammenhang dürfen wir die Patienten

nicht vergessen, die auf den Wartelisten mit einer kurzen

Lebenserwartung stehen. Für diese Menschen käme dann jede Hilfe zu spät,

da die Spendenbereitschaft unserer Bevölkerung nicht ad hoc spürbar

erhöht werden kann. Wir dürfen in diesem Zusammenhang auch nicht

vergessen, daß es in Europa kein Land gibt, das die enge

Zustimmungslösung praktiziert. Da Deutschland bereits jetzt ein

,,Organimportland" ist, würden wir in Deutschland auf Organe

zurückgreifen, die im benachbarten Ausland, beispielsweise aufgrund

einer Widerspruchslösung, entnommen wurden. Dies halten wir für ethisch

nicht verantwortbar.

Der von uns unterstützte Antrag zur Ausfüllung der 1/21/2 3 und 4 des

Transplantationsgesetzes ist in sich schlüssig, gibt den Beteiligten

Rechtssicherheit und baut damit Verunsicherung ab.

Manfred Opel (SPD): Ich stimme gegen die sogenannte erweiterte

Zustimmungslösung. Meine übergeordnete Absicht ist es, die

Organspendebereitschaft unserer Bevölkerung entscheidend zu fördern.

Gleichzeitig ist es für mich unzweifelhaft richtig, daß lebensfähige

Organe niemals einem toten Gesamtorganismus entnommen werden können. Da

diese Organentnahme gesetzlich eindeutig geregelt werden muß, gilt es,

die Entnahmefähigkeit zu einem Zeitpunkt zu schaffen, wo einerseits der

Gesamttod noch nicht eingetreten ist und andererseits eine irreversible

Versagensfunktion, besonders des Gehirns, gegeben ist.

Alleine die Diskussion über den 1/2 218 StGB zeigt uns eine

bemerkenswerte Diskrepanz. Genau jene, die das Leben ,,von der ersten

Zelle an" begreifen, möchten den Tod ,,vor dem Absterben der letzten

Zelle" juristisch definieren. Da es sich bei der Organentnahme ohne

jeden Zweifel um die Entnahme noch lebender Körperteile handelt, hat

logischerweise nur das betroffene Individuum das Recht, über einen

solchen Eingriff zu entscheiden. Ich lehne daher den Begriff ,,enge

Zustimmungslösung" ab. Es ist eine ,,persönliche Zustimmung", die

natürlich nur vorab gegeben werden kann.

Da jede und jeder von uns als Spender oder Empfänger betroffen sein

kann, brauchen wir äußersten Vertrauensschutz. Der ist nur zu erreichen,

wenn die persönliche Verantwortung über jeden Zweifel erhaben und unter

rechtlichen Schutz gestellt wird. Genau das erreicht die sogenannte

erweiterte Zustimmungslösung nicht. Ich befürchte, daß die Organ-

Spendebereitschaft nicht auf das erforderliche Niveau ansteigt, wenn es

uns nicht gelingt, die persönliche Verantwortung für das eigene Sterben

zu festigen. Die Angst der Menschen, gerade in einem wehrlosen Zustand

des Sterbeprozesses in eine Art ,,Opferrolle" zu geraten, wird die

Menschen vermehrt dazu bringen, zu verfügen, daß sie sich persönlich

einer Organentnahme versagen. Diese Schwelle überwindet dann auch die

sogenannte erweiterte Zustimmungslösung nicht. Da ich eine positive

Entscheidung zur Organspende möchte, ist die ,,erweiterte

Zustimmungslösung" ein Irrweg.

Anlage 3 Erkl\arung

des Abgeordneten Berthold Wittich (SPD)

zur namentlichen Abstimmung

\uber die \Anderungsantr\age zu \sp 3 TPG

- Drucksachen 13/8025 und 13/8027 -

Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufgef\uhrt.

Ich erkl\are, da\ss ich an der Abstimmung teilgenommen habe und es mein

Wille war, den Antrag der Abgeordneten Seehofer und Dre\ssler zu

unterst\utzen.

Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Walter Hirche auf die Fra-

ge des Abgeordneten Wolfgang Behrendt (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

1):

Wie weit sind die Planungen auf europäischer Ebene für den sog.

European Pressurized Water Reactor (EPR) gediehen, und trifft es zu, daß

die Bundesregierung für den EPR eine standortunabhängige

Typengenehmigung in Erwägung zieht?

Der European Pressurized Water Reactor (EPR) ist ein deutsch-

französisches Industrieprojekt; insoweit gibt es keine Planungen auf

gesamteuropäischer Ebene. Die industrieseitigen Planungen für den EPR

haben 1993 zur Vorlage des Konzeptes und vor kurzem zum Abschluß der

ersten Phase der Basisauslegung geführt. Die deutschen und französischen

Sicherheitsbehörden arbeiten daran, gemeinsame Sicherheitsanforderungen

für künftige Kernkraftwerke festzulegen.

In dem im Rahmen der Energiekonsensgespräche von Vertretern der

Bundesregierung und der SPD erstellten Entwurf der Arbeitsgruppe für

eine Verständigung vom 1. Februar 1997 wird vorgeschlagen, im

Zusammenhang mit einer schon aus EU-rechtlichen Gründen notwendigen

Novellierung des Atomgesetzes u. a. die Frage ,,Typengenehmigung

(standortunabhängige Konzeptprüfung)" zu regeln.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Frage

der Abgeordneten Dr. Angela Schwall-Düren (SPD) (Drucksache 13/8004

Frage 2):

Stellt die Bundesregierung Forschungsgelder zur Erforschung der

Brennstoffzellentechnik zur Verfügung, und wenn ja, welche Summen?

Die Förderung der Brennstoffzellenentwicklung des Bundesministeriums

für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) ist aus

Gründen des effektiven Mitteleinsatzes und in Abstimmung mit der

deutschen Industrien auf drei Varianten konzentriert: Für den Einsatz im

Kraftwerksbereich wird die Entwicklung der Schmelzkarbonat-

Brennstoffzelle (MCFC) und der Oxidkeramik-Brennstoffzelle (SOFC)

gefördert, bei denen neben elektrischer Energie auch Wärme im

Hochtemperaturbereich (600 bzw. 900 C) ausgekoppelt werden kann.

Insbesondere für den mobilen Einsatz eignet sich die Polymermembran-

Brennstoffzelle (PEM) mit einer Arbeitstemperatur von etwa 80 C, die

seit 1994 im Rahmen eines breit angelegten BMBF-Verbundprojekts

weiterentwickelt wird.

