Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
183. Sitzung
Bonn, Mittwoch, den
25. Juni 1997
I n h a l t :
Eintritt des Abgeordneten Dr. Michael Bürsch in den Deutschen Bundestag
16401 A
Abwicklung der Tagesordnung 16401 A
Tagesordnungspunkt 1:
a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Spende,
Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz)
(Drucksache 13/4355) 16401 B
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Monika Knoche,
Gerald Häfner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes über die Spende, die Entnahme und die
Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz) (Drucksache 13/2926)
16401 B
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta Däubler-
Gmelin und weiterer Abgeordneter: Kriterien für die Spende, Entnahme und
Übertragung von menschlichen Organen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Rudolf Scharping, Klaus
Kirschner, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Horst Seehofer, Dr. Wolfgang
Schäuble, Dr. Dieter Thomae, Wolfgang Zöller sowie weiterer Abgeordneter
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Spende, Entnahme und
Übertragung von Organen
(Drucksachen 13/4114, 13/4368, 13/6591, 13/8017) 16401 C
Dr. Dieter Thomae
F.D.P. 16402 C
Monika Knoche
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16404 B, 16431 D
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. 16406
A, 16417 D, 16455 A
Beatrix Philipp
CDU/CSU 16406 D
Dr. Wolfgang Wodarg SPD 16407 D, 16438
C, 16453 D
Rudolf Dreßler SPD 16410 C
Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16412 B
Eckart von Klaeden CDU/CSU 16413 A,
16455 A
Horst Seehofer CDU/CSU 16415 C, 16431
A, 16454 B
Dr. Erika Schuchardt CDU/CSU 16419
C
Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 16420 B
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. 16420
D
Otto Schily SPD 16421 C
Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN 16422 B
Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 16422
D, 16431 B, 16452 C
Horst Seehofer CDU/CSU 16423 D, 16428
C
Peter Conradi SPD 16424 D
Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU
16425 C
Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN 16426 A
Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU 16427
B
Peter Dreßen SPD 16428 A, 16438
A
Dr. Ruth Fuchs PDS
16429 A
Dr. Hansjörg Schäfer SPD
16433 B
Otto Schily SPD 16434 B, 16439 A
Gudrun Schaich-Walch SPD 16435 B
Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD
16436 A
Jürgen W. Möllemann F.D.P.
16437 B, 16438 B, 16438 D, 16439 B
Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16439 C
Peter Hintze CDU/CSU 16440 C, 16483
A
Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU 16441
C
Hans Büttner (Ingolstadt) SPD
16442 D
Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN 16443 B
Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU
16444 A
Christina Schenk PDS 16445 B
Dr. Erika Schuchardt CDU/CSU 16446
B
Dr. Barbara Höll PDS 16447 C
Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 16448 C
Wolf-Michael Catenhusen SPD 16449 B
Konrad Kunick SPD 16450 A
Klaus Kirschner SPD
16450 C
Dr. Wolfgang Wodarg SPD 16451 C
Wolf-Michael Catenhusen SPD 16455 C
1. Namentliche Abstimmung über Änderungsantrag (Drucksachen 13/8025,
13/8027) 16453 C
Ergebnis 16479 A
2. Namentliche Abstimmung über Änderungsanträge (Drucksachen 13/8026,
13/8027, 13/8028, 13/8030) 16456 A
Ergebnis 16491 A
3. Namentliche Schlußabstimmung über den von den Fraktionen CDU/CSU, SPD
und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Transplantationsgesetzes
(Drucksachen 13/4355, 13/8017) 16456
D
Ergebnis 16503 A
Anlage 2
Erklärungen nach 1/231 GO zu den namentlichen Abstimmungen über
Änderungsanträge zu 1/21/23 und 4 Transplantationsgesetz 16507* C
Freimut Duve SPD 16507* C
Norbert Geis CDU/CSU 16507* D
Roland Kohn F.D.P. 16508* A
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 16508* B
Wolfgang Zöller CDU/CSU 16508* B
Manfred Opel SPD 16509* B
...
Bonn, Mittwoch, den 25. Juni 1997
Beginn: 9.00 Uhr
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist
eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich mitteilen, daß der
Abgeordnete Norbert Gansel am 16. Juni 1997 auf seine Mitgliedschaft im
Deutschen Bundestag verzichtet hat. Als sein Nachfolger hat der
Abgeordnete Dr. Michael Bürsch am 17. Juni 1997 die Mitgliedschaft im
Deutschen Bundestag erworben. Ich begrüße den neuen Kollegen herzlich
und wünsche gute Zusammenarbeit.
(Beifall)
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b auf:
a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Spende,
Entnahme und Übertragung von
Organen (Transplantationsgesetz - TPG)
- Drucksache 13/4355 - (Erste Beratung
99. Sitzung)
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Monika Knoche,
Gerald Häfner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes über die Spende, die Entnahme und die
Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG)- Drucksache 13/2926 -
(Erste Beratung 99. Sitzung)
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14.
Ausschuß)
- Drucksache 13/8017 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Beatrix
Philipp
Klaus Kirschner
Monika Knoche
Dr. Dieter Thomae
Dr. Ruth Fuchs
b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses
für Gesundheit (14. Ausschuß)
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta
Däubler-Gmelin, Horst Schmidbauer (Nürnberg) und weiterer Abgeordneter
Kriterien für die Spende, Entnahme und Übertragung von menschlichen
Organen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Rudolf Scharping, Klaus
Kirschner, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Horst Seehofer, Dr. Wolfgang
Schäuble, Dr. Dieter Thomae, Wolfgang Zöller sowie weiterer Abgeordneter
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.
Spende, Entnahme und Übertragung von Organen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Eckart von Klaeden, Dr. Wolfgang
Götzer, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig sowie weiterer Abgeordneter der
Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.
Eckpunkte für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen
- Drucksachen 13/4114, 13/4368, 13/6591,
13/8017 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Beatrix Philipp
Klaus Kirschner
Monika Knoche
Dr. Dieter Thomae
Dr. Ruth Fuchs
Bevor wir mit der Beratung beginnen, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit
für einige Hinweise zum Ablauf der Debatte und zu den Abstimmungen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache
insgesamt vier Stunden vorgesehen.
Zunächst wird der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit berichten.
Danach wird ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Begrün
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16402
noch: Präsidentin Dr. Rita Süssmuth
nichtnamentliche Abstimmung über diesen Gesetzentwurf schließt sich
daran an.
Dann erhält das Wort zur Begründung eines Änderungsantrages zu 1/2 2
des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. der
Abgeordnete Schmidt-Jortzig.
Sodann erfolgt die Aussprache zum Gesetzentwurf der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und F.D.P. und den eingebrachten Änderungsanträgen zu den
zentralen Fragen zur Feststellung des Todes und der Zustimmung durch
andere Personen.
Nach Schluß der Aussprache folgen die Einzelabstimmungen in der zweiten
Beratung in folgender Reihenfolge: zunächst 1/2 3, Frage der
Feststellung des Todes. Über die hierzu vorliegenden beiden Vorschläge
auf den Drucksachen 13/8025 und 13/8027 der Initiativgruppen der
Abgeordneten von Klaeden, Wodarg, Knoche, Schmidt-Jortzig und anderer
sowie der Abgeordneten Seehofer, Lohmann, Dreßler, Thomae und anderer
wird entsprechend dem Verfahren nach 1/2 50 der Geschäftsordnung
alternativ abgestimmt. Die Abstimmung erfolgt namentlich. Dazu werden
rechtzeitig besondere Stimmzettel ausgegeben.
Danach erfolgen die Abstimmungen zu 1/2 4, Zustimmung Dritter zur
Organentnahme. Möglicherweise wird die Sitzung vorher kurz unterbrochen
werden, sofern es neue Änderungsanträge zu 1/2 4 gibt. Die dann zur
Abstimmung stehenden Varianten des 1/2 4 werden von den Antragstellern
kurz dem Plenum erläutert werden, damit jeder weiß, worüber er abstimmt.
Für die folgenden Abstimmungen über die Änderungsanträge zu 1/2 4 ist
wiederum das Verfahren entsprechend 1/2 50 der Geschäftsordnung
vereinbart. Das bedeutet: Falls nicht einer der Vorschläge schon im
ersten Abstimmungsgang die erforderliche Mehrheit der abgegebenen
Stimmen erhält, kommt es zu einem Stichentscheid zwischen den beiden
bestplazierten Vorschlägen. Die Abstimmungen erfolgen wiederum
namentlich. Dazu werden Ihnen besondere Stimmzettel rechtzeitig
ausgegeben.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß nach den Abstimmungen zu den 1/21/2 3
und 4 im Hinblick auf sich daraus ergebende Folgeänderungen an anderer
Stelle des Gesetzes die Sitzung nochmals unterbrochen werden könnte,
bevor die Abstimmungen in der zweiten Beratung abgeschlossen sind und
wir in die Schlußabstimmung eintreten können.
Das vereinbarte Verfahren weicht in einigen Punkten von der üblichen
Gesetzesberatung nach unserer Geschäftsordnung ab, um der besonderen
Situation bei diesem Gesetz gerecht zu werden. Sind Sie mit dem
vorgeschlagenen Verfahren einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist es
mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen.
Nähere Hinweise zu den Einzelheiten des Abstimmungsverfahrens werden
unmittelbar vor der Abstimmung noch einmal erfolgen.
Ich eröffne jetzt die Aussprache und erteile dem Vorsitzenden des
Ausschusses für Gesundheit, Dr. Dieter Thomae, das Wort.
Dr. Dieter Thomae (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz haben wir es uns
nicht leicht gemacht. Die Organspende ist ein ganz sensibles Thema, das
tief in unser Leben eingreift. Wir haben uns deshalb bewußt in
zahlreichen Anhörungen Zeit genommen, alle Facetten zu erörtern.
Als erstes stellt sich die Frage: Warum brauchen wir ein solches
Gesetz? - Weil wir Rechtssicherheit haben wollen. Es geht um Sicherheit
und Vertrauen für die Patienten, für die Angehörigen und für die Ärzte,
die direkt und indirekt an der Transplantation beteiligt sind.
Der Bund hat seit dem 15. November 1994 die Kompetenz, im Rahmen der
konkurrierenden Gesetzgebung ein Transplantationsgesetz auf den Weg zu
bringen. Im April 1995 ist der Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und F.D.P.
eingebracht worden. In bezug auf das Verfahren haben wir uns darauf
verständigt, ein sogenanntes Containergesetz einzubringen, das zwei
Themenkomplexe ausklammert, und zwar zum einen die Feststellung des
Todes und zum anderen die Frage: erweiterte oder enge Zustimmungslösung.
Diese Fragen werden auch stark ethisch, religiös und moralisch geprägt.
Diese Punkte werden in Form von gesonderten Anträgen eingebracht.
Hiermit werden wir uns im Anschluß an die Debatte zum Containergesetz zu
beschäftigen haben.
Der Gesetzentwurf - Containergesetz - befaßt sich mit folgenden
Schwerpunkten:
Erstens. Es werden klare Rechtsgrundlagen für die Spende und Entnahme
von Organen, Organteilen und Geweben zum Zwecke der Übertragung auf
andere Menschen geschaffen.
Zweitens. Es wird gewährleistet, daß jeder Mensch die Möglichkeit hat,
eine Organspende abzulehnen.
Drittens. Durch Aufklärung soll dafür gesorgt werden, daß möglichst
viele Menschen zu Lebzeiten erklären, ob sie mit einer Organentnahme
einverstanden sind oder nicht. Durch Informationen der Krankenkassen,
Aufklärungskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
und Unterrichtung der im jeweiligen Land zuständigen Stellen soll die
Informationsbasis geschaffen werden, die die Menschen brauchen, um sich
in dieser schwierigen Frage zu entscheiden. Während der Beratungen im
Gesundheitsausschuß ist dieser Gedanke noch einmal verstärkt worden. Die
gesetzlichen und die privaten Krankenkassen sollen den Auftrag erhalten,
ihre Versicherten in regelmäßigen Abständen mit den notwendigen
Unterlagen zu versorgen und dies mit der Bitte zu versehen - ich sage
sehr deutlich: mit der Bitte zu versehen -, eine Erklärung zur
Organspende abzugeben.
Viertens. Um sicherzustellen, daß der Wille des Verstorbenen auch
tatsächlich bekannt ist und be
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16403
noch: Dr. Dieter Thomae
Organspendenregister einzurichten. Die genaueren Einzelheiten sollen in
einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates geklärt werden,
weil es in diesem Zusammenhang viele Fragen gibt, die noch genau
abgewogen werden müssen. Ich nenne nur die Stichworte Datenschutz,
Festlegung der Anlaufstelle und Abgabe der Erklärung, aber auch die
Frage der Finanzierung zwischen Bund und Ländern.
Fünftens. Hier kommen wir zu einem der Kernbereiche: Der Gesetzentwurf
regelt die organisatorischen Voraussetzungen der Entnahme, der
Vermittlung und der Übertragung lebenswichtiger Organe. Das bedeutet im
einzelnen: Der endgültige, nicht behebbare Ausfall der gesamten
Hirnfunktionen oder der endgültige, nicht behebbare Stillstand von Herz
und Kreislauf muß durch zwei dafür qualifizierte Ärzte nachgewiesen
werden. Diese Ärzte müssen den Organspender unabhängig voneinander
untersucht haben. Diese Ärzte dürfen weder an der Entnahme noch an der
Übertragung der Organe beteiligt sein, und sie dürfen keiner Weisung
eines Arztes unterstehen, der in irgendeiner Weise an den Maßnahmen
beteiligt ist.
Damit schaffen wir größtmögliche Sicherheit für die Verstorbenen und
ihre Angehörigen, daß keine Manipulationen gegen die Interessen des
Organspenders vorgenommen werden können.
Die Übertragung von Organen, meine Damen und Herren, darf nur in dafür
zugelassenen Transplantationszentren erfolgen, die verpflichtet sind,
Wartelisten zu führen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens haben wir
uns entschlossen, festzuhalten, daß darüber, wer in die Warteliste
aufgenommen wird, nach Regeln entschieden werden muß, die dem Stand der
Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Nicht
ausschlaggebend sollen finanzielle oder soziale Aspekte sein. Diese
Regeln sollen durch ein Gremium noch weiter erarbeitet werden, dem neben
der Bundesärztekammer auch Juristen, Patienten und Angehörige von
Spendern angehören, um ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher
Akzeptanz zu schaffen.
Um zu gewährleisten, daß die im Vergleich zu den auf ein neues Organ
wartenden Menschen viel zu knapp bemessenen Organe gerecht verteilt
werden, sieht der Gesetzentwurf die Vermittlung über eine
Vermittlungsstelle vor, die finanziell und organisatorisch eigenständig
ist. Dabei kann auch eine internationale Stelle beauftragt werden, also
zum Beispiel Eurotransplant, über die bereits heute der Großteil der
Organvermittlungen abgewickelt wird.
Wer ein Organ erhält, wird nach Regeln entschieden, die dem Stand der
medizinischen Wissenschaft entsprechen. Insbesondere geht es um das
Ausloten von Erfolgsaussichten und Dringlichkeit. Um in diesen Bereich
Transparenz zu bringen und damit die Akzeptanz für Entscheidungen zu
erhöhen, müssen Vermittlungsentscheidungen begründet werden.
Eine von Krankenkassen, Bundesärztekammer und Deutscher
Krankenhausgesellschaft eingesetzte finanziell und organisatorisch
eigenständige Koordinierungsstelle soll dafür sorgen, daß die
Zusammenarbeit bei der Organentnahme und der Durchführung der bis zur
Transplantation erforderlichen Maßnahmen mit Ausnahme der
Organvermittlung bestmöglich organisiert wird.
Damit wird klargestellt, daß die Organentnahme keine Aufgabe des
einzelnen Transplantationszentrums ist, sondern eine
Gemeinschaftsaufgabe aller Transplantationszentren und der
Krankenhäuser, um das Transplantationsgeschehen insgesamt möglichst
gerecht und reibungslos abzuwickeln.
Um die Tätigkeit der Koordinierungsstelle auch für die Öffentlichkeit
transparenter zu gestalten, wird sie verpflichtet, jährlich einen
Bericht über die Tätigkeit jedes Transplantationszentrums zu erstellen.
Die Darstellung der Entwicklung der Warteliste sowie die Gründe für die
Aufnahme oder Nichtaufnahme in eine Warteliste dürften dabei von ganz
besonderem Interesse sein. Eine eingehende Darstellung und Begründung
kann die Akzeptanz der Entscheidung über die Aufnahme in die Warteliste
sicherlich fördern.
Sechstens: Die Lebendspende ist wegen ihrer möglichen Nähe zum
kommerziellen Organhandel ein ganz besonders sensibler Bereich. Wir
haben uns deshalb dafür entschieden, die Lebendspende nur bei
Verwandten, Ehepartnern oder Menschen, die sich offenkundig sehr
nahestehen, zuzulassen - wohl wissend, daß es auch Verfechter der
anonymen Lebendspende gibt. Da die Lebendspende jedoch eine besondere
Belastung für den Spender darstellt, der selber in eine prekäre
Situation gerät, wenn zum Beispiel auch seine eine noch verbleibende
Niere versagt, haben wir uns zu einer restriktiven Haltung durchgerungen
und festgelegt, daß eine Lebendspende nur dann in Frage kommt, wenn zum
Zeitpunkt der Organtransplantation kein geeignetes anderes Organ
vorhanden ist.
Die gründliche Aufklärung des Spenders über die Folgen dieses seines
Tuns ist selbstverständlich. Um sicherzugehen, daß hier vollständig und
umfassend informiert wird, sehen wir vor, daß die Unterrichtung
schriftlich festgehalten werden muß. Dabei ist auch über
versicherungsrechtliche Konsequenzen aufzuklären. Es muß sichergestellt
werden, daß die Lebendspende auf freiwilliger Basis erfolgt und nicht
unter finanziellem und moralischem Druck ausgelöst wird.
Siebtens. Gemeinsam wollen wir nicht, daß mit Organen gehandelt werden
kann. Kein Mensch hat ein Anrecht auf das Organ eines anderen. Es
handelt sich, wie der Name schon sagt, um eine Spende, die auf
freiwilliger Basis gewährt wird. Kommerzielle Interessen haben in diesem
äußerst sensiblen Bereich nichts zu suchen.
Der Gesetzentwurf zum Organhandel, der vormals vom
Bundesjustizministerium erarbeitet worden ist, hat deshalb Eingang in
das Transplantationsgesetz gefunden. Wir haben uns nicht schwer damit
getan, Strafen für denjenigen vorzusehen, der mit einem Organ Handel
treibt oder zu kommerziellen Zwecken
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16404
noch: Dr. Dieter Thomae
demjenigen geschehen soll, der todkrank ist und als einzige Rettung die
Möglichkeit sieht, ein Organ käuflich zu erwerben. Auch dieser - das
haben wir nach intensiver Diskussion beschlossen - macht sich nach
unserem Gesetzentwurf strafbar.
Achtens. Weitreichende datenschutzrechtliche Bestimmungen sorgen für
eine größtmögliche Sicherheit, daß mit diesen sensiblen Daten
verantwortungsbewußt umgegangen wird.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen jetzt die Kernpunkte genannt.
Mit diesem Gesetzentwurf - da bin sicher - schaffen wir Rechtssicherheit
für alle Beteiligten, aber auch Transparenz und Voraussetzungen.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Mitgliedern des
Gesundheitsausschusses für das faire Miteinander bei dieser Frage und
diesem Themenkomplex.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD,
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zum Gesetzentwurf der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Frau Knoche.
Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine sehr
geehrten Herren und Damen! Gerade weil die Praxis der Verpflanzung
menschlicher Organe zentrale Fragen zur Gültigkeit des Menschenbildes
und zu den Menschenrechten in der Medizin aufwirft, gerade weil die
Übertragung durchbluteter Organe existentielle Fragen zwischen Leben und
Tod berührt, haben wir Grüne uns bereits 1995 im Bundestag vehement
gegen die Festlegung eines pragmatischen Todeskonzeptes gewandt.
Im Herbst 1995 legten wir einen Gesetzentwurf vor. Er basiert auf der
klaren Absage der Gleichsetzung des sogenannten Hirntodes mit dem Tod
des Menschen. Er sieht zwingend die Wahrung der Selbstbestimmungsrechte
der Spendenden vor.
Wir zeigten damit zu Beginn der Debatte, daß es nicht dazu kommen muß
und darf, daß wegen neuer Möglichkeiten der Medizin das traditionelle
Todesverständnis verändert wird. Wir sagen, wie die Schutzinteressen der
Spendenden und die gesundheitlichen Belange Schwerorgankranker
gleichermaßen gewürdigt werden können. Es gibt für uns keine Konkurrenz
und keine prinzipielle Differenz in der Wahrung der Rechte beider
Seiten.
Hirntote sind Sterbende. Sie haben bis zuletzt Anspruch auf Schutz und
Solidarität. Organkranke haben den Anspruch auf umfassende Hilfe. Aber
ein Recht auf Organe kann es nicht geben.
Was ist also für ein Transplantationsgesetz wichtig? Die
Transplantationsmedizin kann Akzeptanz nur finden, wenn sie sich auf
alte Werte gründet, wenn wir sie in den gültigen allgemeinen
Wertekontext zurückführen. Das ist von weitreichender Bedeutung für die
Zivilität und Humanität der Gesellschaft. Es wäre fatal, die Bewertung
von Leben und Tod Nützlichkeitserwägungen zu unterwerfen. Denn das ist
es, was im Kern Mißtrauen schafft. Diese Therapie aber braucht Vertrauen
und Rechtssicherheit bei allen Beteiligten. Dies kann es nur geben, wenn
sicher ist, daß mit potentiell Spendenden nichts geschieht, was sie
nicht gewollt haben.
Unterschätzen wir bitte nicht die Mündigkeit und die altruistische
Spendebereitschaft der Bürger und Bürgerinnen. Seien wir nicht
mißtrauisch gegenüber dem freien Willen, sondern bauen wir das
Transplantationsgesetz auf den unveräußerlichen Selbstbestimmungsrechten
auf. Es gibt keinen vermeintlich guten Zweck, der die willkürliche
Vorverlegung des Todes rechtfertigt. Die Menschen werden den neuen Tod
nicht annehmen; sie erleben das Leben anders.
Das Thema ist zu sensibel und berührt zu sehr zutiefst prinzipielle
Werte, als daß wir noch so starken Partikularinteressen dienen dürften.
Wir müssen das Ganze und das ganzheitliche Menschenbild wahren. Nach
nunmehr 30 Jahren Praxis haben wir die Chance, ein Gesetz zu machen, das
dem neuesten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse und den Erfahrungen
mit dieser Therapieform entspricht.
Für uns Grüne war es zwingend, die ethische und grundrechtliche
Dimension in den Mittelpunkt zu stellen. Die Frage: ,,Ist der Mensch
schon tot, wenn keine Hirnfunktionen mehr meßbar sind?" ist von eminent
grundrechtlicher Relevanz. Darüber entscheidet sich, ob - um den
wachsenden Bedarf an menschlichen Organen maximal bedienen zu wollen -
das traditionelle Todesverständnis verändert wird. Die Gefahr besteht,
daß die Grenzen des Ethischen zugunsten zweckrationaler Erwägungen
aufgeweicht werden. Sind wir in der Lage, die Menschenwürde in allen
Zuständen zu wahren und bei dieser Therapie das alte Verständnis vom
Menschen als Zweck und Sinn durch sich zu unterstreichen?
An Ostern 1995, als sich seitens der Abgeordneten Seehofer, Dreßler und
Thomae die Einbringung eines Gesetzentwurfes abzeichnete, legten wir
Grünen ein politisches und prinzipielles Veto ein und sagten: Der
Hirntod ist nicht der Tod. Eine gesellschaftliche und wissenschaftliche
Kontroverse um das Hirntodkonzept begann. Erstmals richtete sich der
Blick auf die Seite der Spendenden und deren grundrechtlich verbürgten
Schutzinteressen. Denn ihnen wurde bislang per Definition die
Zugehörigkeit zur Gemeinschaft lebendiger Menschen abgesprochen. Das ins
Gesetz zu schreiben ist bis heute das Interesse der
Transplantationsmedizin geblieben. Alle Hirntodkritiker und -
kritikerinnen sagten: Selbst wenn Mediziner die Selbstaneignung der
Definitionsmacht als ihnen gegeben ansehen mögen - die Politik darf sich
deren Setzungen nicht unhinterfragt zu eigen machen.
Wir empfanden es als unsere politische Pflicht, eine allgemein gültige
Klärung der grundrechtlichen Fragen zu befördern und der Gesellschaft
zurückzugeben, worauf sie ein Recht hat: die Wahrung der
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16405
noch: Monika Knoche
nicht bestehenden Konsenses innerhalb und zwischen allen Human- und
Naturwissenschaften und trotz der kulturell und religiös begründeten
Einwände gegen den neuen praktischen Tod wurde diese Bedeutung erst im
Verlauf der zweijährigen Hirntoddebatte erkannt.
Bei unserer Beteiligung an den Konsensgesprächen im Herbst 1996 war
rasch klar, daß wir niemals das Ziel eines Gesetzes teilen können, das
auf die Organgewinnung gerichtet ist, und sich keine konsistente
Kompatibilität zu unserer Position zum Entnahmekriterium sowie zur
Zustimmungsregelung mit dem Omnibus wird finden lassen. Wir entschlossen
uns, einen eigenen Gesetzentwurf zu machen. Es ging um den Nachweis, daß
die Transplantationsmedizin diesen neuen Tod nicht braucht, um
fortgeführt werden zu können.
Über die Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Behauptung, der
Hirntod sei eine innere Enthauptung, und der lebensweltlichen Erfahrung
der Erfahrbarkeit von Lebendigkeit mag sich die Bundesärztekammer
hinwegsetzen. Die Politik aber muß das tunlichst vermeiden.
Ein Gesetz darf auch nicht die Illusion von der Befriedigung des
Organmangels mehren. Der wachsende Bedarf wird mit keiner Regelung zu
befriedigen sein. Dieses Dilemma wird immer bleiben. Deshalb muß es zu
einer grundrechtlichen Bewertung kommen. Tut man es nicht auf diese
Weise, werden die Probleme nicht geringer.
Bei der Ablehnung dieser neuen Todesart gibt es einen Zuwachs an neuen
Fragen; doch sie sind nicht alle offen. Es entspricht nicht den
Tatsachen, daß das Hirntodkonzept weltweit anerkannt oder unstrittig
sei. Wer heute noch behauptet, ohne einen neuen Tod wäre die
Transplantation am Ende, ignoriert den Stand verfassungsrechtlicher
Erkenntnisse. Selbst in Amerika, an der Harvard-Universität, wird davon
gesprochen, daß es an der Zeit ist, das Hirntodkonzept zu revidieren.
Auch in den Kirchen in Deutschland hat sich eine fundamentale
Veränderung vollzogen. Sie wissen, daß Herr Kardinal Meisner
ausdrücklich darauf hinweist,
(Zurufe von der CDU/CSU)
daß es nicht Aufgabe der Politik ist, einen neuen Tod festzuschreiben.
Es wird Sie vielleicht wundern, daß ich mich darauf berufe. Genau diese
Aussage aber ist die Grundlage, auf der wir unser Gesetz fundieren. Wir
sagen: Es entspricht der Ethik des Grundgesetzes, die keine Ethik der
Interessen ist. Schon aus diesem Grund steht es dem Gesetzgeber nicht
zu, einen neuen Tod zu definieren.
Noch einige Bemerkungen zu dem, was im Omnibus-Gesetz nicht geregelt
wurde und von uns für unverzichtbar gehalten wird. Sie wissen, daß es in
Deutschland eine neue Praxis der Transplantation fötalen Hirngewebes
gibt und die Begehrlichkeiten danach wachsen. Wir haben darauf
aufmerksam gemacht und in unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen, dies über
eine klare Verbotsregelung für die Zukunft auszuschließen, weil wir es
für eine Übertretung ethischer Grenzen halten. Deshalb legen wir hierfür
mit unserem Gesetzentwurf eine strikte und klare Lösung vor.
Wir halten es ebenfalls für unverzichtbar, daß nicht die
Bundesärztekammer festlegt, welche Kriterien nach dem Stand der
Wissenschaft für die Feststellung des Hirntodes gelten sollen, sondern
daß dies der Gesetzgeber selbst vorzunehmen hat.
Ich glaube, daß sehr viele Fragen, die die Organisation der
Transplantationsmedizin betreffen - die Frage der Verteilung der Organe
und deren Vermittlung, der Koordination, der Zusammenarbeit der
Transplantationszentren - , viel über das Maß an Gerechtigkeit bei
dieser Therapieform aussagen. Wir müssen uns aber gewiß sein, daß eines
immer bleiben wird: Der Bedarf an Organen wird wachsen, der Mangel ist
nicht zu beseitigen. Die Begrenztheit dieser Therapieform liegt darin,
daß die Transplantationsmedizin die Grenzen der Fremdleibigkeit
überschreitet.
Nach zwei Jahren sehr ernsthafter und intensiver Diskussion in der
Öffentlichkeit und im Parlament ist es jetzt an der Zeit, den richtigen
Weg zu gehen. Mit dem Grünen-Gesetzentwurf liegt ein in sich logischer,
konsequenter Lösungsvorschlag vor: Er ist streng an grundrechtlichen und
medizin-ethischen Anforderungen orientiert. Er gibt Rechtssicherheit für
alle. Er befürwortet die Transplantationsmedizin und ist die
Entscheidungsalternative zum Omnibus geblieben.
Danke.
(Beifall beim Bündnis 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS sowie bei
Abgeordneten der SPD)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Bevor wir in der Aussprache fortfahren,
wollen wir entsprechend dem vereinbarten Verfahren über den
Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über die Spende, die
Entnahme und die Übertragung von Organen auf Drucksache 13/2926
abstimmen. Der Ausschuß für Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 13/8017
unter Nr. 1 Buchstabe c, über den Gesetzentwurf einen Beschluß im Plenum
herbeizuführen. Eine darüber hinausgehende Beschlußempfehlung hat der
Ausschuß nicht abgegeben.
Ich lasse deshalb jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen auf Drucksache 13/2926 abstimmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf
ist in zweiter Beratung mehrheitlich abgelehnt worden.
Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung des
Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Grundlage der
weiteren Beratung ist damit nur noch der Gesetzentwurf der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und F.D.P. in der Ausschußfassung.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16406
noch: Präsidentin Dr. Rita Süssmuth
Wir setzen jetzt die Aussprache fort. Ich erteile dem Abgeordneten
Schmidt-Jortzig das Wort zur Begründung des Änderungsantrags zu 1/2 2
des Transplantationsgesetzes; das ist Drucksache 13/8029.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren Kollegen! Wir beraten diese existentielle und grundsätzliche
Frage heute vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Spendebereitschaft
und somit die Verfügbarkeit von Spenderorganen - das sage ich
ausdrücklich - in Deutschland dramatisch zurückgegangen sind, und das,
obwohl Hunderte und Tausende von Menschen für ihr Weiterleben - und sei
es auch nur ein Weiterleben in dem jetzigen begrenzten
Gesundheitszustand - auf Spenderorgane angewiesen sind. Deshalb müssen
wir - das ist der Gegenstand des Änderungsantrages des Kollegen Eckart
von Klaeden und mir - das verlorengegangene oder nur schlummernde
Vertrauen und die verlorengegangene oder nur schlummernde
Spendebereitschaft neu oder wieder wecken. Das können wir nur tun, wenn
wir engagiert an die Menschen herangehen. Ich möchte auch im Namen von
Eckart von Klaeden dafür werben, daß das anders und direkter als in der
Fassung des vorliegenden Entwurfs zum Ausdruck kommt.
In dem neuen 1/2 2 Abs. 1 Satz 3 hat sich der Ausschuß ja in bezug auf
diesen Punkt bewegt und hat immerhin gefordert - das finde ich sehr
beachtlich -, daß die Krankenkassen und die privaten
Krankenversicherungsunternehmen die Unterlagen für eine
Organspendeerklärung in regelmäßigen Abständen ihren Versicherten zur
Verfügung stellen sollen.
Unser Entwurf geht in drei Punkten darüber hinaus, weil ich zutiefst
davon überzeugt bin, daß wir an dieser Stelle die Bereitschaft zur
Spende viel energischer und viel gezielter stärken müssen.
Erstens wollen wir die Tatsache, daß es sich um regelmäßige Abstände
handeln soll, verdeutlichen, indem wir in das Gesetz hineinschreiben:
,,insbesondere bei der Ausgabe und der Verlängerung der
Krankenversichertenkarte \u oder entsprechenden Versicherungsnachweisen
\u". Das gilt für die privaten Krankenversicherungsunternehmen und die
Krankenkassen.
Das tun wir zweitens, indem wir auch die örtlich zuständigen Behörden
einbinden. In unserem Änderungsantrag steht:
Bei der Ausgabe oder Änderung des Personalausweises, des Führerscheins
und anderer Personalformulare geben die zuständigen örtlichen Behörden
diese Unterlagen ebenfalls aus.
Ich weiß, daß das in vielen Kommunen schon passiert; bekannt ist das
Beispiel der Stadt Mainz. Ich kenne auch mindestens zwei Kommunen in
Schleswig-Holstein, die das machen. Aber dies ausdrücklich in das Gesetz
hineinzuschreiben und es damit zur Pflicht zu machen, halte ich
angesichts der grundsätzlichen Frage für wichtig, daß wir die
Bereitschaft zum mitmenschlichen Handeln und zur Organspende erhöhen
wollen.
Das ist im übrigen auch verfassungsrechtlich möglich. Es ist
argumentiert worden, ein Bundesgesetz könne keine örtlichen
Zuständigkeiten regeln. Ich verweise indessen nur auf Art. 84 Abs. 1 des
Grundgesetzes, dessen Voraussetzungen hier vorliegen.
Drittens möchten Eckart von Klaeden und ich - das ist ganz wichtig,
obwohl es da nur um Worte geht -, daß dort nicht nur das Wörtchen
,,Bitte", sondern das Wort ,,Aufforderung" stehen soll. Die Menschen
sollen also ausdrücklich gefordert werden, ihre Bereitschaft zur
Organspende zu erklären. Das ist mehr als nur eine relativ
unverbindliche Ansprache. Das ist ein gezielter Appell. Das ist ein
Fassen an das ethische Portepee. Das ist ein Aktivierenwollen - wenn Sie
es moralisch, wenn Sie es auch christlich haben wollen - der
Mitmenschlichkeit. Das ist das Modell Bürgerpflicht, die natürlich keine
rechtliche Pflicht sein kann und darf, die man irgendwie mit Zwängen
durchsetzt. Aber es ist eine moralische Pflicht, die wir als solche
positionieren wollen.
Ich bitte Sie deshalb, diese Verschärfung der Ansprache der Menschen
bezüglich einer Steigerung der Spendenbereitschaft, einer Steigerung des
Problembewußtseins in diesem Punkt - vor allen Einzelfragen, ob wir uns
nachher für die engere oder die weitere Zustimmungslösung aussprechen,
also vor der Klammer - grundsätzlich zu akzeptieren, hier mitzumachen.
Bitte stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu.
Vielen Dank.
(Beifall bei der F.D.P. und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Über den Änderungsantrag zu 1/2 2 stimmen
wir später ab, nicht jetzt. Insofern setzen wir die Aussprache fort. Das
Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Philipp.
Beatrix Philipp (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Rechtssicherheit und Transparenz - das waren die Ziele, die wir mit dem
Organtransplantationsgesetz erreichen wollten und noch immer wollen.
(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: So ist es!)
Herr Dr. Thomae hat darauf hingewiesen.
Der soeben beschlossene Gesetzentwurf, aber auch der nun zur Abstimmung
stehende Antrag haben zum Inhalt - ohne ein Detail zu verändern -, was
weltweiter Standard und in den deutschen Transplantationszentren seit
mehr als 25 Jahren Praxis ist.
Wir übernehmen mit dem Antrag praktisch den Transplantationskodex, den
sich die Transplantationszentren selbst gegeben und zu dessen Einhaltung
sie sich verpflichtet haben.
Wir übernehmen die Auffassung der Kirchen, auch wenn die persönlichen
Meinungen einzelner prominenter Vertreter einen anderen Eindruck
erwecken, Frau Knoche.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16407
noch: Beatrix Philipp
Meine Damen und Herren, für uns Antragsteller gibt es eine unabdingbare
Voraussetzung, die sowohl für die Organspender und die Organempfänger
als auch für die Transplantationschirurgen unverzichtbar ist, nämlich:
Der Mensch, dem Organe entnommen werden, muß tot sein. Diese Meinung
teilen in diesem Haus leider nicht alle. Aus Zeitgründen muß ich auf die
Begründung dafür verzichten. Aber ich bin sicher, daß die Mehrheit der
Menschen in unserem Lande unsere Auffassung aus ganz natürlichen und
naheliegenden Gründen teilt.
Die zentrale Frage aber ist: Wann ist der Mensch tot? Diese Frage wird
weltweit so beantwortet, wie dies in unserem Antrag vorgesehen ist. Die
Formulierung, die wir darüber hinaus gewählt haben, daß nämlich der Tod
des Organspenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der
medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt wird, folgt
konsequent der Tatsache, daß es in den vergangenen Jahrhunderten
unterschiedliche Todesfeststellungen gegeben hat. Ich denke an den Atem-
oder Herzstillstand. Beide sind heute reversibel, also nicht mehr
gültig.
Damit ist der Gesamthirntod aber keine Erfindung der
Transplantationsmedizin. Es ist schlichtweg falsch, zu behaupten, es
handele sich um eine ,,wertende Beschreibung". Es ist völlig
unbestritten und nicht neu, daß der Hirntod den Tod des Menschen
markiert. Neu sind die naturwissenschaftlichen, das heißt die
pathophysiologischen Erkenntnisse bzw. die Nachweisbarkeit des
irreversiblen Zustandes vor dem endgültigen Herzstillstand.
Meine Damen und Herren, das Thema Tod ist noch immer tabuisiert. Die
Neigung, Gefühlen und Empfindungen gerade in diesem Bereich Raum zu
geben, persönliche Empfindungen in den Vordergrund zu stellen oder die
Gefühle und Empfindungen anderer zu seinen eigenen zu machen, ist
sicherlich sehr groß, sie ist auch nachvollziehbar und verständlich.
Ich stehe sicherlich nicht im Verdacht, besonders wissenschaftsgläubig
zu sein, meine aber: Gefühle und Empfindungen verstellen in diesem
Zusammenhang den Blick auf Tatsachen und Fakten.
Meine Damen und Herren, für mich persönlich hat der quantitative
Aspekt, nämlich die Anzahl der Spender zu erhöhen, nie eine große,
sondern immer eine untergeordnete Rolle gespielt. Dennoch müssen wir zur
Kenntnis nehmen, und es muß uns beunruhigen, daß bei Eurotransplant in
Leiden schon jetzt der Schlüssel für die Verteilung der Organe
zuungunsten der Bundesrepublik verändert wurde. Das ist verständlich:
Warum sollen wir in Deutschland von der sehr viel größeren
Spendenbereitschaft in sehr viel kleineren Ländern profitieren?
(Abg. Christa Nickels [Bündnis 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer
Zwischenfrage)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Philipp, gestatten Sie eine
Zwischenfrage?
Beatrix Philipp (CDU/CSU): Nein, ich habe so wenig Zeit als
Berichterstatterin. Ich bitte um Nachsicht, sonst immer gern.
Es entspricht aber der Lebenserfahrung zu wissen, daß es Menschen gibt,
die sich mit dem Tod, erst recht mit dem eigenen, nicht befassen können
oder wollen, zum Beispiel junge Menschen, die den Tod zu Recht noch weit
entfernt vermuten. Ich denke auch an Unfallopfer oder an minderjährige
Kinder, für die das nicht zutrifft.
Angehörige haben uns immer wieder versichert, daß sie - wenn überhaupt
- dann einen Sinn im Verlust eines nahestehenden Menschen erkennen, wenn
sie sehen, daß sie durch die Zustimmung zu einer Organspende anderen
Menschen das Weiterleben ermöglichen.
Meine Damen und Herren, wir entscheiden heute über die zukünftige
Teilhabe der Bundesrepublik an der Transplantationsmedizin und damit
auch über das Schicksal vieler Menschen. Wir entscheiden auch über das
Vertrauen in die ärztliche Behandlung, wie sie seit mehr als 25 Jahren
in den Transplantationszentren gehandhabt wird.
Im Interesse der Rechtssicherheit und Transparenz, besonders aber im
Interesse der Menschen, sollten wir heute nicht hinter dem
zurückbleiben, was weltweit, auch bei uns, seit mehr als 25 Jahren
praktiziert wird.
Kurz: Wer in 1/2 3 sagt, der Mensch ist nicht tot bzw. muß nicht tot
sein, wer sich um die Todesfeststellung herummogelt, muß wissen, daß es
in Deutschland zukünftig keine Transplantation mehr geben kann und geben
wird.
Wer sich in 1/2 4 für die enge Zustimmungslösung entscheidet, muß
wissen, daß es zukünftig kaum noch Transplantationen geben wird und daß
er damit dem Transplantationstourismus Tür und Tor öffnet.
Ich bitte Sie daher inständig um die Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
Wodarg.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich habe gestern von den Eltern eines in der Schweiz nach
einem Skiunfall verstorbenen jungen Mannes einen erschütternden Brief
erhalten. Sie klagen eine Schweizer Transplantationsklinik an, ihre
Zustimmung zur Organentnahme bei ihrem Sohn eigenmächtig erweitert und
mißbraucht zu haben. Sie machen der Klinik Vorwürfe, weil ihrem Sohn
dort mehr als die zugestandenen Nieren entnommen worden seien.
Es sei ihnen nicht ermöglicht worden, von dem Toten nach der
Explantation endgültig Abschied zu nehmen. Sie hätten nur von ihm
Abschied nehmen
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16408
noch: Dr. Wolfgang Wodarg
sagten - noch lebte.
Etwa 5000 mal pro Jahr stehen in Deutschland Ärzte und Pflegekräfte am
Bett ihrer Patienten und müssen zugestehen, daß sie mit ihrer Kunst am
Ende sind, daß sie ihren Patienten nicht mehr helfen können, weil bei
diesen die Zeichen des vollständigen unwiederbringlichen Hirnversagens,
des sogenannten Hirntods, erkennbar sind.
Diese Patienten liegen genau wie vor der Diagnosestellung bewußtlos im
Bett, sie werden beatmet, gepflegt und mit Nährstoffen, Flüssigkeit und
Medikamenten versorgt. Die Angehörigen kommen zu Besuch, streicheln
ihren Angehörigen, reden mit ihm und merken keinen Unterschied.
Ein Patient, dessen Gehirn unwiederbringlich zerstört ist, kann nicht
gerettet werden. Wir können heute die Organfunktionen von Herz, Nieren
und anderen Organen vorübergehend durch Maschinen ersetzen, zum Beispiel
so lange, bis ein Spenderherz, eine Spenderniere gefunden wurde.
Wir können auch einige Funktionen des Gehirns für Wochen, ja, manchmal
sogar für Monate ersetzen, so daß der Tod des ganzen Menschen nicht
eintritt. Aber es gibt kein Spenderhirn, obwohl erste Versuche in
Schweden und in den USA laufen, vermehrungsfähiges Hirngewebe von
Embryonen bei Alzheimer- und Parkinsonpatienten zu transplantieren.
Wenn das ganze Gehirn für immer seine Funktion eingestellt hat, dann
muß eine Entscheidung getroffen werden, eine Entscheidung, bei der es
nur zwei Alternativen gibt. Diese Alternativen sind:
Erstens. Der Sterbeprozeß wird beendet, indem die künstliche Beatmung
abgeschaltet wird. Der Patient erstickt.
Zweitens. Der Patient wird im OP vorbereitet, mit Medikamenten
ruhiggestellt, und der Sterbeprozeß wird durch die operative Entnahme
lebenswichtiger Organe beendet.
Wer soll das jetzt entscheiden? Wir wissen alle, daß das eigentlich nur
jeder Mensch zu Lebzeiten selbst kann. Ärzte und Pflegepersonal fürchten
diese Situation: der Anruf bei der Familie, beim Lebenspartner, der
Aufschrei, die Stille und dann das Schluchzen: Das kann nicht sein! Das
glaube ich nicht! Können Sie es nicht noch einmal versuchen?
Bevor die Angehörigen informiert wurden, ist auf der Intensivstation
der sogenannte Hirntod diagnostiziert worden. Seit 1968, dem Jahr der
Harvard-Konvention, ist das die Diagnose, die Ärzte und Pflegepersonal
straffrei läßt, wenn sie jetzt alle therapeutischen Versuche abbrechen
und die Beatmung abschalten. Ja, diese Diagnose verpflichtet sie sogar,
nichts mehr zu unternehmen, was das unausweichliche Sterben ihres
Patienten ohne dessen ausdrücklichen Willen hinauszögert. Jetzt muß sie
also getroffen werden, die Entscheidung zwischen Abschalten oder
Explantation. Wer kann sie treffen? Wer darf sie treffen? Wer soll sie
treffen?
Eines ist klar: Die Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn den
behandelnden Ärzten die Möglichkeit der Organspende überhaupt bewußt ist
und wenn aus ihrer Sicht nichts dagegen spricht. In diesem Zusammenhang
ist es erstaunlich, daß nur etwa 2000 der 5000 in Frage kommenden
Patienten von ihrer Klinik, von ihren behandelnden Ärzten an die
Transplantationszentren als mögliche Organspender überhaupt gemeldet
werden. Was hält die anderen Ärzte, die anderen Kliniken davon ab,
dieses auch zu tun? Wir könnten gut doppelt so viele Organspender haben,
wenn nur die Kliniken und ihre Intensivmediziner die möglichen Spender
alle melden würden.
Es stellt sich noch eine Frage, der wir auf den Grund gehen müssen,
wenn wir wollen, daß mehr Menschen einen Organspendeausweis
unterschreiben: Warum haben nur etwa 7 Prozent der Bevölkerung einen
solchen Ausweis, obwohl doch laut neuesten Umfragen etwa 80 Prozent
bereit wären, ihre Organe zu spenden?
Im Gespräch mit einer Selbsthilfegruppe von Transplantierten und von
Patienten, die auf eine Transplantation warten, wurde mir eine
einleuchtende Erklärung dafür gegeben. Meine Gesprächspartner meinten:
Viele auf der Straße von ihnen angesprochene Passanten - sie werben auf
der Straße für Organspenden - wollten einen solchen Ausweis nicht bei
sich tragen, weil sie Angst hätten, damit in das falsche Krankenhaus
eingeliefert zu werden.
Wir haben hier einen Hinweis auf die wirkliche Wurzel für das uns alle
bewegende Defizit, für die fehlenden Organspendeausweise: Es ist eben
nicht mangelnde Hilfsbereitschaft, es sind Mißtrauen und Unsicherheit,
die die Menschen zögern lassen, einen solchen Organspendeausweis bei
sich zu tragen - das gleiche Mißtrauen, welches vor einigen Jahren zum
Rückgang von Blutspenden geführt hat, als ruchbar wurde, welche
Geschäfte mit dem gespendeten Blut gemacht wurden.
Wie hilfsbereit und wie spendefreudig unsere Bevölkerung sein kann,
können wir zum Beispiel daran ablesen, daß es nur eines einzigen
Zeitungsartikels bedarf, um Tausende von Menschen dazu zu bewegen, sich
in die lange Schlange derer zu reihen, die zu einer Knochenmarkspende
bereit sind, um leukämiekranken Kindern das Leben zu retten.
Die Menschen sind vorsichtig; das ist in Ordnung. Aber was uns zu
denken geben sollte: Sie fürchten, daß im Krankenhaus nicht ihre
Gesundheit im Vordergrund stehen könnte, sondern die immer länger
werdende Warteliste der Transplantationszentren. Mißtrauen gegenüber der
weißen Zunft hat sich breitgemacht: Herzklappenskandal, das Erlanger
Baby, das dritte Herz des Herrn von Thurn und Taxis. Das sind Gründe für
die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit; das sind die Gründe,
weshalb nur eine geringe Zahl der Menschen einen Organspendeausweis mit
sich führen möchte.
Wir - das sind die über 100 Antragsteller aus allen Fraktionen - wollen
dieses Mißtrauen mit unserem Antrag grundlos machen. Wir bieten eine
Lösung an, die das Vertrauen in die Organspende wiederher-
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16409
noch: Dr. Wolfgang Wodarg
stellt. Wir wollen eine klare, transparente, aufrichtige Lösung.
Diese Aufrichtigkeit fängt bereits beim Wort ,,Hirntod" an. Es ist
auffällig, daß der Begriff vom üblichen medizinischen Sprachgebrauch
abweicht. Bei vergleichbaren Schädigungen anderer lebenswichtiger Organe
spricht man von Nierenversagen, Herzversagen oder Lungenversagen. Das
irreversible Hirnversagen aber wird kurzweg Hirntod genannt.
Wie irreführend dieser Begriff ist, wird deutlich, wenn der sonst
übliche medizinische Sprachgebrauch näher durchleuchtet wird: Von
,,Herzversagen" spricht man, wenn das Herz nicht mehr arbeitet, kein
Blut mehr pumpt. Von ,,Herztod" - Sekundenherztod zum Beispiel - spricht
man aber erst, wenn der ganze Mensch infolge eines Herzversagens
gestorben ist.
Von ,,Hirntoten" dürften Ärzte eigentlich nur dann sprechen, wenn
infolge des Hirnversagens ein Stadium eingetreten ist, in dem alle
Organe aufgehört haben zu arbeiten und der ganze Mensch so tot ist, daß
er auch begraben werden könnte.
Selbst das Versagen des ganzen Gehirns führt heute nicht mehr
unverzüglich zum Tode. Das ist das Neue. Das führt auch dazu, daß in
Amerika über das Hirntodkonzept völlig neu nachgedacht wird. Es ist
nicht so, daß dieses Konzept in der ganzen Welt unumstritten ist. Im
Gegenteil, es mehren sich die kritischen Stimmen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ohne funktionierendes Gehirn können heutzutage Menschen über Wochen und
Monate am Leben erhalten werden, wie der Fall der Marion Ploch in
Erlangen 1993 aller Welt gezeigt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre doch absurd, wenn wir einen
Menschen, dessen Herz versagt hat und der an eine künstliche Blutpumpe
angeschlossen wurde, um auf ein Spenderherz zu warten, als Herztoten
bezeichnen würden.
Für uns ist deshalb das endgültige, vollständige Hirnversagen nur ein
Wendepunkt, der das Sterben unumkehrbar gemacht hat. Er wird von uns als
Entnahmevoraussetzung für noch lebende Organe akzeptiert, aber eben
nicht mit dem Tod gleichgesetzt.
Dieser so doppeldeutig als Hirntod bezeichnete Zustand stellt sich
meist nicht schlagartig ein, sondern entwickelt sich im Laufe von
Stunden oder Tagen. Ein Unfall zum Beispiel, eine Blutung oder ein Tumor
kann das ganze Gehirn unwiederbringlich zerstören.
Der Patient im Hirnversagen ist ein bewußtloser, tief komatöser Mensch,
der beatmet werden muß. Reflexe, die an eine intakte Gehirnfunktion
gebunden sind, zeigt er nicht mehr. Er schließt nicht die Augen, wenn
Lid oder Hornhaut berührt werden. Die Pupillen sind weit und reagieren
nicht mehr auf Lichtreize. Auch der Hustenreflex ist erloschen.
Reflexe, die auf ein intaktes Rückenmark schließen lassen, zeigen sich
noch: der Kniesehnenreflex zum Beispiel, eine Erektion ist noch möglich
und andere im Rückenmark koordinierte Reaktionen.
Aber Reflexe sind Reaktionsweisen von Lebewesen, von Lebenden. Das
heißt, sie zählen eindeutig zu Lebenserscheinungen.
Sogenannte Hirntote zeigen weitere Lebensäußerungen, wie Herztätigkeit,
Stoffwechsel, sie schütten Hormone aus, Blutbildung und Blutgerinnung
funktionieren noch. Falsch ernährt, können diese Patienten Durchfall
oder Verstopfung bekommen. Zudem sind an ihnen vegetative Reaktionen,
zum Beispiel Hautrötung, Schwitzen und unkoordinierte Bewegungen, zu
beobachten. Selbst Wunden können sie noch ausheilen.
Daß und wie stark lebenswichtige Körperfunktionen gestört sind, läßt
Rückschlüsse auf den Schweregrad einer Erkrankung zu. Es besagt jedoch
nicht, daß der Mensch tot ist.
Wird ein Patient im Hirnversagen operiert, um ihm Organe zur
Transplantation zu entnehmen, so reagiert er in vieler Hinsicht, wie
jeder Mensch, der operiert wird, der unbewußt Schmerz erlebt. Er zeigt
Reaktionen: Die Pulsfrequenz schnellt hoch, der Blutdruck bewegt sich,
Hormone werden ausgeschüttet. Zu solchen Reaktionen ist ein Leichnam
nicht mehr in der Lage.
Patientinnen im Hirnversagen, die schwanger sind, beweisen geradezu,
daß sie zwar sehr schwer krank, aber doch noch am Leben sind. Die
Entwicklung eines Kindes im Mutterleib ist eine der wundervollsten,
höchst integrativen Lebenserscheinungen, die wir kennen.
In Erlangen wurde im Oktober 1992 die schwangere Marion Ploch für tot
erklärt. Mit ihr wurde einer breiten Öffentlichkeit brutal vor Augen
geführt, daß sich heutzutage Schwangerschaft und Tod nicht mehr
ausschließen und daß die Mediziner der angeblich Toten sogar zutrauten,
ein gesundes Kind zur Welt zu bringen.
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Aber nicht bei Hirntoten! Bei
Koma!)
Das hat zwar im Fall des Erlanger Babys nicht geklappt, ist aber in
anderen Fällen bereits gelungen. Es schafft einfach Verwirrung und
Mißtrauen, wenn in einigen Bundesländern die Ärzte einem Menschen mit
noch schlagendem Herzen genau den gleichen Totenschein ausstellen wie
einer Leiche.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute gibt es - das ist neu in der
Medizin - Ärzte, die nicht im Interesse der todkranken möglichen
Spender, sondern im Interesse der Beschaffung von Organen für ihre
Patienten auftreten. Sie sind es, die vom Gesundheitsminister, vom
Deutschen Bundestag gemeinsam mit den von ihnen transplantierten
Organempfängern fordern, Patienten im Stadium des irreversiblen
Hirnversagens mit Toten gleichzusetzen. Sie bedrängen uns ultimativ und
bringen die auf sie angewiesenen Patienten dabei mit, wenn wir ihrer
Strategie nicht folgen: ,,Keine Transplantation mehr, wenn ihr Politiker
diese Patienten nicht per Gesetz zu Toten umdefiniert und wenn ihr die
mangelnde Spendebereit
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16410
noch: Dr. Wolfgang Wodarg
lautet die drohende Botschaft.
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Von wem?)
Ich achte und anerkenne das Bemühen und den Einsatz dieser
Spezialisten. Doch ich bin betrübt und ärgerlich über ihre
Kurzsichtigkeit
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der
PDS)
und ihre die möglichen Spender abschreckenden Versuche, der
Öffentlichkeit mit ihrem Fachchinesisch etwas einzureden, von dem meine
sehr klar und nüchtern denkende Nachbarin sagt: So ein Quatsch, die sind
doch gar nicht richtig tot! Die wollen doch nur ihre Organe!
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das ist laienhaft! - Wolfgang
Zöller [CDU/CSU]: Das ist ungeheuerlich, das ist wirklich
ungeheuerlich!)
- Es gibt viele Menschen in Deutschland, die so denken. Das müssen Sie
zur Kenntnis nehmen.
Dabei gibt es gar keine mangelnde Hilfsbereitschaft in Deutschland.
Mehr als 80 Prozent der Menschen wollen Organe spenden. Tausende melden
sich zum Beispiel zur Knochenmarkspende. Die Transplantationsmediziner
selbst haben durch ihre von Laien nicht nachvollziehbare
Todesdefinition, durch fehlende Sicherheit bei denen, die gerne spenden
würden, Angst und Mißtrauen erzeugt.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie uns heute Klarheit
schaffen und dafür sorgen, daß den spendebereiten Menschen in unserem
Lande ehrlich gesagt wird, um was es in dieser schweren Stunde zwischen
Leben und Tod geht. Sie, die Spender selbst - und nur sie -, sollen
rechtzeitig und eindeutig erklären, ob sie wollen, daß im Falle eines
endgültigen und vollständigen Hirnversagens die Maschinen abgestellt
werden und das Sterben beendet wird, oder ob sie ihre Ärzte bitten,
dafür zu sorgen, daß einige ihrer noch lebenden Organe explantiert
werden, um in anderen Menschen weiterzuleben und diesen anderen Menschen
das Leben zu retten oder zumindest erheblich zu erleichtern.
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Wodarg, kommen Sie zum Schluß!
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Ja. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines
ist klar: Es können in Deutschland nur dann mehr Organe transplantiert
werden, wenn die Menschen in Deutschland mehr Organe spenden. Bitte
ermöglichen Sie durch Ihre Stimme, daß wir den Menschen in Zukunft sagen
können: Denkt an eure Angehörigen, bringt sie nicht in Not, sprecht mit
ihnen über den Tod, und hinterlegt eure Willenserklärung zur Organspende
bei einer Person eures Vertrauens!
Und eines noch: Wenn die Entscheidung kommt zwischen Abschalten und
Organspende, dann soll es möglich sein zu sagen: Ich möchte, daß einige
meiner Organe am Leben bleiben, damit sie anderen Menschen helfen
können, weiterzuleben. - Das ist eine Hoffnung und eine Möglichkeit der
Nächstenliebe, die wir den Menschen nur durch unser Gesetz eröffnen
können. Eine Neudefinition des Todes per Gesetz wäre der Versuch einer
Organbeschaffung von oben. Helfen Sie mit, daß Menschen wissen, was sie
tun, und deshalb gern und freiwillig spenden!
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei
Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster hat der Abgeordnete Rudolf
Dreßler das Wort.
Rudolf Dreßler (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt
wohl nur wenige Gegenstände der Gesetzgebung, die die Menschen emotional
ähnlich tief berühren wie Regelungen zur Organtransplantation. Das ist
verständlich; denn wir rühren damit an menschliche Urängste, aber auch
Hoffnungen zur Rettung aus sonst aussichtsloser Lage.
Wir brauchen ein Transplantationsgesetz. Wir brauchen eine Regelung,
die der Transplantationsmedizin gesicherten rechtlichen Boden bietet und
die Grauzonen beseitigt. Wir haben mit dem Transplantationsgesetz eine
ethisch moralische Gratwanderung zu vollziehen; denn wir haben den
Anspruch der Menschen auf Heilung bei schwerer Krankheit in Einklang zu
bringen mit dem Recht jedes einzelnen auf ein Lebensende in Würde. Wir
dürfen eine gesetzliche Regelung der Organtransplantation nicht dazu
mißbrauchen, beide Rechte gegeneinander auszuspielen. Wir dürfen nicht
den Eindruck erwecken, als sei die Sicherung des einen Rechtes nur um
der Verletzung des anderen willen möglich. Dies wäre für mich
verantwortungslos.
Wer manchen öffentlichen Diskussionsbeitrag registriert, muß
festhalten: Es ist nicht wahr, daß auf der einen Seite mit gezücktem
Skalpell gierig auf neue, transplantationsfähige Organe wartende Ärzte
stehen, die es mit dem Todeszeitpunkt dann und wann nicht so genau
nehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)
Es ist auch nicht wahr, daß auf der anderen Seite verstockte und
herzlose Wesen stehen, die Hilfsbedürftigen Hilfe verweigern, die sie
benötigen, um zu überleben. Wir brauchen verantwortungsbewußt handelnde
Transplanteure. Das heißt aber, wir müssen ihnen auch Verantwortung
geben. Wir wollen Ärzte, die sich - das ist unverzichtbar - in der
letzten Konsequenz ihres Handelns ausschließlich ihrem Gewissen
unterwerfen. Das heißt aber, meine Damen und Herren, wir müssen ihnen
den Raum für Gewissensentscheidungen auch schaffen. Gesetzesparagraphen
müssen Gewissensentscheidungen ermöglichen. Aber kein Gesetzesparagraph
kann das Gewissen ersetzen: nicht das des Verwandten eines Verstorbenen
und nicht das eines Arztes.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16411
noch: Rudolf Dreßler
Wenn ich dies so nachdrücklich betone, will ich auf die Motive
hinweisen, die mich dazu bewegen, für die erweiterte Zustimmungslösung
zu werben.
Wir haben im Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung zwei
Grundfragen zu beantworten. Erstens: Wann dürfen einem Organspender zum
Zwecke der Transplantation Organe entnommen werden? Zweitens: Wer
entscheidet darüber, ob ein potentieller Organspender für die
Organspende zur Verfügung steht?
Für mich steht fest: Es darf keine Organentnahme geben, es sei denn,
der Organspender ist tot. Abgesehen von der getrennt zu bewertenden
Lebensspende unter Verwandten: Der Tod des Spenders ist unabdingbare
Voraussetzung für jede Organentnahme. Das berührt die Grundvoraussetzung
jedes menschlichen Zusammenlebens. Eine Organentnahme bei noch Lebenden
- und geschähe sie selbst in der letzten Phase ihres Sterbens - ist für
mich in jeder Hinsicht inakzeptabel. Insofern unterscheide ich mich
grundsätzlich von den Vertretern der sogenannten engeren
Zustimmungslösung, die den irreversiblen Ausfall der gesamten
Hirnfunktion nicht als Tod, sondern als unumkehrbare letzte Phase des
Sterbens verstanden wissen wollen. Ich wiederhole: Wäre dies so, wäre
also ein Mensch nach dem Ausfall der gesamten Hirnfunktion ein noch
Lebender, wenn auch ein unumkehrbar Sterbender, dürfen seine Organe
nicht entnommen werden. Denn, meine Damen und Herren, für mich gilt: Der
Schutz des Lebens endet mit dem Leben. Es gilt nicht: Das Leben endet
mit dem Schutz des Lebens.
Der dem Hause vorliegende Vorschlag zur erweiterten Zustimmungslösung
trägt dem bedingungslosen Schutz des Lebens bis zum Tode in seinem 1/2 3
Rechnung. Ich kann mir weiterhin schlechterdings nicht vorstellen, daß
ein Gesetzgeber per Gesetz darüber entscheidet, wann ein Mensch tot ist
und wann nicht. Diese Entscheidung kommt ihm nicht zu. Der Tod ist ein
von der Natur bestimmtes biologisches Ereignis. Die Entscheidung
darüber, ob es eingetreten ist, können nur die treffen, die dazu in der
Lage sind: die medizinische Wissenschaft im allgemeinen, was die
grundlegenden Entscheidungsregeln angeht, und die einzelnen Ärzte, was
den Einzelfall betrifft. Der Gesetzgeber kann nur daran anknüpfen. Das
bedeutet: Die Entscheidung der Medizin muß Grundlage für die
entsprechende Gesetzesbestimmung sein. Genau diese Regelung wird mit dem
Vorschlag zur erweiterten Zustimmungslösung getroffen.
Weltweit, meine Damen und Herren, ist der Ausfall der gesamten
Hirnfunktion als ein sicheres Zeichen des menschlichen Todes von der
Wissenschaft festgelegt. Ich stelle klar: Ausfall der gesamten
Hirnfunktion heißt Ausfall der Großhirnrinde, Ausfall des Kleinhirns und
Ausfall des Stammhirns. Keine Hirnregion ist noch aktiv. Das heißt,
komatöse Patienten oder Patienten mit apallischem Syndrom werden von
dieser Todesfestlegung nicht erfaßt.
Die einheitliche und weltweit getroffene Feststellung der medizinischen
Wissenschaft, daß der Ausfall der Gesamthirnfunktion den Tod des
Menschen bedeutet, übernimmt der Gesetzesvorschlag der Vertreter der
erweiterten Zustimmungslösung implizit, ohne sie ausdrücklich zu
erwähnen. Würden im Zuge der Fortentwicklung medizinischer Erkenntnisse
ergänzende oder zusätzliche Kriterien für die Feststellung des
menschlichen Todes entstehen und von der medizinischen Wissenschaft
verbindlich festgestellt, so würden diese konsequenterweise ebenfalls
gelten. Unser Gesetzentwurf ist also in diesem Punkt offen. In einem
Punkt allerdings ist er nicht offen. Der Gesamthirntod als
Todeszeitpunkt für den Menschen ist eine Mindestnorm.
Die Botschaft unseres Lösungsvorschlags ist also denkbar unkompliziert:
Erstens. Ein Organspender muß tot sein, wenn er für eine Organspende in
Frage kommt. Zweitens. Wann er tot ist, entscheidet die medizinische
Wissenschaft; der Gesetzgeber schließt sich dem an. Drittens. Die
Medizin darf dabei als unterste Schwelle den Gesamthirntod als
Todeskriterium nicht unterschreiten.
Die zweite wesentliche Entscheidung, die wir heute treffen müssen, hat
das Problem zu klären, wer darüber entscheidet, ob ein potentieller
Organspender für eine Organspende zur Verfügung steht. Damit auch hier
kein Zweifel bleibt, lautet unsere klare Antwort: der Betroffene selbst.
Seine Entscheidung gilt und bindet jeden und jede. Allerdings ist das
Problem damit nicht gelöst; denn in den wenigsten Fällen hat er
tatsächlich auch entschieden.
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch)
Die Zahlen mögen verdeutlichen, um was es geht: Im vergangenen Jahr
sind in Deutschland 3228 Organe - das waren Nieren, Herzen, Leber,
Lungen und Bauchspeicheldrüsen - transplantiert worden. Nur in 34 Fällen
lag eine höchstpersönliche Zustimmung der Betroffenen vor, also in
gerade 1 Prozent der Transplantationsfälle. Selbst eine Verdoppelung,
eine Steigerung um 100 Prozent, würde uns zwingen, Tausende von Organen
aus anderen Ländern, die wesentlich größere Öffnungen unter der
Bezeichnung ,,Widerspruchslösung" kennen, nach Deutschland zu
importieren. Wer will das ernsthaft verantworten?
Mir stellt sich die Frage, ob wir diesen Zustand vor unserem Gewissen
einfach so akzeptieren dürfen oder ob wir nach einer Lösung auch in
solchen Fällen suchen müssen, in denen sich der potentielle Spender zu
Lebzeiten nicht entschieden hat. Die Vertreter der engen
Zustimmungslösung schlagen vor, das nicht zu tun, sondern festzulegen,
daß nur die Betroffenen die Entscheidung fällen. Ich kann das nicht
akzeptieren. Ich will eine Lösung auch in solchen Fällen, in denen der
Betroffene nicht entschieden hat, so wie dies in allen europäischen
Staaten - von A wie Albanien über N wie Norwegen bis Z wie Zypern - der
Fall ist. Nirgendwo in Europa gibt es ein Transplantationsgesetz, das
eine enge Zustimmungslösung zum Inhalt hat, bei der also nur die
Betroffenen entscheiden.
Wir sollten das auch in Deutschland nicht einführen, sondern beim
bewährten, durch Richterrecht bestätigten Verfahren einer
Angehörigenzustimmung bleiben. Wir brauchen eine Regelung auch in den
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16412
noch: Rudolf Dreßler
hat. Die Kranken, die auf Spenderorgane angewiesen sind, brauchen nicht
nur ärztliche Hilfe; sie brauchen auch unsere Hilfe. Deshalb ist für
mich eine Lösung auch in möglichst vielen der Fälle erforderlich, in
denen sich potentielle Organspender nicht erklärt haben. Das aber geht
nur, indem man die Angehörigen in diesen Fällen in die Entscheidung
einbezieht.
Abschließend bitte ich die Abgeordneten des Bundestages, dem
Änderungsantrag auf Drucksache 13/8027 zuzustimmen. Er ist in
Übereinstimmung mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft. Er knüpft
an das Totensorgerecht der Angehörigen an, die im Sinne des Verstorbenen
zu entscheiden haben. Er baut einen Damm gegen das Aufweichen der
Hirntodkriterien. Er schafft Rechtssicherheit, Klarheit und Vertrauen.
Er sichert die Transplantationsmedizin in der Bundesrepublik. Nicht
zuletzt wird er den vielen, die mit einer Organspende weiterleben
können, die Lebensperspektive sichern helfen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zu einer Kurzintervention zu der Rede
der Abgeordneten Philipp gebe ich der Abgeordneten Christa Nickels das
Wort.
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Philipp, wir schätzen uns zwar, aber ich kann Ihre
Feststellung nicht akzeptieren, daß es hier darum geht, sich nicht um
die Feststellung des Todes herumzudrücken. Herr Kollege Dreßler hat
gerade erklärt, daß der Tod ein von der Natur bestimmtes biologisches
Ereignis ist. Er hat weiter gesagt - das hat auch Frau Philipp in ihrer
Rede geäußert -, daß die Wissenschaft festlegen muß, wann der Tod
eingetreten ist.
Ich meine, es ist richtig, daß der Tod ein von der Natur bestimmtes
biologisches Ereignis ist. Nur, wir leiden heute nicht so sehr darunter,
was wir technisch nicht können. Das Problem, das wir heute haben,
besteht vielmehr darin, daß wir wegen der neuen technisch-medizinischen
Möglichkeiten gezwungen sind, uns mit dem Anfang und dem Ende des
menschlichen Lebens neu auseinanderzusetzen. Das, was Geboren-Werden
bedeutet, ja, schon das, was Gezeugt-Werden bedeutet,
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Daran hättet ihr mal bei 1/2 218 denken
können!)
ist in dem Kontext, so wie er bis vor einigen Jahren gegolten hat, heute
überhaupt nicht mehr denkbar. Sterben und Tod sind etwas, worüber man
früher nicht in der Art und Weise nachdenken mußte. Wozu uns heute die
neuen Möglichkeiten des medizinischen Fortschritte zwingen und wodurch
wir in riesengroße Nöte kommen.
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist doch keine Kurzintervention mehr!)
Richtig ist, daß Menschen, die darüber nachdenken, ein Schauder
überfällt; denn es kommt den Menschen nicht zu, eigenmächtig zu
entscheiden, wo die Grenzen von Tod und Leben sind, weil man dann immer
in der Gefahr steht, die Entscheidung aus Nützlichkeitserwägungen zu
fällen. Aber durch medizinisch-technische Fortschritte sind wir
gezwungen, uns genau darüber zu unterhalten.
Darum möchte ich erstens sagen, daß Gefühle und Emotionen, die wir
haben, wenn wir darüber nachdenken, keine Gefühlsduselei sind. Ich rate
niemandem, hier seine Gefühle zu verdrängen und diese Entscheidung
allein der Wissenschaft zu überlassen. Gefühle sind ganz wichtige
Wegweiser in diesem Entscheidungsprozeß, die mit dem Verstand
ausgeleuchtet werden müssen.
Zweitens kann man sich meiner Meinung nach aus diesem Dilemma nicht mit
einem großen ,,Basta" befreien, indem man sagt, man halte sich an die
Kriterien, die entwickelt worden sind, folge den neuen technischen
Möglichkeiten, ohne daß darüber gesellschaftlich breit diskutiert worden
ist, und dann seien die Befürchtungen ausgeräumt, so daß die
Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen, entfalle.
(Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.: Das ist keine Kurzintervention!
Das ist eine Rede!)
So wird es nicht gehen. Denn wenn wir es den Menschen mit einem großen
,,Basta" abnehmen, sich höchstpersönlich damit auseinanderzusetzen und
auch selber eine Entscheidung zu treffen - das ist ja immer dann der
Fall, wenn sie am Bett eines Angehörigen stehen oder in der Situation
sind, selber ein Organ zu benötigen -, dann leisten wir einer
unmenschlichen Gedankenlosigkeit in der Gesellschaft Vorschub, die bei
weiter voranschreitender Technik unheilvolle Auswirkungen haben kann.
Darum plädiere ich in der heutigen Debatte dafür, daß wir diese
fundamentale Entscheidung nicht allein der Wissenschaft überlassen, die
sich wandelt und glücklicherweise weiter voranschreitet.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Frau Kollegin Nickels, es tut mir
leid, ich muß Sie unterbrechen, weil Ihre Redezeit abgelaufen ist.
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielmehr müssen wir Kriterien
schaffen, die es dem einzelnen potentiellen Spender oder Empfänger von
Organen ermöglichen, selbst zu entscheiden.
Danke.
(Unruhe)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Meine Damen und Herren, keine
Aufregung, wir befinden uns durchaus im Rahmen der Geschäftsordnung. Es
war eine zulässige Kurzintervention.
Nun gebe ich das Wort zur Erwiderung, falls sie es wünscht, der
Kollegin Philipp. - Das ist nicht der Fall.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16413
noch: Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Dann gebe ich das Wort dem Kollegen Eckart von Klaeden.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten haben mich wie viele andere
Kolleginnen und Kollegen zur bevorstehenden Verabschiedung des
Transplantationsgesetzes zahlreiche Briefe erreicht. Ich habe viele
Gespräche geführt, habe mit Menschen gesprochen, die dringend auf ein
Organ angewiesen sind, habe Transplantationszentren besucht, habe mit
Eltern gesprochen, die in die Explantation der Organe ihrer hirntoten
Kinder eingewilligt haben und für die diese Entscheidung eine große
Hilfe war. Es haben sich aber auch solche an mich gewandt, die sich auf
Grund mangelnder Informationen wegen dieser Zustimmung heute schwere
Vorwürfe machen, weil sie sich über den Zustand ihrer Kinder nicht
hinreichend aufgeklärt fühlten.
Nach alledem ist für mich klar: Die Transplantationsmedizin ist ein
Segen für die Menschen, die dringend ein Spenderorgan brauchen. Ein
solches Gesetz muß insbesondere die Menschenwürde und den Schutz des
menschlichen Lebens beachten. Ich möchte an dieser Stelle auch sagen,
daß ich zu den Transplantationsmedizinern in Deutschland Vertrauen habe,
daß sie ihre Tätigkeit verantwortungsvoll ausüben. Ich wüßte mich, wenn
es einmal dazu käme, als Spender oder Empfänger bei ihnen in guten
Händen.
Ich gestehe zu, daß auch mir zunächst das Ansehen des Hirntodes als ein
sicheres Todeszeichen plausibel erschien. Insbesondere das Bild von der
,,inneren Enthauptung" hat mir spontan eingeleuchtet. Der Fall der
Erlanger Schwangeren, der gezeigt hat, daß bei Hirntod mit apparativer
Unterstützung selbst das Austragen einer Schwangerschaft möglich ist,
hat bei mir aber Zweifel geweckt.
(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Sie war noch nicht hirntot!)
- Doch, die Erlanger Schwangere war hirntot, Herr Kollege Thomae. Das
hat Professor Wuermeling, der diese Behandlung begleitet hat, selbst
bestätigt.
1993 definierte der wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer den
Tod als ,,Ende des Organismus in seiner funktionellen Ganzheit". Gegen
diese Definition ist nichts zu sagen. Sie trifft bloß nicht zu, wenn man
den Fall von Marion Ploch unvoreingenommen betrachtet. 97 Prozent ihrer
Organe funktionierten. Die Patientin atmete. Nur die Bewegungen des
Zwerchfellmuskels wurden durch eine Beatmungsmaschine ersetzt. Die Herz-
und Kreislauffunktionen waren intakt. Nur ein Organ war definitiv
ausgefallen: das gesamte Gehirn.
Man braucht kein Mediziner zu sein, um zu wissen, daß eine
Schwangerschaft ein höchst irritierbarer Vorgang ist, der voraussetzt,
daß alle Organe subtil aufeinander abgestimmt funktionieren. Von dem
,,Ende des Organismus in seiner funktionellen Ganzheit" kann daher keine
Rede sein. Bei einer Enthauptung tritt aber der Tod unter anderem durch
den mit dem hohen Blutverlust verbundenen Zusammenbruch von Herz und
Kreislauf ein. Damit ist klar: Eine ,,innere Enthauptung" gibt es nicht.
Nun wird eingewandt, daß eine Schwangerschaft prinzipiell auch in der
Retorte möglich wäre und daß die erwähnte Schwangerschaft nur mit
intensivapparativer Unterstützung aufrechterhalten werden konnte. Aber
auch die Tatsache der apparativen Unterstützung oder Imitierbarkeit von
Vitalfunktionen kann doch unmöglich zur Todesfeststellung ausreichen;
sonst müßten alle Patienten einer Intensivstation für tot erklärt
werden, denn sie werden geradezu typischerweise in ihren Vitalfunktionen
unterstützt.
Es ist vor diesem Hintergrund folgerichtig, daß die Definition der
Bundesärztekammer aus dem Jahre 1993 immer weiter in den Hintergrund
tritt. In der Anlage zum Schreiben des Präsidenten der Bundesärztekammer
vom 17. Juni 1997, das Ihnen allen zugegangen ist und in dem Argumente
vorgetragen werden, die dafür sprechen sollen, daß Sie sich unserem
Antrag nicht anschließen, ist von dieser Definition gar nicht mehr die
Rede. Statt dessen heißt es dort:
Die naturwissenschaftliche Medizin kann sicher sagen, daß die den
lebenden Menschen konstituierende physisch-metaphysische Einheit mit dem
völligen und unabänderlichen Ausfall der Gesamtfunktionen des Gehirns
ihre unersetzliche körperliche Grundlage verloren hat und damit beendet
ist.
Die metaphysische Dimension des Menschen läßt sich aber nicht in einem
Organ lokalisieren. Sie ist etwas grundsätzlich anderes als seine
Bewußtseinsfähigkeit oder Geistigkeit. Die Behauptung, diese
Lokalisierung medizinisch-naturwissenschaftlich nachweisen zu können,
hat die Qualität eines Gottesbeweises.
Wohin ein Menschenbild führt, das den Tod und den Hirntod gleichsetzt,
zeigt die Rede des australischen Philosophen Peter Singer, die er in
Heidelberg halten sollte - aber nicht gehalten hat - und die später
veröffentlicht wurde. Er tritt darin dafür ein, die ,,Ethik der
Unantastbarkeit des Lebens" aufzugeben und statt dessen ,,Überlegungen
zur Lebensqualität bei Entscheidungen über Leben und Tod zuzulassen". Er
schreibt weiter: Ein erster Schritt dahin ist es, ,,den Hirntod \u als
ein Kriterium für den Tod des Menschen zu akzeptieren".
Diesem Menschenbild darf nicht durch eine entsprechende direkte oder
indirekte Festlegung im Transplantationsgesetz Vorschub geleistet
werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der PDS)
Sie ist auch nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Aus dem 88. Band -
Seite 252 - der Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen ergibt sich
zweifelsfrei, daß es für den grundrechtlichen Status eines Menschen
allein auf seine Existenz ankommt, nicht nur auf Wahrnehmen, Erleben,
Wünschen, Hoffen,
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16414
noch: Eckart von Klaeden
Gehirnfunktionen.
(Beifall der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auch im Ausland ist die Unhaltbarkeit des Hirntodkonzepts gerade auf
Grund des intensivmedizinischen Fortschritts offenkundig geworden. In
Amerika, dem Mutterland der Hirntodkonzeption, wird diese zunehmend als
überholt angesehen. Erst jüngst ist in einer renommierten
Fachzeitschrift ein Aufsatz mit dem Titel ,,The brain death of brain
death", ,,Der Hirntod des Hirntodes", erschienen.
Japan ist den Kritikern des Hirntodkonzepts immer wieder als Beispiel
ihrer Rückständigkeit vorgehalten worden. Die vorgesehene Anerkennung
des Hirntodes als Tod des Menschen ist jedoch im japanischen
Gesetzgebungsverfahren gescheitert.
(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Ausdrücklich!)
Man hat einen logisch nicht nachvollziehbaren Kompromiß gefunden: Die
Hirntoddiagnose gilt als Todesfeststellung nur für die
Transplantationsmedizin, aber sonst nicht. Damit korrespondiert eine
besonders enge Zustimmungslösung. Erforderlich ist nicht nur die
vorherige schriftliche Zustimmung des Spenders, sondern darüber hinaus
auch noch die Zustimmung seiner Angehörigen.
Der bereits beschriebene intensivmedizinische Fortschritt ist auch für
die Diskussion in den Kirchen nicht ohne Folgen geblieben. Nach
ursprünglich zustimmenden Erklärungen zu diesem Konzept der Kirchen aus
dem Jahre 1990 hat sich das Blatt gewendet. Nicht umsonst beschäftigt
sich die Päpstliche Akademie für das Leben erneut mit dieser Frage. So
heißt es in der Stellungnahme der EKD in der Anhörung des
Gesundheitsausschusses zum Transplantationsgesetz vom 25. September 1996
- diese Unterlage ist allen Mitgliedern des Gesundheitsausschusses
zugegangen -:
Die Diskussion der letzten Jahre hat deutlich gemacht: Die Gleichsetzung
des Todeskriteriums ,,Hirntod" mit dem ,,Tod des Menschen" sollte
deshalb aufgegeben werden, denn sie stößt aus anthropologischer,
biologischer und medizinischer Sicht auf gewichtige Bedenken. Die Frage
des Zeitpunkts für die Explantation von Organen setzt keine Einigung
über die unterschiedlichen Sichtweisen und Definitionen des Todes des
Menschen voraus. Erforderlich ist lediglich eine verantwortungsvoll und
gewissenhaft vorgenommene Verständigung, also Konvention, über den
Zeitpunkt, von dem an die Entnahme eines lebenswichtigen Organs
rechtlich und ethisch nicht mehr als Körperverletzung und Tötung
angesehen wird. Der sogenannte Hirntod kann als ein solcher Zeitpunkt
angesehen werden.
In einer Stellungnahme vom 11. Juni 1997 heißt es ergänzend dazu:
Deshalb tut der Gesetzgeber gut daran, in 1/2 3 ,,Organentnahme mit
Einwilligung des Organspenders" Abs. 2 nicht vom ,,Tod des Organspenders
nach dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft" zu sprechen,
sondern besser und genauer vom Hirntod des Spenders, ,,irreversiblen
Ausfall aller Funktionen des Gehirns".
Dann fährt diese Stellungnahme fort mit den Worten:
Wer Hirntod und Tod des Menschen in eins setzt, trägt bei zur Verwirrung
der Begriffe, verzichtet auf anthropologisch notwendige
Unterscheidungen, verletzt ohne Not religiöses Empfinden.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg.
Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])
In dieselbe Richtung weisen Briefe von Joachim Kardinal Meisner an den
Bundesgesundheitsminister und an die Mitglieder der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion vom Freitag letzter Woche. Nichts anderes, als dort
definiert ist, nichts anderes als eine Konvention, als ein
ausdrückliches Offenlassen dieser strittigen Frage schlagen wir Ihnen
vor. Deswegen ist es auch nicht richtig, wenn uns unterstellt wird, wir
würden in unserem 1/2 3 ausdrücklich von lebenden Spendern ausgehen. Ich
meine, daß man eine solche Festlegung der Transplantationsmedizin auch
nicht zumuten kann.
Diese Stellungnahmen der Kirchen verdeutlichen das unauflösliche
Dilemma, in das die Transplantationsmedizin bei Annahme des anderen
Antrags eintritt: Einerseits soll vom Verstorbensein des Spenders
ausgegangen werden, andererseits sind gerade um der Qualität der Organe
willen nicht unerhebliche Vitalfunktionen des Körpers erforderlich.
Die Annahme des Hirntodes als sicheres Todeszeichen ist zwar
unausgesprochene, aber nicht hinwegzudenkende Voraussetzung des
genannten Antrags. Herr Kollege Dreßler, Sie haben das gerade noch
einmal bestätigt. Wer das nicht zugibt, denkt meiner Meinung nach nicht
logisch oder täuscht über seine Absichten.
(Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Dr. Dieter Thomae
[F.D.P.]: Das ist ein bißchen viel!)
- Ich habe Ihnen nicht unterstellt, daß Sie täuschen.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Doch!)
- Nein, nein, Sie müssen schon genau zuhören. Ich habe gesagt: Wer sagt,
daß in Ihrem Entwurf Hirntod und Tod des Menschen nicht miteinander
identifiziert werden, der denkt nicht logisch. In den Reden, die von
Ihrer Seite bisher gehalten worden sind, ist gerade diese Identifikation
verteidigt worden. Insofern mache ich Ihnen gar keinen Vorwurf, Frau
Philipp.
(Beifall des Abg. Otto Schily [SPD])
Diese mangelnde Deutlichkeit im Gesetz hat jedoch einen Preis, nämlich
weniger Rechtssicherheit für die Transplantationsmediziner. Weil der
Gesetzgeber die ausdrückliche Gleichsetzung vermeidet, delegiert er
diese Entscheidung nicht an die medizinische Wissenschaft, sondern in
Wirklichkeit an die
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16415
noch: Eckart von Klaeden
Der von uns vorgeschlagene 1/2 3 läßt diese Frage ausdrücklich offen
und formuliert, wie es Joachim Kardinal Meisner in seinem Brief als
Aufgabe der Politik bezeichnet hat, den breiten gesellschaftlichen
Konsens, daß nach der Feststellung des sogenannten Hirntods
Organentnahme unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Vor diesem Hintergrund ist es abwegig, die Behauptung aufzustellen, daß
dann den Ärzten eine Tötung abverlangt werde.
(Zuruf von der SPD: Genau das ist es aber!)
Zunächst beinhaltet diese These die Unterstellung, verschiedene
evangelische Bischöfe, Joachim Kardinal Meisner und eine ganze Reihe
deutscher Rechtslehrer, unter ihnen der angesehene Strafrechtsprofessor
Herbert Tröndle, würden sich für eine solche Tötung einsetzen. Alle
Genannten haben sich bisher in Lebensschutzfragen besonders engagiert.
Ihnen diesen Vorwurf zu machen ist besonders absurd. Weiterhin müßte der
Gesetzgeber auch in den letzten 30 Jahren den Ärzten eine solche
Tötungshandlung zugemutet haben. Denn bis heute fehlt es an der von der
Gegenseite geforderten gesetzlichen Voraussetzung.
Schließlich fehlt es objektiv und subjektiv an einer Tötungshandlung.
Weder wollen die Ärzte töten, noch will der Spender getötet werden. Auch
fehlt es an der für die Tötung selbstverständlichen Lebensverkürzung.
Denn nach Eintritt des Hirntodes ist die Pflicht zum Abstellen der Herz
und Kreislauf aufrechterhaltenden Maschinen unbestritten. In diesem Fall
tritt unmittelbar ein Multiorganversagen, also der Tod, ein. Zum Zweck
der Organentnahme wird dieses sittlich gebotene Sterbenlassen
verlängert. Das hat mit einer Tötung nichts zu tun.
Für die Zustimmungsregelung, über die in einer weiteren Runde noch
gesprochen wird, ergibt sich aus meiner Sicht folgendes: Der
Stellungnahme der EKD entsprechend muß die Organentnahme dem Willen des
Spenders entsprechen. Die Forderung nach einer schriftlichen Zustimmung
würde aus meiner Sicht zu hohe Hürden aufrichten, weil sie die intensive
Beschäftigung mit dem eigenen Tod voraussetzt. Auf diese Schwierigkeiten
hat die Kollegin Philipp schon hingewiesen.
Die Vermittlung des Willens des Spenders kann daher auch durch die
nächsten Angehörigen oder ihnen gleichzusetzende Personen geschehen. Sie
kann jedoch nicht so weit gehen, daß die Angehörigen ein eigenständiges
Entscheidungsrecht erhalten, das ihnen unter Umständen eine größere
Verantwortung zumutet, als sie angesichts einer derart schwierigen
Situation übernehmen wollen oder können. Sie sollen lediglich eine
Entscheidung im Sinne des Spenders, also seines bekannten oder
mutmaßlichen Willens, treffen.
Dafür sind, wie in meinem Vorschlag vorgesehen, wesentliche
Anhaltspunkte nötig. Hier ist auch der wesentliche Unterschied meines
Vorschlags zum Antrag von Lohmann, Seehofer, Dreßler und anderen, der
auch dann eine eigenständige Entscheidung der Angehörigen zulassen will,
wenn für den Willen des Spenders keine Anhaltspunkte vorliegen. Auch das
hat die EKD in der vorliegenden Stellungnahme ausdrücklich abgelehnt.
Die Forderung, die der intensivmedizinische Fortschritt an unsere
Gesellschaft stellt, ist, das Sterben als Teil des Lebens anzunehmen.
Das gilt insbesondere für das heute zur Abstimmung stehende
Transplantationsgesetz. Ich bitte Sie daher herzlich insbesondere um
Zustimmung zu 1/2 3 unseres Gesetzentwurfs.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe dem Abgeordneten Horst
Seehofer das Wort.
Horst Seehofer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Organübertragungen gehören heute in Ländern mit hochwertiger
medizinischer Versorgung zum Standard. Allein in Deutschland werden
jährlich über 3000 lebenswichtige Organe transplantiert. Das sind
beeindruckende Zahlen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß in jedem Fall
das Leben eines Menschen gerettet oder eine Krankheit weitgehend geheilt
werden kann.
Zur Realität gehört allerdings auch, daß etwa doppelt so viele
Patienten auf ein Spenderorgan warten. Nicht wenige von ihnen müssen
wegen des Mangels an Organen vorzeitig sterben. Nur wer jemals einem
Menschen gegenüberstand, der auf diese letzte Möglichkeit der Medizin
für sich persönlich gehofft hat, wird verstehen können, daß unsere
Sprache viel zu arm ist, um den Gegensatz zwischen der Todesangst beim
Warten auf ein Spenderorgan und der tiefen Dankbarkeit nach einer
erfolgreichen Transplantation zu beschreiben.