Das BMBF hat zur Förderung der Brennstoffzellentechnik seit 1988 rund

78,6 Mio. DM an direkten Projektmitteln vergeben:

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

(Mio. DM) 0,3 2,7 1,3 5,7 7,0 11,3 16,1 17,5 16,7

Im Haushalt 1997 sind Fördermittel in Höhe von 18 Mio. DM eingeplant.

Darüber hinaus wird die Brennstoffzellentechnik in Zentren der Hermann

von Helmholtz-Gemeinschaft weiterentwickelt. Im Rahmen der

Grundfinanzierung dieser Forschungszentren werden Finanzmittel in etwa

gleicher Höhe der genannten direkten Projektmittel bereitgestellt.

Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Frage

des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 3):

Inwieweit stellt die von der Bundesregierung mit rd. 1,4 Mio. DM

geförderte dachintegrierte Photovoltaikanlage auf der Neuen Messe

München eine besondere technologische Herausforderung dar (vgl. Antwort

auf meine Frage 26 in Drucksache 13/7454), und welchen technologischen

Erkenntnisgewinn erwartet die Bundesregierung durch diese Anlage?

Das Vorhaben stellt derzeit mit 1 MW Spitzenleistung weltweit die

größte und mit spezifischen Kosten von 14 000 DM pro Kilowatt

Nennleistung eine sehr kostengünstige Photovoltaik-Aufdachanlage dar. In

der Realisierung dieser Pilotanlage kommen erstmals u. a. folgende

technische Verbesserungen zum Einsatz:

Die 7 812 monokristallinen Solarmodule sind werkseitig mit im Modul

integrierten Kabelanschlüssen ausgestattet, die vor Ort ohne

Spezialwerkzeug berührungssicher verschaltet werden können. Dadurch wird

der Montageaufwand wesentlich rationalisiert und die Arbeitssicherheit

erhöht.

Die Gewichtsreduzierungen der rahmenlos und mit dünnerem Glas

hergestellten Module stellen reduzierte Ansprüche an die Statik. Sie

erlauben außerdem den rationelleren Transport und die vereinfachte

Montage der Solarmodule durch eine einzelne Arbeitskraft.

Die zentrale Wechselrichtereinheit besteht aus drei Wechselrichtern

gleicher Leistung, deren Betriebsweise der anfallenden Solarleistung

flexibel angepaßt werden kann. Dieses Konzept (sog. ,,Master-Slave-

Betrieb") verbessert vor allem den Wirkungsgrad des bei Solaranlagen

überwiegend auftretenden Teillastbetriebs. Durch den rotierenden Einsatz

jeweils eines der Wechselrichter als sog. ,,Master" läßt sich das

Serviceintervall der Wechselrichtergeräte insgesamt um 60 % reduzieren.

Insgesamt wird durch das Zusammenwirken der genannten Maßnahmen eine

Verringerung der Investitions- und Betriebskosten sowie eine höhere

Stromausbeute erzielt. In einem detaillierten Meßprogramm sollen über

einen Auswertungszeitraum von zwei Jahren die genannten Vorteile

verifiziert und die Betriebseigenschaften der Anlage ausgewertet werden.

Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage

des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/CSU) (Drucksache 13/8004 Frage 4):

Trifft nach Kenntnis der Bundesregierung der Bericht in der

,,Rheinischen Post" vom 10. Juni 1997 zu, nach dem sich die Koalition

verabredet hat, die Leistungen für Reha-Kuren um 1,4 Mrd. DM aus Mitteln

der Rentenversicherung aufzustocken?

Es trifft zu, daß im Zusammenhang mit der Gesetzesinitiative der Länder

Bayern und Baden-Württemberg im Bundesrat Gespräche über eine

Veränderung der Regelung zur Ausgabenbegrenzung für Leistungen zur

Rehabilitation der Rentenversicherung geführt worden sind. Als Ergebnis

dieser Gespräche soll durch einen Änderungsantrag der

Koalitionsfraktionen der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des

Sechsten Buches Sozialgesetzbuch mit folgendem Inhalt geändert werden:

Die Höchstausgaben für Leistungen zur Rehabilitation in den Jahren 1998

und 1999 werden gegenüber dem mit dem WFG\9 1999 vorgegebenen

Ausgabenrahmen angehoben. Danach soll sich der Ausgabenrahmen für das

Jahr 1998 um 450 Mio. DM und für das Jahr 1999 nochmals um 450 Mio. DM

erhöhen, so daß für 1999 insgesamt zusätzlich 900 Mio. DM zur Verfügung

stehen. Ab dem Jahr 2000 bleibt es bei


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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dieser Erhöhung. Der Erhöhungsbetrag soll entsprechend der jeweiligen

Lohnentwicklung fortgeschrieben werden, erstmals im Jahr 2000.

Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage

der Abgeordneten Heidemarie Lüth (PDS) (Drucksache 13/8004 Frage 5):

Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß einem Arbeitslosen, der

sich mehr als 18 Stunden pro Woche einer ehrenamtlichen Tätigkeit

widmet, das Arbeitslosengeld mit der Begründung gestrichen werden kann,

er stehe nicht mehr zur schnellen Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt zur

Verfügung (vgl. ,,Oschatzer Allgemeine" vom 6. Juni 1997), und sieht die

Bundesregierung insoweit Handlungsbedarf, um das ehrenamtliche

Engagement Arbeitsloser besser zu fördern?

Unter der Bezeichnung ,,ehrenamtliche Tätigkeit" verbirgt sich eine

Vielzahl unterschiedlichster Arten von Betätigungen. Eine

allgemeingültige Definition der ,,ehrenamtlichen Tätigkeit" gibt es

nicht. Ihre Frage läßt sich deshalb losgelöst von den konkreten

Umständen des jeweiligen Einzelfalles, nicht korrekt beantworten.

Abstrakt gilt folgende Rechtslage: Ein Arbeitnehmer, der für einen

Anderen Arbeits- bzw. Dienstleistungen erbringt, ist nicht (mehr)

arbeitslos im Sinne der Arbeitslosenversicherung, wenn der zeitliche

Umfang der Dienstleistung 18 Wochenstunden erreicht oder übersteigt.

Ob derjenige, dem die Dienstleistung zugute kommt, als Gegenleistung ein

angemessenes oder ein unangemessenes Entgelt bezahlt oder diese ggf.

überhaupt nicht entlohnt (die Arbeitsleitung also ,,ehrenamtlich"

entgegennimmt), ist dabei ebensowenig von Belang wie die Frage, aus

welchen Motiven der Arbeitnehmer, der die Arbeit leistet, auf eine

(angemessene) Entlohnung verzichtet.