Lebensrettende Hilfe wäre ohne die Bereitschaft vieler Menschen zur
Organspende nicht möglich. Deshalb, so finde ich, sollten wir diese
Stunde einmal dazu benutzen, um allen Menschen zu danken, die zur
Organspende ja sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)
Die beiden großen Kirchen haben - zu Recht und unzweideutig - immer
wieder zum Ausdruck gebracht, daß Organspende ein Zeichen der
Solidarität und Nächstenliebe ist. Ich bin erleichtert, daß in jüngster
Zeit die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende wieder angestiegen
ist, nachdem sie in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen war.
Dieser Anstieg der Spendebereitschaft macht nicht nur vielen
schwerkranken Menschen Mut, die auf Organtransplantationen warten. Er
ist auch ein Auftrag an die Politik, durch eine klare gesetzliche
Regelung die Rechtssicherheit in diesem sensiblen
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16416
noch: Horst Seehofer
Transplantationsmedizin zu festigen.
Das Bundesministerium der Justiz erarbeitete bereits 1978, damals unter
Verantwortung von Hans-
Jochen Vogel, den ersten Entwurf für eine bundeseinheitliche Regelung
der Organentnahme. Diesem Entwurf lag die Widerspruchslösung zugrunde.
Danach wäre eine Organentnahme zulässig gewesen, wenn der Verstorbene zu
Lebzeiten nicht widersprochen hat. Der Gesetzentwurf hatte wegen der
Bedenken des Bundesrates keinen Erfolg.
Deutschland ist heute einer der letzten Staaten in Europa ohne eine
gesetzliche Regelung zur Organtransplantation. Nach rund 20 Jahren
liegen jetzt entscheidungsreife Konzepte vor. Mir war wichtig, daß wir
die verschiedenen Aspekte in den letzten Monaten ohne Zeitdruck mit der
Öffentlichkeit, den Bundesländern, den Sachverständigen und Verbänden
diskutiert haben. Ich danke für diese sachliche Auseinandersetzung auf
allen Ebenen und in den Medien. Das war ein Beispiel für eine
anspruchsvolle Diskussionskultur in der Bundesrepublik Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zum zentralen Punkt hat sich die Diskussion über die Zulässigkeit der
Entnahme lebenswichtiger Organe entwickelt. Der Unterschied - wir haben
das hier schon gehört - liegt vor allem in der Bewertung des Hirntodes
und in der Frage, ob die nächsten Angehörigen eine
Entscheidungsmöglichkeit im Sinne des Verstorbenen haben. Diese
Unterschiede sind von elementarer Bedeutung für die
Transplantationsmedizin und auch für die ethischen Fundamente unserer
Rechtsordnung.
Ich trete für die erweitere Zustimmungslösung ein. Sie beruht auf der
Grundentscheidung, daß Organe immer nur dann entnommen werden dürfen,
wenn der Tod des Organspenders nach den Erkenntnissen der medizinischen
Wissenschaft festgestellt ist. Kein Leben darf zugunsten eines
Organempfängers vorzeitig für tot erklärt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)
Weitere Voraussetzung ist, daß die Zustimmung des Organspenders
vorliegt. Hat der Organspender keine Erklärung abgegeben, können die
Angehörigen einer Organentnahme im Sinne des Verstorbenen zustimmen. Sie
haben dabei den mutmaßlichen Willen des Organspenders zu beachten.
Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, daß diese erweiterte
Zustimmungslösung der Praxis in der Bundesrepublik Deutschland seit über
25 Jahren entspricht, einer Praxis, die im hohen Konsens mit der
gesamten Bevölkerung sowie mit der Ärzteschaft erfolgt und die so gut
wie nie zu irgendeiner Rechtsauseinandersetzung in der Bundesrepublik
Deutschland geführt hat. Ich kann nicht verstehen, warum es so schwer
ist, eine im hohen Konsens mit der Gesellschaft durchgeführte Praxis
jetzt unverändert in ein Gesetz zu übernehmen.
Die Kriterien für die Feststellung des Todes sind von der medizinischen
Wissenschaft nach medizinisch-naturwissenschaftlichen Regeln zu
definieren. Die Definition des Todes ist keine Aufgabe der Politik oder
des Gesetzgebers. Ich weise hier noch einmal ausdrücklich darauf hin,
daß es bei den hier genannten Beispielen nicht um Patienten ging, bei
denen der Hirntod diagnostiziert war, sondern um sogenannte komatöse
Patienten. Das darf man nicht verwechseln.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)
Allein die naturwissenschaftliche Forschung kann für alle Menschen in
gleicher Weise feststellen, welche körperlichen Befunde Leben und Tod
voneinander abgrenzen, unabhängig von einem Menschenbild oder einem
subjektiven Verständnis von Leben und Tod. Das entspricht unserem
Rechts- und Verfassungsverständnis. Auch das Bundesverfassungsgericht
hat die Frage, wann menschliches Leben beginnt, nicht nach
lebensweltlichen, theologischen, philosophischen oder emotionalen
Erfahrungen beantwortet, sondern entsprechend dem naturwissenschaftlich-
medizinischen Kenntnisstand. Für die Frage nach dem Lebensende kann es
keine andere Entscheidungsgrundlage geben. Der Gesetzgeber kann in
dieser wichtigen Frage keine unterschiedlichen Maßstäbe für Lebensbeginn
und Lebensende zugrunde legen.
(Zustimmung bei der CDU/CSU)
Wir können - da weiß mich mit dem Bundesminister des Innern einig -
diese elementare Frage, ob der Mensch zum Zeitpunkt der Organentnahme
tot ist oder noch lebt, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht
offenlassen. Denn von Verfassungs wegen darf die Organentnahme -
abgesehen von der Lebendspende, die nur in sehr engen Grenzen möglich
ist - nur bei toten Menschen gesetzlich zugelassen werden. Übrigens
vertritt diese Auffassung auch das Bundesministerium der Justiz in
seiner Stellungnahme an das Bundesministerium für Gesundheit vom
Dezember 1995.
Die persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist von
jedermann, auch von den Angehörigen, zu beachten. Das
Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger hat erste Priorität.
So sehr wir uns auch alle wünschen, daß sich möglichst viele Bürger für
ein Ja entscheiden, so sehr müssen wir respektieren, wenn ein Bürger zur
Organspende nein sagt.
Das Gesetz muß aber auch die überwiegende Anzahl der Fälle sachgerecht
und ausgewogen regeln, in denen der Verstorbene zu Lebzeiten, aus
welchen Gründen auch immer, eine Erklärung nicht abgegeben hat. Bei der
Beteiligung der Angehörigen muß sich der Arzt zunächst vergewissern, ob
dem nächsten Angehörigen eine Erklärung des möglichen Organspenders
bekannt ist. Ist dies der Fall, bleibt kein Raum für eigene Überlegungen
des Angehörigen. Der Wille des Verstorbenen gilt uneingeschränkt. Ist
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16417
noch: Horst Seehofer
dem mutmaßlichen Willen des möglichen Organspenders orientieren. Das
heißt: Er muß auf Grund seiner Kenntnis der Gesamtpersönlichkeit eine
Entscheidung treffen, die nach seiner Überzeugung dem Willen des
Verstorbenen gerecht wird. Damit liegt die Entscheidung bei denen, die
besser als der Gesetzgeber einschätzen können, was im Sinne des
Verstorbenen ist.
Ich weiß, daß es leider keinen Weg gibt, beim Verlust eines Angehörigen
die Betroffenen von Schmerz und Trauer zu befreien. Es ist für die
Angehörigen eine schwere zusätzliche Entscheidung, sich mit einer
möglichen Organspende des Verstorbenen zu beschäftigen. Sie befinden
sich wie die Ärzte in einer Grenzsituation. Ich habe Verständnis dafür,
daß sich manche bedrängt und überfordert fühlen und sich in dieser
Situation überhaupt nicht äußern wollen. Jede Entscheidung ist zu
respektieren, auch die Entscheidung, in der Phase der Trauer nicht mit
der Frage der Organspende befaßt zu werden.
Wir dürfen aber auch nicht verkennen, daß viele Angehörige eine
Entscheidungsmöglichkeit bejahen. Die Tatsache, daß in Deutschland heute
etwa 95 Prozent der Organentnahmen auf einer Zustimmung der Angehörigen
beruhen, sollte uns Mut machen.
Ich weiß aus vielen Gesprächen um die Angst der Menschen, daß bei der
Todesfeststellung Fehler gemacht werden könnten oder daß sich Ärzte mit
der Organentnahme über den Willen des Verstorbenen oder die von ihnen
selbst getroffene Entscheidung hinwegsetzen könnten. Deshalb schlagen
wir zusätzliche verfahrensrechtliche Sicherungen vor: Der Tod wird von
zwei qualifizierten Ärzten, die den Verstorbenen unabhängig voneinander
untersuchen und die mit der nachfolgenden Organtransplantation nichts zu
tun haben, festgestellt. Die Organentnahme und die Beteiligung der
Angehörigen muß vom Arzt dokumentiert werden. Die Angehörigen haben ein
Recht auf Einsichtnahme in diese Unterlagen und können dabei
sachverständige Personen ihres Vertrauens hinzuziehen. - All diese
Regelungen sind geeignet, Transparenz zu schaffen und Vertrauen zu
bilden.
Ich achte jede andere Position. Nur, die Öffentlichkeit hat ein Anrecht
darauf zu wissen, warum ich der Alternative, der sogenannten engen
Zustimmungslösung, nicht zustimmen kann. Ich respektiere diese Position,
akzeptiere sie aber nicht.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Alternativantrag mit der engen
Zustimmungslösung läßt im Kern offen, ob die Diagnose des Hirntodes auch
den Tod des Menschen bedeutet. So finden sich in diesem Antrag viele mit
unterschiedlichen Interpretationen wieder. Da gibt es jene, die sagen,
es sei eine Lebensverlängerung, jene, die sagen, es sei ein
irreversibler Sterbeprozeß, jene, die sagen: Der Mensch ist tot. Es gibt
aber auch jene, die meinen: Man kann gar nichts Genaues sagen.
Wenn man konsequent ist und die Diagnose des Hirntodes nicht als Tod
des Lebewesens Mensch begreift, dann müßte man sagen, daß eine
Explantation nicht möglich ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und der PDS)
Zu sagen: ,,Der Mensch ist nicht tot; wenn er aber zu Lebzeiten
zugestimmt hat, kann gleichwohl ein lebenswichtiges Organ entnommen
werden", bringt die Transplantationsmedizin in Deutschland rechtlich in
ein Zwielicht, mutet den Ärzten Ungeheures zu und würde letztlich die
Transplantationsmedizin in der Bundesrepublik Deutschland auf den
Nullpunkt zurückführen. Im übrigen müßte man dann die gleichen ethischen
und juristischen Regeln für alle Organe, die aus dem Ausland in die
Bundesrepublik Deutschland importiert werden, anwenden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD
und der PDS)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Seehofer, ich darf Sie
bitten, zum Schluß zu kommen.
Horst Seehofer (CDU/CSU): Ich bin gleich fertig.
Meine Damen und Herren, die Begegnungen mit potentiellen Organspendern,
mit den Angehörigen von Organspendern und mit Transplantationspatienten
gehören zu den unvergeßlichen Erlebnissen. Ich habe vor kurzem in einer
Herzklinik mit Patienten gesprochen, die ein Kunstherz in der Brust
trugen und deren Lebenszeit auf wenige Monate beschränkt war. So sehr
ich die Interessen, die Sorgen und die Nöte jener sehe, die sich mit der
Entscheidung für oder gegen eine Organspende schwertun, die vielleicht
als Angehörige heute noch um eine Entscheidung ringen, sich
rechtfertigen und sich damit auseinandersetzen, so sehr müssen wir auch
an jene denken, die schwerkrank, ja todkrank sind -
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Seehofer, Sie müssen
jetzt zum Schluß kommen.
Horst Seehofer (CDU/CSU): - und denen wir die Hoffnung auf ein passendes
Spendeorgan nicht nehmen dürfen.
Meine Damen und Herren, die Art und Weise, wie wir in der
Bundesrepublik Deutschland mit diesen schwerkranken, ja todkranken
Menschen umgehen, ist ein Spiegelbild für die Mitmenschlichkeit in
unserer Gesellschaft. Schaffen wir Rahmenbedingungen dafür, daß es zu
mehr Mitmenschlichkeit in unserer Gesellschaft kommen kann!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und der PDS)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe das Wort dem Abgeordneten
Professor Dr. Schmidt-
Jortzig.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren Kollegen! Die heu
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16418
noch: Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
daß sich immer mehr Menschen über die Bedeutung und Tragweite der
heutigen Beschlußfassung im klaren sind. Der Hinweis darauf, daß sich
nach einer jüngsten Umfrage 80 Prozent der Befragten mit dieser
Problematik beschäftigen wollen und 40 Prozent der Befragten sagen, daß
sie es von ihrem eigenen Willen abhängig machen wollen, ob sie
dermaleinst als Spender von lebenswichtigen Organen für Dritte zur
Verfügung stehen wollen, ist deutlich. Ich finde es gut, richtig und
hoffnungsvoll, daß Sie, lieber Herr Seehofer, zu Recht darauf
hingewiesen haben, daß auf Grund unserer Diskussion - ich jedenfalls
kann mir nur vorstellen, daß das dadurch gekommen ist - in jüngster Zeit
die Spendebereitschaft wieder im Steigen begriffen ist. Ich möchte das
ja, wie Sie wissen, noch weiter stimulieren.
Bei kaum einer anderen Frage liegen Leben und Tod so eng beieinander
wie bei der Frage der Organspende; denn mit einer Organspende kann ein
Mensch noch im Sterben oder - ich formuliere das bewußt vorsichtig - am
Rande des Todes einem anderen Menschen das Leben retten.
Ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Hauptanträgen, der
erweiterten und der engen Zustimmungslösung, liegt in der
Identifizierung der medizinischen Voraussetzung einer Transplantation.
Auch in dem Entwurf, der für eine erweiterte Zustimmungslösung plädiert,
verzichtet man jetzt ja interessanterweise darauf - weil man da eben
doch auch Zweifel bekommen hat; ganz im Gegensatz zu dem, was wir heute
zum Teil hören -, den Hirntod per definitionem als Gesamttod des
Menschen festzulegen. Das ist schon bemerkenswert. Es ist in meinen
Augen auch ein beachtlicher Erfolg unserer Problematisierung.
Herr Seehofer, in dem von Ihnen mitgetragenen Entwurf wird aber nach
wie vor verlangt, daß der Gesamttod des Organspenders nach Regeln, die
dem Stand der Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entsprechen,
festgestellt ist. Wenn ich mir das genau anschaue, dann komme ich zu dem
Schluß, daß man damit eigentlich entweder eine Organtransplantation
praktisch unmöglich macht oder sich eben doch auf den Hirntod
kaprizieren muß. Eine Organtransplantation würde man nämlich dann
praktisch unmöglich machen, wenn die medizinische Wissenschaft zu der
Erkenntnis käme - das ist sicherlich noch nicht durchgehend der Fall,
aber diese Entwicklung zeichnet sich ab -, daß mit dem Hirntod eben
nicht schon das Ende aller menschlichen Lebensäußerungen gegeben ist.
Eine Explantation ist aber eben nur möglich, wenn man damit schon
unmittelbar beim Hirntod einsetzt. Wir sehen den Wandel der
wissenschaftlichen Einsicht ja auch in den medizinisch-
wissenschaftlichen Stellungnahmen, die wir in dieser Diskussion zur
Kenntnis nehmen konnten; wir sehen das auch in der Entwicklung, die die
Gesetzgebung beispielsweise in Japan genommen hat. Zumindest denke ich,
daß bei dem Tempo der medizinisch-wissenschaftlichen Entwicklung
überhaupt nicht auszuschließen ist, daß morgen schon Ströme, etwa
Hirnströme oder Ströme, die nur im Rückenmark gespeichert sind, gemessen
werden können, die wir heute noch nicht zu messen vermögen. Wer will
denn sagen, daß das, was gestern Stand der Wissenschaft war und es heute
noch ist, morgen noch genauso sein wird? Unsere gesamte Diskussion ist
doch eigentlich ein Beleg dafür, daß dem nicht so ist. Vielmehr
entwickeln sich die Medizin, die Apparatemedizin, die Intensivmedizin
immer schneller fort - nicht nur in den Techniken der
Organtransplantation, sondern auch in ihren Erkenntnissen.
In der Sache doch auf den Hirntod abzustellen ist in meinen Augen
fragwürdig, weil grundlegendes Schutzgut nach Art. 2 Abs. 2 des
Grundgesetzes das menschliche Leben ist. Es ist ja im übrigen auch
bedeutsam, daß in der gesamten Verfassung nicht von Tod die Rede ist -
in welchem Zuschnitt auch immer -, sondern immer nur von Leben als
Schutzgut.
Wo immer Leben möglich ist - niemand kann heute ausschließen, daß auch
noch nach dem Hirntod Reste an Leben möglich sind -, darf es deshalb
nicht gesetzlich einseitig ausgegrenzt werden, und sei es auch nur
mittelbar. Es gibt - in meinen Augen jedenfalls - den eindeutigen Satz:
In dubio pro vita.
Deshalb kann der Hirntod, besser: der irreversible Ausfall der gesamten
Hirnfunktion, nicht das alleinentscheidende Kriterium für den Gesamttod
des Menschen sein. Es ist einfach nicht so, daß Hirntod gleich Gesamttod
ist. Wer so etwas behauptet, leugnet, daß es Unterschiede gibt, daß auch
der verkürzt so bezeichnete Hirntod etwas ganz anderes ist als der
verkürzt so bezeichnete Herztod.
Nur weil wir die natürliche Aufeinanderfolge dieser Ereignisse,
Hirntod, Herztod und damit Gesamttod des Menschen, durch die
Intensivmedizin auseinanderziehen, strecken, kommen wir in die
Situation, uns über dieses Zwischenstadium Gedanken machen zu müssen und
zu wollen.
Alles, was zu einem - wie auch immer im einzelnen zu bewertenden -
Fortdauern von Lebensäußerungen nach dem Hirntod zu sagen ist, hat der
Kollege Wodarg gesagt. Ich will es nicht wiederholen. Für mich ist der
Hirntod der ,,point of no return"; da setzt irreversibel der
Sterbeprozeß ein.
Deswegen muß man deutlich sagen: Die Anhänger der erweiterten
Zustimmungslösung setzen wie die Anhänger der engen Zustimmungslösung
als Voraussetzung beim Hirntod an. Und es ist falsch und nicht
sachgerecht, zu sagen: Ihr wollt ja Lebende explantieren. Vielmehr
wollen wir Hirntote explantieren. Das ist ein deutlicher Unterschied.
Ein Letztes zu diesem Punkt: Wer will eigentlich feststellen - vor
allen Dingen definitiv mittelbar oder unmittelbar durch das Gesetz -,
wann das, was am Menschen metaphysisch ist, etwa seine Beseeltheit, zu
Ende ist? Das kann man doch nicht definitiv sagen.
(Beifall der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Als Letzter kann das der Gesetzgeber.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16419
noch: Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Bei dieser Wertung darf auch die Medizin keine Monopolkompetenz haben,
wie sie immer wieder eingefordert wird. Gerade Ihr Gesetzentwurf, lieber
Herr Seehofer, stellt auf den Stand der medizinischen Wissenschaft ab.
Das ist nicht das Entscheidende für die Feststellung, wann ein Leben zu
Ende ist. Da kommen ganz wesentliche metaphysische, da kommen ethische,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
da kommen religiöse, auch juristische Argumente zum Tragen.
Deswegen kann der Gesetzgeber schon aus diesem Grund nicht einseitig
darauf abstellen und sagen: Alles andere zählt nicht, was für den
einzelnen nach seiner ureigenen ethischen Einstellung vielleicht doch
noch als menschliches Leben nachwirkt.
Eckart von Klaeden hat darauf hingewiesen - ich tue das noch einmal,
aber pauschaler -, daß die erweiterte Zustimmungslösung deshalb nicht
mehr - auch da ist deutlich die Entwicklung des Standpunktes zu sehen -
mit der Zustimmung der beiden großen christlichen Kirchen rechnen kann.
Was der Bischof Löwe und der Kardinal Meisner dazu geäußert haben, ist
hier schon vorgetragen worden. Dem ist weiter nichts hinzuzufügen.
(Widerspruch bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU - Dr. Dieter
Thomae [F.D.P.]: Einzelne Meinungen! Das halten wir mal fest!)
- Nein, bei der EKD kann ich Ihnen garantieren, daß das keine einzelne
Meinung ist, sondern der derzeitige Stand eines umfassenden
Diskussionsprozesses.
(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Nein! Nein!)
Der Gesetzgeber und erst recht der einfache Gesetzgeber sollte sich
nicht, ja darf sich nicht in Vorstaatliches, in Unwägbares einmischen.
Dies gilt um so mehr, als eine Festlegung auf einen Gesamttod für die
Organtransplantation auch gar nicht erforderlich ist. Wichtig ist nur,
daß wir für die Entnahmekriterien eine definitive Festlegung haben.
Dafür ist der Hirntod plus die Einwilligung des potentiellen Spenders
nach unserer Auffassung das Maßgebliche.
Ein letztes Wort: Herr Seehofer, Sie haben einen Vorwurf vorsichtig
umschrieben, indem Sie sagten, mit dem Verzicht auf eine jetzt zwar
indirekte, aber dennoch eindeutige Festlegung auf den Hirntod als
Gesamttod des Menschen werde jede Transplantation zwischen Hirntod und
Herztod bzw. Kreislaufzusammenbruch zu einer unerlaubten Tötungshandlung
oder könne jedenfalls diese Zweifel erwecken.
Diese Sorgen verdienen Beachtung, sind aber eindeutig auszuräumen, wie
man in jeder neueren strafrechtlichen, insbesondere
verfassungsrechtlichen Äußerung nachlesen kann.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Schmidt-Jortzig,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Professor Schuchardt?
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Gerne.
Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Herr Schmidt-Jortzig, ich bitte Sie noch
einmal, genau zu differenzieren. Ich möchte deutlich machen, daß die
Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland gerade die
erweiterte Zustimmung favorisiert
(Zuruf von der CDU/CSU und der F.D.P.: So ist es!)
und daß der einzige Unterschied - weil nicht nur Sterben, sondern auch
Leben ein Prozeß ist - allein darin besteht, daß ein neues Nachdenken
darüber begonnen wird, ob der Tod und der Hirntod als Zeichen des Todes
gleichgesetzt werden können. Sie stimmen mir zu?
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Nur zu diesem Punkt habe ich
gesprochen.
Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Die Folgerung daraus - -
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, Sie
müssen eine Frage formulieren.
Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Ich frage Sie also, ob Sie dem
zustimmen, daß hier ein Weiterdenken eingesetzt hat, daß aber die
Evangelische Kirche grundsätzlich die erweiterte Zustimmung favorisiert,
weil Gott ein Freund des Lebens ist und sich der Mensch, frei
geschaffen, dafür oder dagegen entscheiden kann.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Verehrte Frau Kollegin, Ihre
Differenzierung ist völlig richtig. Ich spreche nur darüber, ob wir
definitiv den menschlichen Gesamttod mit dem Hirntod gleichsetzen dürfen
und können. Dazu hat sich eine ganz entscheidend veränderte Erkenntnis
bei der Evangelischen Kirche - zumindest für diese will ich es sagen,
bei der Schwesterkirche weiß ich es nicht - abgezeichnet.
Was sich daraus später an Konsequenzen für die erweiterte oder die enge
Zustimmungslösung ergeben wird, ist noch gar nicht mein Thema. Ich will
nur darauf hinweisen, daß über das, was wir gestern noch für ganz sicher
gehalten haben, heute - wie Sie in der Tat selbst sagen - ein neues
Nachdenken gefordert wird. Dazu haben wir viel Unterstützung aus dem
kirchlichen Bereich, auch aus dem offiziellen. Auch das ist eine Frucht
unserer Diskussion.
Ich möchte gern den Vorwurf der unerlaubten Tötungshandlung wieder
aufgreifen. Mit dem irreversiblen Hirnversagen endet - das ist
unbestritten - die Pflicht des Arztes zur Aufrechterhaltung der
Körperfunktionen. Sie wechselt in die Pflicht, den natürlichen
Sterbeprozeß nicht weiter aufzuhalten. Wer den Hirntoten unautorisiert
an die Maschine anschließt, macht sich auch nach geltendem Recht
strafbar. Dazu gibt es bereits Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16420
noch: Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Es ist also nur dann gerechtfertigt, den natürlichen Sterbeprozeß zu
verlängern, wenn eine Einwilligung vorliegt. Wenn diese nur darauf
abzielt, nach dem irreversiblen Ausfall der Hirnfunktionen eine
Organentnahme zuzulassen, ist die Situation schlicht und ergreifend
nicht vergleichbar mit jener in 1/2 216 StGB, der eine Tötung auf
Verlangen unter Strafe stellt. Dort wird nämlich ein ohne medizinisches
Eingreifen andauerndes Leben beendet, zerstört; hier hingegen wird ein
nur zum Zweck der Organtransplantation, per Apparatemedizin
verlängertes, sonst längst beendetes Leben in diesem seinen vom Inhaber
selbst bestimmten Zweck erfüllt. Das kann juristisch überhaupt nie in
den Verdacht geraten, eine Tötungshandlung zu sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, zum Schluß bitten, der engen
Zustimmungslösung zuzustimmen, weil sie die Konsequenz aus der
Erkenntnis ist, daß nicht das Ende des gesamten Lebens, der Gesamttod,
mit dem Hirntod definitiv zusammenfällt. Die medizinische Erkenntnis und
ihre Entwicklung sprechen dagegen. Dann kann es nur richtig sein - im
Sinne meines Menschenbildes jedenfalls -, daß im Grundsatz dieser Mensch
selbst über sich und die Verfügbarkeit seiner Organe bestimmt.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe dem Abgeordneten Professor
Dr. Rupert Scholz das Wort.
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! - Hier wird angezeigt, daß ich nur vier Minuten Redezeit
habe.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Nein, nein. Für Sie sind fünf Minuten
vorgesehen.
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Mir war mehr avisiert worden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Sieben!)
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Aber wir sind nicht so kleinlich, daß
Sie fürchten müßten, daß ich Sie in einem lebhaften Gedanken
unterbrechen würde, wenn es nicht unbedingt nötig ist.
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich bedanke mich, Herr Präsident.
Die Organtransplantation muß gesetzlich geregelt werden. Darüber
besteht Konsens. Dies ist ein auch verfassungsrechtliches Gebot. Das
Stichwort Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts macht
dies eindeutig und klar. Daß um die Fragen des Todes und der Zustimmung
gestritten wird, ist nachvollziehbar. Aber auch diese Fragen fordern
eine klare und rechtssichere Antwort durch den Gesetzgeber.
In diesem Sinne stelle ich als erstes fest: Der Gesetzgeber muß
entscheiden: Jeder, der die eine oder andere Frage bzw. gar die Frage
des Todes offenlassen will, schafft nicht nur Rechtsunsicherheit in
einem mehr oder weniger formalen Sinne, sondern schafft auch nicht
Recht. Er schafft nicht Recht im Sinne dessen, worauf der einzelne - der
Organspender wie letztlich auch derjenige, der auf ein gespendetes Organ
hofft - ein verfassungsrechtliches Recht - Recht auf Leben und
Gesundheit, Schutz der Menschenwürde - hat.
Der Tod ist entscheidend. Die Frage des Todes kann nicht offengelassen
werden. Die Frage des Todes kann aber, Herr Schmidt-Jortzig, nicht nach
metaphysischen, religiösen, ethischen oder sonstwie moralischen
Vorstellungen in diesem Bereich entschieden werden, der einen Auftrag
der Rechtsordnung formuliert. Da fehlt es an Kriterien. Daß für den
einzelnen sein Leben, auch das Ende seines Lebens, ein entscheidendes
religiöses, metaphysisches Element ist und davon mitgetragen ist, ist
klar. Gerade deshalb ist sein Recht auf Selbstbestimmung in der Frage
,,Zustimmung - ja oder nein?" wesentlich getragen und zu orientieren an
diesen Grundprinzipien, nicht aber die Frage danach, was der Gesetzgeber
für die Allgemeinheit zu entscheiden hat. Hier kann es nicht anders
sein, als daß nach naturwissenschaftlich-medizinischen Erkenntnisständen
zu entscheiden ist. Hier muß in diesem Sinne entschieden werden.
Der Entwurf der Kollegen Seehofer, Lohmann, Dreßler und anderer geht
den richtigen Weg.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Professor Scholz,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt-Jortzig?
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Mit Vergnügen.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Lieber Herr Scholz, wir sind uns in
dem Ausgangspunkt, daß es wichtig ist - gerade für unseren
Regelungsbereich -, zum Tod Stellung zu nehmen, überhaupt nicht uneins.
Ist nicht aber zwingende Voraussetzung für unsere ganze Diskussion und
die Auseinandersetzung um die verschiedenen Konzepte, daß wir in Vollzug
der medizinischen Erkenntnisse zwischen den verschiedenen Formen des
Todes differenzieren: zwischen dem Hirntod, dem Herztod und, wie man
meines Erachtens nur der Verfassung entnehmen kann, dem Gesamttod des
Menschen?
Ist nicht gerade das Dilemma unserer Befassung mit diesem Problem, daß
der Tod des Menschen wohl nicht mehr ein einheitliches, natürlich
eintretendes Ereignis ist - wie wir es vor 50 Jahren vielleicht noch
meinten -, sondern unter dem Einfluß des medizinischen Fortschritts
differenziert zu sehen ist?
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16421
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Richtig ist, Herr Schmidt-Jortzig, daß sich
der Tod, heute zunehmend erkannt, prozeßhaft vollzieht. Der Hirntod
stellt nach heutiger medizinischer Erkenntnis jedenfalls das Stadium
dar, in dem es kein Zurück mehr gibt.
(Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Aber man lebt dann
noch!)
(Vorsitz:Vizepräsidentin Michaela Geiger)
Die Entität dessen, was das Leben des Menschen ausmacht - auf der einen
Seite physische Existenz und auf der anderen Seite die geistig-
individuelle Sinnhaftigkeit, die Persönlichkeit -, alles das, was das
Menschenbild unseres Grundgesetzes ausmacht, ist mit dem Hirntod
unwiederbringlich dahin. Das ist keine Wertungsfrage, sondern das ist
das Menschenbild unseres Grundgesetzes. Das wissen Sie genau.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Scholz, gestatten
Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Schily?
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich bin mit der Antwort auf die Frage von
Herrn Schmidt-Jortzig noch gar nicht fertig.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Er sitzt aber schon, Herr Abgeordneter.
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Mit meinem Freund Schmidt-Jortzig bin ich
noch lange nicht fertig.
(Heiterkeit)
Ihr Satz von vorhin, Herr Schmidt-Jortzig, ,,in dubio pro vita", ist
für sich genommen unwiderleglich. Sie haben aber die Frage nicht
beantwortet: Wie weit geht Vita? Sie gehen im Grunde genommen - das
zeigt Ihr Entwurf - bis zur letzten Zelle. Aber die Zelle stirbt, und
der Tatbestand ist irreversibel. Der einzelne kann sein
Selbstbestimmungsrecht nicht mehr ausüben, das sein Leben doch erst
inhaltlich bestimmt, in Fragen, die wir hier zu regeln haben.
Deshalb müssen wir auch aus verfassungsrechtlichen Gründen eine
Definition des Todes geben und können uns nicht in die
Rechtsunsicherheit zurückziehen, die zwar mit dem schönen Satz beginnt,
den Sie gesagt haben, ,,in dubio pro vita", der aber letztlich alles
offenläßt.
Richtig ist, daß man den medizinischen Erkenntnisstand beachten muß -
darauf haben Sie hingewiesen, und darin bin ich mit Ihnen einig -: Die
Entwicklung kann uns eines Tages zeigen, daß - wie Sie es formuliert
haben - Gehirnströme plötzlich noch möglich sind, daß die nach heutigem
Erkenntnisstand maßgebende Irreversibilität eines Tages im Lichte neuer
medizinischer Entwicklungen möglicherweise anders zu beurteilen sein
wird.
Deshalb geht der Entwurf Seehofer den richtigen Weg, indem er sagt: Es
ist nach medizinischen Erkenntnisständen zu entscheiden. Ich füge aber
hinzu: Nach heutigem Erkenntnisstand darf jedenfalls der absolute, der
Gesamthirntod nicht unterschritten werden. Das ist heutiger
Erkenntnisstand. Ich glaube, daß sich Ihre Position davon fundamental
unterscheidet. - Ich genieße es, daß Sie mir immer noch zuhören müssen,
Herr Schmidt-Jortzig. - Hier sind wir auseinander.
(Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.]: Wir unterschreiten den Hirntod im
übrigen auch nicht!)
Damit habe ich die Frage von Herrn Schmidt-Jortzig beantwortet, Frau
Präsidentin.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Gut. Gestatten Sie jetzt eine weitere
Zwischenfrage des Abgeordneten Schily?
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Bitte, gerne.
Otto Schily (SPD): Herr Kollege Scholz, Sie haben soeben gesagt, eine
Norm in diesem Zusammenhang könne sich nur nach naturwissenschaftlich-
medizinischen Erkenntnissen richten, und was sozusagen außerhalb solcher
medizinisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnisse vorhanden sei, das sei
außerhalb der Norm.
Wir haben eine Grundnorm in Art. 1 des Grundgesetzes, nämlich die Würde
des Menschen. Meinen Sie, Herr Professor Scholz, die Norm in Art. 1
könnten Sie nur aus naturwissenschaftlich-medizinischen Erkenntnissen
her definieren?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der
F.D.P.)
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Lieber Herr Schily, ich glaube, Sie haben
mir nicht zugehört.
(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe sehr deutlich gemacht, daß die verfassungsrechtlichen
Wertmaßstäbe, die entscheidend getragen sind vom Satz der Menschenwürde,
hier auch vom Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, strikt zu
beachten, maßgebend sind. Bei der Frage von Leben und Gesundheit sind
die Naturwissenschaften zwar nicht die Norm - ich habe auch nicht von
,,Norm" gesprochen -, aber, wenn Sie so wollen, der zugrunde liegende
Sachverhalt. Das können Sie als Jurist und erfahrener Anwalt ja
besonders deutlich unterscheiden: ,,Norm" und ,,Tatbestand" hier,
,,Sachverhalt" dort. Es ist eine Sachverhaltsfeststellung, um die es
geht, nichts anderes.
Daß diese Sachverhaltsfeststellung die normative Wertentscheidung
natürlich nicht ausschalten darf, ist völlig richtig, und darin sind
wir, wenn Sie das meinen, auch völlig einig. Die Menschenwürde, das
Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gebieten uns,
verfassungsmäßig wertgerecht zu entscheiden. Aber sie erlauben uns nicht
- das habe ich ausgeführt -, in einer solchen nur naturwissenschaft
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16422
noch: Dr. Rupert Scholz
die auf Überlegungen und Abwägungen außerhalb des
naturwissenschaftlichen Erkenntnisstandes basieren, oder, was das andere
und aus meiner Sicht noch Problematischere ist, die Frage überhaupt
offenzulassen. Wer diese Frage offenläßt, vergeht sich an der
Menschenwürde, am Recht auf Leben, am Menschen.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Professor Dr. Scholz,
mir liegt der Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage - des
Abgeordneten Häfner - vor.
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich glaube, Sie sehen es mir nach, Herr
Häfner, daß ich Ihre Frage jetzt nicht mehr zulasse; denn wir wollen,
wenn ich das richtig sehe, die Debatte ja fortführen.
Gestatten Sie mir zum Abschluß nur noch wenige Bemerkungen zum zweiten
Streitpunkt, zur Zustimmungslösung: Ich bin der Meinung, daß die
erweiterte Zustimmungslösung in der Sache richtig ist und daß sie auch
verfassungsmäßig ist. Entscheidend ist natürlich das
Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Es ist Ausfluß seines
Persönlichkeitsrechtes. Das steht zu niemandes Disposition. Dieses
Persönlichkeitsrecht wirkt natürlich über den Tod hinaus.
Andererseits: Das Menschenbild unseres Grundgesetzes ist auch das des
gemeinschaftsgebundenen Individuums, das auch zur Mitmenschlichkeit
angehalten ist. Wenn es im mutmaßlichen Willen des Verstorbenen liegt -
das können nur seine nächsten Angehörigen beantworten -, für fremdes
Leben, für die Erhaltung, Bewahrung fremden Lebens, für die Heilung der
Krankheit eines anderen ein eigenes Organ zu spenden, dann darf es nicht
verwehrt sein, diesen mutmaßlichen Willen vor denen, die für die
Totensorge verantwortlich sind - den nächsten Angehörigen -,
auszuschließen.
Ich glaube, daß das nicht human wäre. Ich glaube auch, daß das nicht
der Wertentscheidung unserer Verfassung entspräche. Deshalb werbe ich
für die erweiterte Zustimmungslösung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der F.D.P. sowie bei der
SPD und der PDS)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile das Wort zu einer
Kurzintervention der Abgeordneten Frau Dr. Antje Vollmer, Bündnis 90/Die
Grünen.
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Auch ich möchte etwas zu dem eben angeschnittenen Komplex
sagen, nämlich zu der Frage, wie weit das Leben - Vita - reicht, und zu
Ihrer Auffassung, Herr Kollege Scholz, Stellung nehmen, das müsse
naturwissenschaftliche Erkenntnis bestimmen.
Ich weiß, daß das heute die moderne Form der Antwort ist. Aber ich
möchte doch darauf hinweisen, daß wir damit große Antworten der
Menschheit, ihrer Zivilisation und Religionen ausschließen. Gerade in
diesem Fall finde ich das sehr schwierig.
Wie soll ich das erklären? - Früher gab es oft das Gebet von Menschen
um ihren eigenen Tod. Das hieß auch: das Recht auf einen Abschied. Ich
persönlich glaube, daß wir zuwenig konkret darüber diskutieren. Ich bin
bei solchen Abschieden als Seelsorgerin oft dabeigewesen und weiß, was
es für Angehörige bedeutet, wenn sie diese Begleitung - das Sterben ist
ein Prozeß - künstlich abkürzen müssen.
Ich glaube, daß auch der einzelne, der für sich die Entscheidung fällt,
Organspender zu sein, wissen muß, daß er damit eine Erfahrung des Todes
beendet. Das kann er tun, und das ist zu respektieren. Aber: Früher
wurden die Toten im Familienkreise drei Tage aufgebahrt. Das war doch
nicht deshalb so, weil man ganz sicher wissen wollte, daß der Tote auch
wirklich tot und nicht scheintot ist, sondern es entsprang dem Gefühl,
daß das ein Übergang ist, daß noch etwas da ist, daß es so etwas wie
Seele gibt. Die Entscheidung, über die wir heute sprechen, greift
natürlich in einer ganz anderen Weise in diesem Prozeß ein. Ich glaube,
daß die Unsicherheiten mancher Menschen, sich so zu entscheiden, genau
damit zu tun haben, daß sie denken, diese Situation des Abschieds, des
Übergangs ist etwas, das sie unmittelbar betrifft - sie und ihre
Angehörigen. Ich persönlich bin auch deswegen für die enge
Zustimmungslösung, weil ich sage: Nur wenn der potentiell Sterbende für
sich entschieden hat, daß er diesen Abschied nicht mehr braucht, hat er
ihn eigentlich vorweggenommen. Dann kann man es akzeptieren.
Aber ich habe oft gesehen, daß für die Trauernden und Angehörigen - wir
müssen die Situation bedenken; sie kommt fast immer sehr überraschend,
da es sich meistens um Unfalltote handelt - der plötzliche Verzicht auf
diese letzte Begleitungsmöglichkeit, in der ja die Zeit stillsteht, ganz
besonders hart ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der
F.D.P. und der PDS )
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Professor Dr. Scholz,
möchten Sie antworten? - Nein.
Dann erteile ich das Wort jetzt der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-
Gmelin, SPD-Fraktion.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Ich werbe dafür, daß wir bei der heutigen Entscheidung über das
Transplantationsgesetz den Weg der engen Zustimmungsregelung gehen. Ich
glaube, das ist die klarste Lösung, das ist die konsequenteste Lösung,
und es ist der humanste Weg. Ich bin der Meinung, lieber Herr Kollege
Scholz, daß dies auch der Weg ist, der unserer Verfassung am
deutlichsten entspricht.
Was bedeutet enge Zustimmungsregelung? Enge Zustimmungsregelung
bedeutet zweierlei. Zum einen entscheiden wir in der Frage, wann der
Mensch tot ist, nicht neu, sondern belassen es bei dem, was
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16423
noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin
letzte Absolutum. Der Tod wird sichtbar - und zwar für alle - durch den
Ausfall aller Lebensfunktionen.
Enge Zustimmungsregelung bedeutet zum zweiten: Wenn das Gehirn
ausfällt, wenn also durch Maschinen meßbare Hirnströme nicht mehr
nachzuweisen sind, bezeichnet dies den Beginn des endgültigen Sterbens,
aber nicht den Tod des Menschen, also nicht das Ende seines Sterbens.
Dieses Sterben gehört - ich wiederhole das - noch zum Leben; es ist
nicht schon Tod, sondern es gehört noch zum Leben; in dieser Zeit dürfen
Ärzte Organe entnehmen. Sie dürfen es freilich nur, wenn die Zustimmung
der organspendenden Bürgerinnen und Bürger selbst vorliegt.
Meine Damen und Herren, jeder von uns bekam in den letzten Monaten sehr
viele Briefe, die viel Unsicherheit verraten. Diese Unsicherheit wollen
wir heute durch eine klare Regelung beenden. Ich glaube, darin sind wir
uns alle einig. Diese Briefe zeigen aber auch, welch überaus
unterschiedliche Auffassungen und Meinungen zur Organspende vertreten
werden.
Da sind zum einen die Ärzte, die sagen: Wir wollen eine sichere
Rechtsgrundlage. - Die sollen sie bekommen. Meine Damen und Herren, ich
finde es allerdings nicht gut, daß uns einige Ärztefunktionäre ganz
ungeniert bevormunden wollen. Ich glaube, das müssen wir alle
zurückweisen.
Erschütternd sind die vielen Briefe von Menschen, die auf eine
Organspende warten, oder die von ihren Angehörigen. Sie sind
erschütternd deswegen, weil sich wohl jeder von uns sehr gut vorstellen
kann, wie es ist, wenn man sich in der Situation befindet, auf ein Organ
zu warten. Man setzt seine ganze Hoffnung auf dieses neue Organ. Man
hofft, daß man weiterleben kann, obwohl man sehr gut weiß, daß es
Wartelisten bei jeder Regelung geben wird. Auch unser Nachbarland
Österreich, Herr Kollege Seehofer, das eine Widerspruchsregelung gewählt
hat, hat lange Wartelisten. Diese Frage hängt also nicht von dem Weg der
Regelung ab.
Meine Damen und Herren, wir wissen, daß längst nicht jede
Organtransplantation zu dem Ergebnis führt, das die Kranken sich
erhoffen. Ich glaube, es ist wichtig, auch das hier festzuhalten; auch
das müssen wir bedenken.
Aber da ist noch eine dritte Gruppe von Briefen, die uns erreicht. Das
sind die Briefe von Menschen, die uns sagen: Wenn ihr jetzt ein neues
Gesetz beschließt, dann achtet bitte darauf, daß ihr darin auch das
Recht jedes Menschen auf Selbstbestimmung, auf Würde, auf Leben und auf
Respekt am Ende seines Lebens festschreibt.
Auch diese Menschen haben recht. Sie bringen Sorgen zum Ausdruck; sie
stehen unter dem Eindruck der Debatte in vielen Ländern, wenn sie uns
beschwören, den Todesbegriff eben nicht den medizinischen
,,Notwendigkeiten" oder Wünschen anzupassen. Herr Dreßler, Sie haben
gesagt - Herr Seehofer, Sie haben es nicht ganz so deutlich gesagt; aber
wahrscheinlich meinen Sie dies ebenfalls -, daß die Explantation erst
beim Ausfall aller Hirnströme beginnen darf. In anderen Ländern setzt
man schon bei dem sogenannten Teilhirntod an. Die Diskussion in wieder
anderen Ländern grenzt Leben vom Tod durch die Kommunikationsfähigkeit
ab, setzt Leben mit Personalität gleich. Die Menschen, die uns
schreiben, beschwören uns deshalb: Fangt gar nicht erst an, am
Todesbegriff herumzuändern, weil ihr sonst bei den zunehmenden
medizinischen Möglichkeiten auch die jetzt anvisierte Grenze nicht mehr
halten könnt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei
Abgeordneten der PDS)
Diese Menschen stehen natürlich auch unter dem Eindruck der
Biomedizinkonvention und der Diskussionen, die es in diesem Zusammenhang
gibt.
(Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
- Herr Seehofer, bitte schön.
(Heiterkeit)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Es ist schön, daß Sie die Zwischenfrage
des Herrn Abgeordneten Seehofer zulassen.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Natürlich, gern.