Arbeitsleistungen in einem Umfange von 18 Wochenstunden und mehr

schließen in aller Regel aus, daß sich ein Arbeitloser daneben in

hinreichendem Umfange einerseits seiner Verpflichtung widmet, sich

selbst um die Beendigung seiner Arbeitslosigkeit zu bemühen und

andererseits der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen.

Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Wighard Härdtl auf die Frage des

Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 12):

Welche konkreten Maßnahmen und Projekte plant die Bundesregierung

derzeit hinsichtlich des zukünftigen Ausbaus der Bundesstadt Bonn als

Nord-Süd-Zentrum, und wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag,

einen Beauftragten für den Ausbau des Nord-Süd-Zentrums zu installieren?

1. Im Hinblick auf die Vielzahl der mittlerweile in der Region Bonn

angesiedelten nationalen und internationalen Institutionen bezeichnet

die Bundesregierung inzwischen den im Berlin/Bonn-Gesetz als eine

Ausgleichsmaßnahme für die Region Bonn beschlossenen ,,Standort für

Entwicklungspolitik, nationale, internationale und supranationale

Einrichtungen" als ,,Zentrum für internationale Zusammenarbeit".

2. Beim Ausbau der Region Bonn zu einem Zentrum für internationale

Zusammenarbeit konnten bisher einige Erfolge erzielt werden. Derzeit

haben folgende internationale Einrichtungen ihren Sitz in Bonn:

- Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen (UNV)

- Sekretariat der Klimarahmenkonvention (KRK)

- Sekretariat der Bonner Konvention über die wandernden wildlebenden

Tierarten (CMS) und Sekretariat zum Schutz der Fledermäuse in Europa

- UN-Informationsbüro

Die Bundesregierung bemüht sich auch weiterhin um die Ansiedlung

internationaler Organisationen:

- Im Mittelpunkt der derzeitigen Bemühungen steht die Bewerbung der

Bundesrepublik um den Sitz des Sekretariats der Konvention zur

Bekämpfung der Wüstenbildung. Neben Bonn stehen die Städte Montreal und

Murcia in Spanien zur Wahl. Die Sitzentscheidung wird bei der ersten

Vertragsstaatenkonferenz Ende September in Rom getroffen.

- Außerdem erarbeitet die Bundesregierung ein offizielles Angebot zur

Ansiedlung des Sekretariats zum Schutz von Mensch und Umwelt in

Entwicklungsländern vor gefährlichen Chemikalien (PIC-Convention). Das

Sekretariat soll am 1. Juli 1998 mit etwa 20 Beschäftigten seine Arbeit

aufnehmen. Neben Bonn haben Genf und Wien ihr Interesse bekundet.

- Die Bundesregierung ist des weiteren bereit, sich mit Mitteln der

Ausgleichsvereinbarung für die Region Bonn (Bereitstellung einer

mietfreien Liegenschaft) an den Kosten der Ansiedlung der Versammlung

der Regionen Europas (VRE) zu beteiligen, falls diese das Sitzangebot

der Stadt Bonn annimmt.

3. Die wesentlichen Voraussetzungen für den Umzug des Deutschen

Instituts für Entwicklungspolitik, des Deutschen Entwicklungsdienstes

und der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung von Berlin

nach Bonn sind geschaffen. Letztere hat bereits Anfang dieses Jahres

ihren Sitz offiziell nach Bonn verlegt. Die weiteren Schritte zum Umzug

dieser drei Einrichtungen werden zusammen mit den betroffenen

Bundesländern zügig vorangetrieben.

Das Zentrum für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn befindet

sich im Aufbau. Die Bundesregierung hat sich bereiterklärt, die

Förderung von Postgraduiertenstipendien für Personen aus

Entwicklungsländern zu unterstützen.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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4. Die Bundesregierung unterstützt die Entstehung von Synergieeffekten

durch eine stärkere Vernetzung des enger werdenden

Institutionengeflechts in der Region durch aktiven Dialog und

Zusammenarbeit mit den Institutionen. Diese Aufgabe nehmen die Ressorts

im Rahmen ihrer Eigenverantwortung in enger Abstimmung wahr. Die

Berufung eines zusätzlichen Beauftragten ist dabei weder sachlich

notwendig noch zweckmäßig.

Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Wighard Härdtl auf die Fragen des

Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Drucksache 13/8004 Fragen 13

und 14):

Wie hat sich die Anzahl der Projektverwaltungsbüros der Deutschen

Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH in der Zeit von

1985 bis 1997 entwickelt?

Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit die noch

bestehenden hohen Effizienzreserven bei der Deutschen Gesellschaft für

Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH im Hinblick auf eine größere

Wirtschaftlichkeit und auf Einsparungen besser ausgeschöpft werden

können?

Zu Frage 13:

Im Jahre 1985 hatte die GTZ 17 Projektverwaltungsbüros und 2

Servicestellen; Mitte Juni 1997 waren es insgesamt 60 Außenbüros.

Zu Frage 14:

Die Bundesregierung unterstützt die Geschäftsführung der GTZ bei den

von ihr eingeleiteten Maßnahmen zur Effizienzerhöhung und zur

Kostensenkung. So werden wichtige, bislang in der GTZ-Zentrale

wahrgenommene Aufgaben an Projekte und Büros in den Partnerländern

übertragen. In der Zentrale wird im Gegenzug Personal abgebaut;

notwendige Entscheidungen werden künftig verstärkt von fach- und

ortskundigen Mitarbeitern ,,vor Ort" getroffen.

Diese Unternehmensreform der GTZ wurde vom Aufsichtsrat, dem auch

Abgeordnete des Bundestages angehören, einvernehmlich gebilligt.

Die Zielrichtung, durch Verlagerung von Aufgaben und Entscheidungen von

der Zentrale auf Büros in den Partnerländern zu einer besseren

entwicklungspolitischen Wirksamkeit zu kommen, wird inzwischen auch von

einer Reihe anderer Organisationen (insb. der Weltbank) verfolgt.

Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die

Fragen des Abgeordneten Günter Graf (Friesoythe) (SPD) (Drucksache

13/8004 Fragen 19 und 20):

Trifft es zu, daß nachfolgende Verbandsstandorte des

Bundesgrenzschutzes in Bayern von einer Komplettauflösung - den

Überlegungen des Bundesministeriums des Innern zufolge - nicht betroffen

sein sollen, und zwar

- Rosenheim,

- Deggendorf,

- Bayreuth,

- Oerlenbach?

Wenn ja, welche sachlichen Überlegungen haben zu dieser Entscheidung

geführt?

Die Standortentscheidung im Zuge der Neuorganisation des

Bundesgrenzschutzes werden unter sorgfältiger Abwägung sachlicher

Kriterien und polizeilicher Notwendigkeiten im Hinblick auf die

gesetzliche Aufgabenerfüllung des BGS getroffen; zu den derzeitigen

Spekulationen wird nicht im einzelnen Stellung genommen; dies stünde der

Arbeit an einem Gesamtkonzept entgegen.

Derzeit wird eine Konzeption zu den künftigen Standorten unter

Einbeziehung der Stellungnahmen zu dem BGS-Entscheidungskonzept

erarbeitet. Alle maßgeblichen Daten werden erhoben und ausgewertet.

Eine Entscheidung des Bundesministeriums des Innern in Bezug auf die

Standorte des Bundesgrenzschutzes ist noch nicht erfolgt.

Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage

des Abgeordneten Heinz Schmitt (Berg) (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

21):

Ist es richtig, daß die Bundesregierung im Rahmen der anstehenden

Neustrukturierung des Bundesgrenzschutzes (BGS) einen Rückzug aus dem

ländlichen Raum - etwa der Südpfalz - plant, und wenn ja, wer übernimmt

die Aufgaben, die derzeit vom BGS - etwa bei der Bahnpolizei -

wahrgenommen werden, in Zukunft?

Dies ist nicht richtig.

Im Zuge der Reform des BGS ist eine flächendeckene Neuorganisation auf

der untersten Ebene in Form von Inspektionen vorgesehen. Die

Neuorganisation richtet sich in erster Linie nach der Aufgabenstruktur,

den kriminalgeographischen Gegebenheiten und der sich daraus ergebenden

Personalausstattung. Vorrangiges Ziel ist es, einen an den Schwerpunkten

ausgerichteten zielgenauen Einsatz der Vollzugskräfte des BGS zu

gewährleisten. Damit soll eine verbesserte polizeiliche Präsenz auf

Bahnhöfen, an Bahnstrecken und in Zügen der Deutschen Bahn AG erreicht

werden. Eine Verringerung der polizeilichen Präsenz ist auch im

ländlichen Raum weder beabsichtigt noch zu befürchten. Vielmehr ist für

die Wahrnehmung der bahnpolizeilichen Aufgaben des BGS bundesweit eine

personelle Aufstockung um ca. 750 Polizeivollzugsbeamte vorgesehen. Das

Bundesministerium des Innern wird in Kürze ein umfassendes Konzept über

die künftige Organisation einschließlich der Standorte des BGS vorlegen.

Eine vorgezogene Aussage zu einzelnen Standorten kann auf Grund der

inhaltichen Zusammenhänge nicht in Betracht kommen.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

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Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die

Fragen des Abgeordneten Wieland Sorge (SPD) (Drucksache 13/8004 Fragen

22 und 23):

Wie will sich die Bundesregierung zukünftig an dem Erhalt der

Sportanlagen in Berlin beteiligen, denen eine besondere Bedeutung und

Funktion für die Hauptstadt zukommt?

Wie fügt die Bundesregierung ihr Engagement für die Sportstätten in

Berlin in das Gesamtkonzept zur Sanierung der Sportanlagen in den neuen

Bundesländern ein?

Zu Frage 22:

Die Bundesregierung beteiligt sich angemessen an dem Erhalt der

Sportanlagen in Berlin, soweit ihre Förderkompetenz gegeben ist, d. h.

bei Sportstätten für den Hochleistungssport (Olympiastützpunkt und

Bundesstützpunkte in den Sportkomplexen Sportforum Hohenschönhausen,

Paul-Heyse-Straße und Grünau) nach Maßgabe sportfachlicher Prioritäten

und finanzieller Möglichkeiten. Eine Finanzierungsbeteiligung für

1997/1998 ist dem Senat von Berlin (Maßnahmeträger) grundsätzlich in

Aussicht gestellt worden. Ein Termin unter Beteiligung des Deutschen

Sportbundes - Geschäftsbereich Leistungssport - zur Abstimmung konkreter

Maßnahmen ist für den 16. Juli 1997 in Berlin vorgesehen.

Eine weitergehende Zuständigkeit des Bundes, insbesondere für

Sportstätten des Breitensports ist - wie bekannt - nicht gegeben.

Für die Bundesregierung steht darüber hinaus fest, daß eine finanzielle

Beteiligung an der Sanierung des Olympiastadions in Berlin aus Mitteln

des Sportetats des Bundesministerium des Innern nicht in Betracht kommt.

Zu Frage 23:

Das Engagement der Bundesregierung zur Erhaltung von Sportstätten des

Hochleistungssports in Berlin fügt sich organisch in das Gesamtkonzept

zur Sanierung der Sportanlagen im übrigen Beitrittsgebiet ein. Der

besonderen Bedeutung Berlins als herausragender traditioneller und

aktueller Standort des Hochleistungssports (Vielzahl der Sportarten,

Kader- und Nachwuchskonzentration) wird hierbei Rechnung getragen. Dabei

wird sichergestellt, daß andere bedeutende Sportleistungszentren in den

neuen Ländern nicht zurückstehen.

Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die

Fragen des Abgeordneten Klaus Lohmann (Witten) (SPD) (Drucksache 13/8004

Fragen 25 und 26):

Warum ist bislang noch kein Termin vereinbart worden, um die Ergebnisse

des ,,Runden Tisches von Sport und Wirtschaft" (vom 13. Februar 1996

verabredungsgemäß nach einem Jahr zu bewerten?

Welchen Anteil hat der Bundeskanzler an den Ergebnissen des ,,Runden

Tisches" vom 13. Februar 1996 und an dem Nichtzustandekommen der

Überprüfungsrunde?

Zu Frage 25:

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hat im Februar 1996 zum ,,Runden Tisch

des Sports" eingeladen. Die Teilnehmer von Sport, Wirtschaft und Medien

erklärten dabei ihre Bereitschaft zu einer partnerschaftlichen

Zusammenarbeit. Der Initiativkreis ,,Sport und Wirtschft" wurde am Ende

der Veranstaltung gegründet.

Bisher haben die Mitglieder des Initiativkreises noch nicht um ein

Zusammentreffen mit dem Bundeskanzler gebeten.

Die Geschäftsstelle des Initiativkreises informiert jedoch regelmäßig

über dessen Arbeit und den Fortgang der Projekte.