Horst Seehofer (CDU/CSU): Frau Kollegin, darf ich Sie noch einmal auf
das hinweisen, was der Kollege Dreßler schon deutlicher gemacht hat, als
ich persönlich es getan habe, nämlich auf die klare Festlegung in unser
erweiterten Zustimmungslösung, daß es sich in jedem Fall um einen
verstorbenen Menschen handeln muß, wenn explantiert werden soll, daß
zweitens nach den Regeln der Medizin und Naturwissenschaft festzulegen
ist, wann der Tod eingetreten ist, und daß wir drittens - das ist das
Entscheidende, was ich im Hinblick auf das, was Sie gerade gesagt haben,
noch ansprechen möchte -, wenn die Medizin Regeln festlegt, ihr durch
das Gesetz aber nicht erlauben, unter die Schwelle des Ausfalls des
gesamten Hirns zu gehen? Denn auch wir kennen die Diskussion, die es in
Amerika und in den skandinavischen Ländern gibt und in der es darum
geht, ob nicht auch ein Teilhirntod gewissermaßen den Tod des Lebewesens
bedeutet. Das verneinen wir, und deshalb sagen wir: Unter die Schwelle
des Hirntodes darf nicht gegangen werden.
(Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schreiben Sie es ins
Gesetz!)
- Das steht im Gesetz, Frau Knoche.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD
und der PDS)
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Herr Seehofer, daran besteht gar kein
Zweifel. Herr Dreßler hat es vorhin - wie Sie sagen - in der Tat noch
deutlicher
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16424
noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin
auch von Ihrer Seite ganz klar bestätigen. Das aber nimmt den Menschen,
die die Diskussion in den USA und in anderen Ländern verfolgen, doch
nicht die Angst, daß Sie Ihren Todesbegriff in einigen Jahren doch
wieder anpassen, und sei es auf dem Wege über eine internationale
Konvention. Im Bereich der Biomedizinkonvention haben wir erleben
müssen, wie wenig wir unsere eigenen Standards international halten
können. Es geht jetzt nicht um einen Vorwurf an Sie oder an Herrn
Dreßler, sondern es geht um die Sorge, daß dann, wenn man von dem Tod
als Absolutum, als dem jederzeit sichtbaren und erkennbaren Ende des
Lebens durch den Ausfall aller Lebensfunktionen abgeht, kein Halten mehr
ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN -
Zuruf von der CDU/CSU: Das Gegenteil ist der Fall!)
Meine Damen und Herren, ich glaube schon, daß wir sehr sorgfältig
darauf achten müssen, was wir gesetzlich festlegen. Deshalb komme ich
jetzt noch zu dem weiteren Einwand, den Sie, Herr Seehofer, zur
Organentnahme nach Beginn der Sterbephase, die durch den Ausfall aller
Hirnfunktionen signalisiert wird, gemacht haben. Ich halte Ihre
Ausführungen für falsch. Die Sterbephase gehört zum Leben; man darf sie
nicht als den Tod umdefinieren. Sie ist nicht der Tod. Wer die Begriffe
verändert, würde vielleicht bei einigen Ärzten Ängste überwinden. Aber
das wäre eine Umdefinition, die ich bei einer solchen Frage nicht für
erlaubt halte, die auch kein Problem löst.
Ich will noch einen anderen Punkt anführen. Der naturwissenschaftlich
definierte Tod soll - wie Sie, Herr Professor Scholz, sagen - als
Sachverhaltsgrundlage für uns Juristen dienen. Daß das Ende des Lebens
mit dem Ausfall der Hirnströme eintritt, ist jedoch auch unter
naturwissenschaftlich argumentierenden Medizinern nicht unumstritten.
Sie alle wissen, daß der Streit darüber nicht alleine zwischen Menschen
besteht, die schwerpunktmäßig ethische oder juristische Standpunkte
vertreten, sondern er ist auch unter den Medizinern aller Fachbereiche
heute stärker als vor fünf oder zehn Jahren im Gange.
Ich persönlich halte die Zweifel, die heute vorgetragen werden, für
plausibel, weil es schon eine Menge an begrifflichen
Definitionskunststücken verlangt, ein schlagendes Herz, ein lebendes
Organ einem Körper zu entnehmen, der ,,tot" sein soll. Daß eine
Schwangere, deren Kind
(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Stimmt doch gar nicht!)
- doch, Herr Thomae, ich komme gleich darauf zurück - durch
Kaiserschnitt zum Leben gebracht werden kann, nach der Feststellung des
Ausfalls der Hirnfunktionen ,,tot" sein soll, meine Damen und Herren,
werden Sie ernsthaft nicht behaupten können.
Da hier der Einwand gekommen ist, dies sei nicht der Fall, möchte ich
Sie daran erinnern, daß bei dem Erlanger Baby der behandelnde Arzt, Herr
Professor Scheele, deutlich darauf hingewiesen hat, daß die
Hirntoddiagnose vorlag. Das gleiche war bei der Frau der Fall, deren
Kind im Krankenhaus Filderstadt durch Kaiserschnitt geboren wurde.
(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nein!)
- Ich habe das Protokoll hier und lese es Ihnen jetzt vor. Ich bitte
aber, das nicht auf meine Redezeit anzurechnen.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Frau Abgeordnete, das geht leider
nicht. Sie müssen es in Ihrer Redezeit unterbringen.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Dann müssen Sie mir das so glauben. Wenn
es wegen der Redezeit nicht möglich ist, werde ich es nicht vortragen.
Aber Sie sollten es dann einfach akzeptieren und nicht bestreiten.
Vielleicht fragt mich ja auch jemand.
(Abg. Peter Conradi [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage -
Heiterkeit)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Herrn Abgeordneten Conradi?
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Bitte schön, Herr Conradi.
Peter Conradi (SPD): Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin, würden Sie bitte
das, was Sie dem Haus gerade vortragen wollten, wegen Ihrer Redezeit
aber nicht konnten, ohne Zeitverlust mir vortragen?
(Heiterkeit)
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Vielen Dank, Herr Conradi; das ist eine
sehr liebenswürdige Frage.
Während der Anhörung hat der behandelnde Arzt in Erlangen, Herr
Professor Scheele, vorgetragen:
Wir haben keine Angiographien durchgeführt,
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Na also!)
- hören Sie doch einfach einmal zu; entschuldigen Sie, Sie brauchen ein
bißchen mehr Geduld, Herr Kollege -
(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Keine Ahnung, der Herr Zöller!)
sondern wir haben Doppler-Sonographien und EEG-Untersuchungen
vorgenommen. Diese wurden auf Wunsch des Vaters auch nach der
Hirntoddiagnose in wöchentlichen Abständen wiederholt.
Herr Conradi, um Ihre Frage vollständig zu beantworten, möchte ich
hinzufügen, daß in dem Filderstädter Fall, bei dem das Baby durch einen
Kaiserschnitt zum Leben gebracht werden konnte, der sogenannte Hirntod,
also der Ausfall aller Hirnfunktionen, in einem anderen Krankenhaus
ebenfalls festgestellt worden ist. Es gibt also keinen Zweifel.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16425
noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin
Einen letzten Gedanken möchte ich Ihnen vortragen: Auch wenn ich
persönlich diese Zweifel am naturwissenschaftlichen Ende des Lebens
nicht teilte, Herr Kollege Scholz, so gäbe es diese Zweifel doch. Und
wir als Juristen können deshalb nicht annehmen, daß der Tod
unzweifelhaft sachverhaltsmäßig naturwissenschaftlich definiert ist.
Vielmehr müßten wir genau das, was Herr Schmidt-Jortzig vorhin
vorgetragen hat, gelten lassen: daß unsere Verfassung mit ihrer
Stellungnahme im Zweifel für das Leben auf jeden Fall die Sterbephase in
den Bereich des Noch-Lebens einordnet. Damit sind wir bei dem
Erfordernis der höchstpersönlichen Zustimmung. Damit sind wir bei der
engen Zustimmungsregelung, auf die ich übrigens auch meine ganze
Zuversicht setze, weil ich es für eine moralische und ethische
Verpflichtung halte, zu helfen, wenn ich es kann, und zwar auch durch
eine Organspende, was absolut mit dem korrespondiert, was als
Zustimmungserfordernis vom Bürger erwartet werden kann und erwartet
werden muß.
Setzen wir also auf die Bürger! Fordern wir die Hausärzte auf, mit
ihren Patienten über Organspenden zu reden! Bitten wir die
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, eine der Aidskampagne
ähnliche Kampagne zu starten!
(Abg. Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU] meldet sich zu einer
Zwischenfrage)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter, ich kann keine
Zwischenfrage mehr zulassen. Die Redezeit ist ohnehin längst abgelaufen.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Darf ich meinen Gedanken vielleicht noch
beenden?
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ja, bitte.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Bitten wir auch darum, daß sämtliche Möglichkeiten zur Erinnerung an
diese moralische Verpflichtung genutzt werden! Setzen wir vor allen
Dingen dann auf die klare gesetzliche Regelung, die die Zustimmung von
den mündigen Bürgern verlangt, von denen wir so viel sprechen! Diese
klare Regelung bringt mehr. Für eine klare Regelung können wir besser
werben. Mit dieser klaren Regelung werden wir dann, glaube ich, auch den
Hoffnungen gerecht, die gerade die Kranken, die Organspender und die
Ärzte auf uns setzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der PDS)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr.
Jürgen Rüttgers.
Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Ich bin dankbar für diese Debatte. Ich glaube, sie gereicht
dem Deutschen Bundestag zur Ehre.
Viele von uns haben - das hat der bisherige Verlauf dieser Debatte
gezeigt - einen ganz persönlichen Zugang zum Thema
Organtransplantationen. Ich denke, es ist wichtig zu sagen, daß hinter
den beiden verschiedenen Anträgen, über die wir jetzt diskutieren, sehr
unterschiedliche Zugänge stehen, übrigens Zugänge, die sich - das stellt
man fest, wenn man sich in einem Diskussionsprozeß austauscht -
stellenweise sogar ausschließen. Trotz der verschiedenen Meinungen und
der verschiedenen Zugänge gibt es aber den Versuch, eine Lösung zu
erzielen.
Frau Kollegin Däubler-Gmelin, es kommt mir sehr darauf an,
festzustellen, daß der Antrag, den ich unterstütze, keinen neuen
Todesbegriff einführt,
(Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/CSU])
daß er am vorhandenen Todesbegriff nichts ändert und daß er keine neue
Definition einführt.
Lieber Herr Schmidt-Jortzig, bezogen auf das, was Sie gesagt haben, und
auch im Zusammenhang mit dem, was der Kollege Scholz gesagt hat, möchte
ich betonen: Es gibt keine verschiedenen Formen von Tod.
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: So ist es!)
Entweder lebt der Mensch, oder er ist tot.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für mich lebt der Sterbende. Deshalb hat er auch ein Recht auf einen
würdigen Tod.
Wenn ich die Debatte und die verschiedenen Alternativen auch auf Grund
all der Gespräche, an denen ich teilnehmen durfte, richtig verstanden
habe, dann, werte Kolleginnen und Kollegen, stellen sich die
Alternativen - ich wiederhole das ausdrücklich - vor dem Hintergrund
sehr persönlicher Zugänge zu diesem Thema wie folgt dar: Der Antrag von
von Klaeden, Schmidt-Jortzig und anderen erlaubt die Entnahme von
Organen bei einem Nichttoten; er erlaubt also die Entnahme von Organen
bei einem Lebenden. Weil dies so ist, enthält er zwangsläufig und
konsequenterweise eine möglichst restriktive Zustimmungsregelung. So
habe ich es verstanden.
(Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Das ist falsch!)
Der Antrag, den ich unterstütze, setzt bei allen Regelungen in bezug
auf das Verfahren voraus, daß der Mensch tot sein muß. Weil der Antrag
dies zur Voraussetzung macht, kann er konsequenterweise eine erweiterte
Zustimmungsregelung vorsehen.
(Zuruf des Abg. Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.])
- Herr Vizepräsident Hirsch, der Mensch muß tatsächlich tot sein. Die
Antwort auf die Frage, wann dies vorliegt, ist natürlich ganz, ganz
schwierig. Es stellt sich auch die Frage: Wer legt dies fest? Das ist
einer der Punkte, über den wir alle parteiübergrei
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16426
noch: Dr. Jürgen Rüttgers
Die Antwort ist um so schwieriger, als es bei der Frage, was der Tod
ist, keinen unstrittigen Konsens in unserer Gesellschaft mehr gibt.
Unsere Gesellschaft hat den Tod verdrängt. Er ist aus der Familie in die
Sterbezimmer der Krankenhäuser und in die Altersheime verbannt worden.
Bei diesem Thema kommt er plötzlich zurück.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Rüttgers,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Nickels?
Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Ja.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte.
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, ich verstehe das
Dilemma. In dem befinden wir uns alle. Aber woher nehmen Sie die
Hoffnung, daß das Dilemma durch Definition weg ist, wenn man sich die
Angehörigen vorstellt, denen man erklärt, ihr Angehöriger sei tot, aber
sie können seine warme Hand anfassen? Der Angehörige, der tot sein soll,
schwitzt. Wie erklären Sie das einer Krankenschwester? Ich bin
Fachkrankenschwester für Innere Intensivpflege und habe solche Patienten
gepflegt. Wie erklären Sie der Krankenschwester, daß sie bei diesem
Menschen noch die Fusionen anhängt und Medikamente gibt, die bei dem
,,Toten" noch wirken? Wie gehen Sie mit der Tatsache des praktischen
Lebens um, daß lebende Haut warme Haut oder schwitzige oder kühle Haut
ist? Woher nehmen Sie die Hoffnung, daß Sie durch die Definition dieses
Dilemma heilen?
Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Verehrte Frau Kollegin, ich habe da weder
Hoffnung noch Sicherheit, noch irgend etwas anderes, weil dies genau so
offen ist, wie Sie es schildern, weil ich genau die persönlichen
Schwierigkeiten sehe, die Menschen angesichts dieses Problems haben. Wie
soll man einem Vater klarmachen, daß sein Sohn tot ist, wenn er dessen
Puls noch fühlt? Dieser Punkt ist nicht zu lösen.
Weil dies aber so ist, Frau Kollegin - da liegt Ihr Mißverständnis -,
definiere ich nicht.
(Zustimmung des Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU])
Gerade deshalb sage ich: Ich bin mit der Wahl in den Deutschen Bundestag
nicht beauftragt worden, festzulegen, wann ein Mensch stirbt und wann
ein Mensch lebt,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)
sondern ich stelle nur fest, daß es so, wie der Herr diese Welt
geschaffen hat, diese zwei Zustände gibt.
Es gibt bisher nur eine einzige Möglichkeit, dies festzustellen,
nämlich daß das diejenigen tun, die das berufsmäßig auf Grund ihrer
Ausbildung, auf Grund ihres Ethos, auf Grund ihrer Zielsetzung machen,
so wie dies immer gewesen ist, seitdem die Menschheit besteht. Es ist
Aufgabe der Ärzte, zu sagen, dieser Mensch ist tot, dieser Mensch lebt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]:
Also legt ihr es doch fest!)
Da erfolgt eben nicht die Festlegung durch den Gesetzgeber: Das ist der
Hirntod, und das ist der Herztod.
Gerade als jemand, der sich auch mit Forschung beschäftigt, Frau
Kollegin Nickels, sage ich Ihnen: Wir alle haben in den letzten Jahren
erlebt, daß sich das Verständnis von dem, was Tod ausmacht, bei
denjenigen, die damit zu tun haben, durchaus ändern kann.
(Peter Conradi [SPD]: Eben!)
Es ist noch nicht lange her, da gab es einen breiten Konsens in der
Medizin und in der Gesellschaft, daß der Herztod mit dem Tod
gleichzusetzen ist. Heute sagt eine Mehrheit, es ist der Hirntod.
(Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das spricht doch gerade dafür,
die Entscheidung nicht der Ärzteschaft zu überlassen!)
Ich weiß nicht, ob wir nicht in fünf oder zehn Jahren eine Situation
haben, in der etwas anderes als Mehrheitsmeinung vorgetragen wird. Weil
dies so ist, ziehe ich den Schluß daraus - das ist mir wichtig -, daß
wir als Gesetzgeber, als Deutscher Bundestag nicht sagen, unter diesen
und jenen Voraussetzungen ist ein Mensch tot oder er lebt. Dies ist
vielmehr eine Aufgabe - das ist nun einmal so -, die ich Ärzten nicht
abnehmen kann. Sie müssen das nach dem Stand der medizinischen
Erkenntnis feststellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zur zweiten Frage, die
genauso wichtig ist, auch im Hinblick auf unser Verständnis von
Gesellschaft, im Hinblick auf unser Verständnis vom Menschsein. Wenn ich
eine juristische Festsetzung von Hirntod und Tod ablehne, legt dies dann
eine enge Zustimmungsregelung nahe? Ich meine, nein. Kein Mensch ist
Herr über Leben und Tod eines anderen. Die Feststellung des Todes ist
Aufgabe der Ärzte.
Der Philosoph Hans Jonas hat gesagt: ,,Das Urbild aller Verantwortung
ist die von Menschen für Menschen." Da stimme ich ihm zu. Ein Mensch
kann für andere Menschen Verantwortung übernehmen. Oder andersherum
gesagt: Zeichnet er sich nicht gerade dadurch vor allen anderen
Lebewesen aus? Das Tragen von Verantwortung ist unbestreitbar ein
Bestandteil unseres Menschseins. Der Mensch erhält seine eigentliche
Würde und Bestimmung durch die Verantwortung, die er für andere Menschen
übernimmt. Diese Verantwortung wird zur Herausforderung, wenn der Mensch
in Grenzsituationen des Lebens Entscheidungen fällen muß. Das gilt
übrigens sowohl für die Ärzte als auch für die Verwandten, die einer
Organentnahme bei einem Toten zustimmen.
Jeder Mensch stirbt seinen ureigenen Tod. Der Tod ist immer das Ende
der Lebensgeschichte. Jede Lebensgeschichte ist einzigartig und
gleichzeitig ein
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16427
noch: Dr. Jürgen Rüttgers
Beziehungen. Jeder von uns weiß das und hat das auch persönlich
erfahren. Die Beziehungen, die ein Mensch zu Lebzeiten geknüpft hat,
haben über seinen Tod hinaus Bestand.
Aus diesem Grunde bin ich für die erweiterte Zustimmungsregelung. Ich
halte es für vertretbar, daß die engsten Verwandten - gleichsam als
Treuhänder - auch diese letzte Verantwortung übernehmen. Ich glaube, daß
der letzte Wille eines Verstorbenen im Herzen seiner Angehörigen
aufgehoben ist. Die Angehörigen allein können den mutmaßlichen Willen
beurteilen, falls der Betreffende sich vorher selbst nicht geäußert hat.
Kann die Grenzsituation einer Organspende - auch diese Frage stellt
sich - eigentlich schon zu Lebzeiten genau beurteilt werden? Ich glaube,
nein. Deswegen meine ich, daß die treuhänderische Interpretation naher
Menschen den Willen eines Verstorbenen ebenso authentisch zeigt wie eine
vor dem Tod schriftlich erklärte Bereitschaft zur Organspende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle tun uns schwer damit, schon zu
Lebzeiten an den Tod zu denken. Wir stehen in einem Dilemma. Auf dem Weg
zu dieser Debatte heute traf ich den Kollegen Alfons Müller, der diesem
Haus viele Jahre angehört hat. Er verfolgt diese Debatte heute sehr
aufmerksam. Er selber hat schon mehrfach eine Organtransplantation
erhalten. Das beschreibt genau das Dilemma, vor dem wir stehen, nämlich
auf der einen Seite das richtige Verständnis vom Leben und vom Tod zu
haben und auf der anderen Seite den Versuch zu machen, so gut wie irgend
möglich zu helfen.
Ich persönlich glaube, daß der Antrag, der im Bewußtsein der
beschränkten Möglichkeiten, die ein Gesetzgeber hat und haben muß, auf
der einen Seite darauf verzichtet, zu definieren, wann der Mensch tot
ist und wann er lebt, der auf der anderen Seite den Menschen nicht nur
als Individualwesen versteht, sondern auch als ein Wesen, das in eine
Gemeinschaft eingebunden ist, dieser Spannung, die es sicherlich gibt
und die auszuhalten wir alle aufgerufen sind, am besten gerecht wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr.
Wolfgang Götzer.
Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine verehrten
Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung, die der Deutsche Bundestag
heute zu treffen hat, ist sicherlich eine der schwerwiegendsten und
schwierigsten dieser Legislaturperiode. Das Parlament hat es sich in
seinen Beratungen wahrlich nicht leichtgemacht. Umfangreiche Anhörungen
und zahlreiche Gesprächsrunden haben in den letzten Jahren
stattgefunden. Viele Briefe und Stellungnahmen von Bürgern und Verbänden
haben uns erreicht und sind in die Beratungen mit eingeflossen.
Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, der sich intensiv um eine
konsensfähige Regelung bemüht hat. Daß es dennoch heute eine ganze Reihe
unterschiedlicher Anträge gibt, ist angesichts der ungeheuer
komplizierten juristischen, medizinischen und ethischen Fragen, die das
Thema Organtransplantation aufwirft, begreiflich.
Ich selbst plädiere für die enge Zustimmungslösung und möchte Ihnen die
Gründe kurz darlegen, die mich dazu geführt haben. Ich vertrete
entschieden die Auffassung, daß sich der Gesetzgeber einer
Legaldefinition des Todes enthalten soll, ja aus verfassungsrechtlichen
Gründen enthalten muß. Es gibt Dinge, die der Kompetenz des Politischen
entzogen sind. Die Festlegung des Todeszeitpunktes gehört dazu.
(Beifall des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig [F.D.P.])
Mit gutem Grund ist dies auch bisher nicht gesetzlich geregelt.
Es werden statt dessen lediglich Rechtsfolgen durch Gesetz bestimmt,
die an den Tod anknüpfen. Insbesondere halte ich es für nicht
vertretbar, durch ein Gesetz den sogenannten Hirntod als Tod des
Menschen zu bestimmen.
Die Zweifel an der Richtigkeit der Hirntodkonzeption haben sich im
Laufe der Beratungen verstärkt und können nicht als abwegige
Mindermeinung abgetan werden. Vielmehr ist heute sowohl in der Medizin
als auch in der Rechtswissenschaft und in der Philosophie umstritten, ob
der Hirntod den Tod des Menschen sicher anzeigt. Beide Kirchen haben
sogar inzwischen klar Position gegen die Festlegung des Hirntodes als
Tod des Menschen bezogen und darauf hingewiesen, daß eine solche
Auffassung im Widerspruch zum christlichen Menschenbild steht.
(Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)
- Ich beziehe mich auf die Hirntodfeststellung, nicht auf die
Zustimmungslösung. Dazu gibt es jüngste klare Aussagen beider Kirchen.
Der Hirntod ist demnach der entscheidende Einschnitt im Prozeß des
Sterbens, nicht aber der endgültige Tod selbst. Angesichts der großen
Zweifel ist es dem Gesetzgeber dann aber verwehrt, den Hirntod als den
Tod des Menschen zu definieren. Vielmehr muß er diese Frage offenlassen.
(Beifall des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])
Dem steht aber nicht entgegen, den Hirntod als Entnahmekriterium für
eine Organtransplantation anzunehmen.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Götzer, gestatten
Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dreßen?
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16428
Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Bitte schön.
Peter Dreßen (SPD): Herr Kollege, was halten Sie denn von den
Schwierigkeiten, die die Transplantationsmediziner haben, wenn wir jetzt
nicht eindeutig festlegen, was der Tod ist? Wenn wir uns nicht eindeutig
festlegen, kann man den Transplantationsmedizinern nicht zumuten, zu
entscheiden, wer tot ist. Sie wissen dann nicht, ob sie einem lebenden
oder einem toten Menschen Organe entnehmen. Glauben Sie nicht, daß wir
in diesem Fall auch die Schwierigkeiten, in denen die
Transplantationsmediziner stecken, berücksichtigen müssen?
Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Ich verstehe Ihre Frage sehr gut.
Trotzdem bleibe ich dabei, daß es nicht Sache des Gesetzgebers ist, die
Definition des Todes festzulegen. Man darf aber auch nicht - da haben
Sie völlig recht - das alleinige Risiko den Medizinern auferlegen.
Deswegen bin ich - ich komme im nächsten Punkt dazu - für eine enge
Zustimmungslösung, die ich als die einzig konsequente bei dieser
Auffassung ansehe.
Der Einwand, der dagegen vorgebracht wird, daß man den Hirntod trotzdem
als Entnahmekriterium zulassen kann, ist vor allem der, daß dies ein
Verstoß gegen das Recht auf Leben und damit gegen 1/2 216 StGB wäre.
Dieser Einwand ist beachtlich, aber er greift letztlich nicht. Wie der
angesehene Strafrechtler Professor Herbert Tröndle bei der Anhörung des
Rechtsausschusses im Januar dieses Jahres überzeugend ausgeführt hat,
ist es Sinn und Zweck des 1/2 216 StGB, eine gezielt die
Lebensbeendigung herbeiführende Handlung zu untersagen.
Die Organentnahme bei einem Hirntoten ist aber etwas ganz anderes. Sie
setzt bei einem irreversibel Sterbenden eine von ihm gewollte
Lebensverlängerung allein zu dem Zweck voraus, durch die Organentnahme
das Leben eines anderen zu retten. Es kommt somit nicht zu einer
Lebensverkürzung durch die Organentnahme, sondern zu einer Lebens- oder
- anders ausgedrückt - zu einer Sterbensverlängerung mit Einwilligung
des Betroffenen, um ein sittlich hochstehendes Ziel zu erreichen,
nämlich die Rettung eines anderen Menschen.
Daraus ergibt sich für mich allerdings zwingend - jetzt komme ich zu
dem Punkt, Herr Kollege - das Erfordernis einer ausdrücklich und
höchstpersönlich erklärten Einwilligung des Organspenders. Denn wenn der
Hirntote als sterbende, aber noch lebende Person anzusehen ist,
gleichwohl aber als Organspender in Frage kommen soll, hat der
Gesetzgeber im Rahmen des Transplantationsgesetzes die Pflicht, die
Persönlichkeitsrechte des Spenders ohne Einschränkung zu wahren. Es ist
ein Ausdruck der jedem Menschen innewohnenden und unveräußerlichen
Würde, daß ein Dritter nicht ohne oder gegen den Willen des Betroffenen
über dessen Körper verfügen kann.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Dr. Götzer, gestatten
Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seehofer?
Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Aber selbstverständlich.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte, Herr Seehofer.
Horst Seehofer (CDU/CSU): Herr Kollege Götzer, würden Sie dann die
gleichen juristischen und ethischen Regeln in bezug auf jene Organe
anwenden, die die Bundesrepublik Deutschland aus dem Ausland importiert,
und sind Sie sich bewußt, daß wir schon heute ein Importland sind und,
wenn Sie die gleichen Regeln anwenden würden, die
Transplantationsmedizin der Bundesrepublik Deutschland am Ende wäre?
Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Herr Kollege Seehofer, ich sehe das
Problem so wie Sie und bin mit Ihnen der Meinung, daß wir versuchen
müssen, dieses Problem zu lösen. Allerdings können wir heute nur über
ein Gesetz entscheiden, das die Organtransplantation hier in Deutschland
regelt.
Ich darf fortfahren. Das, was ich gesagt habe, gilt für den in der
letzten Sterbephase befindlichen Menschen genauso wie nach dem
endgültigen Tode im Rahmen des postmortalen Persönlichkeitsrechts. Nicht
die Definition des Todes, sondern die Frage der Einwilligung ist somit
aus meiner Sicht das entscheidende Problem bei diesem Thema.
Nur der Organspender kann demnach in eine Organentnahme wirksam
einwilligen. Eine mutmaßliche Einwilligung kann meines Erachtens nicht
ausreichen. Erst recht scheidet die Ersetzung seiner Einwilligung durch
die Zustimmung der Angehörigen aus. Außerdem stellt es eine meiner
Meinung nach unzumutbare Belastung für die Angehörigen dar, wenn ihnen
eine so schwerwiegende Entscheidung aufgebürdet wird.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Uns allen liegt am
Herzen, daß die Spendebereitschaft in der Bevölkerung steigt. Wir
brauchen mehr Organe, weil immer mehr Menschen lebensnotwendig auf eine
Organtransplantation angewiesen sind. Für Organspenden muß ohne Zweifel
noch stärker geworben werden.
Ich habe großes Verständnis für all diejenigen, die auf eine
Organspende warten und deshalb eine möglichst weite Regelung wünschen.
Trotzdem muß klar gesagt werden - auch und gerade im Interesse dieser
Menschen -, daß der erste Zweck eines Transplantationsgesetzes nicht die
Schaffung erleichterter Voraussetzungen für eine Organspende sein kann,
sondern ihre verfassungsgemäße und ethisch unangreifbare Regelung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P., des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der PDS)
Die Voraussetzung für mehr Organspenden ist Vertrauen - Vertrauen der
Bürger in die Transplantationsmedizin und Vertrauen, das aus klaren
gesetzlichen Regelungen erwächst. Dafür ist eine intensive
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16429
noch: Dr. Wolfgang Götzer
respektiert wird.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen und der PDS)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau
Dr. Ruth Fuchs.
Dr. Ruth Fuchs (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ebenso
wie andere Abgeordnete unserer Bundestagsgruppe trete ich dafür ein, daß
es in diesem Lande auch künftig Organtransplantationen in einem
ausreichenden Umfang gibt. Dabei stelle ich mir für diese wichtige
medizinische Hilfsmöglichkeit keinesfalls einen uferlos wachsenden
Bedarf vor. Ich meine, daß es für diese Methode ethische Grenzen und
Grenzen der Sinnhaftigkeit geben muß. Ihr Einsatz rechtfertigt sich vor
allem durch die Rettung menschlichen Lebens, welche auf andere Weise
nicht mehr möglich ist, oder, wie bei der Nierentransplantation,
dadurch, daß gegenüber einem Leben am Dialysegerät Jahrzehnte an
Gesundheit und Leistungsfähigkeit gewonnen werden können.
Nach allem, was wir der Medizingeschichte entnehmen können, wird sicher
auch die Organtransplantation in einer heute noch nicht absehbaren
Zukunft durch neue medizinische Entwicklungen und Möglichkeiten
schrittweise ersetzt bzw. abgelöst werden. Fest steht aber: Gegenwärtig
und auf absehbare Zeit ist sie eine ethisch gerechtfertigte und
medizinisch gebotene Möglichkeit, Leben zu retten oder Leben in seiner
Qualität völlig neu zu schenken.
Das Bemühen um Organtransplantationen und um Erhöhung der
Spenderbereitschaft gewinnt an Glaubwürdigkeit, wenn zugleich sichtbar
wird, daß sich Gesellschaft und Staat mit gleichem Nachdruck für die
Vermeidung von vorzeitigen und lebensbedrohenden Organkrankheiten
einsetzen, wie sie dies für den medizinisch-technischen Ersatz unheilbar
zerstörter Organe tun. Die Analyse der Ursachen und damit der
Vermeidbarkeit lebensbedrohlicher Organschädigungen ist eine wichtige
Voraussetzung, damit durch die Organtransplantationen keine einseitigen
Entwicklungen in der Medizin verfestigt bzw. fortgesetzt werden.
Auf die Bedeutung präventiver Aspekte wird in der Diskussion zu diesem
Gesetz bisher nur selten hingewiesen. Sie sollten meines Erachtens aber
mehr in den Vordergrund gerückt werden. Sie müssen auch eine größere
Rolle spielen, um den ohnehin bestehenden Trend zu einer Apparate- und
Reparaturmedizin nicht noch einseitig zu befördern. Er sollte vielmehr
veranwortungsbewußt in Bahnen gelenkt werden, in denen nur die
sinnvollen, notwendigen Maßnahmen zur Anwendung kommen. Als ein Beispiel
sei hier genannt, daß 20 Prozent aller Fälle mit definitivem Ausfall der
Nierenfunktion infolge chronischer Niereninsuffizienz auf
Schmerzmittelabusus zurückgehen.
Unabweisbare Voraussetzung für die Organtransplantation ist, daß der
Gesetzgeber alle damit verbundenen und zum Teil äußerst komplizierten
Probleme und Handlungsfelder sorgfältig und verantwortungsbewußt, aber
auch eindeutig und auf Dauer tragfähig regelt.
Bei der erweiterten Zustimmungslösung wird der isolierte Hirntod als
sicher diagnostizierbarer, vollständiger und irreversibler Ausfall der
gesamten Hirnfunktion verstanden und davon ausgehend als eindeutiges
Kriterium für den Tod des Menschen definiert; dies nicht nur, weil die
geistigen Leistungen des Gehirns wegfallen und die individuelle
Personalität unwiederbringbar verloren ist, sondern zugleich auch, weil
die biologische Lebensfähigkeit des Menschen mit dem Ausfall des Gehirns
nicht mehr besteht. Nach Abschalten der Beatmungsgeräte stehen
bekanntlich auch Atmung und Kreislauf still.
Der Hirntote ist in diesem Verständnis ein Verstorbener, bei dem das
Totensorgerecht der Angehörigen greift. Daraus ergibt sich, daß sie um
Zustimmung gefragt werden dürfen. Wahr ist allerdings, daß Angehörige
dabei mit einer menschlich kaum zu bewältigenden Entscheidungssituation
konfrontiert werden. Diese Lage kann allenfalls dadurch gemildert
werden, daß Menschen, die einander nahestehen, über diese Problematik zu
Lebzeiten sprechen und dadurch Sicherheit über ihre gegenseitigen
persönlichen Auffassungen gewinnen.
Ich habe Respekt vor dem Anliegen der Vertreter einer engen
Zustimmungslösung, eine Organspende einzig und allein an die persönliche
Zustimmung des aufgeklärten einzelnen binden zu wollen. Zugleich aber
ist für mich nicht zu übersehen, daß die enge Zustimmungslösung auf
grundlegenden Fehlannahmen basiert und eine Reihe unauflöslicher
Widersprüche enthält. Wer den Hirntod als Tod des Menschen ablehnt, darf
eigentlich als Konsequenz daraus nur das strikte Verbot jeglicher
Organentnahme ableiten.
(Zurufe von der SPD: Nein!)
Solange ein Mensch lebt oder als noch Lebender betrachtet wird, ist
eine Organentnahme unakzeptabel. Das ist in der ganzen Welt so, und das
muß meiner Meinung nach auch in unserem Lande so bleiben. Eine
Organentnahme bei nicht Verstorbenen ist auch dann nicht zu vertreten,
wenn der einzelne dem selbst zugestimmt hat. Denn dies läuft
unausweichlich auf eine Tötung auf Verlangen hinaus. Dazu dürfen sich
Ärzte bekanntlich nicht bereit finden. Die scharfe Ablehnung eines
solchen Vorgehens seitens der Ärzte ist konsequent; steht es doch in
absolutem Gegensatz zu ihrem Berufsverständnis.
Wer Organtransplantationen für richtig und notwendig hält, muß vom
gesicherten internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ausgehen
und sie damit so regeln, daß Ärzte ihr Handeln auch mit ihren
fundamentalen berufsethischen Grundsätzen vereinbaren können. Im anderen
Fall ist das Ergebnis Rechtsunsicherheit, ein Handeln im Zwielicht und
irreparabler Schaden für das Anliegen selbst.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS)
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16430
noch: Dr. Ruth Fuchs
Die eindeutige Feststellung des eingetretenen Todes ist deshalb als
Voraussetzung für eine Organentnahme unverzichtbar.
Die bei der engen Zustimmungslösung vorgenommene Bewertung des
Hirntodes stützt sich international nach meiner Kenntnis auf eine
ausgesprochene Minderheit von Wissenschaftlern. Außerdem muß man in
diesem Zusammenhang sagen, daß die Ablehnung des Hirntodkonzeptes in
vielen Fällen mit einem teilweise vorwissenschaftlichen Verständnis des
menschlichen Todes verknüpft ist.
Diejenigen, die es ablehnen, den Hirntod als Tod des Menschen zu
verstehen, berufen sich häufig darauf, daß der sinnlich erfahrbare
Anschein dagegen spricht. Bekanntlich bieten Hirntote nicht das Bild von
Verstorbenen. Diesen Zustand nach ärztlicher Diagnose dennoch als Tod zu
verstehen und zu akzeptieren bedarf tatsächlich wissenschaftlicher
Erkenntnis und entsprechender Abstraktion. Aber, meine Damen und Herren:
Ist es nicht völlig einsichtig, daß wir oft erst solcher Erkenntnis und
des abstrakten Denkens bedürfen, um zu einer die Wirklichkeit richtig
abbildenden Auffassung zu kommen?
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Frau Abgeordnete Fuchs, lassen Sie eine
Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Nickels zu?
Dr. Ruth Fuchs (PDS): Ich denke, die Positionen sind derart klar, daß
jegliche weitere Zwischenfrage nur eine Verzögerung wäre. Ich glaube,
wir kommen nicht zu einer Klärung des Problems; viele Abgeordnete haben
mit Recht eine gefestigte persönliche Meinung, und ich bringe jetzt
meine gefestigte persönliche Meinung zum Ausdruck.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS)
Ich möchte also keine Zwischenfragen zulassen.
So geht es im vorliegenden Fall letztlich auch um die Frage, ob sich
dieses Land Gesetze gibt, die ihre geistigen Wurzeln weiterhin im
Hauptstrom der auf wissenschaftlicher Vernunft basierenden europäischen
Aufklärung haben.
Bei fehlender individueller Erklärung erlaubt die enge
Zustimmungslösung keine Organentnahme. Das geht meiner Meinung nach am
Leben vorbei. Die meisten Menschen möchten sich nicht zu Lebzeiten
festlegen; sie denken und reden nicht über ihren Tod. Dies scheint ein
überall bestehendes Faktum zu sein, das man bis zu einem gewissen Grade
in Rechnung stellen sollte, anstatt auf Wunschvorstellungen zu setzen.
So glaube ich, daß unter den Bedingungen einer engen Zustimmungslösung
die Zahl der Organspenden noch einmal drastisch zurückgehen wird. Schon
jetzt treffen bekanntlich nur 5 bis 10 Prozent aller potentiellen
Organspender zu Lebzeiten eine entsprechende Entscheidung. Wir wissen
auch, daß überhaupt nur 0,6 Prozent aller Versterbenden für eine
Organspende in Frage kommen.
Gegen die vielfach zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, dieser Anteil ließe
sich auch bei einer engen Zustimmungslösung durch Aufklärung deutlich
erhöhen, steht leider die berechtigte Befürchtung, daß Organspenden dann
kaum noch vorkommen werden. Die Konsequenz wäre eine weitere Zunahme der
Zahl der Wartenden und auch eine Zunahme der Zahl der Wartenden, die
sterben, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten.
Gerade die Menschen in den neuen Bundesländern, die lange eine
Widerspruchslösung hatten und für die die Organtransplantation zum
akzeptierten Spektrum zu erwartender medizinischer Hilfemöglichkeiten
gehörte und gehört, würden in großer Mehrzahl einen durch die
Gesetzgebung verursachten Rückschlag auf diesem Gebiet nicht verstehen.
Übrigens - auch das ist meine persönliche Meinung - halte ich die
Widerspruchslösung nach wie vor für die vernünftigste Variante.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS)
Meine Damen und Herren, das Gesetz soll durch die mit ihm zu stärkende
Rechtssicherheit eine Grundlage dafür geben, mehr Vertrauen in der
Bevölkerung zu schaffen und von daher wieder eine breitere Zustimmung
der Menschen für eine Organspende zu erhalten. Entscheidend dafür kann
aber nicht allein das Gesetz sein. Es ist und bleibt eine unverzichtbare
Voraussetzung. Mindestens genauso wichtig oder noch wichtiger dürfte
aber das Vertrauen der Bevölkerung in die Medizin und in die Motive
ärztlichen Handelns sein.
Nach allem, was wir wissen, haben die meisten Menschen eine positive
Einstellung zur Organspende. Aber viele sind verunsichert, weil sie
erleben, daß die Medizin immer mehr zum Geschäft gemacht wird. Die
dritte Stufe der Gesundheitsreform und die mit ihr verbundene Forcierung
dieser Tendenz sind hier ein zweifellos negatives Moment.
Es kann festgestellt werden, daß das vorliegende Gesetzesvorhaben aber
gerade für den Bereich der Organtransplantation viele wichtige
Mechanismen der Regulierung, Kontrolle und Transparenz eingebaut hat,
die das humanistische Anliegen der Medizin durch rechtliche Fundierung
deutlich stärken. Die letztlich entscheidende Frage besteht darin: Wird
das Gesetz den hohen Anforderungen gerecht, die gerade auf diesem Gebiet
an Sorgfalt, Verantwortungsbewußtsein und an ethischer Sensibilität
gestellt werden müssen?
Ich denke, man darf zusammenfassend sagen: Der Gesetzentwurf, der die
erweiterte Zustimmungslösung enthält, steht in deutlichem Gegensatz zu
vielem, was im letzten Jahr aus dem Hause Seehofer vorgelegt wurde. Er
ist eine verantwortungsbewußte, sachlich korrekte und auch
gesetzestechnisch solide Arbeit. Das Gesetz ist geeignet, die von ihm zu
erwartende Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16431
noch: Dr. Ruth Fuchs
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS, der CDU/CSU und der SPD - Wolfgang
Zöller [CDU/CSU]: Der letzte Satz war gut!)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile dem Abgeordneten Seehofer
das Wort zu einer Kurzintervention. Er bezieht sich auf den Beitrag der
Abgeordneten Dr. Däubler-Gmelin.
Horst Seehofer (CDU/CSU): Verehrte Frau Kollegin Däubler-Gmelin, heute
hat mehrfach die Frage Hirntod, Schwangerschaft und Austragen eines
Kindes eine Rolle gespielt. Sie haben teilweise aus Protokollen zitiert.
Ich möchte gerade bei diesem schwierigen Thema Wert darauf legen, daß
das Parlament korrekt informiert wird.
Ich habe mir deshalb das offizielle Protokoll der Sitzung des
Gesundheitsausschusses vom 25. September 1996 kommen lassen. Ich darf
daraus den Sachverständigen Professor Dr. Link im Zusammenhang mit der
Filderklinik, die auch Sie genannt haben, zitieren. Der Sachverständige
Professor Dr. Link sagt zu dieser Frage wörtlich:
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann geht es um die Patientin aus
der Filderklinik. Ich denke, da hat die Musiktherapeutin recht gehabt,
wenn sie gesagt hat, daß sie einer schwerkranken Frau und nicht einer
Toten begegnet ist, denn bei dieser Frau ist nie die Hirntoddiagnostik
gemacht worden.
(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: So ist es!)
Der Sachverständige Professor Dr. Link sagt weiter:
Die Frau war nicht tot. Es ist weder die Hirntoddiagnostik gemacht
worden, und wie die Beschreibung des behandelnden Arztes selbst zeigt,
war die Frau nicht tot.
Ich möchte, daß das Parlament über dieses offizielle Protokoll Kenntnis
erhält.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Frau Dr. Däubler-Gmelin, Sie haben das
Recht zu antworten.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Vielen Dank, Herr Seehofer, daß Sie den
Sachverständigen zitiert haben. Ich habe bereits den behandelnden Arzt
zitiert und mache das jetzt noch einmal mit Namens- und Funktionsangabe:
Professor Dr. med. Johannes Scheele, Chirurgische Universitätsklinik der
Universität Erlangen/Nürnberg.
Ich stelle das einfach dagegen.
(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Das ist ein anderer Fall!)
- Nein, bei mir nicht.
Auf die Frage, ,,Herr Scheele, haben Sie die zerebrale Angiographie
durchgeführt" - das ist eine Methode der Hirntoddiagnose -, antwortet
er: ,,Wir haben zwar keine Angiographien durchgeführt, sondern wir haben
Dopplersonographien und EEG-
Untersuchungen vorgenommen", die sich ebenfalls auf die Hirntoddiagnose
beziehen. ,,Diese wurden auf Wunsch des Vaters auch nach der
Hirntoddiagnose in wöchentlichen Abständen wiederholt." Er führt weiter
aus - ich kann das gern noch einmal vortragen -, daß die Angiographie
deswegen nicht vorgenommen wurde, weil der Fötus keiner unnötigen
Strahlenbelastung ausgesetzt werden sollte.
Was sich daraus ergibt - das möchte ich, weil Sie dankenswerterweise
einen anderen Fall zitiert haben, noch einmal vortragen -, ist, daß im
Fall des Erlanger Babys genauso wie im Fall des Leinfeldener Babys eine
Hirntoddiagnose vorgenommen wurde
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Eben nicht!)
und daß in beiden Fällen nach Ihrer Definition der Tod vorliegen müßte.
Als letzten Satz darf ich hinzufügen: In Leinfelden konnte durch
Kaiserschnitt das Leben des Babys gerettet werden. Es lebt heute. Das
ist der Punkt, um den es geht.
Danke schön.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das macht ja die Sache so schwierig,
daß jeder seinen Gutachter hat, den er heranziehen kann.
(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist der behandelnde Arzt!)
Jetzt gebe ich das Wort der Abgeordneten Monika Knoche.
Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr viel aufschlußreicher, meine
sehr geehrten Damen und Herren, ist - ich möchte kurz auf die Debatte
eben eingehen - die Tatsache, daß eine mit Totenschein ausgestattete
hirntote Frau in Erlangen ihren Fötus über mehrere Wochen hinweg
ausgetragen und das Phänomen des Spontanabortes vollzogen hat. Es ist
unmöglich, zu sagen: Eine Leiche ist in der Lage, ein Kind zu gebären.
Es ist unmöglich.
Wenn wir aber eine andere gesetzliche Regelung hätten als die, die wir
vorschlagen, würden wir in der Tat zwei Arten des Totseins festlegen. Es
würde lebendige, belebte Leichen und kalte Leichen geben. Über diese
Erfahrung und über dieses Erleben kann keine Wissenschaft die Menschen
hinwegtäuschen. Das ist so. Deshalb darf diese Frage nicht zweckgebunden
diskutiert werden. Sie ist keine Ansichtssache, und sie ist auch nicht
beliebig.
Dennoch muß entschieden werden, welchen Rechtsstatus ein Mensch im
Zustand des irreversiblen Hirnorganverlustes hat. Wir sagen, er ist ein
Sterbender und damit ein Grundrechtsträger.
Betrachten wir es doch als unsere Chance, aus dieser einmaligen Debatte
heute ein Gesetz zu verabschieden, das die medizinischen, kulturellen
und religiösen Fragen in Einklang mit unserer Verfassung
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16432
noch: Monika Knoche
Begehrlichkeiten fest verschlossen.
Organentnahme ist, wenn der Mensch zugestimmt hat, niemals Tötung, weil
das Leben eines irreversibel Sterbenden nicht mit allen Mitteln
verlängert werden darf. Beziehen wir doch ein, daß das auch ein
Grundprinzip ärztlicher Ethik und ein Bestandteil der Ethik des
Grundgesetzes ist.
Hierin ist der unverrückbare Konsens einer freien Gesellschaft
ausgedrückt. Er sichert uns das ganzheitliche und weltanschaulich offene
Menschenbild. Was ist das Wesen der Transplantationsmedizin? Sie ist ein
Ausnahmefall ärztlichen Handelns; denn sie muß die Grenze der
Fremdleibigkeit eines Menschen überschreiten, um einem anderen helfen zu
können. Die Organentnahme liegt nicht im ärztlichen Behandlungsauftrag.
Der Behandlungsauftrag erlischt, wenn der Zustand des Coma dpass
festgestellt ist.
Hirntote sind nicht einwilligungsfähig. Sie können nicht sagen, was mit
ihnen geschehen soll. Dennoch darf mit ihnen nichts im Interesse Dritter
gemacht werden, was sie nicht gewollt haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und
der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])
Will man die durchbluteten Organe entnehmen, kann man das nur bei
lebendigem Leib tun. Tot bei lebendigem Leib, es ist ein definitorischer
Kunstgriff, der aber nichts am Zustand des Menschen ändert. Kein Mensch
wird durch Definition zu einem Verstorbenen. Ich unterstreiche mit allem
Nachdruck die Aussage der Bundesärztekammer: Ärzte töten nicht. - Das
muß die ethisch unstrittige Maxime in allen Fragen ärztlichen Handelns
bleiben.
Nur ist der ethische und moralische Konflikt der Explantation nicht
dadurch aus der Welt zu bringen, daß man eine neue Art des Totseins
festlegt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und
der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])
Für die Medizin ist es ungleich schwerer, zu sagen, daß die
Organentnahme das Sterben verändert und keine Tötung ist. Man muß es
aber dennoch sagen. Ohne neue Todesart wird es nicht mehr dazu kommen
müssen, die Gefühle, die Wahrnehmungen, die viele Angehörige haben, zu
verletzen. Sie können ihre Nächsten eben nicht als tot begreifen. Sie
erleben ihre Belebtheit. Ein Mensch lebt, solange er als lebendig
erfahrbar ist. Diesen existenziellen Konflikt können Ärzte sich und den
Angehörigen nehmen, wenn wir das Sterben beim Leben lassen.
Es ist nicht vertretbar, das Bewußtsein als Kriterium für Personalität
zu qualifizieren. Die Grundrechtsträgerschaft und die Personalität sind
nicht an Geistigkeit gebunden. Es ist wahr: Die Eindeutigkeit, die der
Begriff des Todes einmal auszeichnete, hat sich durch die
Intensivmedizin verändert. Das entbindet uns aber nicht der Pflicht, den
Begriff vom Leben am Ende extensiv auszulegen. Erkennen können wir heute
lediglich einen ganz spezifischen Charakter des Erlöschens menschlichen
Lebens, indem wir Hirnfunktionen messen. Wir können aber niemals
ermessen, was dieser Zustand ist.
Das Grundgesetz sichert uns ein offenes, ganzheitliches Menschenbild.
Jenseits von individueller Weltanschauung, jenseits von zweckrationalen
Erwägungen drückt sich darin das Selbstverständnis einer freien
Gesellschaft aus. Darauf sich zu beziehen gehört meines Erachtens zu den
vornehmsten Aufgaben des Parlaments. Wenn wir uns an die Ethik des
Grundgesetzes halten, die eine Ethik der Würde und keine Ethik der
Interessen ist, haben wir den bestmöglichen Schutz gegen praktische
Ethiker, die solche letzten Werte ablehnen.
Wenn man sagt: ,,Nur durch den Nachweis aller Hirnfunktionen ist der
Mensch eine Person", dann verliert er mit dem Verlust seiner
Hirnfunktionen seine Würde. Es bleibt sein materieller, verfügbarer
Wert. Das ist der konkrete Utilitarismus. Das zeigt auch, daß der
Versuch, per Definition eine Zäsur zwischen Leib und Geist an das Gehirn
zu binden, den gesellschaftlichen Wertekontext zur Disposition stellt.
Das zeigt gleichfalls, wie nah man einer Verwerfung des traditionellen
Todesverständnisses und der Verwerfung ethischer Übereinkünfte kommt.
Nur wenn gesagt wird, was dieser explantationsgeeignete Zustand
tatsächlich ist, daß die Beatmung abgestellt werden muß, weil es keine
Behandlung im Interesse des Patienten oder der Patientin mehr gibt, nur
wenn man diese Wahrheit sagt, wird man Vertrauen und Zustimmung in der
Bevölkerung gewinnen können, und nur dann ist die Voraussetzung gegeben,
eine autonome Entscheidung zu treffen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und
der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])
Der Mensch ist frei, er ist Subjekt seiner selbst, und er ist es in
allen Zuständen, auch im Sterben. Das Sterben ist das ganz Eigene, das
ganz Unveräußerliche. Wir müssen garantieren, daß der Mensch in seinen
schwächsten Zuständen den vollen Respekt und die Achtung der
Gesellschaft erhält und daß sich der Blick auf ihn als ganzen Menschen
nicht darauf reduziert, wodurch er für andere nützlich werden könnte.
Niemand ist der Gesellschaft, die er durch Sterben verläßt, etwas
schuldig.
Die Bereitschaft zur Organspende ist eine Entscheidung in einem eigenen
persönlichen Bereich, wo es überhaupt keine Gewißheiten gibt. Die
leiblich-seelische Integrität gehört zu diesem ureigenen Bereich, in dem
es keine Stellvertretung geben kann. Von daher kann es auch keine
Stellvertretung der Entscheidung über die Zustimmung geben.
Wir haben viel über den Wunsch gehört, die Organfrage optimal zu lösen,
die Bedarfe zu befriedigen. Ich möchte noch einmal nachdrücklich darauf
hinweisen: Selbst die extensivste Regelung, selbst eine von niemandem
gewünschte Solidarpflicht des menschlichen Leibes würde jemals das
Dilemma auf
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16433
noch: Monika Knoche
nämlich daß immer viel mehr Menschen auf Organe warten werden, als es
Menschen gibt - Gott sei Dank -, die einen explantationsgeeigneten Tod
sterben.
Wir müssen uns dessen vergewissern, daß wir durch keine noch so
maximale Regelung das Problem, das durch die Transplantationsmedizin in
die Welt gekommen ist, lösen können. Gerade deshalb müssen wir uns auf
die prinzipiellen Fragen, die prinzipiellen Werte konzentrieren. Diese
werden nur gewahrt, wenn wir die Transplantationsmedizin in die alten
Werte zurückbinden.
Ich weiß, das ist eine wertekonservative Haltung. Das ist eine
Wertedebatte. Wir Grünen haben sie geführt. Ich hoffe, wir konnten Sie
davon überzeugen, daß es für die Zukunft außerordentlich wichtig ist, an
den allgemeinen alten Werteübereinkünften festzuhalten.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS sowie bei
Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr.
Hansjörg Schäfer.
Dr. Hansjörg Schäfer (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Verehrte Frau Knoche, es ist schon ein Ding, wenn Sie einen Spontanabort
mit einer Spontangeburt vergleichen und ableiten, wenn ein Spontanabort
möglich ist, sei das der Nachweis des Lebens einer Hirntoten. Ich könnte
ironischerweise sagen, daß dann eine vermißte Fehlgeburt der Nachweis
des Todes einer Lebenden ist.
Ich bin langgedienter Geburtshelfer. Ich kann Ihnen gerne einmal
Nachhilfeunterricht in der Frage geben, was Spontanaborte auslöst und
was nicht. Das hat mit der Frage des Lebens mit Sicherheit nichts zu
tun.
Ich bin froh, daß die Diskussion um die Organtransplantation heute ein
vorläufiges Ende findet, weil dann, so hoffe ich inständig, mehr
todkranken Menschen geholfen werden kann - Menschen, die für manche der
vorgebrachten Argumente wenig Verständnis aufbringen können.
Ich bin froh, weil dann endlich für die handelnden Ärzte
Rechtssicherheit herrscht. Sie können dann nach der Feststellung des
Hirntodes und einer erweiterten Zustimmung in einem rechtlich
einwandfreien Raum Organe transplantieren.
Ich bin froh, daß dieses Gesetz nach einer Debatte zustandekommt, nach
der niemand behaupten kann, seine Meinung sei nicht gehört worden.
Ich bin aber auch froh, daß eine Diskussion beendet wird, in der bewußt
oder unbewußt mit der Einführung falscher Begriffe argumentiert wurde.
Ich habe eben versucht, das an einem Beispiel klarzumachen.
Wann ist der Mensch tot? Aus meiner 26 jährigen Erfahrung als
praktizierender Arzt bin ich der festen Überzeugung: Der Hirntod beendet
die Einheit von Geist und Körper, die erst den Menschen ausmacht. Der
Hirntod ist das Ende des Menschen, sein Tod. Das Lebewesen Mensch ist
eine Einheit und eben nicht nur die Summe verschiedener Körperteile. Mit
Eintritt des Hirntodes ist die Rückkehr zum Leben mit absoluter
Sicherheit ausgeschlossen. Es ist weltweit kein Fall bekannt, wo nach
Feststellung des Hirntodes eine Besserung eingetreten ist.
Natürlich müssen Definition und Diagnose des Hirntodes sehr klaren
Bestimmungen unterliegen. Diese Bestimmungen sind in der Stellungnahme
des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer vom 9. Mai 1997
sehr eindeutig formuliert. Ich darf das zitieren:
Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen
Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Dabei
wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch
künstlich aufrechterhalten. Die Diagnose des Hirntodes erfordert: Die
Erfüllung der Voraussetzungen, die Feststellung der klinischen Symptome,
die Bewußtlosigkeit, Hirnstammareflexie und Atemstillstand, sowie den
Nachweis der Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome.
Hier wird einwandfrei klargestellt, was mit Hirntod gemeint ist.
Irrtümer in der Definition sind nicht möglich.
Zu meinem Bedauern sind in der Diskussion des öfteren die Grenzen zum
apallischen Syndrom verwischt worden. Ob dies bewußt geschehen ist oder
aus Mangel an Kenntnissen, das möge dahingestellt sein. Das apallische
Syndrom ist eine Bewußtseinsstörung, die aus schweren zerebralen
Funktionsstörungen unterschiedlicher Genese resultiert und durch
aufgehobene Wahrnehmungsfähigkeit bei erhaltener Wachheit
charakterisiert ist. Die Grenzen zum Hirntod sind mit dieser Definition
eindeutig und klar. Apalliker sind wach, aber nehmen nichts wahr, und in
den meisten Fällen ist eine eigenständige Atmung möglich.
Im übrigen ist der Hirntod nicht eine Definitionserfindung
transplantationswütiger Ärzte,
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ist es!)
um an mehr Spenderorgane heranzukommen. Am Anfang stand diese Definition
des Hirntodes dafür, nicht unsinnige Intensiv- und Apparatemedizin
weiterführen zu müssen.
Natürlich bin ich der Meinung, daß die Hirntoddiagnose dem jeweiligen
Stand der Wissenschaft entsprechen muß. Ganz entschieden widerspreche
ich der Aufweichung des Hirntodes als Ganzhirntod. Diese Tendenzen - das
weiß auch ich - gibt es in anderen Ländern. Aber ich bin der Auffassung,
daß die strenge Definition in unserem Gesetzentwurf diesen Tendenzen
standhält.
In den anderen vorliegenden Gesetzentwürfen wird der Hirntod nur als
Datum für die Organent
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16434
noch: Dr. Hansjörg Schäfer
da kann mich niemand beirren - bedeutet die Entnahme am Lebenden. Folgt
man dieser Auffassung, so bedeutet diese Entnahme eine aktive
Tötungshandlung. Das ist aktive Euthanasie. Ich bleibe bei diesem Wort.
Daß sich die transplantierenden Ärzte gegen eine solche
Betrachtungsweise wehren, ist ihr gutes Recht. Ich möchte von dieser
Stelle einmal ganz herzlich den transplantierenden Ärzten in Deutschland
danken für ihren Mut und für ihre Leistung. Sie verdienen unsere
Anerkennung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)
Sie haben es verdient, in Rechtssicherheit arbeiten zu können. Tod nein,
aber Entnahme ja - das ist keine Rechtssicherheit. Es muß sichergestellt
sein, daß Ärzte nicht nur keine Straftat begehen, sondern in völliger
Übereinstimmung mit den ethischen Grundwerten dieser Gesellschaft
handeln.
Es ist unzweifelhaft, daß durch Herz-Lungen-Transplantationen
Menschenleben gerettet werden können und ihnen ein lebenswertes Leben
über längere Zeit geschenkt werden kann. Es ist weiterhin unzweifelhaft,
daß die Lebensqualität vieler Patienten durch die Transplantation von
Nieren entscheidend verbessert werden kann.
Der Staat hat die Pflicht zur Wahrung des Rechts auf Leben und
körperliche Unversehrtheit. Der Staat ist auch dem Schutz der
Menschenwürde verpflichtet. Dies gilt für Spender, aber auch für
Empfänger. Lassen Sie uns, meine Damen und Herren, den Mut aufbringen,
das zu verwirklichen, was in anderen Ländern Rechtswirklichkeit ist.
Lassen Sie uns den Mut aufbringen, mit diesem Gesetz Menschen zu helfen!
Danke.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Otto
Schily.
Otto Schily (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen!
Was sich in den Klüftungen des Todes vollzieht, ist nicht nur ein
äußerliches Geschehen. Nach meiner Überzeugung handelt es sich bei dem
Sterben um einen physisch-metaphysischen Prozeß. Wir tun gut daran, mit
unseren Definitionen zurückhaltend zu sein.
Ich für meine Person meine, daß wir die Frage, was bei einem solchen
Geschehen stattfindet, auch nicht medizinischen oder kirchlichen
Konzilen anvertrauen können. Ich wehre mich auch dagegen, daß wir das,
was während des Sterbens passiert, nur dann als wissenschaftlich
verbürgt anerkennen, wenn es von naturwissenschaftlich-medizinischer
Seite kommt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin der Meinung, daß wir jeglichen Hochmut ablegen sollten, daß wir
im 20. Jahrhundert am Scheitelpunkt der Wissenschaft angekommen seien.
Nach meiner Überzeugung steht die Wissenschaft vom Menschen erst am
Anfang.
Es stellt sich die Frage, ob wir nicht manches, was in der
Vergangenheit zu diesen Fragen ausgesagt worden ist, als eine Wahrheit
wiederfinden. Zum Beispiel findet im Tode etwas statt, was man so
bezeichnen kann, daß sich die geistig-seelische Einheit aus dem Körper
löst. Das ist etwas, was nicht in materiell orientierten,
wissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Begriffen
eingefangen werden kann. Sie haben ihr Recht, und ich habe vor ihnen
großen Respekt. Sie haben zu gewaltigen wissenschaftlichen
Errungenschaften geführt. Aber ich glaube, es liegt noch viel Arbeit des
Verstehens vor uns, was bei der Geburt und was bei dem Tode stattfindet.
Ich rate dazu, die Diskussion heute im Hause - die, wie ich finde, einen
hohen Rang einnimmt - nicht ergebnisorientiert zu führen in der
Richtung, daß wir sagen, wir müssen eine Lage herbeiführen, bei der nun
möglichst viele Transplantationen möglich sind.
Ich sage Ihnen das in aller Offenheit und bei allem Verständnis - Herr
Kollege Seehofer hat das hier sehr eindrucksvoll vorgetragen - für viele
Menschen, die sich in einer Notlage befinden, die um das Ende ihres
Lebens fürchten und die die Hoffnung haben, durch die Opferbereitschaft
eines Menschen eine Lebensverlängerung zu erhalten. Aber ich glaube, wir
sind uns doch in einem Punkt alle einig. Es kann nicht so sein, daß wir
eine Definition oder eine Rechtslage wählen, die sich nur an diesem
Zweck orientieren darf. Das ist für mich ein sehr entscheidender Punkt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei
Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)
Nun habe ich sehr aufmerksam zugehört, was Herr Kollege Scholz gesagt
hat. Er meinte, auf der einen Seite stehe die Norm und auf der anderen
Seite die Feststellung des Sachverhalts. Aber, meine Damen und Herren
Kollegen, es ist nicht so, daß wir auf der einen Seite einen Sachverhalt
haben, der rein naturwissenschaftlich-medizinisch zu ermitteln und
festzustellen ist, und auf der anderen Seite eine Norm und eine relative
Beliebigkeit der Wertentscheidung, sondern - um einen philosophischen
Begriff zu benutzen - das, was die Einheit des physischen-metaphysischen
Prozesses ausmacht, ist eine Art ontologische Kategorie, ist auch eine
Seinskategorie, ist auch ein Sachverhalt.
Wer der Meinung ist, wir dürfen in einen solchen Prozeß eingreifen, wir
dürfen diesen Ehrfurcht gebietenden Prozeß des Sterbens stören - ich
glaube, jeder von uns, der schon einmal an einer Geburt oder an einem
Sterbevorgang teilgenommen hat, weiß, daß es zu den bestürzendsten und
eindrucksvollsten Erlebnissen unseres Lebens überhaupt gehört -, der muß
sich darüber im klaren sein, daß er eine Beziehung zur Würde des
Menschen setzen muß. Selbstverständlich erkenne ich an, wenn ein Mensch
aus seiner individuellen Würde heraus auf Grund einer
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16435
noch: Otto Schily
einer solchen Situation auch bereit, ein Organ zu spenden, um einem
anderen das Leben zu ermöglichen. - Es gibt Situationen dieser Art in
den unterschiedlichsten Konstellationen. Wer die Tradition der Habeas-
Corpus-Akte in Europa ernst nimmt, der muß sich sagen: In dieser
Entscheidung muß der Mensch immer Subjekt bleiben. Er darf nie zum
Objekt werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei
Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)
Das ist ein Verständnis des Menschen, das seiner Würde gerecht wird,
das den Menschen als Teil des Kosmos, des Universums begreift und ihn
nicht als zufällige Zusammenwürfelung von Molekülen und Zellen begreift,
sondern ihn in diese individuelle Pflicht und Verantwortung stellt, ihm
die Freiheit aber nicht nimmt. Ich meine, die Konsequenz einer solchen
Betrachtungsweise kann nur die engere Zustimmungslösung sein.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten
der F.D.P. und der PDS)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete
Gudrun Schaich-Walch.
Gudrun Schaich-Walch (SPD): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen! Wir haben - wie selten bei unserer Arbeit - eine Materie
zu regeln, die tief in Bereiche eindringt, in denen Ängste vorhanden
sind, in denen es um Schmerz und um Trauer geht. Ebenso bedeutend ist in
diesem Zusammenhang die Rolle der ethischen, religiösen und
weltanschaulichen Werte, um die es in unserer Gesellschaft geht.
Wir haben bei der Beratung dieses Gesetzes einen Vorteil; denn wir
blicken zurück auf 20 Jahre Transplantation in der Bundesrepublik, in
denen es 44 000 Transplantationen gegeben hat. Im Rückblick auf das, was
geschehen ist, können wir sagen, daß wir einen Gesetzentwurf vorgelegt
haben, in dem wir den Erfahrungen Rechnung tragen. Das heißt, daß wir
die bisherige erfolgreiche Praxis gesetzlich festschreiben, gesetzlich
Klarheit schaffen und dies in einigen Punkten sehr deutlich zum Ausdruck
bringen.
Ich bin der Überzeugung, daß wir die Diskussion ergebnisorientiert
führen müssen; denn nicht nur die Menschen, die ihre Organe zur
Verfügung stellen, sind mehr als eine Zusammenwürfelung von Zellen und
Molekülen, sondern auch die Menschen, die auf Hilfe warten und die Hilfe
erhoffen. Ihr Anspruch ist da. Er steht nicht gegen den Anspruch der
anderen, aber er ist letztlich für uns vorhanden. Ich bin nach vielen
Diskussionen zu dem Ergebnis gelangt, daß ich der erweiterten
Zustimmungslösung zustimmen werde.
Ich gehe davon aus, daß viele Menschen nicht bereit und auch nicht in
der Lage sind, sich mit dem Gedanken an ihren eigenen Tod so
auseinanderzusetzen, daß am Ende ihres Lebens eine schriftliche
Erklärung steht, weil ich glaube, daß eine solche Erklärung eine
besondere Qualität hat. Ich bin aber auch der festen Überzeugung, daß
bei Nichtvorliegen einer solchen schriftlichen Erklärung nicht gesagt
werden kann, daß keine Äußerung über die Bereitschaft zur Organspende
abgegeben worden ist. Ich schließe dies aus der Tatsache, daß es bei
1054 vorgenommenen Organspenden nur 34 schriftliche Erklärungen gab.
Deshalb glaube ich, daß man sich fragen muß, ob der Gesetzgeber die
persönliche schriftliche Zustimmung zur unabdingbaren Voraussetzung für
die Zulässigkeit der Organspende machen darf. Das müssen wir auch unter
dem Gesichtspunkt tun, daß wir davon ausgehen können, ansonsten auf
einen katastrophalen Mangel an Organen zuzusteuern und den nun einmal
bestehenden Bedarf aus anderen Ländern decken zu müssen.
Ich bin der Überzeugung, daß es eine Verkürzung der Wahrnehmung des
Willens des Menschen ist, wenn wir diese Wahrnehmung seines Willens auf
eine schriftliche Äußerung reduzieren. Kommt man nicht dem wirklichen
Willen näher, wenn man Angehörige befragt - wenn man also die
Überlegungen derer berücksichtigt, die zu dem Betroffenen eine besondere
Nähe hatten - und wenn man ergründet, wie das Ereignis, daß das Leben
endet, aufgenommen wird?
Bei unserem Vorschlag geht es nicht darum, den Willen des Betroffenen
durch einen fremden Willen zu ersetzen. Das haben wir dadurch deutlich
gemacht, daß wir die Formulierung aufgenommen haben, daß der Angehörige
den mutmaßlichen Willen des möglichen Organspenders zu beachten hat, und
das wir den Arzt, der die Organentnahme vornehmen soll, verpflichtet
haben, die Angehörigen darauf hinzuweisen.
Mit der von uns gewählten Rangfolge der nächsten Angehörigen verfolgen
wir das Ziel, den wirklichen Willen des potentiellen Organspenders über
die persönliche Nähe der Angehörigen klären zu können. Deshalb
berücksichtigen wir auch die Tatsache, daß es Angehörige geben kann, die
unterschiedlicher Auffassung sind. Für diesen Fall gehen wir in dem
Gesetzentwurf davon aus, daß es keine Klärung gegeben hat und daß eine
Organentnahme somit unzulässig ist. Auch dem Umstand, daß sich immer
mehr Menschen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften befinden, haben wir
Rechnung getragen, indem die jeweiligen Partner als Mittler des
mutmaßlichen Willens des Organspenders neben die Angehörigen treten.
Ich möchte jetzt nur noch kurz auf einen Punkt eingehen, der Kritik
hervorgerufen hat, die ich zu verstehen versuche. Es handelt sich um die
Tatsache, daß wir den Angehörigen die Möglichkeit einräumen, sich eine
Bedenkzeit für die endgültige Zustimmung vorzubehalten. Diese können sie
mit dem Arzt vereinbaren und zusätzlich bestimmen, daß ihre Zustimmung
als erteilt gilt, wenn sie sich nach Ablauf der vereinbarten Frist nicht
erneut erklären.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16436
noch: Gudrun Schaich-Walch
Ich verstehe die Bedenken, die mit der Interpretation des Schweigens
als Zustimmung verknüpft sind. Wir wollen aber damit der Situation
Rechnung tragen, daß sich die Angehörigen einerseits in einer starken
psychischen Belastung befinden und sie sich mit der Situation von Trauer
und Verlust auseinandersetzen müssen, daß aber andererseits - in diesem
schwierigen Prozeß - eine Entscheidung von ihnen erwartet wird. Ich
finde, daß man dieser außerordentlichen Belastung Rechnung tragen muß,
indem man den Angehörigen die Möglichkeit gibt, sich anders als verbal
zu äußern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile jetzt dem Abgeordneten
Horst Schmidbauer das Wort.
Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen
und Kollegen! Ich möchte zunächst aus einem Brief zitieren, den mir Herr
G. aus München geschrieben hat:
Ich beschwöre Sie deshalb, keinesfalls der gnadenlosen, abwegigen,
menschenfeindlichen Horrorvariante zuzustimmen. Und lassen Sie sich
nicht gegen das Hirntod-Kriterium aufwiegeln.
Er schreibt weiter:
Der Hirntod ist kein Scheintod, kein Koma. Hirntod heißt mausetot.
Ich denke, daß uns solche Oberflächlichkeiten bei der Diskussion, in der
wir stehen, nicht weiterhelfen.
Wir sind alle dazu aufgefordert, uns persönlich ein Bild zu machen. Ich
habe mein Bild dort gewonnen, wo Menschen unmittelbar und am nächsten
mit Sterbenden zu tun haben. Ich meine die Schwestern und Pfleger auf
der Intensivstation. Mich hat die Schilderung einer Schwester auf der
Intensivstation tief beeindruckt, die ich gern wiedergeben möchte:
Auf der chirurgischen Intensivstation muß ich immer wieder lebende Tote
pflegen, die zur Organspende vorgesehen sind. Zunächst bemühen wir uns
um einen schwerverletzten Patienten, bei dem alle intensivmedizinischen
und pflegerischen Möglichkeiten eingesetzt werden, um sein Leben zu
retten. Mit der Diagnose Hirntod beginnt aber das Dilemma des
Pflegepersonals.
Dann pflegen wir einen toten Patienten. Aber ein Patient ist es nicht,
der wäre nicht tot. Aber ein Toter ist es auch nicht, weil er zu leben
scheint. Aber um Tote zu pflegen, haben wir diesen Beruf nicht erlernt.
Er darf eigentlich nicht tot sein. Er darf aber auch nicht lebendig
sein, dieser lebende Tote.
Pflege eines Toten? Was heißt das für uns? Muß er noch angesprochen
werden? Muß er noch gewaschen werden? Muß er noch gelagert, gebettet
werden? Muß er abgesaugt werden, werden Verbände erneuert, Katheter
kontrolliert, Mund-, Nasen- und Augenpflege durchgeführt?
Wir sind unsicher, und es gibt verschiedene Meinungen. Es geht um die
Würde des Patienten.
Normal ist, daß man tote Menschen in Ruhe läßt. Weil wir den
Stoffwechsel künstlich aufrechterhalten, sind wir verpflichtet, den
Körper des Toten, der noch zu leben scheint, der beatmet wird, dessen
Herz noch schlägt, auch äußerlich unversehrt und sauber zu erhalten.
Also funktionieren wir. Aber unsere Gefühle bei dieser ,,Pflege unter
anderen Gesichtspunkten" sind zwiespältig.
Hier möchte ich die Schilderung beenden.
Damit kommen wir zum Kern. Im Grundgesetz heißt es: ,,Die Würde des
Menschen ist unantastbar." Das bedeutet, daß der lebende Mensch nicht
zum bloßen Mittel zur Erreichung eines Zweckes mißbraucht werden darf.
Daher darf die körperliche Unversehrtheit eines Menschen nur
beeinträchtigt werden, wenn eine Aussicht auf Hilfe besteht und wenn der
Betroffene dieser Verletzung seiner körperlichen Integrität zugestimmt
hat.
Viele Wissenschaftler, Ärzte, Philosophen und Theologen sehen im
Hirntod zwar eine unumkehrbare Phase im Sterbeprozeß, ordnen diese aber
noch dem Leben zu. So sehen dies auch viele meiner Kolleginnen und
Kollegen; so sehe auch ich es. Diese ethische Sichtweise bedingt die
enge Zustimmungslösung, die allein auf der Zustimmung des Spenders
basiert.
Die durch die Harvard-Kommission 1968 beschlossene Einführung des
Hirntodkriteriums trug dazu bei, ein Kunstwort zu schaffen. Das
Kunstwort Hirntod hat als solches nichts mit dem Tod des Menschen zu
tun. Hirntod bezeichnet zunächst nichts weiter als den Tod eines Teils
des Zentralnervensystems - zwar unumkehrbar -, also als einen Teil des
Sterbens.
Die Harvard-Kommission hat sich zum damaligen Zeitpunkt - es ist
interessant, dies nachzulesen - nicht mit der ethischen Fragestellung
des Hirntodes auseinandergesetzt. Die von ihr vorgebrachten Begründungen
zur Einführung des Hirntodkriteriums waren rein pragmatischer Art. Es
waren zwei Gründe für die Harvard-Kommission, warum es einen Bedarf für
die neue Todesdefinition gab.
Erstens. Die Last ist groß für die betroffenen Patienten, die den
permanenten Verlust ihres Intellekts erleiden, für ihre Familien, für
die Krankenhäuser und solche Patienten, die eines der Intensivbetten
bedürften, die durch die komatösen Patienten belegt sind.
Zweitens. Veraltete Kriterien für die Definition des Todes können zu
Kontroversen bei der Beschaffung von Spenderorganen führen.
Bekräftigt wird dies durch Professor Dörner, der als Sachverständiger
bei der Anhörung sagte:
Das Geniale an der Harvard-Formel von 1968 bestand darin, daß auf jede
Begründung verzichtet wurde. So hatte die Formel etwas von einer Norm,
die die ganze Welt begeisterte und unhinterfragt begrüßte.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16437
noch: Horst Schmidbauer (Nürnberg)
Diese pragmatischen Aussagen rechtfertigen nach meiner Auffassung nicht
die gesetzliche Festschreibung der Hirntoddefinition in der deutschen
Gesetzgebung. Wir befinden uns mit der Definition des Hirntodes als Tod
des Menschen auf einem Irrweg. Der Hirntod ist eben nicht der Zeitpunkt
des Todes, sondern der Zeitpunkt der Unumkehrbarkeit des
Sterbeprozesses. Gerade die Menschen, die von der Zerreißprobe
unmittelbar betroffen sind, wollen diesen Irrweg nicht weiter mitgehen.
Die Spendenbereitschaft, über die wir heute so viel sprechen, wird
wachsen, wenn wir mit unserem Weg ein Fundament aus Selbstbestimmung
schaffen. Wenn zwei Drittel der in einer Umfrage der Zeitschrift ,,Die
Woche" Befragten dafür sind, sich während ihres Lebens zu entscheiden,
dann frage ich mich, wieso wir dann nicht dieses Fundament aus
Selbstbestimmung schaffen, auf die Menschen zugehen und ihre
Entscheidung abholen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir brauchen ein Fundament, bei dem nicht mehr der Zweck die Mittel
heiligt; wir brauchen ein Fundament, das nicht mehr zu Mißtrauen Anlaß
gibt, ein Fundament, mit dem die Voraussetzungen dafür geschaffen
werden, daß alle Beteiligten offen und vertrauensvoll miteinander
umgehen.
In diesem Sinne bitte ich Sie: Stimmen Sie für die enge
Zustimmungslösung und für das Hirntodkriterium, wie ich es eben
definiert habe.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der
F.D.P. und der PDS)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
Jürgen Möllemann.
Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Unter denen, die dieser Debatte heute draußen zuhören und
zuschauen, sind gewiß viele, die in Krankenhäusern oder daheim darauf
hoffen, daß ihnen durch eine Organspende geholfen wird, ihr Leiden zu
lindern, und viele, die nur durch eine Organspende überleben können,
deren Leben also nur dadurch gerettet werden kann.
Wenn man dieser Debatte aufmerksam folgt, dann fällt auf, daß dieser
Aspekt des Themas eher beiläufig behandelt wird. Es ist sicher
verständlich, vielleicht gerade auf Grund der deutschen Geschichte, daß
die anderen Aspekte und die anderen Beteiligten und Betroffenen sehr
stark im Mittelpunkt stehen. Aber ich möchte in meinem Beitrag sagen,
daß für mich mindestens ebenso wichtig wie die Würde von Toten oder
unwiderruflich im Sterbeprozeß Befindlichen das Lebensrecht, das
Überlebensrecht und damit der Kernpunkt der Würde von Menschen ist, die
sonst sterben müssen. Auch darum geht es schließlich. Ich glaube, auch
dem müssen wir gerecht werden.
Mein Freund Bernd Tönnies - er war damals gemeinsam mit mir in den
Führungsgremien von Schalke 04 tätig - starb an Nierenversagen. Er war
gerade an der Schwelle zum 40. Lebensjahr. Es kam nicht schnell genug
zur Organspende. Wir waren befreundet, und deswegen habe ich ihn beim
Sterben begleitet, und zwar nicht wissend, daß ich ihn beim Sterben
begleite. Wir haben in der Zeit, als er immer noch auf eine Organspende
hoffte, darüber gesprochen, warum es in unserem Land so wenige gibt, die
Organe spenden. Eine plausible Antwort darauf hat hier keiner. Es gibt
Spekulationen darüber. Aber eines kann ich sagen: Von denen, die heute
gerettet werden, werden 94 Prozent gerettet, weil eine erweiterte
Zustimmungsregelung praktiziert wird. Eines muß sich jeder fragen, der
hier für eine enge Lösung plädiert, nämlich ob er diesen 94 Prozent
wirklich die Hoffnung machen kann, daß sie auch bei einer engen
Zustimmungsregelung überleben können.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine
Zwischenfrage des Abgeordneten Dreßen?
Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Ich möchte meine Gedanken gerne im
Zusammenhang vortragen; ich bitte um Verständnis dafür.
Ich glaube, daß die Sorge nicht unbegründet ist, daß unsere Appelle,
die hier ausgerufen werden und an denen ich mich hier schon selber
beteiligt habe, nicht sehr viel bewirken werden, warum auch immer das so
ist. Hier wird gesagt: Holen wir die Menschen doch dort ab. - Ja, wer
war denn bisher gehindert, seinen Willen zur Organspende zu bekunden?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, von der Geschäftsordnung her
geht es nicht; aber eigentlich sähe ich gern, wenn alle, die ihre
Stimmkarte nachher draußen abholen und etwa gar dafür stimmen wollen,
daß künftig jedermann verbindlich seinen Willen erklären soll, vorher
einmal ihren Organspendeausweis vorzeigen, mit dem sie selber mit gutem
Beispiel vorangegangen sind. Ich würde mich freuen, wenn 672 Abgeordnete
des Deutschen Bundestages für sich bereits diese Entscheidung getroffen
hätten.
(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das ist unglaublich! - Dr. Herta
Däubler-Gmelin [SPD]: Die Karte ist schon lange da!)
Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können nicht erwarten,
daß die Bevölkerung das alles, von dem wir meinen, daß es getan werden
müßte, tut, nur weil wir hier Appelle an sie richten. Meine Besorgnis
ist: Die ernstzunehmenden Argumente zum Schutz der Würde der Toten oder
der unwiderruflich Sterbenden, die wir sehr hoch gewichten und die, wenn
der Antrag mit der engen Zustimmungslösung die Mehrheit bekäme, uns
vielleicht ein gutes Gewissen geben würden, werden leider in Tausenden
von Fällen zum Tod von Menschen führen, weil diese daraufhin auf
Organspenden verzichten mußten.
(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das ist unglaublich!)
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16438
noch: Jürgen W. Möllemann
- Das hat mit ,,unglaublich" nichts zu tun, es hat nur keinen Zweck, die
Entscheidungsalternativen in ihren Implikationen im einen Fall moralisch
zu überhöhen und im anderen Fall die Verantwortung von sich
wegzudrängen, die man in Wahrheit doch dafür übernähme, daß Organe für
Lebensrettung nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.
Weil ich das sehe und nicht auf das Prinzip Hoffnung setzen will,
sondern darauf, daß Menschen in Todesangst, in Todesgefahr geholfen
werden kann, daß ihr Leid gelindert wird, bitte ich Sie, für die
erweiterte Zustimmungslösung zu stimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Der Abgeordnete Dreßen hat den Wunsch
nach einer Kurzintervention. Bitte sehr.
Peter Dreßen (SPD): Kollege Möllemann, gerade weil ich bisher ein
Anhänger der erweiterten Fassung bin, möchte ich einem Punkt scharf
widersprechen: Ich glaube, daß Menschen, die auf ein Organ warten, nicht
ein Recht auf Organe haben, sondern sie haben die Hoffnung und
bestenfalls das Glück, ein Organ zu bekommen. Ich glaube, man kann da
nicht von einem Recht sprechen.
Ich habe zum Beispiel ein Recht darauf, ein Hüftgelenk zu bekommen,
aber bei Organen sollte man den Zungenschlag, den Sie jetzt in die
Debatte gebracht haben, wirklich nicht weiter verwenden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe, ehrlich gesagt, an meiner Haltung auch gewisse Zweifel. Ich
gebe das offen zu. Genausogut gestehe ich jenen, die für die engere
Lösung sind, auch ihre Zweifel zu. Deswegen fand ich Ihre
Argumentationskette wirklich verfehlt.
Gerade weil ich bei meiner Meinung Zweifel habe, ob sie richtig ist,
ich aber eher dieser erweiterten Zustimmungslösung meine Stimme geben
möchte, möchte ich eine Debatte, wie Sie sie gerade geführt haben,
zutiefst ablehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Möllemann, Sie
könnten antworten, wenn Sie wollten.
Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Frau Präsidentin, ich möchte gerne darauf
antworten, weil ich auch nicht möchte, Herr Dreßen, daß Ihre Position
gegenüber meiner Haltung auf einem Mißverständnis beruht.
Ich habe nicht von einem Recht derer, die auf ein Überleben hoffen,
gegenüber einem in Frage kommenden Spender gesprochen, jedenfalls nicht
sprechen wollen. Ich habe von dem Recht dieser Menschen gesprochen, an
uns die Erwartung zu richten, daß wir uns mit ihrer Situation, mit ihrer
Not mit der gleichen Intensität beschäftigen wie mit der Würde derer,
die tot sind oder unwiderruflich sterben werden. Darum geht es mir.
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Es gibt den Wunsch auf zwei weitere
Kurzinterventionen, und zwar zuerst Herr Dr. Wolfgang Wodarg und dann
Herr Otto Schily.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Möllemann, Sie haben einen Fall
dargestellt, bei dem es nach einem Nierenversagen zum Tod gekommen ist.
Ich möchte als Arzt hier korrigieren und ergänzen: Es ist nicht so, daß
man durch ein Nierenversagen sterben muß, sondern wir wissen alle, daß
beide Nieren ausfallen können und trotzdem Menschen ohne Nieren
weiterleben können, auch wenn sie kein Transplantat bekommen.
Es gibt zum Glück die Dialyse, die Menschen viele, viele Jahre am Leben
halten kann. Daß viele Dialysepatienten in ihrer Lebensqualität
Fortschritte erleben und besser rehabilitierbar sind, wenn sie
transplantiert werden - das gilt nicht für alle, aber für eine ganze
Reihe von Dialysepatienten -, ist völlig unbestritten, aber
Nierenversagen heißt längst nicht Tod.
(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Aber sehr häufig!)
Da gibt es eine Maschine, die von vielen tausend Menschen regelmäßig
angewandt wird und deren Überleben sichert.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte schön, die Antwort.
Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Lieber Herr Kollege, dieser Sachverhalt
ist mir geläufig, aber der konkrete Fall hat sich so abgespielt, daß auf
Grund des Versagens beider Nieren und auf Grund des dauerhaften
Überstrapaziertwerdens durch die Dialyse der Wunsch nach Transplantation
da war. Ich sagte, die Transplantation kam zu spät, und der Betroffene -
das ist auch ein Sachverhalt, den man im nachhinein nicht medizinisch
anders erörtern kann - ist dann gestorben.
Während dieser Phase haben wir uns intensivst über die Frage
unterhalten, die man aus dem Blickwinkel eines Betroffenen anders,
leidenschaftlicher diskutiert: Woran liegt es denn, daß so wenig
Menschen Organe spenden, daß so viele, die betroffen sind, warten müssen
und daß bei vielen dann die Hilfe zu spät kommt?
Deswegen - das wollte ich noch einmal betonen - habe ich die
Betrachtungsweise, die andere hier angestellt haben, eine Zeitlang auch
selber vertreten, nämlich ob man eine vermehrte Spendenbereitschaft
nicht mit administrativen Maßnahmen geradezu erzwingen könne. Ich
glaube, daß das aussichtslos ist
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16439
noch: Jürgen W. Möllemann
geschützt werden muß.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte schön, Herr Abgeordneter Schily,
Ihre Kurzintervention.
Otto Schily (SPD): Herr Kollege Möllemann, Ihre Argumentation halte ich
für äußerst fragwürdig. Zunächst einmal darf ich darauf hinweisen, daß
Sie eine Situation beschreiben, in der, wie Sie richtig sagen, viele
eine solche Zustimmung - in welcher Form auch immer - vorher nicht
erklären. Sie wollen das dadurch kompensieren, daß Sie Dritten die
Möglichkeit geben, diese Zustimmung zu erklären.
Das halte ich für einen Verstoß gegen die Autonomie des einzelnen, die
gerade in der Verweigerung einer solchen Zustimmung zum Ausdruck kommt.
Es ist Ihr gutes Recht, dafür zu werben, daß eine solche Zustimmung
erteilt wird. Sie sollten sie nur nicht auf die Weise, die Sie
vorschlagen, sozusagen überholen wollen.
Ein Zweites möchte ich zu Ihren Ausführungen sagen. Ich respektiere
das, was Sie dargestellt haben. Ich respektiere Ihre Position. Aber
versuchen Sie nicht, jenseits einer rechtlichen eine moralische
Verpflichtung zur Organspende zu etablieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Es wäre wirklich sehr schwierig, damit umzugehen. Wenn Sie diejenigen,
die einen Organspendeausweis vorzeigen, jetzt als die moralisch
Höherstehenden qualifizieren wollen, dann wehre ich mich dagegen ganz
entschieden.
(Beifall der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich bin der Meinung, es ist durchaus moralisch und vertretbar, zu
sagen: Ich möchte diesen Eingriff in einen Sterbeprozeß nicht. - In
diesem Punkt bin ich genauso moralisch wie derjenige, der ein solches
Opfer aus seiner Position und Einschätzung heraus erbringen will. Wir
sollten eine Verständigung so suchen, daß keine Unklarheiten entstehen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei
Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordneter Möllemann, bitte,
Ihre Antwort.
Jürgen W. Möllemann (F.D.P.): Lieber Herr Schily, just das habe ich an
die Adresse derjenigen gesagt, die erklären, eine Bürgerpflicht
konstituieren zu wollen. Ich habe festgestellt, daß diejenigen, die dem
Antrag, die Organspende sozusagen von Staats wegen zu verordnen,
zustimmen wollen - sei es auch nur als eine nicht sanktionierte Pflicht
-, durch Vorzeigen ihres Organspendeausweises eigentlich dokumentieren
müßten, daß sie selber dieser postulierten Pflicht schon genügen.
Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich erteile jetzt dem Abgeordneten Dr.
Burkhard Hirsch das Wort.
Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Gerade der Wortwechsel, den wir soeben erlebt haben,
zeigt, daß der Kollege Seehofer nicht recht hatte, wenn er zu Beginn der
Debatte sagte, daß in der Gesellschaft und nach gemeinsamen Auffassungen
die gegenwärtige Praxis völlig streitlos und selbstverständlich
durchgeführt werde. Die von uns geführte Debatte und die jahrelange
Beratung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag zeigen, daß genau
das nicht der Fall ist.