Zu Frage 26:

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hatte zum ,,Runden Tisch des Sports"

eingeladen, um die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports und der

ihn tragenden Vereine zu unterstreichen sowie für eine dauerhafte

fruchtbare Partnerschaft der am Runden Tisch versammelten Teilnehmer zu

werben. Sein Engagement wurde von seiten des Sports und der Wirtschaft

ausdrücklich positiv gewürdigt.

Wegen der bisher noch nicht stattgefundenen Überprüfungsrunde wird auf

die Antwort zu Fra-

ge 25 verwiesen.

Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die

Frage des Abgeordneten Wolfgang Behrendt (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

29):

Wie viele Wohnungen und Häuser, die im Besitz des Bundes sind, sind zur

Zeit in Berlin nicht vermietet, und wie lange ist die durchschnittliche

Dauer des Leerstandes?

Insgesamt stehen 1373 Wohnungen leer, das sind rd. 10 % der dem Bund

gehörenden Wohnungen. Die Dauer des Leerstandes ist unterschiedlich und

hängt ausschließlich von den Gründen des Leerstandes ab. Der Hauptgrund

sind Baumaßnahmen. Davon sind allein 820 Wohnungen - rd. 60 % des

Gesamtleerstandes - betroffen. Die Dauer hängt vom jeweils

erforderlichen Umfang der Baumaßnahme ab und schwankt zwischen 3 - 12

Monaten. Rund 400 Wohnungen - ca. 30 % der nicht genutzten Wohnungen -

werden entsprechend dem Beschluß des Ältestenrates des Deutschen

Bundestages vom 17. Januar 1994 (Drucksache des Deutschen Bundestages

12/6615 vom 20. Januar 1994) zum Verkauf an Umzugsbetroffene

vorgehalten. Der Verkauf hat inzwischen begonnen. Der übrige Leerstand

ist bedingt durch nor


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16514

male Mieterfluktuation, durch ungeklärte Eigentumsverhältnisse im

Ostteil Berlins (Dauerleerstand) sowie wegen Verhandlungen über den

Verkauf sog. übergroßer Einfamilienhäuser, die für

Wohnungsfürsorgezwecke nicht geeignet sind.

Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die

Fragen des Abgeordneten Karl Diller (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 30

und 31):

Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die sog.

Platzhalterlösung für die Lufthansa-Aktien des Bundes bei der

Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wegen der Kapitalmarktfinanzierung

durch die KfW wirtschaftlich einer Kreditaufnahme durch den Bund

gleichkommt und insoweit auch in die Kreditobergrenze nach Artikel 115

Grundgesetz einzubeziehen ist?

Wie begründet die Bundesregierung ggf. eine andere Auffassung?

Zu Frage 30:

Nein.

Zu Frage 31:

Bei dem Verkauf von 1 36152980 Lufthansa-Aktien des Bundes im Dezember

1996 zu einem Preis von 2100091 640 DM handelt es sich um die

Veräußerung einer Bundesbeteiligung im Sinne der Bundeshaushaltsordnung.

Wie bei jeder anderen Veräußerung von Bundesanteilen ist auch hier

durch den Verkauf das Eigentum des Bundes gegen einen angemessenen

Kaufpreis auf den Käufer übergegangen. Der Bund hat damit auf Dauer

seine Eigentumsrechte an den Anteilen verloren. Es liegt somit eine

normale Einnahme von Privatisierungserlösen vor.

Auch aus der Kapitalmarktfinanzierung des Kaufpreises durch die KfW

sind keine Anhaltspunkte für eine verdeckte Kreditaufnahme ableitbar.

Bei den bei der Privatisierung von Bundesbeteiligungen im Regelfall

anstehenden Volumina ist es im Gegenteil als normal und üblich

anzusehen, daß ein Erwerber den Kaufpreis ganz oder teilweise am

Kapitalmarkt refinanziert.

Eine Kapitalmarktrefinanzierung des Kaufpreises durch die KfW kommt

nicht einer Kreditaufnahme durch den Bund gleich und ist nicht in die

Kreditobergrenze nach Artikel 115 GG einzubeziehen.

Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die

Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

32):

Bis wann sollen für die von der Bundesregierung betriebene Veräußerung

der Deutschen Eisenbahn Wohnungsgesellschaft (EWG) mbH und deren

Tochterunternehmen Siedlungsgesellschaft für das Verkehrspersonal

(SIEGE) Mainz jeweils die Wertermittlung, die Festlegung der zu

verkaufenden Anteile und die Ausschreibung abgeschlossen sowie konkrete

Verkaufsverhandlungen mit Kaufinteressenten aufgenommen werden, und in

welcher Größenordnung sollen aus dem Verkauf von Anteilen dieser

Wohnungsbaugesellschaften Einnahmen für den Bundeshaushalt erzielt

werden?

Die Deutsche Eisenbahn-Wohnungs-Gesellschaft mbH (DEWG) und die

dazugehörenden 18 regionalen Eisenbahn-Wohnungsgesellschaften - darunter

auch die Siedlungsgesellschaft für das Verkehrspersonal (SIEGE) Mainz -

befinden sich im Eigentum des Bundeseisenbahnvermögens (BEV). Das

Bundeseisenbahnvermögen beabsichtigt, noch in diesem Jahr Anteile an der

DEWG zu veräußern. Es hat hierfür im Rahmen einer europaweiten

Ausschreibung eine sach- und branchenkundige sowie transaktionserfahrene

Arbeitsgemeinschaft eingeschaltet, die über einschlägige Erfahrungen im

Privatisierungsbereich verfügt. Diese Arbeitsgemeinschaft hat bereits

eine Wertermittlung durchgeführt und potentielle Investoren

angesprochen.

Das Verkaufsverfahren ist hinsichtlich möglicher Verkaufsvarianten

bewußt offen gestaltet. Die Festlegung der Variante und damit auch der

zu verkaufenden Anteile wird erst im Laufe des Verfahrens erfolgen. Mit

konkreten Verkaufsverhandlungen ist voraussichtlich im September/Oktober

1997 zu rechnen.

Die Einnahmen aus der Privatisierung dienen über den Wirtschaftsplan

des Bundeseisenbahnvermögens letztendlich der Finanzierung der

Schienenwegeinvestitionen. Im Interesse eines fairen Wettbewerbs und zur

Erzielung eines adäquaten Verkaufspreises werden die Anteile an der DEWG

im Rahmen eines objektiven und transparenten Verfahrens veräußert. Es

wäre daher für das Verfahren schädlich, wenn Wertvorstellungen schon vor

Abschluß der Verkaufsverhandlungen diskutiert würden.

Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die

Fragen des Abgeordneten Gerhard Rübenkönig (SPD) (Drucksache 13/8004

Fragen 39 und 40):

Wie hoch war der Anteil der jeweils bis Ende April abgeflossenen

Investitionsausgaben 1995, 1996 und 1997 - gemessen am Sollbetrag der

gesamten Investitionsausgaben im jeweiligen Haushaltsjahr?

Wie hoch waren die jeweiligen Anteile Ende Mai?

Zu Frage 39:

Gemessen am Sollbetrag des jeweiligen Haushaltsjahres waren bis Ende

April in den Jahren

1995 28,1 v. H.,

1996 31,5 v. H.,

1997 36,9 v. H.

der Investitionsausgaben abgeflossen.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16515


Zu Frage 40:

Gemessen am Sollbetrag des jeweiligen Haushaltsjahres waren bis Ende

Mai in den Jahren

1995 34,1 v. H.,

1996 40,0 v. H.,

1997 45,0 v. H.

der Investitionsausgaben abgeflossen.

Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die

Fragen des Abgeordneten Dr. Emil Schnell (SPD) (Drucksache 13/8004

Fragen 41 und 42):

Aus welchen zwingenden Gründen hat die Bundesregierung ihren Anteil an

der gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbaugesellschaft mbH (Deutschbau),

dessen Veräußerung im Haushaltsplan 1997 nicht vorgesehen ist, verkauft,

ohne die für einen solchen Fall gemäß 1/2 65 Abs. 7 der

Bundeshaushaltsordnung grundsätzlich als Voraussetzung vorgeschriebene

Einwilligung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates einzuholen?

Wann und in welcher Form sollen Deutscher Bundestag und Bundesrat gemäß

1/2 65 Abs. 7 der Bundeshaushaltsordnung von der Veräußerung

unterrichtet werden?

Zu Frage 41:

Der Erlös aus dem Verkauf der Beteiligung des Bundes an der

,,Gemeinnützige Deutsche Wohnungsbaugesellschaft mbH" (Deutschbau) von

58,34 % war bereits im Bundeshaushalt 1996 veranschlagt (Kap. 60 02,

Tit. 133 01).

Aufgrund absehbarer Preisoptimierung wurde - unter Einbeziehung neuer

Bieter - die Privatisierung der Deutschbau nicht bis Ende 1996, sondern

im Frühjahr 1997 abgeschlossen.

Da der Deutsche Bundestag und der Bundesrat im Rahmen der Beratungen

des Haushaltsgesetzes 1996 bereits mit der Privatisierung der Deutschbau

zugestimmt hatten, ist - lediglich aufgrund einer zeitlichen Verzögerung

der Privatisierung - eine erneute Befassung der parlamentarischen

Gremien nicht notwendig.

Zu Frage 42:

Grundsätzlich sollen Bundestag und Bundesrat dann von einer Veräußerung

einer Bundesbeteiligung unterrichtet und um Einwilligung gebeten werden,

wenn die Anteile an dem jeweiligen Unternehmen eine besondere Bedeutung

haben, deren Veräußerung im Haushaltsplan nicht vorgesehen ist, und

keine zwingenden Gründe für eine Ausnahme vorliegen.

Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Klaus Rose auf die Frage

des Abgeordneten Heinz Schmitt (Berg) (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

45):

Wie hoch sind die Kosten für die Durchführung der historischen

Offiziersweiterbildung, und hat die Bundesregierung ein Mitspracherecht

bei der Offiziersausbildung und deren Inhalten?

Die historische Bildung in den Streitkräften wird, soweit nicht

lehrgangsgebunden, dezentral in der Verantwortung der Kommandeure

durchgeführt. Anfallende Kosten gehen zu Lasten des Ausbildungstitels

und können nur für den jeweiligen Einsatz beziffert werden.

Der Rahmen für die Durchführung der historischen Bildung in den

Streitkräften ist durch die Weisung des Generalinspekteurs der

Bundeswehr zur Intensivierung der historischen Bildung in den

Streitkräften vom 2. März 1994 vorgegeben. Teilstreitkraftspezifische

Schwerpunkte und Inhalte werden in der Verantwortung der jeweiligen

Führungsstäbe festgelegt.

Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Klaus Rose auf die

Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 13/8004 Fragen 48

und 49):

Zu welchen genauen Zeitpunkten haben die Kommandeure der

Bundeswehreinheiten, die an ,,Restore Hope" in Somalia beteiligt waren,

sowie die Bundeswehrführung erstmals von den kanadischen und

italienischen Übergriffen vor Ort erfahren, die jetzt in der

Öffentlichkeit debattiert werden?

Welche Maßnahmen hat der Bundesminister der Verteidigung in Kenntnis

der jetzt erhobenen Vorwürfe gegen Beteiligte der italienischen und

kanadischen Mission in Somalia bisher ergriffen, und wann hat er das

getan, um definitiv ausschließen zu können, daß im Zusammenhang mit dem

deutschen Beitrag zu UNISOM Berichte auftauchen könnten, die

Untersuchungen nach sich ziehen müßten?

Zu Frage 48:

Bundeswehreinheiten waren nicht an der Operation ,,RESTORE HOPE", die

vom 9. Dezember 1992 bis 3. März 1993 durchgeführt wurde, beteiligt,

sondern nahmen vom 3. Juli 1993 bis 23. März 1994 an UNOSOM II teil.

Dem Bundesministerium der Verteidigung sind abgesehen von älteren

Artikeln (,,International Herald Tribune" vom 12. November 1996;

,,Handelsblatt" vom 18. November 1996; ,,The Independent" vom 26. März

1997), die sich auf die Zeit vor dem Einsatz der Bundeswehr bezogen,

keine aktuellen Presseberichte bekannt, die kanadische Übergriffe

während des Einsatzes in Somalia auf die Bevölkerung vor Ort

debattieren.

Das Bundesministerium der Verteidigung wurde erstmals am 13. Juni 1997

über Behauptungen in der


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16516

italienischen Presse, daß deutsche Soldaten an angeblichen

Ausschreitungen italienischer Soldaten gegenüber Somalis beteiligt sein

sollten, in Kenntnis gesetzt.

Die Kommandeure der beiden deutschen UNOSOM II-Kontingente erklärten,

von kanadischen Übergriffen in den Jahren 1995/1996 aus der Presse und

von Übergriffen italienischer Soldaten erst vor ca. 14 Tagen ebenfalls

aus der Presse erfahren zu haben.

Zu Frage 49:

Am 13. Juni 1997 gingen am frühen Nachmittag Informationen ein, daß in

der italienischen Presse berichtet worden sei, daß auch deutsche

Soldaten des UNOSOM II-Kontingents an Ausschreitungen italienischer

Soldaten gegenüber der somalischen Zivilbevölkerung beteiligt gewesen

seien. Am 16. Juni 1997 berichtete dazu auch die deutsche Presse.

Eine im Bundesministerium der Verteidigung noch am 13. Juni 1997

angestellte erste Untersuchung ergab, daß aufgrund vorliegender

Erkenntnisse keine Hinweise auf eine mögliche Beteiligung deutscher

Soldaten an in der Presse dargestellten Aktionen italienischer Soldaten

vorlagen.

Die Kommandeure der deutschen UNOSOM II-Kontingente, ihre

Stellvertreter sowie weitere Soldaten wurden am 16. Juni 1997 zu den

Anschuldigungen informiert und bis zum Folgetag zu schriftlichen

Stellungnahmen aufgefordert.

Herr Staatssekretär Dr. Wichert wandte sich ebenfalls am 16. Juni 1997

mit einem Schreiben an seinen italienischen Amtskollegen, Herrn Senatore

Massimo Brutti, mit der Bitte, alle Anhaltspunkte, die auf eine

Beteiligung deutscher Soldaten hinweisen könnten, unverzüglich

mitzuteilen.

Nach Auswertung des zur Verfügung stehenden Aktenbestandes, wie

Einsatztagebücher der deutschen UNOSOM II-Kontingente und Aussagen

möglicher Zeugen, ergeben sich für eine Bestätigung der in der Presse

gegen deutsche Soldaten erhobenen Vorwürfe keinerlei Anhaltspunkte.

Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl

auf die Fragen der Abgeordneten Waltraud Lehn (SPD) (Drucksache 13/8004

Fragen 52 und 53):

Ist der Bundesregierung die Tatsache bekannt, daß seit dem 1. Januar

1997 die Krankenkassen nur noch Geburtsvorbereitungskurse bezahlen, die

von Hebammen durchgeführt werden, während die Kosten für Kursangebote

anderer Anbieter nicht mehr übernommen werden?

Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, daß als Folge davon eine

flächendeckende Versorgung nicht mehr gewährleistet ist und nur noch

Eltern, die über eine hohe Mobilität verfügen und es sich finanziell

erlauben können, Geburtsvorbereitungskurse ihrer Wahl besuchen können?

Zu Frage 52:

Ich nehme an, daß Geburtsvorbereitungskurse, die nicht von Hebammen

durchgeführt werden, von der Krankenkasse im Rahmen der

Gesundheitsförderung finanziert worden sind. Diese Leistungen sind mit

dem 1. Januar 1997 aufgrund des Beitragsentlastungsgesetzes weggefallen.

Die im Rahmen der Hebammenhilfe zu erbringende Unterweisung in

Geburtsvorbereitung wird von der Krankenkasse dagegen voll übernommen.

Zu Frage 53:

Ich gehe davon aus, daß auch künftig eine flächendeckende Versorgung

mit Geburtsvorbereitungskursen für Versicherte gewährleistet sein wird.

Die von Hebammen durchgeführten Geburtsvorbereitungskurse sind für die

gesetzlich Krankenversicherten zuzahlungsfrei und werden vollständig von

den Krankenkassen finanziert, so daß auch bei diesen Leistungen niemand

aus Einkommensgründen ausgeschlossen wird. Darüber hinaus wird den

Krankenkassen mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz, das am 1. Juli 1997 in

Kraft treten wird, die Möglichkeit gegeben, ihren Versicherten

versichertenfinanzierte Satzungsleistungen anzubieten. In diesem Rahmen

können auch die durch das Beitragsentlastungsgesetz gestrichenen

Gesundheitsförderungsmaßnahmen per Satzung wieder eingeführt werden,

wenn auch künftig nur noch aus Versichertenbeiträgen finanziert.

Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die

Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

54):

Kann die Bundesregierung bestätigen, daß durch die mit der Bahnreform

vorgenommene gesetzliche Neuregelung des Eisenbahnwesens die bisher von

der Deutschen Bahn AG wahrgenommenen Aufgaben des Brandschutzes entlang

der Bahngleise den Kommunen übertragen werden, und demzufolge die

Kommunen finanzielle Mittel für die Ausstattung ihrer Feuerwehren und

die Schulung des Feuerwehrpersonals bereitstellen müßten?

Nein; aus der grundgesetzlich geregelten Kompetenzverteilung zwischen

Bund und Ländern folgt, daß der abwehrende Brandschutz als Materie der

allgemeinen öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundsätzlich Sache der

Länder ist. Das Eisenbahnneuordnungsgesetz hat daran nichts geändert.

Auch aus aktuellen Verhältnissen des Eisenbahnbetriebs ergeben sich

keine Veränderungen. Lediglich die Organisation für die Behandlung von

Notfallsituationen ist bei der DB AG im Rahmen des Aufbaus ihres

Notfallmanagements geändert worden. Auf die Kommunen kommen damit keine

höheren Kosten zu. Die DB AG betrachtet den im Jahre 1984 zwischen der

Deutschen Bundesbahn und der Bundesvereinigung der kommunalen

Spitzenverbände vereinbarten Maßnahmenkatalog weiterhin als Grundlage

für die Zusammenarbeit.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16517


Anlage 24 Antwort

des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die Frage der Abgeordneten

Karin Rehbock-Zureich (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 59):

Wie beurteilt die Bundesregierung - insbesondere im Hinblick auf die

finanziellen Engpässe im Bundesverkehrshaushalt - die Möglichkeit, die

derzeitigen Planungen für eine vierspurige Autobahn-Verbindungsspange B

535 zwischen Schwetzingen und Plankstadt derart zu modifizieren, daß

eine weitaus günstigere und deshalb rascher zu realisierende zweispurige

Umgehungsstraße in dem oben beschriebenen Bereich bewerkstelligt werden

kann?

Die B 535, Ortsumgehung Schwetzingen-Plankstadt, ist im Bedarfsplan für

die Bundesfernstraßen 4streifig in der Stufe ,,Vordringlicher Bedarf"

enthalten. Diese Vorgaben des Gesetzgebers sind verbindlich.

Ebenfalls ist die Maßnahme mit einem Anlaufbetrag im Fünfjahresplan für

den Ausbau der Bundesfernstraßen als mittelfristiges Bauprogramm des

Bundesministeriums für Verkehr eingeplant. Inwieweit der nach dem

Fünfjahresplan gegen Ende seiner Laufzeit beabsichtigte Baubeginn

realisiert werden kann, hängt vom Ablauf des Bauprogramms ab.