Die bewunderungswürdige Transplantationsmedizin hat uns nicht nur zu
erstaunlichen Ergebnissen geführt, sondern auch in ein kaum entwirrbares
Knäuel von medizinischen, ethischen, rechtlichen und leider auch
pragmatischen Problemen. Denn gerade diese pragmatischen, soeben
erörterten Probleme tragen mit dazu bei, daß das Vertrauen von Menschen
ins Wanken gerät, wenn sie sich als Sterbende in ärztliche Verantwortung
begeben.
Wenn das Sterben ein Teil des Lebens ist, dann kann es - das hat Herr
Schily zutreffend gesagt - nicht von der menschlichen Würde und damit
von der eigenen Entscheidung gelöst werden, soweit ich überhaupt eine
Entscheidung darüber zu treffen vermag, soweit das Schicksal es mir
gestattet, eine Entscheidung zu treffen.
Wer sich als Spender zur Verfügung stellt, nimmt eine moralisch
achtenswerte Haltung ein. Aber wenn ich die Organspende zu einer
rechtlichen oder moralischen Pflicht erkläre, dann beraube ich diese
Entscheidung gleichzeitig ihrer Autonomie und Freiwilligkeit und nehme
ihr damit ihren eigentlichen Wert. Das kann nicht richtig sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der PDS)
Darum ist die Entscheidung des Menschen, ob er sich zur Verfügung stellt
oder nicht, eine höchstpersönliche Entscheidung, die nicht und durch
niemanden ersetzbar sein kann. Auch der Sterbende, der keine eigene
Entscheidung trifft - weil der Tod, weil das Schicksal ihn überrascht,
weil er sich seinen Angehörigen nicht offenbaren will oder weil er keine
Angehörigen hat, mit denen er darüber sprechen will -, hat eine Würde
und das Recht, zu wissen, daß sein Körper der Erde überantwortet wird,
wie es der Tradition unseres Kulturkreises entspricht. Darum ist die
Einwilligung, von der hier geredet wird, nicht ersetzbar.
Nun verlangen die Transplantationsmediziner von uns, gesetzlich direkt
oder indirekt den Todeszeitpunkt zu bestimmen. Da muß ich Ihnen sagen:
Das geht nicht. Das Sterben ist ein medizinischer, ein biologischer
Vorgang. Kein Gesetzgeber kann diesen Vorgang beeinflussen. Man kann ihn
nicht beschleunigen, und man kann nicht einen Toten gesetzlich zum Leben
erwecken oder umgekehrt. Das sind zwei ganz unterschiedliche Kategorien.
Darum können
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16440
noch: Dr. Burkhard Hirsch
wir die berufsethische Frage, die Sie in den Vordergrund gestellt haben,
als Gesetzgeber nicht lösen.
(Beifall der Abg. Dorle Marx [SPD])
Wir können den Medizinern diese Frage nicht abnehmen. Wir können nicht
jemanden, der möglicherweise lebt, kraft Gesetzes zu einem Toten
erklären. Wir können nur an bestimmte medizinische Umstände rechtliche
Folgen knüpfen. Aber die berufsethische Frage können wir nicht lösen.
Nun führt uns die Transplantationsmedizin in ein neues Problem, nämlich
daß der Prozeß des Sterbens in einer Weise verlängert wird, wie das
niemand von uns früher geglaubt hätte. Herr Kollege Wodarg hat am Anfang
der Debatte das Wort Hirntod hinterfragt. Dieser Begriff Hirntod hat
eine Berechtigung als etwas anderes als Tod nur dann, wenn man zu dem
Begriff Hirntod auch die Worte ,,organlebender Körper" hinzufügt. Man
muß das auch aussprechen. Zum Hirntod gehört der organlebende Körper,
ein Körper, der - wie hier wiederholt dargestellt wurde - physiologische
und vegetative Reaktionen hat und der eben deswegen für die
Transplantationsmedizin so wichtig und bedeutsam ist, weil seine Organe
nicht abgestorben sind.
Die einzige Entscheidung, die wir gesetzgeberisch treffen können, ist,
ob wir die Entscheidung darüber, was mit dem Körper in diesem Prozeß des
Sterbens wird, ob er den normalen Weg des Todes geht oder nicht, zu
irgendeinem Zeitpunkt irgendeinem anderen, einem Dritten, übertragen
können. Die Übertragung auf einen Dritten bedeutet gleichzeitig, daß wir
diesen Körper zu einem verfügbaren Gegenstand machen, dessen weiteres
Schicksal nicht mehr im Willen des Sterbenden selbst, sondern in der
Entscheidung eines anderen liegt, mag er verwandt sein oder nicht und
aus welchen Motiven auch immer er entscheidet.
(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)
Das ist der Punkt. Herr Schily hat mit Recht gesagt: habeas corpus.
Wann endet die Würde des Menschen, die untrennbar mit dieser
Entscheidung verbunden ist? Ich glaube, daß sie nicht mit dem Bewußtsein
endet, daß sie nicht mit der Tätigkeit des Gehirns endet, sondern daß
der Mensch sich nicht nur in seinem Bewußtsein verwirklicht, sondern
auch in der körperlichen Erscheinung, in seinem Körper.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Darum gehört es unentziehbar zur Menschenwürde, daß die Entscheidung
über die Dauer, die Art des Sterbens ungeachtet aller pragmatischen und
sonstigen praktischen Überlegungen bei dem einzelnen Menschen bleibt.
Von ihm muß die Entscheidung getroffen werden.
(Beifall des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.] - Beifall bei der
SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)
Wer die Ausdehnung der Transplantationsmedizin will - vieles spricht
dafür -, der muß dafür werben. Er darf nicht in der Überzeugung
resignieren, daß es möglich wäre, mehr Menschen als bisher von der Not
ihrer Mitmenschen anrühren zu lassen, sie zum Nachdenken zu bewegen. Wir
müssen Möglichkeiten schaffen, daß, wie es der Antrag zur Änderung von
1/2 2 vorsieht, jeder Mensch mit dieser Frage konfrontiert wird, daß er
ihr nicht leichtherzig ausweichen kann. Das ist unsere gesetzgeberische
und moralische Pflicht. Das ist auch unsere gesetzgeberische
Möglichkeit. Aber all das, was wir darüber hinaus täten, indem wir den
Willen des Menschen fingierten, würde einen Verstoß gegen Grundlagen
unseres kulturellen Bewußtseins bedeuten.
(Beifall des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.] - Beifall bei der
SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Kollege Peter
Hintze.
Peter Hintze (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! In der Debatte ist zu Recht angesprochen worden, daß es für
Angehörige von frisch Verstorbenen nicht einfach ist, die Entscheidung
zu treffen, zu einer Organspende ja zu sagen. Ein Kollege hat darauf
hingewiesen, daß damit für den Angehörigen eine seelische Last verbunden
ist. Das habe ich so erlebt. Ich habe aber auch erlebt, daß Angehörige
aus dieser Entscheidung heraus eine seelische Kraft entwickelt haben.
(Beifall des Abg. Hildebrecht Braun [Augsburg] [F.D.P.])
Ich will das an einem Beispiel schildern: Mich hat das Erlebnis einer
Frau aus Wuppertal sehr stark bewegt, die mich in der Sprechstunde
aufgesucht hat. Sie hat mir von einem sehr ruhigen Gespräch nach dem
Suizid ihres Mannes über die Bereitschaft, ein Organ zu spenden,
erzählt. Es war keines, von dem sie sich unter Druck gesetzt fühlte. Sie
hat die Entscheidung in Ruhe getroffen und hat ja gesagt. Sie findet
noch heute den größten Trost über den Tod ihres Mannes in dem Wissen,
daß mit einem seiner Organe einem anderen Menschen Leben geschenkt
worden ist, daß er weiterleben kann. - Das ist eines von mehreren
Beispielen, die belegen, daß die Entscheidung eines Angehörigen für eine
Organspende seelische Kraft entwickeln kann, bei der Sterbebegleitung
eine Rolle spielt und auch ein Stück Trost ist. Ich halte es für die
wichtigste Aufgabe der heutigen Gesetzgebung, diese Hilfsbereitschaft,
die Solidarität und die Nächstenliebe, die über den Tod hinaus möglich
ist, zu fördern und zu stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)
Wir denken viel und zu Recht über den Tod und seinen Charakter nach.
Das ist auch richtig. Daß aber aus dem eigenen Tod ein anderer Mensch
Lebenskraft schöpfen kann, ist vielleicht das Schönste, was es zu diesem
Thema zu sagen gibt.
Die heutige Gesetzgebung würde ihr Ziel verfehlen, wenn sie nicht
Rechtssicherheit und Spendenbereitschaft stärken würde.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16441
noch: Peter Hintze
Ich habe in den letzten Tagen, Wochen und Monaten unserer ernsthaften
Diskussion erlebt, daß Ärzte und Schwestern auf einmal unter einen
Rechtfertigungsdruck gerieten, und möchte im Namen auch derer, die dies
für richtig halten, den Ärzten und Schwestern für ihre
lebenserleichternde und lebensrettende Arbeit im Rahmen der
Transplantationsmedizin danken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)
Die Frage, wann der Mensch tot ist, stellt sich durch die Möglichkeiten
der Intensivmedizin in neuer Weise. Das ist die Reihenfolge; ich glaube,
darüber sind wir uns in der Diskussion noch einig.
Mit Hilfe der Apparate ist es möglich, einzelne Organe vor dem
Absterben zu bewahren, auch wenn das, was den Menschen ausmacht, nämlich
die Einheit von Körper und Geist, von Leib und Seele, nicht mehr
vorhanden ist. Zu welchem Zeitpunkt der Tod exakt eintritt, wann also
die Verbindung von Geist und Körper aufgehoben wird und was dabei genau
vorgeht, das wissen wir nicht. Wir wissen aber, daß mit der Diagnose des
Hirntodes dieser Zeitpunkt erreicht ist, der Tod also bereits
eingetreten ist. Ich halte es für wichtig, daß wir festhalten, daß nicht
die Diagnose des Hirntodes den Punkt des Todes markiert, sondern, daß
dieser Zeitpunkt schon vor der Diagnose tatsächlich erreicht ist.
Es geht bei dieser Frage nicht nur um medizinische Dinge - Otto Schily
hat zu Recht davon gesprochen; ich ziehe daraus allerdings einen anderen
Schluß als er -; es geht auch um unser Verständnis vom Menschen. Sie
sprachen von den metaphysischen Aspekten. Die christliche Vorstellung
von der Person sieht den untrennbaren Zusammenhang zwischen Körper und
Geist. Oder anders gesagt, Ihnen antwortend: Das Metaphysische gibt es
nicht ohne das Physische, den Geist nicht ohne das Gehirn.
(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das stimmt so nicht!)
Die Konzeption von Seehofer wird auch aus rechtlicher Sicht den
ethischen Erkenntnissen zu Leben und Tod gerecht; sie bewahrt uns vor
Unklarheit auf einem Gebiet, das nach höchster Klarheit verlangt. Sie
sichert einen gewissenhaften Umgang mit diesem ernsten Thema; sie
schafft Rechtssicherheit, auf die alle Beteiligten, Ärzte, Schwestern,
Patienten, Angehörige und der Verstorbene zur Wahrung der Würde seines
Todes, einen Anspruch haben.
Bei unserer Entscheidung müssen wir uns klarmachen, daß eine enge
Zustimmungslösung die bisherige verantwortliche Praxis massiv
einschränken und für viele Menschen, die auf Hilfe dringend angewiesen
sind, bedeuten würde, daß sie nicht mehr weiterleben können und nicht
mehr weiterleben dürfen. Diesen wichtigen Hinweis kann man nicht mit der
Utilitarismus-Keule erschlagen. Vielmehr ist das Ergebnis unserer
ethischen Abwägung, daß wir bereit sind, eine solche rechtliche
Grundlage zu schaffen, die einerseits sicherstellt, daß der Tod klar und
unwiderruflich eingetreten ist, die andererseits aber die
Organtransplantation auch tatsächlich möglich macht.
Heute ist viel von den Wartelisten gesprochen worden; auffällig ist,
daß die Wartelisten bei Lunge, Leber und Herz recht kurz sind, weil sehr
viele Patienten die Wartezeit nicht überleben. Auch das müssen wir uns
deutlich machen.
Ich bitte Sie daher dringend, der erweiterten Zustimmungslösung Ihre
Zustimmung zu geben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P.)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Frau Kollegin
Dr. Rita Süssmuth.
Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Die Entscheidung, die heute zu treffen ist, ist vielen von uns, auch
mir, nicht leichtgefallen. Ich habe in den letzten Wochen oft gedacht:
Vielleicht hätten wir es doch bei dem Verhaltenskodex der
Transplantationszentren belassen sollen. Aber es gibt Prozesse, hinter
die man nicht mehr zurück kann. Dann kann es sich ergeben, daß ein
Gesetzgebungsvorgang, der vielleicht weniger vom sachlichen als vielmehr
vom politischen Standpunkt notwendig ist, unwiderruflich ist, und das
nicht nur, weil andere Länder ähnliche Gesetze verabschiedet haben.
Vielmehr würde sonst die Öffentlichkeit annehmen, wir flüchteten vor der
Entscheidung oder sie würde mit ihrer Entscheidung alleingelassen.
Deswegen ist dieser Gesetzgebungsvorgang notwendig.
Ein weiterer Punkt. Es ist heute viel von Rechtssicherheit,
Transparenz, Klarheit und Eindeutigkeit die Rede gewesen. Vielleicht
schaffen wir ja Rechtssicherheit, aber es wäre vermessen, anzunehmen,
daß wir das, was so kompliziert ist, eindeutig machen könnten. Wenn die
Bürgerinnen und Bürger wissen, wie viele Dinge zwischen Himmel und Erde,
zwischen dem Medizinisch-Wissenschaftlichen und dem Metaphysischen
unentschieden bleiben, dann erst wird klar, welch einen kleinen Bereich
wir regeln und wie groß der Bereich ist, der offen bleibt. Das ist für
den Gläubigen wie für den Nichtgläubigen so. Wo beginnt Leben? Wo endet
es? Die Fragen über Anfang und Ende sind gleich kompliziert und
konflikthaft. Ich bin davon überzeugt: Auch mit der Rechtssicherheit,
die wir heute geben, vermeiden wir nicht die konflikthaften
Entscheidungen im ganz konkreten Fall.
Wenn wir dem Rechnung tragen, dann frage ich mich, warum wir so sehr
über die Unterscheidung streiten: Wir dürfen nicht mehr vom Sterben
reden, wenn der Mensch tot ist. Für mich ist das eine die Konvention von
Wissenschaftlern über den Hirntod, den Gesamthirntod und den Tod des
Menschen. Das andere ist der Sterbeprozeß.
Ich denke, daß wir, wenn wir über Entnahmekriterien sprechen, wissen,
daß es um die Unterbrechung des Sterbeprozesses geht. Alle miteinander -
Ärzte, insbesondere die Transplantationschirurgen, Pflegepersonal und
Angehörige - sind aufgefordert, zu akzeptieren, daß es um die Würde des
Sterbenden geht, daß diese mit dem Gesetz nicht aufgehoben
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16442
noch: Dr. Rita Süssmuth
Für mich ist ganz wichtig, daß der Gesetzgeber in dem veränderten
Gesetzentwurf, den der Minister und andere Unterzeichner vorgelegt
haben, auf die Definition des Todes verzichtet. Das ist die Rücknahme
von Ansprüchen und von Gewißheiten, die wir nicht haben sollten.
Viele von uns haben das genauso erlebt. Wir müssen dem Tatbestand
Rechnung tragen, daß hier nach dem Stand auch sich verändernder
wissenschaftlicher Erkenntnis entschieden und gehandelt wird und daß in
diesem Bereich eher Vorsicht geboten ist. Das schließt aber nicht aus,
daß diejenigen, die entnehmen, Gewißheit brauchen. Davon sind wir
angesichts der Diskussion über Teilhirntod und Gesamthirntod abgerückt.
Das ist aber ein ganz wichtiger Punkt bei den Entnahmekriterien.
Denjenigen, die meinen ,,Es ist Leben und nicht Sterben", möchte ich
sagen - Professor Scholz und andere haben es bereits angesprochen -: Es
ist der Moment des Todes verbunden mit einem irreversiblen Sterbeprozeß.
Wenn wir das gemeinsam festhalten, wissen wir um das Prozeßhafte.
Zu den Äußerungen menschlichen Lebens während dieses Prozesses möchte
ich sagen: Ich maße mir nicht an, sie zu bewerten. Sie sind für mich
menschlich. In diesem komplexen Sinne gelten sie auch. Es darf kein
Gezanke um eine Floskel oder um ein ,,Ich weiß es nicht" geben.
Vielleicht ist es auch gut, in dem einen oder anderen Fall dieses
Nichtwissen zum Ausdruck zu bringen.
Bei dem Konflikt ,,Was tut sich noch zwischen Sterben und" - ich sage -
,,Weiterleben?" sollten wir uns nicht anmaßen, im Sinne der logischen
Schlußfolgerung zu argumentieren: Tatbestände gleich Tatbestände gleich
Definition gleich Tod.
Ich möchte noch ein Zweites ansprechen; das ist die Frage der
Zustimmungslösung. Es spricht viel für eine enge Zustimmungslösung. Wir
haben eine große Pflicht, die Menschen mit einer massiven Informations-,
Aufklärungs- und auch Beratungswerbung anzusprechen. Was ist der
Vorteil, daß wir nun ein Gesetz bekommen? Der Vorteil ist, daß das Thema
an die Öffentlichkeit gekommen ist, ein tabuisiertes Thema. Es ist
derzeit in mehr Familien Thema, als es das je gewesen ist - mit
Zustimmung und Ablehnung. Beides haben wir zu respektieren.
Ich habe zu dem Gesichtspunkt ,,Es kann nur das einzelne Subjekt
entscheiden" eine andere Frage zu stellen: das Subjekt der Entscheidung
und der intersubjektive Vorgang. Sind wir als Menschen nicht in einer
Weise verbunden, daß wir bei den Kindern den intersubjektiven Vorgang
nehmen und ihn bei den Erwachsenen außen vor lassen?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Deswegen muß ich an dieser Stelle sagen: Vorsicht, wenn wir von
mutmaßlichem Willen sprechen. Das Wort ist ein bißchen mißverständlich,
es geht nicht um Mutmaßung, um das, was hätte sein können, sondern um
wirkliche Abklärung. Es kann nicht sein, daß jemand, der nie mit einem
anderen Menschen darüber gesprochen hat und ihn nicht kennt, erklärt, er
verweigert oder bejaht. Er fällt aus. Das gehört zur Ernstnahme des
Willens des anderen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)
Ich komme zu dem Ergebnis, daß das Intersubjektive unter Menschen seine
Berechtigung und Geltung hat. Oftmals erleben wir, daß das
Intersubjektive, auch das aus dem Leben oft zu stark Verdrängte, gerade
in Konfliktsituationen wichtig ist.
Meine letzte Bemerkung. Ich wünsche mir, daß auch die Experten oft
anders redeten, als sie reden, und Menschen mehr Vertrauen als Mißtrauen
geben. Es gibt immer wieder Stimmen, die mich eher abrücken lassen, weil
sie zuwenig deutlich machen: Es geht hier um rettende Lebenshilfe. Das
ist sicherlich ein Akt der Menschenliebe, der Nächstenliebe. Dazu kann
niemand gezwungen werden.
Es ist aber so, daß mancher, der vorher nein gesagt hat, in der
Situation des Freundes, des Partners, des Kindes, des Angehörigen oder
des Menschen, von dessen Leid er erfährt, eine ganz andere Entscheidung
trifft.
Ich glaube, daß unsere heutige Debatte dazu beitragen kann. Niemand hat
einen Anspruch, und niemand darf daraus ein Gewerbe machen. Es gibt oft
auch Ärzte, ob das nun bei der Abtreibung oder der Transplantation ist,
die nicht gewissenhaft mit ihrem Beruf umgehen. Aber das darf nicht dazu
führen, daß alle die als gewissenlos bezeichnet werden, die sich
gewissenhaft verhalten.
Deswegen ist es ganz entscheidend, daß dieses Gesetz zu mehr
Verantwortung, Bewußtseinsbildung, aber auch zu den Möglichkeiten der
Lebensrettung beiträgt, die wir haben. Wenn wir uns alle im Rahmen
unserer Möglichkeiten engagieren und aufklärend, werbend und abwägend
unter die Menschen treten, könnten wir viel bewirken, aber nicht den
Konflikt nehmen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD
und der PDS)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Zu einer Kurzintervention erhält
zunächst der Kollege Büttner das Wort.
Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Herr Kollege Hintze hat in seinem
Beitrag mit Blick auf die christliche Anschauung gesagt: Körper und
Geist sind eine Einheit, und wenn das Gehirn abgeschaltet ist oder nicht
mehr funktioniert, dann ist die Trennung vollzogen, dann ist der Mensch
tot.
Ich sage Ihnen als Christ: Ich setze Gehirn nicht gleich mit Geist.
(Beifall des Abg. Otto Schily [SPD])
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16443
noch: Hans Büttner (Ingolstadt)
Ich meine, wir sollten als Gesetzgeber nicht den Versuch unternehmen,
qua Gesetz für das, was in den Glaubensbereich über die menschliche
Existenz gehört und über das in einer freien Gesellschaft jeder einzeln
für sich Entscheidungen treffen und treffen können muß, bestimmte
Auffassungen, Ideen, Haltungen oder Glauben vorzuschreiben.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Möchten Sie antworten, Herr Hintze?
Peter Hintze (CDU/CSU): Der Gesetzgeber tut das, was Sie befürchten oder
abwehren wollen, mit dem Gesetzentwurf nicht. Ich habe in meinem Beitrag
auch nicht Gehirn mit Geist gleichgesetzt, sondern ich habe gesagt, daß
Geist ohne Gehirn nicht denkbar ist.
Ich bin auf die Unterscheidung zwischen Metaphysik und Physik gekommen.
Wir brauchen eben auch für die unstofflichen Vorgänge im Körper
stoffliche.
Gerade kam noch ein anderer Zwischenruf, der sich auf die Seele bezog.
Das wäre ein dritter Sachverhalt. Dem belebten Körper, also dem, der
durch meine stoffliche Körperlichkeit mein geistiges Dasein ermöglicht -
dazu brauche ich das Gehirn -, kann ich als Christ, als Person eine
Seele zusprechen. Dazu können Sie sagen: ,,Ich glaube daran" oder ,,Ich
glaube nicht daran". Das regelt hier nicht der Gesetzgeber. Das ist ein
anderer Sachverhalt.
Aber für mich ist die Einheit von Körper und Geist, die das Menschsein,
das Personsein ausmacht, mit dem Tod des Hirns beendet. Damit ist der
Mensch nach meinem Verständnis gestorben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD - Abg.
Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Frau Kollegin Nickels, wollen Sie
eine Kurzintervention machen?
(Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich möchte etwas zu Herrn
Hintze sagen!)
- Nein, darauf direkt reagieren dürfen Sie nicht.
Ich erteile jetzt dem Kollegen Gerald Häfner das Wort.
Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Frau Präsidentin! Verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden heute hier über weit mehr als
über die Voraussetzungen und Regelungen zur Organtransplantation. Das
ist der Grund, warum diese Debatte sehr wichtig ist. Ich meine, wir
stehen mit ihr am Scheideweg in der Gestaltung unserer Rechtsordnung und
damit auch unseres Selbstverständnisses als Menschen wie auch als
Gesellschaft.
Wir entscheiden hier auch über das Menschenbild unseres Staates und
unserer Verfassung. Wir entscheiden über unser Verhältnis zum Tod und
damit auch zum Leben und zum Menschen. Wir entscheiden auch über die
Frage - das möchte ich nicht ganz in Vergessenheit geraten lassen -, wie
weit ein Gesetzgeber gehen darf, vielleicht auch gehen muß, und wo er
seine Kompetenzen in fataler Hybris überschreitet.
Unverständlicherweise sind wir in diese Situation ohne Not getrieben
worden. Ein verständiger Beobachter kann darüber eigentlich nur mit dem
Kopf schütteln. Denn in den Fragen, die hier heute wirklich entschieden
werden müssen, besteht in diesem Haus doch ein ganz erstaunlicher
Konsens, und zwar sowohl was die Organspenden Lebender wie auch was die
Organspende Sterbender betrifft. In der entscheidenden Frage, daß bei
der letztgenannten Form der Spende der vollständige Ausfall aller
meßbaren Hirnfunktionen zwingende Voraussetzung für eine Explantation
von Organen ist, gibt es doch überhaupt keinen Dissens.
(Beifall der Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD] und Dr. Edzard Schmidt-
Jortzig [F.D.P.])
So weit, so gut. Wenn wir uns also darauf beschränken würden, was der
Gesetzgeber tun darf und tun muß, könnten wir heute abend nach Hause
gehen und sagen: Der Deutsche Bundestag hat in großer Einmütigkeit ein
wichtiges Gesetz beschlossen. Damit würde endlich die ganze Unklarheit,
die in diesem schwerwiegenden Bereich noch immer besteht, beseitigt.
Aber - und jetzt kommt das, worüber ich mich sehr ärgere - einige
wollen eben sehr viel mehr. Sie wollen nicht nur das, was rechtlich
unumstritten und zu regeln notwendig ist, sondern sie wollen, daß ein
Gesetz etwas behauptet, was jeder Lebenserfahrung und der Auffassung
vieler Wissenschaftler widerspricht, nämlich daß der vollständige
Ausfall meßbarer Hirnfunktionen gleichzeitig der absolute und endgültige
Tod des Menschen sei. So behaupten Sie das implizit in ihrem
Gesetzentwurf.
(Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Nein, das stimmt nicht! Das ist die
Unwahrheit!)
- Ich sagte ,,implizit". Ich kann es Ihnen vorlesen, wenn Sie wollen.
Eine solche Festlegung widerspricht natürlich nicht nur der
Lebenserfahrung, der ganz banalen Erfahrung, wonach ein Toter starr ist,
er kalt ist, keine Reflexe mehr hat usw., wohingegen für einen
sogenannten Hirntoten gerade das Gegenteil gilt: Er ist warm, weich, er
ist belebt, das Herz schlägt, die Reflexe funktionieren; viele Kollegen
haben das hier schon dargestellt -, sie widerspricht auch meinem ganz
persönlichen Bild vom Menschen. Darauf will ich gleich noch
zurückkommen.
Zunächst müssen wir feststellen: Unsere Verfassung läßt nicht zu, daß
das Leben als Schutzgut gemäß Art. 2 des Grundgesetzes nach rein
materiell-quantitativen Gesichtspunkten, also nach
Nützlichkeitserwägungen, bestimmt werden kann.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16444
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Häfner, gestatten Sie
eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rüttgers?
Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn das nicht auf meine Redezeit
angerechnet wird, gern.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Bitte.
Dr. Jürgen Rüttgers (CDU/CSU): Kollege Häfner, ich melde mich deshalb zu
Wort, weil ich finde, daß es dieser Debatte nicht gut tut und daß es
nicht nur nicht fair ist, sondern uns wirklich auf eine schiefe Bahn
führt, wenn Sie unwidersprochen die Behauptung aufstellen, daß der
Entwurf, den ich unterstütze, den Hirntod mit dem Tod gleichsetzt. Dies
ist gerade nicht der Fall. Das wird auch durch Wiederholungen nicht
besser.
Wir haben Wochen darum gerungen, Formulierungen zu finden, die
sicherstellen, daß es keine Definition von Tod und schon gar keine
Gleichstellung von Tod und Hirntod gibt. Es ist nur festgelegt worden -
darüber kann man sicherlich diskutieren; das tun wir den ganzen
Vormittag -, ob der Tod Voraussetzung dafür ist, und zwar der Tod, der
nicht durch den Gesetzgeber, sondern nach den Regeln der medizinischen
Kunst festgelegt wird.
Wir haben ein Zweites getan. Wir haben gesagt: Das darf sowohl im
Verfahren als auch vom Inhalt her nicht unter bestimmte Kriterien
abrutschen. Dies heißt aber für jeden Juristen - das kann man, auch wenn
man nicht Jura studiert hat, wirklich dem Text entnehmen -, daß die
Behauptung, hier sei der Hirntod als Tod definiert, falsch ist. Ich
persönlich würde dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, wenn es irgendeinen
Zweifel daran gäbe, daß die Position in dem Gesetz nicht so beschrieben
wäre.
Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Rüttgers, abgesehen davon,
daß Sie eigentlich keine Frage gestellt haben: Was Sie sagen, ist zum
Teil richtig. Sie haben auf die lange Zeit vorgesehene Definition am
Ende verzichtet. Aber in der Rechtswirkung ist es exakt das gleiche.
(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nein! - Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Das ist
der Punkt!)
- Aber selbstverständlich. Das ergibt sich zwingend aus dem Verhältnis
Ihres Absatzes 1 zu Absatz 2.
Ich möchte hier sehr deutlich aussprechen: Der Mensch ist weitaus mehr
als die Summe seiner Organe. Er ist auch sehr viel mehr als das, als wir
mit naturwissenschaftlichen Methoden zählen, messen und wiegen können.
Er ist ein sinnlich-übersinnliches Wesen.
Geburt und Tod sind Übergänge. Der Mensch - jedenfalls nach meiner
Überzeugung - kommt mit der Geburt in diese physische Welt und geht mit
dem Tod aus ihr heraus. Was in diesem Übergang stattfindet, das wissen
wir nur sehr anfänglich, in weiten Teilen wissen wir es überhaupt nicht.
Und vor allem: Hierüber gibt es sehr verschiedene Auffassungen.
Aber eines wissen wir mit Sicherheit: Der Mensch läßt sich nicht auf
sein Gehirn und dessen Funktionen reduzieren. Was für ein armseliges und
jämmerliches Menschenbild ist es, das den Menschen auf die Funktionen
seines Gehirns reduziert?
Wie gehen Sie eigentlich mit den konkreten Erlebnissen um, die man mit
sogenannten Hirntoten machen kann, wie mit der ,,Hirntoten", die als
Mutter ein Kind austrägt? Ist sie etwa kein Mensch mehr? Was sagen Sie
zu den vielfältigen Erfahrungen der Menschen, die Sterbebegleitung
vorgenommen und Totenwache gehalten haben und die dabei den Tod gerade
nicht erlebt haben, wie das bei einem Radiogerät oder einer Maschine
wäre, wenn der Schalter von ,,on" auf ,,off" geschaltet wird, sondern
die ihn als einen allmählichen Übergang beschreiben, in dem sich die
Wesenheit des Menschen nur allmählich verabschiedet und aus dem Körper
zurückzieht?
Ich will Ihnen überhaupt nicht zumuten, daß Sie meinen Überzeugungen in
diesem Bereich folgen; das kann ich nicht erwarten; umgekehrt ist das ja
ebenso nicht der Fall. Ich will nur, daß Sie respektieren, daß ich über
den Tod so denke - übrigens auch über die Geburt.
Und deshalb bin ich der ganz festen Überzeugung, daß in einem
pluralistischen Gemeinwesen, in einer offenen, demokratisch verfaßten
Gesellschaft der Gesetzgeber an einer Stelle, bei der ganz
unterschiedliche Auffassungen unter den Menschen nebeneinander bestehen
und die gleichzeitig von so zentraler Bedeutung ist wie dieser Bereich
des Überganges vom Leben zum Tod, keinesfalls mehr tun darf, als er muß
und kann. Der Gesetzgeber darf an dieser Stelle gar nicht ein bestimmtes
Menschenbild und damit ein bestimmtes Todesverständnis vorschreiben und
zum Gesetz erheben.
Ich möchte deshalb ganz dringend dafür werben, daß wir an dieser Stelle
offenbleiben für die verschiedenen Auffassungen, die es hierüber unter
den Menschen gibt. Wir sollten offen sein dafür - hier könnten wir uns
eigentlich wieder treffen, tun es leider aber nicht -, daß der Mensch
letzten Endes nur selbst entscheiden kann, was mit ihm in dieser Phase
geschieht; das ergibt sich für mich ganz zwingend aus diesen
Vorüberlegungen.
(Beifall des Abg. Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.])
Bei den Umfragen, die hierzu gemacht worden sind, haben sich übrigens
viele weder so noch so entschieden; auch davor habe ich sehr großen
Respekt. Ich finde, man sollte die Menschen bei Fragen, die sie für sich
selber noch nicht geklärt haben, nicht zu Entscheidungen zwingen. Dieses
Klären ist manchmal nicht leicht.
Aber diejenigen, die sich entschieden haben, haben sich mit ganz großer
Mehrheit für die sogenannte enge Zustimmungslösung ausgesprochen. Das
hängt, glaube ich, damit zusammen, daß das Mißbehagen, die Angst, die
sehr verbreitet ist, nur
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16445
noch: Gerald Häfner
Falle ihres Sterbens mit ihnen nichts geschieht, was sie nicht zu
Lebzeiten gewollt und befürwortet haben.
Deswegen werbe ich so dringend für die enge Zustimmungslösung, die, um
der Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen - jedenfalls nach meinem
Vorschlag -, auch zuläßt, daß Dritte, enge Angehörige oder
Lebenspartner,
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das ist keine enge
Zustimmungslösung!)
dann, wenn eine sichere Willenserklärung abgegeben worden ist, sie aber
nicht schriftlich beigebracht werden kann, diese als Boten überbringen.
Ich glaube, wir sind uns darin einig, daß im Sterbeprozeß der
vollständige Ausfall aller Hirnfunktionen einen ,,point of no return"
darstellt. Das heißt, daß von diesem Moment an das Sterben, der Tod
unumkehrbar geworden ist. Aber ich glaube, daß das Sterben an dieser
Stelle noch nicht abgeschlossen ist. Wir sind uns auch einig darüber,
daß die Transplantation einen Eingriff in den Sterbevorgang bedeutet.
Das ist gerade das Verrückte an dieser Stelle: Die Mediziner brauchen
lebende Organe für die Transplantation. Deswegen wird der Sterbeprozeß
unterbrochen, wird er aufgehalten, wird er verlängert. Deswegen darf
bzw. kann der Mensch noch nicht sterben. Dies ist eine Tatsache. Nun
aber gleichzeitig aus rechtlichen Gründen - weil es dann so viel
einfacher zu sein scheint - zu behaupten, der im Sterben Befindliche sei
schon tot, sei eine Leiche, ist nun wirklich Rabulistik. Das, so finde
ich, ist keinem Menschen beizubringen, der einmal diesen Prozeß des
Sterbens bei einem anderen Menschen miterlebt hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der
F.D.P. und der PDS)
Deshalb: Ich meine, daß der endgültige Tod eingetreten ist, wenn der
Ausfall aller Organfunktionen vorliegt - nicht beim Hirntod. Ich meine
aber, daß nach dem Eintreten des Hirntodes explantiert werden darf, wenn
der Betroffene zu Lebzeiten zugestimmt hat. Für diese Position möchte
ich herzlich werben, auch in der Abstimmung.
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der
F.D.P., der PDS und des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU])
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete
Christina Schenk.
Christina Schenk (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
bisherige Diskussion um eine ethisch vertretbare Regelung von
Organtransplantationen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen zwei
verschiedenen Schwerpunktsetzungen: Auf der einen Seite wurde die
Chance, dadurch Leben retten zu können, in den Vordergrund gestellt und
auf der anderen Seite die Frage nach dem Prozeß, der vom Leben zum Tod
führt, und seiner Bedeutung für den Menschen, dem Organe entnommen
werden.
Für die Erstgenannten sind die Verbesserung der Akzeptanz der
Organtransplantation und die Steigerung des Organaufkommens vorrangig.
Für sie ist der Hirntod mit dem Tod des Menschen gleichzusetzen. Jede
Kritik daran und am Hirntodkonzept überhaupt wird mit der Behauptung
zurückgewiesen, damit werde die Legitimität der Organtransplantation
untergraben.
Meine Damen und Herren, es ist mir sehr wichtig, hier festzustellen,
daß man über eine so schwerwiegende Frage im Grenzbereich zwischen Leben
und Tod nicht vom gewollten Ergebnis her diskutieren darf. Der Zweck
heiligt die Mittel nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Der sogenannte Hirntod ist eine Übereinkunft über den Zeitpunkt, ab dem
ein irreversibler Zustand vorliegt und somit der Behandlungsauftrag
erlischt. Er ist zugleich die allgemein anerkannte Voraussetzung für die
Zulässigkeit der Organentnahme. Allerdings - auch das will ich hier so
deutlich sagen - ist der Begriff irreführend, da das Erfülltsein der
Kriterien keineswegs den Tod des gesamten Gehirns nachzuweisen imstande
ist.
(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Richtig!)
Auch nach der Hirntodfeststellung finden noch diverse
Stoffwechselprozesse statt, sowohl im Gehirn selbst - sogar hochkomplexe
Steuerungsvorgänge sind noch möglich, wie die schwangere, hirntote Frau
in Erlangen bewiesen hat - als auch im übrigen Körper. Letztlich könnte
eine maschinelle Beatmung ihre Wirkung nicht entfalten, wenn das Gewebe
tot wäre.
Für mich ist der sogenannte Hirntod nicht mit dem Tod des gesamten
Gehirns gleichzusetzen und schon gar nicht mit dem des Gesamtorganismus.
Ein als hirntot eingestufter Mensch befindet sich in einem irreversiblen
Prozeß des Sterbens, aber er ist nicht tot. Ich denke, daß man sehr
genau unterscheiden muß zwischen der Festlegung eines justitiablen
Kriteriums für die Organentnahme und der Versuchung, eine neue
Legaldefinition des materiellen Todes, des Gesamttodes, vorzunehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS und der SPD sowie der Abg. Monika
Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich meine, genau dies dürfen wir hier nicht tun, weil das Gesetz Raum
lassen muß für die verschiedenen Auffassungen darüber, was der Tod ist.
Der grundgesetzliche Schutz von Menschen zwischen Leben und Tod, das
Recht auf Achtung ihrer Würde, muß weiterhin uneingeschränkt garantiert
bleiben.
Aus dieser Sicht beantwortet sich meines Erachtens zugleich die Frage,
wie die Zustimmung zu regeln ist, ob sie ausschließlich durch die
Betroffenen
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16446
noch: Christina Schenk
Nahestehenden Entscheidungsbefugnisse zukommen. Niemand kann mit
Bestimmtheit sagen, was in sogenannten Hirntoten vorgeht. Wir wissen
nicht, was tatsächlich intrapersonal bei einem Menschen, bei dem die
Hirntodkriterien erfüllt sind, sowohl vor als auch während der
Explantation geschieht, wenn der Sterbeprozeß mit technischen Mitteln
aufgehalten wird und dann mit der Organentnahme abrupt beendet wird. Das
muß der Öffentlichkeit auch so ehrlich und klar gesagt werden.
Aus meiner Sicht bleibt die Organspende ein mögliches persönliches
Risiko - nicht nur auf der metaphysischen Ebene -, das mit
naturwissenschaftlicher Erkenntnis nicht aus der Welt zu schaffen ist.
Es gibt Erfahrungen - einige haben in dieser Debatte schon darauf
hingewiesen -, für die in den heutigen Schulweisheiten kein Platz ist.
Diejenigen, die Sterbende begleitet haben, wissen das.
Die jetzige Gesellschaft hat den Tod weitestgehend tabuisiert und die
Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens aus dem Leben
verdrängt. Sie hat infolgedessen das Gefühl für die Unwägbarkeiten und
Unbestimmtheiten der letzten Lebensphase und damit auch den Respekt vor
dieser Phase verloren. Solche Ungewißheiten sind nicht einfach mit einem
definitorischen Handstreich, mit der Gleichsetzung von Hirntod und Tod
aus der Welt zu schaffen. Im Gegenteil: Ich meine, daß die allgemeine
Verharmlosung der Umstände und Geschehnisse bei einer
Organtransplantation hierzulande sehr viel zu Mißtrauen und mangelnder
Spendebereitschaft beigetragen hat.
Deshalb ist für mich die Bereitschaft zur Organspende nur auf der Basis
einer persönlich abgegebenen Erklärung akzeptabel. Den Angehörigen oder
den Nahestehenden steht die Verfügung über diese Bereitschaft nicht zu.
Sie ist ihnen in einer solch schmerzlichen Situation auch nicht
abzuverlangen. Die Berichte mehren sich: Viele haben erst im nachhinein
von den Unwägbarkeiten erfahren und machen sich lebenslang schwerste
Vorwürfe, einen ihnen nahestehenden Menschen einer solchen Prozedur
überlassen zu haben, ohne zu wissen, ob sie in seinem Willen gehandelt
haben.
In der Konsequenz des Gesagten werden einige meiner Kolleginnen und
Kollegen und ich selbst nur einer engen Zustimmungsregelung ihre Stimme
geben.
Danke.
(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete
Dr. Erika Schuchardt.
Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Werte Kollegen und
Kolleginnen! Nach der jahrelangen Diskussion haben sich die
unterschiedlichen Positionen bedauerlicherweise nicht in einer
Konsenslösung, sondern in zwei unterschiedlichen Gesetzentwürfen und
zahlreichen Änderungsanträgen niedergeschlagen, um die wir heute ringen.
Maßgeblichen Einfluß auf unsere heutige Entscheidung dürften neben den
Stellungnahmen der Ärzte auch die der Kirchen haben. Ich möchte mich in
erster Linie der Haltung der Kirchen zuwenden, zu denen ich als
langjährige EKD-Synodale besonderen Zugang zu haben glaube und mit denen
ich daher in engerem Kontakt stehe. Dies ist vor allem deshalb nötig,
weil es sowohl im Vorfeld als auch während unserer Debatte manchmal zu
unzutreffenden oder zumindest mißverständlichen Aussagen gekommen ist,
die in der Öffentlichkeit zu Verunsicherung und Beunruhigung geführt
haben.
Die beiden bisher vorliegenden offiziellen Stellungnahmen der Kirchen -
die Erklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland ,,Gott ist ein
Freund des Lebens" von 1989 sowie die Gemeinsame Erklärung der
Bischofskonferenz von 1990 - haben noch eine Gleichsetzung von Hirntod
und Tod des Menschen angenommen. Seither gab es etliche zusätzliche
Äußerungen. So hat der Ratsvorsitzende, Bischof Engelhardt, 1994 vor der
EKD-Synode zwar erklärt, die neuerliche Diskussion um den Hirntod habe
eine Gleichsetzung mit dem Tod des Menschen wieder in Frage gestellt,
wenngleich der Hirntod ein entscheidender Einschnitt im Sterbegeschehen
sei. Doch ist der Rat der EKD von seiner Grundsatzerklärung von 1989
keineswegs abgerückt. Bischof Engelhardt hat mir persönlich vor wenigen
Tagen auf meine Anfrage noch einmal versichert, daß die Evangelische
Kirche in Deutschland an ihrer Kernaussage festhalte, die lautet:
Nach christlichem Verständnis ist das Leben und damit der Leib ein
Geschenk des Schöpfers\u, das er aber aus Liebe zum Nächsten einsetzen
darf.
Auch Äußerungen des Bevollmächtigten der EKD in Bonn, des Bischofs
Löwe, die Herr von Klaeden mehrfach zitiert hat, haben in letzter Zeit
zu gewissen Irritationen geführt. Hierzu hat mir, ebenfalls in der
vorigen Woche, der Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD in Hannover
versichert, daß verschiedentlich geäußerte abweichende Meinungen von
Einzelpersonen oder einzelnen Landeskirchen wie Berlin-Brandenburg oder
Westfalen nichts daran änderten, daß die offiziellen Erklärungen von
1989 und 1990 noch immer die Äußerungen der für die gesamte Evangelische
Kirche in Deutschland zuständigen Organe seien
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
und als solche in ihrer Substanz unverändert als gültig betrachtet
würden.
Auch für die katholische Seite gibt es einzelne Abweichungen, etwa die
Äußerungen des Kardinals Meisner. Aber auch dort ist die offiziell
zuständige Bischofskonferenz mit kaum einem Wort von ihrer früheren
Erklärung abgerückt. Das bedeutet, daß alle Versuche, die Kirchen in
unserer Diskussion auseinanderzudividieren, untauglich sind. Die
offiziellen Vertretungen beider Kirchen stehen auch heute zu ihrer
Auffassung, daß sie sich mit aller Deutlichkeit
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16447
noch: Dr. Erika Schuchardt
also auch, ein noch Lebender -, und haben sich unmißverständlich dafür
ausgesprochen, daß die Entnahme von Organen bei Hirntoten somit ethisch
und rechtlich von einer Tötungsmaßnahme zu unterscheiden ist.
Daß auch die Vertreter der Gegenposition dies erkannt haben, zeigt
deren jüngste Presseerklärung vom 20. Juni, in der nicht mehr von der
abweichenden Meinung der Kirchen, sondern nur noch von - ich zitiere -
,,führenden Kirchenvertretern wie Meisner und Löwe" gesprochen wird.