Zu gegebener Zeit wird daher eine Realisierung in verkehrswirksamen

Bauabschnitten zu prüfen sein, um dann mit den ersten Investitionen

möglichst schnell einen Verkehrswert zu schaffen und die Ortsdurchfahrt

zu entlasten.

Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die

Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage

60):

Stimmt die Bundesregierung dem Bundesamt für Naturschutz zu, das als

eine von sechs ,,Maßnahmen zur Vermeidung von katastrophalen

Hochwassern" ausdrücklich die ,,Vermeidung des weiteren Staustufenbaus

an allen deutschen Flüssen und Strömen" gefordert hat, und welche

Konsequenzen zieht sie daraus für die bestehenden Überlegungen zum

Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen mittels Staustufen?

Die der Frage zugrunde liegende Veröffentlichung des Bundesamtes für

Naturschutz (BfN) vom März 1997 vermittelt einen falschen Eindruck über

die gemeinsamen Hochwasserschutzbemühungen von Bund und Ländern am

Oberrhein. Die zitierte Verallgemeinerung in Bezug auf den Staustufenbau

generell entbehrt einer fachlichen Grundlage. Beim Oberrheinausbau, der

aufgrund des Versailler Vertrages vorrangig für die Wasserkraftnutzung

und die Verbesserung der Siedlungsbedingungen erfolgte, sind

Überflutungsflächen in erheblichem Umfang verloren gegangen. Die

hierdurch eingetretene Hochwasserverschärfung wird durch

Retentionsmaßnahmen, im wesentlichen durch den Bau von

Überflutungspoldern, im Rahmen des Möglichen ausgeglichen.

Hochwässer haben als Folge meteorologischer Ereignisse eine natürliche

Ursache. Der Einfluß menschlicher Auswirkungen auf das Abflußgeschehen

ist vorhanden, aber gerade für Extremereignisse nur von begrenzter

Wirkung.

Der Wasserstraßenausbau mit stauregelnden Maßnahmen trägt allgemein

nicht zur Verschärfung des Hochwasserrisikos bei; eher werden

Verbesserungen im Hochwasserschutz erzielt, da keine Einengungen der

Gewässer, sondern eher größerer Wasserflächen und Abflußquerschnitte

geschaffen werden, die die Fließgeschwindigkeiten verringern und den

Wasserspiegelanstieg dämpfen. Auch wird in aller Regel der Grad des

Hochwasserschutzes auf eine größere Jährlichkeit hin verbessert.

Bei allen Ausbauvorhaben werden die Auswirkungen auf den

Hochwasserabfluß ermittelt; mit der zuständigen Landesbehörde wird im

Planfeststellungsverfahren das Einvernehmen hergestellt, ohne das eine

Realisierung eines Ausbauvorhabens nicht möglich ist.

Für den erwogenen Donauausbau werden, nachdem das Raumordnungsverfahren

aufgehoben ist, gemäß Beschluß Bund/Bayern vom 17. Oktober 1996 z. Z.

alle Alternativen und kombinierten Ausbauvarianten ergänzend vertieft

geprüft. Im übrigen hat das Gutachten der TU München zur

Zweistufenlösung ergeben, daß eine Veränderung des Hochwasserregimes

zwischen Straubing und Passau und unterhalb des Zusammenflusses der

Donau mit Inn und Ilz in Passau als Folge des staugestützten Flußausbaus

ausgeschlossen ist und unterhalb der Staustufe Osterhofen eine partielle

Entschärfung der Hochwassersituation zu erwarten ist.

Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die

Frage des Abgeordneten Dr. Winfried Wolf (PDS) (Drucksache 13/8004 Frage

63):

Gibt es Regelungen, die für Schienenfahrzeuge analog den für

Straßenfahrzeuge geltenden Regeln einen Standardbetriebszyklus (Anfahren

und Bremsen bei bestimmten mittleren Halteabständen, Mix verschiedener

Fahrgeschwindigkeiten, Steigungsverhältnissen, Besetzungsgrade u.ä.

Parameter) festlegen für die Messung des Energieverbrauchs, gemessen in

kWh pro Wagenkilometer oder Platzkilometer o. ä., und wenn nein, hält

die Bundesregierung die Einführung solcher Normangaben und eine

Verpflichtung zur Angabe der so ermittelten Verbrauchswerte für

sinnvoll, um im Interesse einer Senkung des Energieverbrauchs zur

Schonung der Umwelt eine Vergleichbarkeit herzustellen?

Nein.

Angesichts der hohen Laufleistungen liegt es im eigenwirtschaftlichen

Interesse des Betreibers, den Energieverbrauch seiner

Schienentriebfahrzeuge so gering wie möglich zu halten.


Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997

Seite: 16518


Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die

Fragen der Abgeordneten Ulrike Mehl (SPD) (Drucksache 13/8004 Fragen 64

und 65):

Welche Umstrukturierungen plant die Bundesregierung bei der Umsetzung

des Patentwesens STCW (STANDARD MINIMUM REQUIREMENTS FOR CERTIFICATION

AND WATCH-KEEPING OF NAUTICAL AND TECHNICAL PERSONAL ON SEAGOING SHIPS

INCLUDING SUPPORT LEVEL, OPERATION LEVEL AND MANAGEMENT LEVEL) in bezug

auf die jetzigen Patentinhaber, und sind Übergangsvorschriften

vorgesehen?

Wie lauten die Empfehlungen des Bundesseeverkehrsbeirats an die

Bundesregierung, und wie sollen diese umgesetzt werden?

Zu Frage 64:

Nach den Übergangsvorschriften des 1995 geänderten Internationalen

Übereinkommens von 1978

über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von

Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten auf

Handelsschiffen (STCW-Übereinkommen) behalten die bisherigen

Befähigungszeugnisse ihre Gültigkeit bis spätestens 1. Februar 2002.

Nach diesem Zeitpunkt müssen diese Befähigungszeugnisse in

Befähigungszeugnisse nach dem geänderten STCW-Übereinkommen umgetauscht

werden. Durch den Umtausch werden

die Inhaber der bisherigen Befähigungszeugnisse hinsichtlich ihrer

Befugnisse nicht schlechter ge-

stellt.

Zu Frage 65:

Der Seeverkehrsbeirat hat sich mit der Umset-

zung des geänderten STCW-Übereinkommens nicht befaßt und hierzu keine

Empfehlungen gege-

ben.


Ende des Plenarprotokolls



( Quelle im Original:GLIMPSE-Volltextsuche

über BGBl via Universität Saarbrücken)


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by:Roberto

Rotondo