Den von den Kirchen ausdrücklich gewünschten weiteren Diskussionen zur
Frage des Hirntods trägt der neue Änderungsantrag von Seehofer Rechnung.
Darin wird weiterhin die Feststellung des Todes gefordert. Aber er
definiert den Tod selber nicht, sondern überläßt diese Frage in 1/2 3
den dafür ausgewiesenen Fachleuten. Eine Kompetenzüberschreitung des
Gesetzgebers ist damit ausgeschlossen.
Mit dem Seehofer-Antrag stimmt ebenfalls die kirchliche Haltung zur
Frage der Zustimmung überein. Die Kirchen haben ohne Wenn und Aber die
erweiterte Zustimmung favorisiert. Ergebnis ist also, daß man mit der
Zustimmung der verantwortlichen Organe der Kirchen im Rücken den
Seehofer-Antrag unterstützen kann, wofür auch ich nachdrücklich
eintrete.
An dieser Stelle möchte ich - im Widerspruch zu den Ausführungen von
Herrn Häfner - darauf hinweisen, daß dem Bundestag 4000 Unterschriften
für eine erweiterte Zustimmungslösung vorliegen. Ich habe sie hier in
den Händen und kann sie Ihnen zeigen. Des weiteren ist auf Initiative
der Spitzensportler - unter anderem von Steffi Graf - eine
Organtransplantationsinitiative begründet worden, die, angeregt durch
den Chef von Opel, der sein Leben einer Organspende verdankt, der
erweiterten Zustimmungsregelung das Wort redet.
Im Hinblick auf die Einholung der Zustimmung der Angehörigen liegt mir
allerdings ein Punkt am Herzen, der in den Briefen erwähnt wird und auf
den ich eingehen möchte. Eine Mutter fand ihr schwerverunglücktes Kind
in der Intensivstation wieder. Es lag ruhig und gesund aussehend im
Krankenbett. Schockartig traf die Mutter nach Tagen intensivsten Ringens
um das Leben des Kindes die Frage des Arztes, ob sie einer
Hirntoduntersuchung zustimmen würde, da man ihrem Kind nicht mehr helfen
könne, möglicherweise aber einem anderen. Wegen allergrößter Zweifel an
der Richtigkeit dieser Diagnose bat die Mutter schließlich darum, bei
dieser Untersuchung anwesend sein zu dürfen. Der Arzt hatte dafür
Verständnis. Nun konnte und mußte die Mutter selbst erkennen, daß ihr
scheinbar so rosig schlafendes Kind - ich zitiere - ,,absolut
reaktionsunfähig, ja leblos war". Daraufhin fand sie gemeinsam mit ihrer
Familie den Mut, einer Organweitergabe zuzustimmen. Aus der Rückschau
schreibt sie - ich zitiere -: ,,\u gerade dies in aller scheinbaren
Sinnlosigkeit dankbar als Sinn zu erleben".
Meine Bitte an die künftigen Transplantationsärzte lautet daher: Prüfen
Sie bitte in jedem Einzelfall -
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Frau Kollegin, denken Sie bitte an
Ihre Redezeit.
Dr. Erika Schuchardt (CDU/CSU): - ich bin fertig -, ob Sie den
Angehörigen ihre ungeheuer schwierige Entscheidung dadurch erleichtern
können, daß Sie ihnen die Anwesenheit bei der Untersuchung gestatten.
Das wäre einer von sicherlich vielen lebensnotwendigen Wegen, die
Angehörigen in ihrer denkbar schwierigen Situation zu begleiten und
Jonas\9 Verantwortungsethik - Verantwortung für andere übernehmen -
praktisch zu leben.
Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete
Barbara Höll.
Dr. Barbara Höll (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
heute anstehende abschließende Beratung eines Gesetzes zur Regelung der
Transplantation schließt eine Gesetzeslücke und beendet vorläufig einen
breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozeß, der mit der heutigen
Abstimmung jedoch nicht endgültig abgeschlossen ist.
Viele Abgeordnete im Hohen Hause sind sich der Notwendigkeit der
Gesetzesberatung bewußt und fühlen sich gleichzeitig in ihrem
Entscheidungsprozeß überfordert. Der für uns oftmals übliche
Mechanismus, ein politisches Problem durch Hinzuziehung von
Sachverständigen zu lösen, scheint nicht mehr zu funktionieren. Das zur
Abstimmung anstehende Gesetz zur Transplantation konfrontiert uns
unmittelbar mit ethischen Fragen, die nicht durch
naturwissenschaftliches Fachwissen gelöst werden können. Wir befinden
uns in einer für unsere Epoche typischen Situation, in der der
wissenschaftlich-technische Fortschritt Möglichkeiten eröffnet, denen
wir scheinbar nicht mehr gewachsen sind. Die sich daraus ergebenden
Risiken und Gefahren werden nicht mehr ausreichend breit diskutiert.
Im Transplantationsgesetz geht es um das Wertvollste, was der Mensch
besitzt: um sein Leben, welches Sterben und Tod einschließt. Im
Bewußtsein dessen, daß wir uns als Gesetzgeber mit ethischen Fragen
auseinandersetzen, die durch kein Gesetz geklärt werden können, heißt
das, daß wir in der Frage der Transplantation trotzdem abschließend
darüber beraten müssen, nach welchen Regeln sie in der Zukunft in der
Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen wird.
Widerspruchslösung, Informationslösung, erweiterte und enge
Zustimmungslösung werden international diskutiert und praktiziert. Der
heute vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis einer langen Diskussion
und beinhaltet viele Punkte, die einen breiten Konsens dokumentieren.
Die heutige Auseinandersetzung dreht sich letztendlich um die Frage
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16448
noch: Dr. Barbara Höll
der Definition des Sterbeprozesses und um die Frage, wer eine
Entscheidung darüber treffen kann, ob eine Organentnahme stattfindet.
Meiner Meinung nach sind sowohl die erweiterte als auch die enge
Zustimmungslösung mit dem Grundgesetz vereinbar und moralisch nicht
verwerflich. Beide unterstützen das sogenannte postmortale
Persönlichkeitsrecht.
Ich entscheide mich für die enge Zustimmungslösung, und zwar aus
verschiedenen Gründen, von denen ich einige anführen möchte. Es ist
auffällig, daß die Einflußmöglichkeit des Staates in der von mir
erwähnten Reihenfolge der zur Entscheidung, ob eine Organentnahme
stattfindet oder nicht, Berechtigten abnimmt und die freie, bewußte
Entscheidung des Individuums immer größeres Gewicht bekommt. Am
stärksten zeigt sich das bei der engen Zustimmungslösung.
Gleichzeitig bin ich gegen jegliche Überlegung - wie sie in der
Diskussion laut wurde -, wonach sich jeder Bürger zu einem bestimmten
Zeitpunkt mit der Transplantationsfrage auseinandersetzen muß, indem er
per Gesetz verpflichtet wird, sich zu entscheiden. Denn schon die Frage,
ob ich mich mit diesem Problem auseinandersetzen möchte oder nicht, muß
eine freie Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger bleiben.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS)
Jede von uns heute verabschiedete Lösung wird eine Möglichkeit des
Mißbrauchs beinhalten. Man kann das nicht per Gesetz vollständig
vermeiden. Es geht aber darum, diese Mißbrauchsmöglichkeiten gering zu
halten. Die abnehmende Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung
zeugt davon, daß das Mißtrauen gegenüber dem Gesundheitswesen relativ
tief verwurzelt ist - nachvollziehbar in einer Gesellschaft, in der
Gesundheit immer mehr zur Ware degradiert wird.
Ich halte die enge Zustimmungslösung unter dem moralischen Aspekt für
die adäquateste und gleichzeitig für die demokratischste, wenn auch
schwierigste. Wenn man sich gesellschaftlich darüber geeinigt hat, die
Transplantationsmedizin zu wollen, und potentielle Spenderinnen und
Spender braucht, ist die persönliche, freiwillige Zustimmung genau
dieser potentiellen Spender einzuholen. Dieser Weg ist natürlich
ungleich schwieriger als der Weg der erweiterten Zustimmungslösung, die
in einer emotional äußerst schwierigen Situation des Verlustes und des
Schmerzes eine Entscheidung von den nächsten Verwandten verlangt, die
damit oft überfordert sind und sich in einer Drucksituation befinden.
Eine wirklich freiwillige und selbstbestimmte Entscheidung setzt
Aufklärung und Beratung voraus und erleichtert gleichzeitig die
Situation für die Menschen, die dringend auf eine Spende warten: Sie
wissen, daß sie eine mögliche Spende in Übereinstimmung mit dem Willen
des Sterbenden erhalten.
Jegliche Begründung vom Bedarf her halte ich moralisch für unzumutbar.
Ich denke, wir müssen uns auch darüber verständigen, daß prinzipiell
nicht alles das, was machbar ist, getan werden sollte.
Die breite Diskussion, die wir jetzt geführt haben, sollte damit enden,
daß sich die Mehrheit des Hauses für eine enge Zustimmungslösung
entscheidet, und gewährleisten, daß tatsächlich die Akzeptanz dieser
Prozesse in der Gesellschaft steigt.
Zur Frage des irreversiblen Hirnversagens glaube ich, daß wir als
Gesetzgeber uns nicht die Definitionsgewalt über den Prozeß des Sterbens
anmaßen sollten. Wir sollten nur in dem Sinne über diese Frage
diskutieren, daß ein formales juristisches Entnahmekriterium festgelegt
wird. Ansonsten würden wir unsere Kompetenzen überschreiten.
(Beifall bei der PDS sowie des Abg. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig [F.D.P.])
Vizepräsident Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
Hans-Hinrich Knaape.
Dr. Hans-Hinrich Knaape (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Gesetze, die ärztliches Handeln aus medizinischem Fortschritt regeln
sollen, müssen sich auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse der Medizin
als Entscheidungsgrundlage stützen.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS)
Auf keinen Fall dürfen sie durch geisteswissenschaftliche
Interpretationen, religiöse Auffassungen oder subjektives Erleben
verfälscht werden.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS)
Ich möchte mich auf das Hirntodkonzept beschränken, da hier einige
Auffassungen geäußert wurden, die der Realität widersprechen.
Das Hirntodkonzept war eine Notwendigkeit, die aus der medizinischen
Wissenschaft heraus geboren wurde. Als es möglich wurde, Menschen, die
bei einem Unfall zu Tode gekommen waren, wiederzubeleben auf Grund der
modernen Beatmungstechnik, auf Grund der Weiterentwicklung der
Intubation und auf Grund der Verfügbarkeit moderner technischer Geräte -
, konnte das Herz wieder zum Schlagen gebracht werden, obgleich
schwerste Schädel-/Hirnverletzungen eingetreten waren. Diese Personen
sind tagelang - am Anfang wochenlang - beatmet worden. Das Ergebnis war:
Wenn man die Maschinen abgestellt hat, war bei der Sektion das Gehirn
verflüssigt, die Nekrose des Gehirns eingetreten. Das war der
Grundgedanke des Hirntodkonzepts.
Wenn der Hirntod festgestellt wird, dann ist nach medizinischem Wissen
- das ist in der deutschen Ärzteschaft nicht bestritten; das hat der
100. Deutsche Ärztetag noch einmal bekräftigt; dahinter stehen alle
wissenschaftlichen Fachorganisationen der deutschen Ärzteschaft - der
Tod des Menschen erfolgt, dann ist das, was seine Individualität, was
seine psychische Eigenart, was seine Persönlichkeit ausmacht, das, war
wir als Mensch an ihm erleben konnten, schon von uns gegangen, dann ist
diese Persönlichkeit bereits verschieden.
Es ist möglich, das, was als Leiche übrigbleibt, mit moderner Technik
intensiv zu pflegen und dadurch für einen beschränkten Zeitraum, also
nicht für die
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16449
noch: Dr. Hans-Hinrich Knaape
Fortschritt der Medizin möglich ist, anderen Menschen einzupflanzen, zu
implantieren. Das ist eine Weiterentwicklung der modernen Medizin. Alles
andere, was von den Gegnern des Hirntodkonzeptes vertreten wird, hieße,
die Medizin auf den Kopf zu stellen und wieder zu dem zurückzugehen, was
im Mittelalter vertreten wurde, als die Medizin noch der Meinung war,
daß im Herzen die Seele oder der Geist des Menschen ihren Sitz hätte.
Das wäre nicht moderne Medizin, sondern Rückschritt.
Des weiteren sind hier Befindlichkeiten geschildert worden, die jeder
Mensch hat, der das Sterben eines Menschen erlebt. Ich kenne selbst
Ärzte, die unter Extrembedingungen, weil sie tagelang bei einem
Sterbenden waren, eine andere Auffassung haben. Das ist möglich; das
zeichnet uns Menschen aus. Aber Emotionen und das Erleben des
Sterbeprozesses müssen von dem getrennt werden, was neurophysiologisch
und pathophysiologisch abläuft. Das sind unterschiedliche
Betrachtungsweisen, die man scharf voneinander trennen muß.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Kollege Wodarg, Frau Knoche und andere haben hier praktisch ein
Mißtrauen gegen die deutsche Ärzteschaft zum Ausdruck gebracht. Sie
haben unter den Patienten bzw. unter denjenigen Angst geschürt, die sich
in ein Krankenhaus begeben. Falsche Beispiele sind angeführt worden. Die
Knochenmarkspende ist eine Lebendspende. Hinsichtlich des Erlanger Babys
weiß niemand, wann bei der Mutter der Hirntod festgestellt worden ist
und wann sie tot war, weil niemand von uns die Krankengeschichte kennt
und wir sie also nicht interpretieren können.
Emotionen sind angesprochen worden. Sendungsbewußtes Auftreten ist hier
demonstriert worden. Praktisch wird eine neue Heilslehre zelebriert, die
wider die naturwissenschaftliche Erkenntnis ist. Dieser kann aber nicht
widersprochen werden. Wir müssen die naturwissenschaftlichen Realitäten
anerkennen und sollten das Wissen der deutschen Ärzteschaft achten und
respektieren.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Jetzt hat der Abgeordnete Wolf-
Michael Catenhusen das Wort.
Wolf-Michael Catenhusen (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Unser großes Problem heute ist, daß wir zur Kenntnis nehmen
müssen, daß die Fortschritte in Wissenschaft und Medizin die Struktur
und den Inhalt unserer Moral beeinflussen und in Frage stellen. Vor
allem ist unser Problem, daß wir sowohl hinsichtlich der Frage des
Beginns als auch hinsichtlich der Frage des Endes menschlichen Lebens
durch die Entwicklung der Medizin zu einer bewußten moralischen
Entscheidung gezwungen werden, die sich bisher jahrtausendelang als
kulturelle historische Erfahrung entwickelt hat, ohne daß wir sie durch
rechtliche Entscheidungen normiert haben.
Das gilt für den Beginn des menschlichen Lebens im Zusammenhang mit
Empfängnisverhütung und Embryonenschutz, und als Folge der
Intensivmedizin stellt sich dieses Problem jetzt auch für die Definition
des Endes menschlichen Lebens. Der Philosoph Kurt Bayertz hat es einmal
so formuliert:
Je weiter unser medizinisches Know-how reicht, desto stärker tritt das
Sterben an die Stelle des Todes.
Ich komme nach langem Nachdenken zu der Entscheidung, daß die
Hirntoddefinition schärfer und tiefergehend als der lange akzeptierte
Begriff des klinischen Todes ist. Der Hirntod ist die entscheidende
Zäsur im Sterbeprozeß, die es auch rechtfertigt, lebenserhaltende
Maßnahmen zu beenden. Der Hirntod ist unaufhaltsam und unumkehrbar.
Meine Damen und Herren, wir treffen damit aber eine Definition, die mit
der Lebenserfahrung der Menschen im Umgang mit sterbenden Menschen nicht
übereinstimmt; denn wir sehen dem Hirntoten nicht an, daß er tot ist. Er
unterscheidet sich in der Wahrnehmung der Angehörigen nicht von einem
noch lebenden Menschen. Mit diesem ethischen und moralischen Dilemma
umzugehen ist unsere große Schwierigkeit.
Deshalb hat der Gruppenantrag einen guten Weg gefunden, indem er die
kontextbezogene Mindestanforderung stellt, daß bei einer Organentnahme
wenigstens die Voraussetzungen des Hirntodes festgestellt sein müssen,
ohne daß damit eine abschließende gesamtgesellschaftliche, in allen
Lebenslagen gültige Entscheidung über das Ende menschlichen Lebens
getroffen wird.
Meine Damen und Herren, es geht dann natürlich auch um die Frage, wie
eine Zustimmungslösung - ich bin für eine erweiterte Zustimmungslösung -
ausgestaltet werden soll. Heute schon können nächste Angehörige bei
schwerwiegenden Entscheidungen über die Grenzen und die Beendigung
lebenserhaltender Maßnahmen mitentscheiden; sie werden vom Arzt
einbezogen. Ich lasse diese Einbeziehung eines engsten Angehörigen auch
für eine Situation gelten, in der es keine schriftlich abgegebene oder
einem nächsten Angehörigen bekannte Erklärung des Betroffenen oder der
Betroffenen über die Bereitschaft zu einer Organspende gibt.
Nur, wenn Zustimmung auf einen nächsten Angehörigen oder eine nächste
Angehörige delegierbar wird, dann muß auch ein engster Angehöriger seine
Zustimmung erklären. Wenn Zustimmung delegiert wird, muß er am Schluß
von Beratung und Gespräch eine abschließende Erklärung abgeben? Das kann
ein Widerruf sein; es kann aber kein Schweigen sein. Denn wir dürfen
nicht vergessen, die Entnahme von Organen greift tief in den Prozeß des
Erlöschens eines Menschenleben ein. Wir schulden auch dem Hirntoten
Achtung und Schutz. Wenn wir schon einem engsten Angehörigen eine
eigenständige Entscheidungsmöglichkeit einräumen, muß er am
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16450
noch: Wolf-Michael Catenhusen
durch Schweigen beenden.
Schönen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
Konrad Kunick.
Konrad Kunick (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Das Schwierige an dieser Debatte ist, daß die Frage des Todes
die Menschen derart berührt, daß sie sie in bezug auf sich selbst viel
zu häufig wegschieben. Wir werden aber nur dann genügend
Transplantationsorgane bekommen, wenn sich die Menschen darüber
klarwerden, daß sie im weiteren Lebensverlauf sowohl Spender als auch
Empfänger von Organen werden könnten, und wenn wir sie persönlich mit
dieser Frage konfrontieren. Es glaube doch niemand, daß der Ersatz
dieser höchst persönlichen Frage durch Entscheidungen von Angehörigen
den Mangel an Organen beseitigen würde. Wenn sich diese Gesellschaft
nicht positiv mit der Transplantation beschäftigt und sie akzeptiert,
wird es beim Organmangel bleiben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
An diejenigen, die noch das christliche Denken gelernt haben: Es gibt
in unserer Kultur und Gesellschaft seit zwei Jahrtausenden den
Grundsatz: Es gibt nichts Höheres, als sein Leben hinzugeben für seine
Freunde. Das bedeutet aber nicht, daß man erst tot ist und dann aus der
Risikolosigkeit des Totseins sein Leben für die Freunde hingibt, sondern
es bedeutet, sich selber dafür aufzuopfern, daß andere weiterleben, daß
vielleicht das eigene Herz einem anderen noch zu zwei Jahrzehnten Leben
verhilft. Diesen Gedanken muß man ein Stück weiterbringen, wenn man mehr
Transplantationsspender finden will.
Man kann doch wohl nicht sagen, daß in dieser Gesellschaft bisher alles
getan worden sei, um die freiwillige Spende zu fördern. Bis jetzt kommen
mir Teile der Debatte so vor, als ob der preußische Obrigkeitsstaat
dafür sorgen wollte, daß seine Landeskinder zu gutem Zweck verwertbar
seien. Das ist in einer parlamentarischen Demokratie kein Zustand. Ich
halte es jedenfalls für unmöglich, den Schutz des Grundgesetzes für das
Leben - einschließlich des Sterbeprozesses - zu verkürzen und den
Menschen vorzeitig zur Sache zu machen, deren man sich dann leichter
bedienen kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN )
Der Schutz des Grundgesetzes geht weiter und geht bis zum totalen
Erlöschen des Lebens. Da ist nur die Konstruktion hilfreich, die besagt:
Der Mensch darf sein Leben für seine Freunde opfern. Er darf darüber
entscheiden, daß er sich in der letzten Phase seines Lebens für andere
hingeben will.
Ich glaube, alles andere ist zu kurz geschlossen. Wir können den
Menschen nicht vorzeitig zur Sache machen, um bequemer an seine Organe
heranzukommen. Dieser Weg würde auch nicht dazu führen, daß der Mangel
an Transplantaten beendet würde. Nur neues Vertrauen kann der
Transplantationsmedizin weiterhelfen. Bisher ist ihr schwer geschadet
worden, und zwar durch die Debatten, die von Medizinern in dieser
Gesellschaft angefangen wurden und die zu schwerer Verunsicherung
geführt haben.
Schönen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der
PDS)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
Klaus Kirschner.
Klaus Kirschner (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich auf das zurückkommen, was wir mit dem
Organtransplantationsgesetz erreichen wollen, nämlich daß mit Organen,
die transplantiert werden, todkranken Menschen geholfen werden kann. Sie
gewinnen einen sonst verlorenen Lebensabschnitt zurück.
Organtransplantation ist also eine Entscheidung für das Leben.
In vielen Fällen ist die Organspende und die Transplantation die
einzige und letzte Möglichkeit, Leben zu erhalten. Organspende von einem
Toten zur Erhaltung eines Menschenlebens ist also ein Akt der
Nächstenliebe.
(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])
Meine Damen und Herren, deshalb ist es notwendig, daß alle, die an
einer Organtransplantation beteiligt sind, Klarheit über den Nachweis
des Todes erhalten: die Angehörigen, denen die Totensorge obliegt, die
Ärzte, das pflegende Personal sowie die Transplantationszentren. Denn
der Nachweis des Todes ist entscheidend für die Zielrichtung der
ärztlichen und pflegenden Tätigkeit: Vor dem Tod hat alle ärztliche und
pflegerische Tätigkeit danach zu streben, dem Kranken zu helfen und sein
Leiden zu lindern. Wenn nach dem nachgewiesenen Tod medizinisches
Personal an dem Verstorbenen tätig wird, dann zu anderem, zu fremdem
Nutzen. Nach dem Tod und keinesfalls davor ist die fremdnützige
Tätigkeit, die Einwilligung vorausgesetzt, zulässig.
Für alle Beteiligten ist es deshalb von entscheidender Wichtigkeit,
über drei Fragen zum Todesnachweis Klarheit zu erhalten: Erstens.
Welches ist der Zeitpunkt, von dem an der Gesetzgeber den Tod als
nachgewiesen erachtet? Zweitens. Steht die gesetzliche Festlegung des
Nachweises im Einklang mit dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen
Wissenschaft? Drittens. Ist sichergestellt, daß die medizinische
Wissenschaft die Anforderungen an den Todesnachweis nicht zum Schaden
der Sterbenden und zu fremdem Nutzen willkürlich aufweichen kann? Eine
Todeserklärung - lassen Sie mich dies auch deutlich sagen - von
Teilhirntoten wie zum Beispiel Anenzephalen darf es nicht geben!
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16451
noch: Klaus Kirschner
Diese Fragen werden im Antrag von Dreßler/Seehofer klar beantwortet.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag befinden wir uns in
Übereinstimmung mit anderen rechtsstaatlich-demokratischen Ländern der
Welt und mit der Verfassung, was uns in den Anhörungen von namhaften
Rechtsgelehrten bestätigt wurde.
Unser Regelungsvorschlag entspricht außerdem der bisherigen bewährten
Praxis und ermöglicht weiterhin für viele schwerkranke Menschen Hilfe
und Heilung durch eine Organspende. Dies möchte ich noch einmal
ausdrücklich betonen. Darum ist es von entscheidender Wichtigkeit, der
Transplantationsmedizin eine sichere Vertrauensgrundlage zu schaffen.
Deshalb möchte ich mich auch noch mit der Position, die den Ganzhirntod
als formales Organentnahmekriterium, nicht aber als Kriterium für den
eingetretenen Tod eines Menschen sieht, auseinandersetzen.
Die Bundesärztekammer hat in den Anhörungen deutlich gemacht, daß sie,
sollte dieser Vorschlag die Mehrheit finden, die Organentnahme künftig
ablehnt. Ich zitiere:
Eine Entnahme lebenswichtiger Organe kann und darf nur nach sicherer
Todesfeststellung des betroffenen Menschen durchgeführt werden.
Der Antrag von Wolfgang Wodarg und anderen - es ist mir wichtig, noch
einmal darauf hinzuweisen - erklärt die Explantation lebenswichtiger
Organe an einem noch Lebenden, also eine Tötung zu fremdem Nutzen, für
zulässig. Ich will daran erinnern, was Professor Schreiber dazu in der
Anhörung ausgeführt hat:
Mit der Erlaubnis, Organexplantation bei noch lebenden Hirntoten
vorzunehmen, wie es der eine Entwurf
- nämlich Ihrer -
vorsieht, werden zwei Stufen oder zwei Arten von Leben eingeführt.
Dieses Leben der Hirntoten wäre ein Leben minderer Stufe, das wäre ein
Leben minderer Qualität, das jedenfalls genommen werden kann, wenn der
Betroffene eingewilligt hat. Ich würde das für falsch und gefährlich
halten.
So die Aussage von Professor Schreiber in unserer Anhörung.
Meine Damen und Herren, damit wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das muß jeder wissen, der nachher für diesen Antrag stimmt.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Kirschner, gestatten Sie
eine Zwischenfrage des Kollegen Wodarg?
Klaus Kirschner (SPD): Bitte schön.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Sehr geehrter Herr Kollege Kirschner, können
Sie zugestehen, daß wir in unserem Antrag eben nicht sagen, daß hier
Organe von Lebenden entnommen werden, sondern daß wir die Handlung des
Arztes, der das Sterben des Patienten dadurch beendet, daß er das
Beatmungsgerät ausschaltet, gleichsetzen mit der Handlung des Arztes,
der dem Willen des Patienten entspricht, sein Sterben nicht auf diese
Weise zu beenden, sondern durch eine Explantation lebender Organe, die
in anderen Menschen weiterleben sollen? Das ist die Alternative, die zu
wählen wir Sie bitten.
Danke.
Klaus Kirschner (SPD): Lieber Wolfgang Wodarg, in Ihrem Antrag heißt es
in der Begründung, ,,daß das unwiederbringliche Versagen des Organs
Gehirn, der sogenannte Hirntod, einen Übergangszustand im Sterbeprozeß
darstellt". Dann heißt es weiter: Dies ist der Punkt,
von dem an das Sterben des betroffenen Menschen nicht mehr umzukehren
ist. Der Sterbeprozeß selbst aber ist dem Leben zuzurechnen.
Das heißt doch: Wenn nach Ihrer Auffassung Hirntote noch leben, dann
müssen wir sie so behandeln wie andere Lebende auch. Wir dürfen keinen
Einbruch in den Schutz des Lebens zulassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Dr. Dieter Thomae
[F.D.P.]: So ist es!)
Das würde einen Paradigmenwechsel einleiten. Ich weise nur darauf hin,
was im Ausschuß dazu gesagt worden ist. Diese Meinung teile ich. Ich
nehme sie sehr ernst. Deshalb kann ich vor einem solchen
Paradigmenwechsel nur warnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Gestatten Sie eine zweite
Zwischenfrage des Kollegen Wodarg?
Klaus Kirschner (SPD): Bitte schön.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Kollege Kirschner, weshalb ist es kein
Tötungsdelikt, wenn der Arzt in den Sterbeprozeß eingreift und den
Beatmungsapparat durch aktives Handeln abschaltet, so daß der Patient
dann erstickt und stirbt? Weshalb ist es ein Tötungsdelikt, wenn er auf
die andere Weise das Sterben des Patienten beendet? Worin sehen Sie denn
den Unterschied im ärztlichen Handeln?
Klaus Kirschner (SPD): Lieber Kollege Wodarg, es geht doch hier darum,
daß der Gesetzgeber feststellt, daß das, was seit 20 Jahren Praxis ist
und was von der Bundesärztekammer als Ganzhirntod festgelegt worden ist,
als der Tod des Menschen festzustellen ist. In Ihrem Antrag wird davon
gesprochen, daß dies ein Sterbeprozeß ist, der dem Leben zuzuordnen ist.
Dies ist - darauf weise ich nochmals mit aller Deut
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16452
noch: Klaus Kirschner
Rechtsauffassung. Das ist der Punkt.
(Zustimmung bei der SPD)
Einen weiteren Punkt möchte ich deutlich machen. Noch gravierender ist
Ihre Konstruktion bei Organspenden von Kindern. Sie schlagen nämlich
folgende Regelung vor:
Hat der Organspender das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, obliegt
die Einwilligung den Personensorgeberechtigten, sofern der mögliche
Organspender nicht widersprochen hat.
Ich weise nur darauf hin: Damit wird den Eltern eine Tötungsanordnung
des nach Ihrer Prämisse - ich betone, in Ihrem Antrag steht: ,,Der
Sterbeprozeß selbst aber ist dem Leben zuzuordnen" - noch lebenden
Kindes zugemutet. Wenn Sie die Hirntodkonzeption ablehnen, dann können
und dürfen Sie nicht das elterliche Sorgerecht zu dem Recht
pervertieren, über Leben und Tod des Kindes zu entscheiden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)
Ich kann selbstverständlich eine andere Todesauffassung akzeptieren,
und ich kann sie nachvollziehen. Ich mache sie mir aber nicht zu eigen.
Ich warne vor diesem Weg. Auch das muß man mit aller Deutlichkeit sagen.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege, es besteht noch ein
Wunsch nach einer Zwischenfrage, und zwar von Frau Däubler-Gmelin.
Klaus Kirschner (SPD): Nein, ich möchte jetzt zum Schluß kommen.
Ich will noch einmal auf das hinweisen, was auch Professor Dr. Heun in
der Sachverständigenanhörung sagte: ,,Wenn man annimmt, die Kinder leben
noch, dann wird man den Eltern hier kein Verfügungsrecht zubilligen
können."
Ich sage noch einmal: Ich akzeptiere, daß Sie die Sorge treibt, daß das
Leben verfügbar gemacht wird. Aber indem Sie diese Sorge treibt, sind
Sie gerade dabei, das Gegenteil zu erreichen. Alle Medizinprofessoren
und die Bundesärztekammer haben in den Anhörungen des
Gesundheitsausschusses die Argumente, die gegen das Hirntodkriterium
angeführt wurden, aus meiner Sicht einleuchtend entkräften können.
Ich will noch einmal aus der Stellungnahme der Bundesärztekammer
zitieren:
Der endgültige Ausfall der Hirnfunktion als sicheres Todeszeichen ist
biologisch begründet und sowohl in der internationalen medizinischen
Literatur anerkannt als auch in Deutschland in Stellungnahmen der vier
mit dieser Thematik befaßten medizinisch-wissenschaftlichen
Fachgesellschaften bestätigt worden.
Alle hochentwickelten rechtsstaatlich-demokratischen Länder und auch
die Kirchen gehen im übrigen - auch das möchte ich betonen - vom
Ganzhirntod als Tod des Menschen aus. Ich kann respektieren, wenn Sie
diese Darlegungen nicht teilen. Aber ich bitte Sie, bei Ihrer
Entscheidung zu berücksichtigen: Wenn Sie der Auffassung sind, daß ein
ganzhirntoter Mensch noch lebt, dann müssen Sie sich auch zu der einzig
möglichen Konsequenz bekennen: Sie müssen beantragen, daß die
Explantation nach dem Ganzhirntod verboten wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb bitte ich all diejenigen Abgeordneten, die sich noch nicht
entschieden haben und sich erst unter Abwägung der Argumente dieser
Debatte entscheiden wollen, dem Antrag von Dreßler und anderen
zuzustimmen.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Zu einer Kurzintervention die
Kollegin Herta Däubler-Gmelin.
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Herr Kollege Kirschner, ich hätte ja
gerne eine Frage gestellt, aber ich glaube, es geht auch als
Kurzintervention.
Die Debatte hat lange gedauert, und wir haben uns gegenseitig sehr gut
zugehört. Wir haben ganz unterschiedliche Standpunkte. Aber wir sollten
am Ende der Debatte nicht damit beginnen, Folgerungen zu ziehen, die die
Ausführungen und die Intentionen der jeweils anderen Seite
unberücksichtigt lassen. Deswegen möchte ich von dem, was Sie gesagt
haben, zwei Dinge zurechtrücken.
Wir gehen - ich glaube, mit guten Gründen - davon aus, daß in der
Sterbephase Organe entnommen werden müssen, schlagende Herzen, lebende
Organe. Wir gehen davon aus, daß die Umdefinition des Todes auf den
Zeitpunkt des Beginns des Sterbens, signalisiert durch den Ausfall aller
Hirnfunktionen, vielleicht manche Ängste bei Ärzten mildern mag, aber
das Problem nicht bewältigt.
Außerdem können wir keinen Zweifel daran lassen, daß Eltern für ihre
kleinen Kinder handeln müssen. Wir wissen alle genau: Unsere Kinder sind
Grundrechtsträger. Aber es ist nun lange Zeit unbestritten - ich dachte
eigentlich, das sei auch zwischen den Vertretern der im übrigen
umstrittenen Meinungen völlig unstreitig -, daß dann, wenn Kinder klein
sind und diese Grundrechte nicht selbst ausüben können, ihre Eltern das
nicht nur tun dürfen, sondern tun müssen. Das ist bei zweijährigen, bei
dreijährigen, wahrscheinlich auch bei zehnjährigen und möglicherweise
auch noch bei zwölfjährigen Kindern der Fall. Bei 14 jährigen und 16
jährigen ist es schon anders. In diesem Alter können und müssen auch
Kinder selbst entscheiden. Die Juristen bezeichnen das als die Theorie
der wachsenden Grundrechtsmün
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16453
noch: Dr. Herta Däubler-Gmelin
Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der
F.D.P.)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Wir sind damit am Schluß der Debatte.
Zu den nun folgenden Abstimmungen liegen von den Abgeordneten Freimut
Duve, Norbert Geis, Roland Kohn, Wolfgang Lohmann und Manfred Opel
Erklärungen zur Abstimmung gemäß 1/2 31 unserer Geschäftsordnung vor.
Gibt es weitere Erklärungen zur Abstimmung? -
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Von Herrn Zöller!)
- Gut. Ich bitte, alle Erklärungen zu Protokoll geben zu dürfen.*)
Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen zum Gesetzentwurf der Fraktionen
von CDU/CSU, SPD und F.D.P. über die Spende, Entnahme und Übertragung
von Organen auf Drucksache 13/4355.
Ich rufe zunächst 1/2 3 auf, die Frage der Feststellung des Todes.
Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, und zwar ein Änderungsantrag
der Initiativgruppe der Abgeordneten von Klaeden, Wodarg, Knoche,
Schmidt-Jortzig und anderen auf Drucksache 13/8025 sowie ein
Änderungsantrag der Initiativgruppe der Abgeordneten Seehofer, Lohmann
(Lüdenscheid), Dreßler, Thomae und anderen auf Drucksache 13/8027. Es
ist eine namentliche Abstimmung vorgesehen.
Für die Abstimmung benötigen Sie den Stimmzettel mit der Überschrift
,,Stimmzettel zu 1/2 3". Die Stimmzettel wurden bereits verteilt.
Sollten Sie noch keinen erhalten haben, können Sie sich jetzt noch einen
von den Plenarassistenten geben lassen.
Bitte tragen Sie gut lesbar Ihren Namen einschließlich eines
eventuellen Ortszusatzes sowie Ihre Fraktion bzw. Gruppe ein. Wichtig
ist: Sie haben nur eine Stimme. Wenn Sie einem der beiden Anträge
zustimmen wollen, machen Sie in der entsprechenden Zeile ein Kreuz. Wenn
Sie keinem der beiden Anträge zustimmen oder sich der Stimme enthalten
wollen, machen Sie ein Kreuz in dem entsprechenden Kreis. Sie haben aber
insgesamt nur eine Stimme.
Angenommen ist ein Vorschlag, wenn er die Mehrheit der abgegebenen
Stimmen, also die einfache Mehrheit, erhält. Er muß also mehr Stimmen
als der andere Vorschlag zuzüglich eventueller Neinstimmen bekommen.
Stimmkarten, die mehr als ein Kreuz, gar kein Kreuz oder keinen
lesbaren Namen aufweisen, müssen als ungültig gezählt werden.
*) Anlage 2
Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der
Fall. Ich eröffne damit die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht
abgegeben hat? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich schließe damit
die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der
Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.
(Unterbrechung der Sitzung von 14.27 Uhr bis 14.45 Uhr)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Die unterbrochene Sitzung ist wieder
eröffnet.
Bevor ich Ihnen das Ergebnis der Abstimmung mitteile, möchte ich alle
Kolleginnen und Kollegen bitten, entgegen einer Durchsage, die es
gegeben hat, bis zur Schlußabstimmung über das Transplantationsgesetz
hierzubleiben, nicht nur bis zur letzten namentlichen Abstimmung. Da wir
freie Abstimmung haben, brauchen wir alle bis zur Schlußabstimmung.
Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Änderungsanträge zur zweiten
Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.
eingebrachten Entwurfs eines Transplantationsgesetzes bekannt.
Abgegebene Stimmen: 635; ungültige Stimmen: 4; gültige Stimmen damit:
631. Mit Nein hat ein Abgeordneter gestimmt, mit Enthaltung haben vier
gestimmt. Für die Drucksache 13/8025 - Änderungsantrag der Abgeordneten
von Klaeden, Wodarg, Knoche, Schmidt-Jortzig und anderer - sind 202
Stimmen abgegeben worden, für die Drucksache 13/8027 - Änderungsantrag
der Abgeordneten Seehofer, Lohmann, Dreßler, Thomae und anderer - 424.*)
Damit hat die zweite Drucksache die Mehrheit des Hauses gefunden.
Die Initiativgruppen haben um kurzfristige Sitzungsunterbrechung
gebeten, um das weitere Vorgehen untereinander zu beraten. Ich denke,
wir sollten dem nachkommen.
Ich unterbreche die Sitzung jetzt für etwa eine Viertelstunde.
(Unterbrechung von 14.46 bis 14.58 Uhr)
(Vorsitz: Vizepräsident Hans-Ulrich Klose)
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Die unterbrochene Sitzung ist wieder
eröffnet.
Wir kommen jetzt zu 1/2 4. Dazu liegen bisher fünf Änderungsanträge
vor. Es ist vereinbart, daß die verschiedenen Vorschläge nochmals kurz
erläutert werden. Deshalb hat zunächst der Kollege Wodarg das Wort.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle
Ihnen jetzt unseren Antrag
*) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Seite 16479 (Liste 1)
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16454
noch: Dr. Wolfgang Wodarg
zu 1/2 4 vor, der die enge Zustimmungslösung fordert. Wir wollen, daß
nur derjenige Organe spendet, der vorher informiert wurde und der zu
einem Zeitpunkt, an dem er noch klar und wach ist, selbst zugestimmt und
es schriftlich bekundet hat.
Das hat folgenden Grund: Wenn wir uns die Situation am Krankenbett
vorstellen und uns vor Augen führen, wie der zuständige Arzt die
juristisch ausformulierten Möglichkeiten der Zustimmung, die ja in den
anderen Anträgen ausgedrückt sind, in Realität umsetzen muß, dann zeigt
sich, daß es für diesen sehr schwierig wird. Denn er ist derjenige, der
sich bei den Angehörigen um die Zustimmung kümmern muß. Er muß
entscheiden, ob es sich um einen mutmaßlichen, einen wirklichen Willen
handelt oder ob der Wille sonstwie erklärt worden ist. Das ist im
Bürgerlichen Gesetzbuch näher erläutert, und diese Entscheidung ist für
Juristen schon schwierig genug. Ein Arzt auf der Intensivstation ist
dabei mit Sicherheit überfordert.
Wir wollen hier Klarheit schaffen und setzen darauf, daß eine
ausreichende Zahl an Organspendeausweisen, an schriftlichen Erklärungen
zur Organspende dadurch erreicht wird, daß wir erheblich mehr für die
Organspende werben. Allein die Aktion, die im vergangenen Winter
gelaufen ist - mit all den Macken, die sie hatte; diese haben wir im
Ausschuß kritisiert -, hat dazu geführt, daß das Aufkommen an
Spenderherzen im ersten Quartal des Jahres 1997 um 33 Prozent höher lag
als im Vorjahr. Wer also behauptet, man könne durch Werbeaktionen nicht
erreichen, daß genügend Organe gespendet würden, der täuscht sich
offenbar. Wir könnten viel mehr werben.
Auf der Vertrauensbasis, die dadurch geschaffen wird, daß nur der
Betreffende selbst durch seine persönliche Erklärung entscheiden kann,
ob Organe entnommen werden oder nicht, können wir auch nach dem eben
festgestellten Abstimmungsergebnis dafür sorgen, daß es hier eine klare
Lösung gibt. Ich bitte Sie, Ihre Stimme für die schriftliche Zustimmung
abzugeben.
Danke.
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Ich möchte zwischendurch darauf
hinweisen, daß die Stimmzettel noch nicht ausgefüllt werden sollten;
denn es steht zu vermuten, daß Änderungsanträge zurückgezogen werden.
Dann wäre möglicherweise schon ein Kreuz auf dem Zettel, das dann Folgen
hätte. Füllen Sie die Zettel bitte noch nicht aus.
Jetzt hat der Kollege Seehofer das Wort.
Horst Seehofer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Unser Vorschlag sieht - so, wie es seit 25 Jahren in der
Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird - bei der Frage, wer einer
Organentnahme zuzustimmen hat und zu befragen ist, eine Dreistufigkeit
vor. Mit erster Priorität kommt es auf die schriftliche Einwilligung
oder den schriftlichen Widerspruch des Verstorbenen zu Lebzeiten an.
Liegt eine solche Erklärung nicht vor, sind dessen nächste Angehörige zu
befragen, ob ihnen eine Erklärung des Verstorbenen bekannt ist. Ist eine
solche Erklärung nicht bekannt - das ist der dritte Schritt -, haben die
Angehörigen selbst zu entscheiden und sich dabei nach dem mutmaßlichen
Willen des möglichen Organspenders zu richten. Besteht bei den
Angehörigen Uneinigkeit, kann nicht explantiert werden. Dies ist die
Folge der gerade getroffenen Entscheidung, die es dann, wenn man vom Tod
des Menschen ausgeht, verfassungsrechtlich und ethisch auch ermöglicht,
Angehörige in die Entscheidung einzubinden.
Nun haben wir gerade mit den Initiativgruppen von Klaeden und
Catenhusen gesprochen; sie werden anschließend noch etwas dazu sagen.
Als Ergebnis dieses Gesprächs und der vielen Gespräche mit Kolleginnen
und Kollegen, die mich zu diesem Punkt heute noch einmal angesprochen
haben, möchte ich Ihnen eine Änderung zu der Drucksache 13/8027, und
zwar zu 1/2 4 - das ist Seite 3 des Antrages - vorschlagen, die es unter
Umständen ermöglicht, die Zahl der Änderungsanträge zu verringern.
1/2 4 Abs. 1 letzter Satz des Änderungsantrages auf Drucksache 13/8027
lautet:
Will der Angehörige sich eine Bedenkzeit für seine endgültige Zustimmung
vorbehalten, kann er mit dem Arzt vereinbaren, daß die Zustimmung
erteilt ist, wenn er innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist sich
nicht erneut erklärt hat.
Diesbezüglich gibt es das Bedenken, daß sich dies in der Praxis zu
einem Einverständnis durch Stillschweigen entwickeln könnte. Dieses
Bedenken sehe ich so nicht. Aber wenn durch eine Änderung der
Formulierung Klarheit für die Zukunft geschaffen werden kann, sollten
wir das tun. Deshalb schlage ich in Abstimmung mit den
Hauptunterzeichnern dieses Antrages und der beiden Initiativanträge vor,
daß dieser Satz durch folgenden kurzen Satz ersetzt wird:
Der Angehörige kann mit dem Arzt vereinbaren, daß er seine Erklärung
innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist widerrufen kann.
Damit ist das Anliegen, um das es bei diesem Satz geht, nämlich dem
Angehörigen in dieser Grenzsituation eine Bedenkzeit einzuräumen,
erfüllt. Mit Ablaufen der Bedenkzeit gilt die Zustimmung nur dann
automatisch als erteilt, wenn er die Zustimmung nicht aktiv widerruft.
Das schafft mehr Rechtssicherheit.
Ich lese noch einmal den Satz vor, der an die Stelle des 1/2 4 Abs. 1
letzter Satz tritt:
Der Angehörige kann mit dem Arzt vereinbaren, daß er seine Erklärung
innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist widerrufen kann.
Soweit der Änderungsvorschlag. Vorbehaltlich der Wortmeldungen derer,
die ebenfalls Änderungsanträge zu 1/2 4 gestellt haben, besteht die
Chance, daß sich die Zahl der Änderungsanträge reduziert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16455
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Das Wort hat jetzt der Kollege von
Klaeden.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der von mir unterstützte Antrag zu 1/2 4 sah vor, daß die
Abstimmung zu 1/2 3 zugunsten unseres Antrags ausgeht. Er steht also in
einem logischen Zusammenhang zu dem in der Abstimmung unterlegenen
Antrag zu 1/2 3. Deshalb werden wir den Antrag zu 1/2 4 zurückziehen.
Ich persönlich werde für den Antrag von Herrn Seehofer, Herrn Dreßler
und anderen in der jetzt geänderten Fassung stimmen.
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Das Wort hat jetzt der Kollege Schmidt-
Jortzig.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Der von mir mit initiierte Antrag bleibt bestehen, weil er eine
ganz bewußte und eigenständige Position verfolgt. Gerade jetzt, nachdem
feststeht, daß der rechtliche Schlußstrich beim Sterbeprozeß beim
Hirntod gezogen wird und somit der Schutz des erlöschenden Lebens früher
aufhört, ist es um so wichtiger, daß der Wille des einzelnen maßgeblich
bleibt, um diese Unsicherheit zu beseitigen.
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der PDS)
An diesem Punkt - obwohl ich mir jede Ironie versagen will - kann ich
sagen, daß unsere Position wesentlich einfacher und pragmatischer ist
als das, was ich vom Antrag von Herrn Seehofer und anderen mitbekommen
habe. Es kommt eben auf den Willen des betroffenen potentiellen Spenders
an.
Unser Vorschlag ist nicht so eng wie das, was der Kollege Wodarg und
die ihm folgenden Kollegen festlegen wollen. Wir wollen gelten lassen,
daß ein solcher Wille auch dann maßgeblich ist, wenn er nicht - was
natürlich das beste wäre - in dem Spenderpaß schriftlich und
unmißverständlich erklärt wird. Man kann nämlich auch einen Zeugen bzw.
- wie es einfach und verkürzt heißt - einen Boten hören, der dann etwa
sagt: Ich weiß es genau, der Spender hat es mir gestern noch gesagt. Das
würde dann auch genügen. Es kommt aber immer darauf an, daß es der Wille
des Betroffenen ist. Das ist das wichtigste an der ganzen Sache.
Ich möchte noch etwas zu Frau Kollegin Süssmuth sagen. Natürlich muß
die Spendemöglichkeit auch in der Kinderorgantransplantation gegeben
sein. Ich halte es für ganz wichtig, zu sagen, daß die Eltern den Willen
des Kindes vertreten. Es kommt also auch in diesem Fall auf den Willen
des spendenden Kindes an. Das ist der grundlegende Unterschied. Wir sind
pragmatischer als Wolfgang Wodarg mit seinen Vorschlägen, halten aber an
der Grundposition fest.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Jetzt der Kollege Catenhusen.
Wolf-Michael Catenhusen (SPD): Der von mir unterstützte Antrag bewegt
sich im Rahmen einer erweiterten Zustimmungslösung. Das heißt: Die
Initiatorinnen und Initiatoren gingen und gehen davon aus, daß es
ethisch vertretbar ist, die Entscheidung in der schwierigen Situation,
wenn wir weder eine schriftliche Entscheidung noch eine sonstige
Mitteilung über den mutmaßlichen Willen des Betroffenen haben, von einem
Angehörigen treffen zu lassen.
Ziel des Antrages war es von Anfang an, das Bewußtsein dafür
wachzuhalten, daß die Entnahme von Organen ein Eingriff ist, der tief in
den Prozeß des Erlöschens eines Menschens eingreift. Wir schulden auch
bei der Ausgestaltung der Zustimmung den Hirntoten Achtung und Schutz.
Deshalb haben wir mit unserem Antrag versucht, sicherzustellen, daß am
Schluß des Gespräches, der Kommunikation zwischen Arzt und Angehörigen
eine bewußte abschließende Entscheidung des oder der Angehörigen steht.
Der Änderungsvorschlag von Seehofer, Dreßler und anderen hat diese
Intention aufgenommen, so daß ich unseren Antrag zurückziehen kann. Ich
glaube, diejenigen, die diesen Antrag unterstützt haben oder
unterstützen wollten, können mit guten Gründen dem Antrag von Dreßler
und Seehofer zu 1/2 4 zustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Ich schließe diese kurze Aussprache.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Änderungsanträge zu 1/2 4. Die
Änderungsanträge sind auf dem Stimmzettel mit der Überschrift
,,Stimmzettel zu 1/2 4" aufgeführt. Nach den Erklärungen, die wir eben
gehört haben, sind auf diesem Stimmzettel die Änderungsanträge mit den
laufenden Nummern 3 und 5 zu streichen. Streichen Sie das einfach
handschriftlich durch; wir haben jetzt keine Zeit, neue Stimmzettel zu
machen.
Ich darf vorsichtshalber fragen, ob jeder der Anwesenden einen
Stimmzettel hat; sonst ist jetzt die letzte Gelegenheit, sich einen
geben zu lassen. - Das scheint der Fall zu sein.
Wie zuvor müssen Sie leserlich in Blockschrift Ihren Namen mit einem
eventuellen Ortszusatz und die Fraktion bzw. Gruppe eintragen.
Für das vereinbarte Abstimmungsverfahren entsprechend 1/2 50 der
Geschäftsordnung gilt hier wiederum: Sie haben nur eine Stimme, die Sie
einem der Vorschläge geben können. Die Stimmzettel enthalten außerdem je
einen Kreis für Nein und für Enthaltung hinsichtlich aller Vorschläge.
Angenommen ist der Vorschlag, der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen
erhält. Das heißt, daß er mehr Stimmen erhalten muß als alle anderen
Vorschläge zusammen zuzüglich der Neinstimmen. Er
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16456
noch: Vizepräsident Hans-Ulrich Klose
wir einen Stichentscheid durchführen.
Beachten Sie bitte noch folgendes: Stimmzettel, die mehr als ein Kreuz
aufweisen, gar kein Kreuz oder keinen lesbaren Namen enthalten, sind
ungültig.
Ich bitte jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze
einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall.
Dann eröffne ich die Abstimmung. -
Haben jetzt alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme
abgegeben? - Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich die
Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der
Auszählung zu beginnen.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses unterbreche ich die Sitzung.
(Unterbrechung von 15.17 bis 15.37 Uhr)
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Die Sitzung wird fortgesetzt.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte
Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu 1/2 4, Abstimmung über
Änderungsanträge zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines
Transplantationsgesetzes, Drucksache 13/4355, bekannt.
Abgegebene Stimmen: 633. Ungültige Stimmen: 2. Gültige Stimmen: 631.
Mit Nein hat ein Abgeordneter gestimmt, eine Abgeordnete hat sich
enthalten. Auf die laufende Nr. 1 - ich nenne hier nur Wodarg -
entfielen 134 Stimmen, auf die laufende Nr. 2 - Seehofer - 422 Stimmen
und auf die laufende Nr. 4 73 Stimmen.*)
Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen als alle anderen
Vorschläge zusammen zuzüglich der Neinstimmen erhalten hat. Der
Vorschlag laufende Nr. 2 - Seehofer und andere - hat im ersten
Abstimmungsgang die erforderliche Mehrheit erhalten. Damit erübrigt sich
ein Stichentscheid.
Wir müssen jetzt noch über die bisher nicht behandelten Vorschriften
des Gesetzentwurfes abstimmen.
Ich rufe 1/2 1 in der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die
zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -
Enthaltungen? - 1/2 1 ist mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe jetzt 1/2 2 in der Ausschußfassung mit den Folgeänderungen,
die sich aus dem angenommenen Änderungsantrag zu 1/2 3 und 1/2 4,
Drucksache 13/8027, ergeben, auf. Hierzu liegt auf Drucksache 13/8029
ein Änderungsantrag des Abgeordneten Schmidt-Jortzig vor. Wer stimmt für
diesen Änderungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser
Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
*) Endgültiges Ergebnis und Namenslisten siehe Seite 16491 (Liste 2)
Ich bitte jetzt diejenigen, die dem 1/2 2 in der Ausschußfassung mit
den Folgeänderungen, die sich aus den angenommenen Änderungsanträgen zu
den 1/21/2 3 und 4 ergeben - das ist Drucksache 13/8027 -, zustimmen
wollen, um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle
fest, daß 1/2 2 in der Ausschußfassung einschließlich der
Folgeänderungen, die sich aus den angenommenen Änderungsanträgen zu den
1/21/2 3 und 4 ergeben, mit Mehrheit angenommen ist.
Ich rufe jetzt auf die 1/21/2 5 bis 24 sowie Einleitung und Überschrift
in der Ausschußfassung einschließlich der Folgeänderungen, die sich aus
den angenommenen Änderungsanträgen zu den 1/21/2 3 und 4 - das ist die
Drucksache 13/8027 - ergeben. Ich bitte diejenigen, die zustimmen
wollen, um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die
aufgerufenen Vorschriften sind mit Mehrheit angenommen. Damit ist die
zweite Beratung abgeschlossen.
Es ist zwischen den Fraktionen vereinbart worden, trotz der in zweiter
Beratung angenommenen Änderungen jetzt unmittelbar in die dritte
Beratung einzutreten. - Das ist mit der erforderlichen Mehrheit, wie ich
unterstelle, so beschlossen worden.
Dann kommen wir jetzt zur dritten
Beratung und Schlußabstimmung.
Es liegt eine schriftliche Erklärung zur Abstimmung der Kollegin
Marieluise Beck und einiger anderer vor. Ich gehe davon aus, daß das
Haus damit einverstanden ist, daß das zu Protokoll genommen wird.
Es ist für die dritte Lesung namentliche Abstimmung verlangt worden, in
die wir jetzt eintreten. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen und mir ein Zeichen zu geben,
wenn die Urnen besetzt sind.
Ich gehe davon aus, daß alle Urnen besetzt sind. Dann eröffne ich die
Abstimmung.
Haben alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme abgegeben? -
Ich gehe davon aus, daß alle abgestimmt haben. Ich schließe die
Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der
Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
mitgeteilt.*)
Wir setzen die Sitzung jetzt mit den übrigen Abstimmungen fort. Ich
wäre dankbar, wenn Sie Platz nehmen würden, sonst kann ich die
Abstimmungsergebnisse nur sehr schlecht übersehen.
Der Ausschuß für Gesundheit empfiehlt unter Nr. 1 Buchstabe d seiner
Beschlußempfehlung auf Drucksache 13/8017 die Annahme einer
Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -
Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit Mehrheit bei vereinzelten
Enthaltungen angenommen.
Wir kommen zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem
Antrag der Abge-
*) Endgültiges Ergebnis und Namenslisten siehe Seite 16503 (Liste 3)
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16457
noch: Vizepräsident Hans-Ulrich Klose
Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Horst
Schmidbauer (Nürnberg) und weiterer Abgeordneter zu Kriterien für die
Spende, Entnahme und Übertragung von menschlichen Organen. Das ist die
Drucksache 13/8017 Nr. 2.
Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4114 für erledigt
zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -
Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem
Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Rudolf Scharping, Klaus
Kirschner, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Horst Seehofer, Dr. Wolfgang
Schäuble, Dr. Dieter Thomae, Wolfgang Zöller sowie weiterer Abgeordneter
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zu Spende, Entnahme und
Übertragung von Organen. Das ist die Drucksache 13/8017 Nr. 3.
Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4368 für erledigt
zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -
Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem
Antrag der Abgeordneten Eckart von Klaeden, Dr. Wolfgang Götzer, Dr.
Edzard Schmidt-Jortzig sowie weiterer Abgeordneter der Fraktionen der
CDU/CSU und F.D.P. zu Eckpunkten für die Spende, Entnahme und
Übertragung von Organen. Das ist die Drucksache 13/8017 Nr. 4.
Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/6591 für erledigt
zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! -
Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig angenommen.
...
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16479
Liste 1
Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Änderungsanträge
zur Zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.
eingebrachten
Entwurfs eines Transplantationsgesetzes
- Drucksachen 13/4355 und 13/8017 -
Abgegebene Stimmen635
Ungültige Stimmen4
Gültige Stimmen631
Mit Nein haben gestimmt1Abgeordneter
Enthaltungen4
Es entfielen auf
lfd. Nr. 1, Drucksache 13/8025, von Klaeden,
Wodarg, Knoche, Schmidt-Jortzig u. a. 202Stimmen
lfd. Nr. 2, Drucksache 13/8027, Seehofer,
Lohmann (Lüdenscheid), Dreßler, Thomae u. a. 424Stimmen
Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen als der andere
Vorschlag zuzüglich der Nein-Stimmen erhalten hat.
Demnach hat der Vorschlag lfd. Nr. 2, Drs. 13/8027, Seehofer, Lohmann
(Lüdenscheid), Dreßler, Thomae u.a. die erforderliche Mehrheit erreicht.
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
CDU/CSU
Ulrich Adam x
Peter Altmaier x
Anneliese Augustin x
Jürgen Augustinowitz x
Dietrich Austermann x
Heinz-Günter Bargfrede x
Franz Peter Basten x
Dr. Wolf Bauer x
Brigitte Baumeister x
Meinrad Belle x
Dr. Sabine Bergmann-Pohl x
Hans-Dirk Bierling x
Dr. Joseph-Theodor Blank x
Renate Blank x
Dr. Heribert Blens x
Peter Bleser x
Dr. Norbert Blüm x
Dr. Maria Böhmer x
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) x
Wolfgang Bosbach x
Dr. Wolfgang Bötsch x
Klaus Brähmig x
Rudolf Braun (Auerbach) x
Paul Breuer x
Monika Brudlewsky x
Georg Brunnhuber x
Klaus Bühler (Bruchsal) x
Hartmut Büttner (Schönebeck) x
Dankward Buwitt x
Manfred Carstens (Emstek) x
Peter H. Carstensen (Nordstrand) x
Wolfgang Dehnel x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16480
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Hubert Deittert x
Gertrud Dempwolf x
Albert Deß x
Renate Diemers x
Wilhelm Dietzel x
Werner Dörflinger x
Hansjürgen Doss x
Dr. Alfred Dregger x
Maria Eichhorn x
Wolfgang Engelmann x
Rainer Eppelmann x
Heinz Dieter Eßmann x
Horst Eylmann x
Anke Eymer x
Ilse Falk x
Jochen Feilcke x
Ulf Fink x
Dirk Fischer (Hamburg) x
Klaus Francke (Hamburg) x
Herbert Frankenhauser x
Dr. Gerhard Friedrich x
Erich G. Fritz x
Hans-Joachim Fuchtel x
Michaela Geiger x
Norbert Geis x
Dr. Heiner Geißler x
Michael Glos x
Wilma Glücklich x
Dr. Reinhard Göhner x
Peter Götz x
Dr. Wolfgang Götzer x
Joachim Gres x
Kurt-Dieter Grill x
Wolfgang Gröbl x
Hermann Gröhe x
Claus-Peter Grotz x
Manfred Grund x
Horst Günther (Duisburg) x
Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein x
Gottfried Haschke (Großhennersdorf) x
Gerda Hasselfeldt x
Otto Hauser (Esslingen) x
Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) x
Helmut Heiderich x
Manfred Heise x
Detlef Helling x
Dr. Renate Hellwig x
Ernst Hinsken x
Peter Hintze x
Josef Hollerith x
Dr. Karl-Heinrich Hornhues x
Siegfried Hornung x
Joachim Hörster x
Hubert Hüppe x
Peter Jacoby x
Susanne Jaffke x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16481
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Georg Janovsky x
Helmut Jawurek x
Dr. Dionys Jobst x
Dr.-Ing. Rainer Jork x
Michael Jung (Limburg) x
Ulrich Junghanns x
Dr. Egon Jüttner x
Dr. Harald Kahl x
Bartholomäus Kalb x
Steffen Kampeter x
Dr.-Ing. Dietmar Kansy x
Manfred Kanther x
Irmgard Karwatzki x
Volker Kauder x
Peter Keller x
Eckart von Klaeden x
Dr. Bernd Klaußner x
Ulrich Klinkert x
Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz) x
Manfred Kolbe x
Norbert Königshofen x
Eva-Maria Kors x
Hartmut Koschyk x
Manfred Koslowski x
Thomas Kossendey x
Rudolf Kraus x
Wolfgang Krause (Dessau) x
Andreas Krautscheid x
Arnulf Kriedner x
Heinz-Jürgen Kronberg x
Dr.-Ing. Paul Krüger x
Reiner Krziskewitz x
Dr. Hermann Kues x
Werner Kuhn x
Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) x
Karl Lamers x
Dr. Norbert Lammert x
Helmut Lamp x
Armin Laschet x
Herbert Lattmann x
Dr. Paul Laufs x
Karl-Josef Laumann x
Vera Lengsfeld x
Werner Lensing x
Christian Lenzer x
Peter Letzgus x
Walter Link (Diepholz) x
Eduard Lintner x
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) x
Dr. Manfred Lischewski x
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) x
Julius Louven x
Sigrun Löwisch x
Heinrich Lummer x
Dr. Michael Luther x
Erich Maaß (Wilhelmshaven) x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16482
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Dr. Dietrich Mahlo x
Erwin Marschewski x
Günter Marten x
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) x
Wolfgang Meckelburg x
Rudolf Meinl x
Dr. Michael Meister x
Friedrich Merz x
Rudolf Meyer (Winsen) x
Hans Michelbach x
Meinolf Michels x
Dr. Gerd Müller x
Elmar Müller (Kirchheim) x
Engelbert Nelle x
Bernd Neumann (Bremen) x
Johannes Nitsch x
Claudia Nolte x
Dr. Rolf Olderog x
Friedhelm Ost x
Eduard Oswald x
Norbert Otto (Erfurt) x
Dr. Gerhard Päselt x
Hans-Wilhelm Pesch x
Ulrich Petzold x
Anton Pfeifer x
Angelika Pfeiffer x
Dr. Gero Pfennig x
Dr. Friedbert Pflüger x
Beatrix Philipp x
Dr. Winfried Pinger x
Ronald Pofalla x
Dr. Hermann Pohler x
Ruprecht Polenz x
Marlies Pretzlaff x
Dr. Bernd Protzner x
Dieter Pützhofen x
Thomas Rachel x
Hans Raidel x
Dr. Peter Ramsauer x
Rolf Rau x
Helmut Rauber x
Peter Rauen x
Christa Reichard (Dresden) x
Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) x
Dr. Bertold Reinartz x
Erika Reinhardt x
Hans-Peter Repnik x
Roland Richter x
Roland Richwien x
Dr. Norbert Rieder x
Dr. Erich Riedl (München) x
Klaus Riegert x
Dr. Heinz Riesenhuber x
Franz Romer x
Hannelore Rönsch (Wiesbaden) x
Dr. Klaus Rose x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16483
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Kurt J. Rossmanith x
Adolf Roth (Gießen) x
Norbert Röttgen x
Volker Rühe x
Dr. Jürgen Rüttgers x
Roland Sauer (Stuttgart) x
Ortrun Schätzle x
Dr. Wolfgang Schäuble x
Hartmut Schauerte x
Heinz Schemken x
Karl-Heinz Scherhag x
Gerhard Scheu x
Norbert Schindler x
Dietmar Schlee x
Ulrich Schmalz x
Bernd Schmidbauer x
Christian Schmidt (Fürth) x
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) x
Andreas Schmidt (Mülheim) x
Hans-Otto Schmiedeberg x
Hans Peter Schmitz (Baesweiler) x
Birgit Schnieber-Jastram x
Dr. Andreas Schockenhoff x
Dr. Rupert Scholz x
Reinhard Freiherr von Schorlemer x
Dr. Erika Schuchardt x
Wolfgang Schulhoff x
Dr. Dieter Schulte (Schwäbisch Gmünd) x
Gerhard Schulz (Leipzig) x
Frederick Schulze (Sangershausen) x
Diethard Schütze (Berlin) x
Clemens Schwalbe x
Dr. Christian Schwarz-Schilling x
Wilhelm Josef Sebastian x
Horst Seehofer x
Marion Seib x
Wilfried Seibel x
Heinz-Georg Seiffert x
Rudolf Seiters x
Johannes Selle x
Jürgen Sikora x
Johannes Singhammer x
Bärbel Sothmann x
Margarete Späte x
Carl-Dieter Spranger x
Wolfgang Steiger x
Erika Steinbach x
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten x
Dr. Gerhard Stoltenberg x
Andreas Storm x
Max Straubinger x
Matthäus Strebl x
Michael Stübgen x
Egon Susset x
Dr. Rita Süssmuth x
Michael Teiser x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16484
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Dr. Susanne Tiemann x
Gottfried Tröger x
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff x
Gunnar Uldall x
Wolfgang Vogt (Düren) x
Dr. Horst Waffenschmidt x
Dr. Theodor Waigel x
Alois Graf von Waldburg-Zeil x
Dr. Jürgen Warnke x
Kersten Wetzel x
Hans-Otto Wilhelm (Mainz) x
Gert Willner x
Bernd Wilz x
Willy Wimmer (Neuss) x
Matthias Wissmann x
Dagmar Wöhrl x
Michael Wonneberger x
Elke Wülfing x
Peter Kurt Würzbach x
Wolfgang Zeitlmann x
Wolfgang Zöller x
SPD
Brigitte Adler x
Gerd Andres x
Hermann Bachmaier x
Ernst Bahr x
Doris Barnett x
Klaus Barthel x
Ingrid Becker-Inglau x
Hans Berger x
Hans-Werner Bertl x
Friedhelm Julius Beucher x
Rudolf Bindig x
Arne Börnsen (Ritterhude) x
Anni Brandt-Elsweier x
Tilo Braune x
Dr. Eberhard Brecht x
Edelgard Bulmahn x
Ursula Burchardt x
Dr. Michael Bürsch x
Hans Martin Bury x
Hans Büttner (Ingolstadt) x
Wolf-Michael Catenhusen x
Peter Conradi x
Dr. Herta Däubler-Gmelin x
Christel Deichmann x
Karl Diller x
Dr. Marliese Dobberthien x
Peter Dreßen x
Rudolf Dreßler x
Freimut Duve x
Ludwig Eich x
Peter Enders x
Gernot Erler x
Petra Ernstberger x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16485
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Annette Faße x
Elke Ferner x
Lothar Fischer (Homburg) x
Gabriele Fograscher x
Iris Follak x
Norbert Formanski x
Dagmar Freitag x
Anke Fuchs (Köln) x
Katrin Fuchs (Verl) x
Arne Fuhrmann x
Monika Ganseforth x
Konrad Gilges x
Iris Gleicke x
Günter Gloser x
Uwe Göllner x
Günter Graf (Friesoythe) x
Angelika Graf (Rosenheim) x
Dieter Grasedieck x
Achim Großmann x
Karl Hermann Haack (Extertal) x
Hans-Joachim Hacker x
Klaus Hagemann x
Manfred Hampel x
Christel Hanewinckel x
Alfred Hartenbach x
Dr. Liesel Hartenstein x
Klaus Hasenfratz x
Dr. Ingomar Hauchler x
Dieter Heistermann x
Reinhold Hemker x
Rolf Hempelmann x
Dr. Barbara Hendricks x
Monika Heubaum x
Uwe Hiksch x
Reinhold Hiller (Lübeck) x
Gerd Höfer x
Jelena Hoffmann (Chemnitz) x
Frank Hofmann (Volkach) x
Ingrid Holzhüter x
Eike Hovermann x
Lothar Ibrügger x
Wolfgang Ilte x
Barbara Imhof x
Brunhilde Irber x
Gabriele Iwersen x
Renate Jäger x
Jann-Peter Janssen x
Ilse Janz x
Dr. Uwe Jens x
Volker Jung (Düsseldorf) x
Sabine Kaspereit x
Susanne Kastner x
Ernst Kastning x
Hans-Peter Kemper x
Klaus Kirschner x
Marianne Klappert x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16486
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Siegrun Klemmer x
Hans-Ulrich Klose x
Dr. Hans-Hinrich Knaape x
Walter Kolbow x
Fritz Rudolf Körper x
Nicolette Kressl x
Volker Kröning x
Thomas Krüger x
Horst Kubatschka x
Eckart Kuhlwein x
Helga Kühn-Mengel x
Konrad Kunick x
Christine Kurzhals x
Dr. Uwe Küster x
Werner Labsch x
Brigitte Lange x
Detlev von Larcher x
Waltraud Lehn x
Robert Leidinger x
Klaus Lennartz x
Dr. Elke Leonhard x
Christa Lörcher x
Erika Lotz x
Dr. Christine Lucyga x
Dieter Maaß (Herne) x
Winfried Mante x
Dorle Marx x
Ulrike Mascher x
Christoph Matschie x
Ingrid Matthäus-Maier x
Heide Mattischeck x
Markus Meckel x
Ulrike Mehl x
Herbert Meißner x
Angelika Mertens x
Dr. Jürgen Meyer (Ulm) x
Ursula Mogg x
Siegmar Mosdorf x
Michael Müller (Düsseldorf) x
Jutta Müller (Völklingen) x
Christian Müller (Zittau) x
Volker Neumann (Bramsche) x
Gerhard Neumann (Gotha) x
Dr. Edith Niehuis x
Dr. Rolf Niese x
Doris Odendahl x
Günter Oesinghaus x
Leyla Onur x
Manfred Opel x
Adolf Ostertag x
Kurt Palis x
Albrecht Papenroth x
Dr. Willfried Penner x
Dr. Martin Pfaff x
Georg Pfannenstein x
Dr. Eckhart Pick x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16487
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Joachim Poß x
Rudolf Purps x
Hermann Rappe (Hildesheim) x
Karin Rehbock-Zureich x
Margot von Renesse x
Renate Rennebach x
Otto Reschke x
Bernd Reuter x
Dr. Edelbert Richter x
Günter Rixe x
Reinhold Robbe x
Gerhard Rübenkönig x
Marlene Rupprecht x
Dr. Hansjörg Schäfer x
Gudrun Schaich-Walch x
Dieter Schanz x
Rudolf Scharping x
Bernd Scheelen x
Dr. Hermann Scheer x
Siegfried Scheffler x
Horst Schild x
Otto Schily x
Günter Schluckebier x
Horst Schmidbauer (Nürnberg) x
Ulla Schmidt (Aachen) x
Dagmar Schmidt (Meschede) x
Wilhelm Schmidt (Salzgitter) x
Regina Schmidt-Zadel x
Heinz Schmitt (Berg) x
Dr. Emil Schnell x
Walter Schöler x
Ottmar Schreiner x
Gisela Schröter x
Richard Schuhmann (Delitzsch) x
Brigitte Schulte (Hameln) x
Reinhard Schultz (Everswinkel) x
Volkmar Schultz (Köln) x
Ilse Schumann x
Dr. R. Werner Schuster x
Dietmar Schütz (Oldenburg) x
Dr. Angelica Schwall-Düren x
Ernst Schwanhold x
Rolf Schwanitz x
Bodo Seidenthal x
Lisa Seuster x
Horst Sielaff x
Johannes Singer x
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk x
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast x
Wieland Sorge x
Wolfgang Spanier x
Dr. Dietrich Sperling x
Jörg-Otto Spiller x
Antje-Marie Steen x
Ludwig Stiegler x
Dr. Peter Struck x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16488
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Joachim Tappe x
Jörg Tauss x
Dr. Bodo Teichmann x
Jella Teuchner x
Dr. Gerald Thalheim x
Wolfgang Thierse x
Franz Thönnes x
Uta Titze-Stecher x
Adelheid Tröscher x
Hans-Eberhard Urbaniak x
Siegfried Vergin x
Günter Verheugen x
Ute Vogt (Pforzheim) x
Karsten D. Voigt (Frankfurt) x
Josef Vosen x
Hans Georg Wagner x
Dr. Konstanze Wegner x
Wolfgang Weiermann x
Reinhard Weis (Stendal) x
Matthias Weisheit x
Gunter Weißgerber x
Gert Weisskirchen (Wiesloch) x
Jochen Welt x
Hildegard Wester x
Lydia Westrich x
Inge Wettig-Danielmeier x
Dr. Norbert Wieczorek x
Helmut Wieczorek (Duisburg) x
Heidemarie Wieczorek-Zeul x
Dieter Wiefelspütz x
Dr. Wolfgang Wodarg x
Verena Wohlleben x
Hanna Wolf (München) x
Heide Wright x
Uta Zapf x
Dr. Christoph Zöpel x
Peter Zumkley x
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) x
Marieluise Beck (Bremen) x
Volker Beck (Köln) x
Angelika Beer x
Matthias Berninger x
Annelie Buntenbach x
Amke Dietert-Scheuer x
Franziska Eichstädt-Bohlig x
Dr. Uschi Eid x
Andrea Fischer (Berlin) x
Joseph Fischer (Frankfurt) x
Rita Grießhaber x
Gerald Häfner x
Antje Hermenau x
Kristin Heyne x
Ulrike Höfken x
Dr. Manuel Kiper x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16489
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Monika Knoche x
Dr. Angelika Köster-Loßack x
Steffi Lemke x
Dr. Helmut Lippelt x
Oswald Metzger x
Kerstin Müller (Köln) x
Winfried Nachtwei x
Christa Nickels x
Egbert Nitsch (Rendsburg) x
Cem Özdemir x
Gerd Poppe x
Simone Probst x
Dr. Jürgen Rochlitz x
Halo Saibold x
Christine Scheel x
Irmingard Schewe-Gerigk x
Albert Schmidt (Hitzhofen) x
Wolfgang Schmitt (Langenfeld) x
Ursula Schönberger x
Waltraud Schoppe x
Werner Schulz (Berlin) x
Marina Steindor x
Christian Sterzing x
Manfred Such x
Dr. Antje Vollmer x
Ludger Volmer x
Helmut Wilhelm (Amberg) x
Margareta Wolf (Frankfurt) x
F.D.P.
Ina Albowitz x
Dr. Gisela Babel x
Hildebrecht Braun (Augsburg) x
Günther Bredehorn x
Jörg van Essen x
Dr. Olaf Feldmann x
Paul K. Friedhoff x
Horst Friedrich x
Rainer Funke x
Dr. Wolfgang Gerhardt x
Joachim Günther (Plauen) x
Dr. Karlheinz Guttmacher x
Dr. Helmut Haussmann x
Ulrich Heinrich x
Walter Hirche x
Dr. Burkhard Hirsch x
Birgit Homburger x
Dr. Werner Hoyer x
Ulrich Irmer x
Dr. Klaus Kinkel x
Roland Kohn x
Dr. Heinrich L. Kolb x
Jürgen Koppelin x
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann x
Dr. Otto Graf Lambsdorff x
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16490
Name
Drucksache
13/8025
Drucksache
13/8027
Nein
Enthaltung
Uwe Lühr x
Jürgen W. Möllemann x
Günther Friedrich Nolting x
Dr. Rainer Ortleb x
Lisa Peters x
Dr. Günter Rexrodt x
Dr. Klaus Röhl x
Helmut Schäfer (Mainz) x
Cornelia Schmalz-Jacobsen x
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig x
Dr. Irmgard Schwaetzer x
Dr. Hermann Otto Solms x
Dr. Max Stadler x
Carl-Ludwig Thiele x
Dr. Dieter Thomae x
Jürgen Türk x
Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) x
Dr.Guido Westerwelle x
PDS
Petra Bläss x
Maritta Böttcher x
Eva Bulling-Schröter x
Dr. Ludwig Elm x
Dr. Dagmar Enkelmann x
Dr. Ruth Fuchs x
Andrea Gysi x
Dr. Gregor Gysi x
Hans-Peter Hartmann x
Dr. Barbara Höll x
Ulla Jelpke x
Gerhard Jüttemann x
Dr. Heidi Knake-Werner x
Rolf Köhne x
Rolf Kutzmutz x
Dr. Christa Luft x
Heidemarie Lüth x
Dr. Günther Maleuda x
Manfred Müller (Berlin) x
Rosel Neuhäuser x
Dr. Uwe-Jens Rössel x
Christina Schenk x
Steffen Tippach x
Klaus-Jürgen Warnick x
Dr. Winfried Wolf x
Gerhard Zwerenz x
Fraktionslos
Kurt Neumann (Berlin) x Entschuldigt wegen Übernahme einer
Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen
Versammlungen des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der
IPU
Abgeordnete(r)
Antretter, Robert, SPDSchloten, Dieter, SPD
Behrendt, Wolfgang, SPDvon Schmude, Michael, CDU/CSU
Fischer (Unna), Leni, CDU/CSUSiebert, Bernd, CDU/CSU
Horn, Erwin, SPDTerborg, Margitta, SPD
Dr. Probst, Albert, CDU/CSUZierer, Benno, CDU/CSU
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16491
Liste 2
Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Änderungsanträge
zur Zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.
eingebrachten
Entwurfs eines Transplantationsgesetzes
- Drucksachen 13/4355 und 13/8017 -
Abgegebene Stimmen634
Ungültige Stimmen4
Gültige Stimmen630
Mit Nein haben gestimmt1Abgeordneter
Enthaltungen1
Es entfielen auf
Drucksache 13/8026, Wodarg u. a. 133Stimmen
Drucksache 13/8027, Seehofer,
Lohmann (Lüdenscheid), Dreßler, Thomae u. a. 421Stimmen
Drucksache 13/8030, Schmidt-Jortzig u. a. 74Stimmen
Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen als alle anderen
Vorschläge zusammen zuzüglich der Nein-Stimmen erhalten hat.
Der Vorschlag Drucksache 13/8027, Seehofer, Lohmann (Lüdenscheid),
Dreßler, Thomae u.a. hat die erforderliche Mehrheit erhalten.
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
CDU/CSU
Ulrich Adam x
Peter Altmaier x
Anneliese Augustin x
Jürgen Augustinowitz x
Dietrich Austermann x
Heinz-Günter Bargfrede x
Franz Peter Basten x
Dr. Wolf Bauer x
Brigitte Baumeister x
Meinrad Belle x
Dr. Sabine Bergmann-Pohl x
Hans-Dirk Bierling x
Dr. Joseph-Theodor Blank x
Renate Blank x
Dr. Heribert Blens x
Peter Bleser x
Dr. Norbert Blüm x
Friedrich Bohl x
Dr. Maria Böhmer x
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) x
Wolfgang Bosbach x
Dr. Wolfgang Bötsch x
Klaus Brähmig x
Rudolf Braun (Auerbach) x
Paul Breuer x
Monika Brudlewsky x
Georg Brunnhuber x
Klaus Bühler (Bruchsal) x
Hartmut Büttner (Schönebeck) x
Dankward Buwitt x
Manfred Carstens (Emstek) x
Peter H. Carstensen (Nordstrand) x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16492
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Wolfgang Dehnel x
Hubert Deittert x
Gertrud Dempwolf x
Albert Deß x
Renate Diemers x
Wilhelm Dietzel x
Werner Dörflinger x
Hansjürgen Doss x
Dr. Alfred Dregger x
Maria Eichhorn x
Wolfgang Engelmann x
Rainer Eppelmann x
Heinz Dieter Eßmann x
Horst Eylmann x
Anke Eymer x
Ilse Falk x
Ulf Fink x
Dirk Fischer (Hamburg) x
Klaus Francke (Hamburg) x
Herbert Frankenhauser x
Dr. Gerhard Friedrich x
Erich G. Fritz x
Hans-Joachim Fuchtel x
Michaela Geiger x
Norbert Geis x
Dr. Heiner Geißler x
Michael Glos x
Wilma Glücklich x
Dr. Reinhard Göhner x
Peter Götz x
Dr. Wolfgang Götzer x
Joachim Gres x
Kurt-Dieter Grill x
Wolfgang Gröbl x
Hermann Gröhe x
Claus-Peter Grotz x
Manfred Grund x
Horst Günther (Duisburg) x
Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein x
Gottfried Haschke (Großhennersdorf) x
Gerda Hasselfeldt x
Otto Hauser (Esslingen) x
Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) x
Helmut Heiderich x
Manfred Heise x
Detlef Helling x
Dr. Renate Hellwig x
Ernst Hinsken x
Peter Hintze x
Josef Hollerith x
Dr. Karl-Heinrich Hornhues x
Siegfried Hornung x
Joachim Hörster x
Hubert Hüppe x
Peter Jacoby x
Susanne Jaffke x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16493
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Georg Janovsky x
Helmut Jawurek x
Dr. Dionys Jobst x
Dr.-Ing. Rainer Jork x
Michael Jung (Limburg) x
Ulrich Junghanns x
Dr. Egon Jüttner x
Dr. Harald Kahl x
Bartholomäus Kalb x
Steffen Kampeter x
Dr.-Ing. Dietmar Kansy x
Manfred Kanther x
Irmgard Karwatzki x
Volker Kauder x
Peter Keller x
Eckart von Klaeden x
Dr. Bernd Klaußner x
Ulrich Klinkert x
Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz) x
Manfred Kolbe x
Norbert Königshofen x
Eva-Maria Kors x
Hartmut Koschyk x
Manfred Koslowski x
Thomas Kossendey x
Rudolf Kraus x
Wolfgang Krause (Dessau) x
Andreas Krautscheid x
Arnulf Kriedner x
Heinz-Jürgen Kronberg x
Dr.-Ing. Paul Krüger x
Reiner Krziskewitz x
Dr. Hermann Kues x
Werner Kuhn x
Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) x
Dr. Norbert Lammert x
Helmut Lamp x
Armin Laschet x
Herbert Lattmann x
Dr. Paul Laufs x
Karl-Josef Laumann x
Vera Lengsfeld x
Werner Lensing x
Christian Lenzer x
Peter Letzgus x
Walter Link (Diepholz) x
Eduard Lintner x
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) x
Dr. Manfred Lischewski x
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) x
Julius Louven x
Sigrun Löwisch x
Heinrich Lummer x
Dr. Michael Luther x
Erich Maaß (Wilhelmshaven) x
Dr. Dietrich Mahlo x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16494
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Erwin Marschewski x
Günter Marten x
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) x
Wolfgang Meckelburg x
Rudolf Meinl x
Dr. Michael Meister x
Friedrich Merz x
Rudolf Meyer (Winsen) x
Hans Michelbach x
Meinolf Michels x
Dr. Gerd Müller x
Elmar Müller (Kirchheim) x
Engelbert Nelle x
Bernd Neumann (Bremen) x
Johannes Nitsch x
Claudia Nolte x
Dr. Rolf Olderog x
Friedhelm Ost x
Eduard Oswald x
Norbert Otto (Erfurt) x
Dr. Gerhard Päselt x
Hans-Wilhelm Pesch x
Ulrich Petzold x
Anton Pfeifer x
Angelika Pfeiffer x
Dr. Gero Pfennig x
Dr. Friedbert Pflüger x
Beatrix Philipp x
Dr. Winfried Pinger x
Ronald Pofalla x
Dr. Hermann Pohler x
Ruprecht Polenz x
Marlies Pretzlaff x
Dr. Bernd Protzner x
Dieter Pützhofen x
Thomas Rachel x
Hans Raidel x
Dr. Peter Ramsauer x
Rolf Rau x
Helmut Rauber x
Peter Rauen x
Christa Reichard (Dresden) x
Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) x
Dr. Bertold Reinartz x
Erika Reinhardt x
Hans-Peter Repnik x
Roland Richter x
Roland Richwien x
Dr. Norbert Rieder x
Dr. Erich Riedl (München) x
Klaus Riegert x
Dr. Heinz Riesenhuber x
Franz Romer x
Hannelore Rönsch (Wiesbaden) x
Dr. Klaus Rose x
Kurt J. Rossmanith x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16495
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Adolf Roth (Gießen) x
Norbert Röttgen x
Volker Rühe x
Dr. Jürgen Rüttgers x
Roland Sauer (Stuttgart) x
Ortrun Schätzle x
Dr. Wolfgang Schäuble x
Hartmut Schauerte x
Heinz Schemken x
Karl-Heinz Scherhag x
Gerhard Scheu x
Norbert Schindler x
Dietmar Schlee x
Ulrich Schmalz x
Bernd Schmidbauer x
Christian Schmidt (Fürth) x
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) x
Andreas Schmidt (Mülheim) x
Hans-Otto Schmiedeberg x
Hans Peter Schmitz (Baesweiler) x
Birgit Schnieber-Jastram x
Dr. Andreas Schockenhoff x
Dr. Rupert Scholz x
Reinhard Freiherr von Schorlemer x
Dr. Erika Schuchardt x
Wolfgang Schulhoff x
Dr. Dieter Schulte (Schwäbisch Gmünd) x
Gerhard Schulz (Leipzig) x
Frederick Schulze (Sangershausen) x
Diethard Schütze (Berlin) x
Clemens Schwalbe x
Dr. Christian Schwarz-Schilling x
Wilhelm Josef Sebastian x
Horst Seehofer x
Marion Seib x
Wilfried Seibel x
Heinz-Georg Seiffert x
Rudolf Seiters x
Jürgen Sikora x
Johannes Singhammer x
Bärbel Sothmann x
Margarete Späte x
Carl-Dieter Spranger x
Wolfgang Steiger x
Erika Steinbach x
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten x
Dr. Gerhard Stoltenberg x
Andreas Storm x
Max Straubinger x
Matthäus Strebl x
Michael Stübgen x
Egon Susset x
Dr. Rita Süssmuth x
Michael Teiser x
Dr. Susanne Tiemann x
Gottfried Tröger x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16496
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff x
Gunnar Uldall x
Wolfgang Vogt (Düren) x
Dr. Horst Waffenschmidt x
Dr. Theodor Waigel x
Alois Graf von Waldburg-Zeil x
Dr. Jürgen Warnke x
Kersten Wetzel x
Hans-Otto Wilhelm (Mainz) x
Gert Willner x
Bernd Wilz x
Willy Wimmer (Neuss) x
Matthias Wissmann x
Dagmar Wöhrl x
Michael Wonneberger x
Elke Wülfing x
Peter Kurt Würzbach x
Wolfgang Zeitlmann x
Wolfgang Zöller x
SPD
Brigitte Adler x
Gerd Andres x
Hermann Bachmaier x
Ernst Bahr x
Doris Barnett x
Klaus Barthel x
Ingrid Becker-Inglau x
Hans Berger x
Hans-Werner Bertl x
Friedhelm Julius Beucher x
Rudolf Bindig x
Arne Börnsen (Ritterhude) x
Anni Brandt-Elsweier x
Tilo Braune x
Dr. Eberhard Brecht x
Edelgard Bulmahn x
Ursula Burchardt x
Dr. Michael Bürsch x
Hans Martin Bury x
Hans Büttner (Ingolstadt) x
Wolf-Michael Catenhusen x
Peter Conradi x
Dr. Herta Däubler-Gmelin x
Christel Deichmann x
Karl Diller x
Dr. Marliese Dobberthien x
Peter Dreßen x
Rudolf Dreßler x
Freimut Duve x
Ludwig Eich x
Peter Enders x
Gernot Erler x
Petra Ernstberger x
Annette Faße x
Elke Ferner x
Lothar Fischer (Homburg) x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16497
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Gabriele Fograscher x
Iris Follak x
Norbert Formanski x
Dagmar Freitag x
Anke Fuchs (Köln) x
Katrin Fuchs (Verl) x
Arne Fuhrmann x
Monika Ganseforth x
Uwe Göllner x
Konrad Gilges x
Iris Gleicke x
Günter Gloser x
Günter Graf (Friesoythe) x
Angelika Graf (Rosenheim) x
Dieter Grasedieck x
Achim Großmann x
Karl Hermann Haack (Extertal) x
Hans-Joachim Hacker x
Klaus Hagemann x
Manfred Hampel x
Christel Hanewinckel x
Alfred Hartenbach x
Dr. Liesel Hartenstein x
Klaus Hasenfratz x
Dr. Ingomar Hauchler x
Dieter Heistermann x
Reinhold Hemker x
Rolf Hempelmann x
Dr. Barbara Hendricks x
Monika Heubaum x
Uwe Hiksch x
Reinhold Hiller (Lübeck) x
Stephan Hilsberg x
Gerd Höfer x
Jelena Hoffmann (Chemnitz) x
Frank Hofmann (Volkach) x
Ingrid Holzhüter x
Eike Hovermann x
Lothar Ibrügger x
Wolfgang Ilte x
Barbara Imhof x
Brunhilde Irber x
Gabriele Iwersen x
Renate Jäger x
Jann-Peter Janssen x
Ilse Janz x
Dr. Uwe Jens x
Volker Jung (Düsseldorf) x
Sabine Kaspereit x
Susanne Kastner x
Ernst Kastning x
Hans-Peter Kemper x
Klaus Kirschner x
Marianne Klappert x
Siegrun Klemmer x
Hans-Ulrich Klose x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16498
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Dr. Hans-Hinrich Knaape x
Walter Kolbow x
Fritz Rudolf Körper x
Nicolette Kressl x
Volker Kröning x
Thomas Krüger x
Horst Kubatschka x
Eckart Kuhlwein x
Helga Kühn-Mengel x
Konrad Kunick x
Christine Kurzhals x
Dr. Uwe Küster x
Werner Labsch x
Brigitte Lange x
Detlev von Larcher x
Waltraud Lehn x
Robert Leidinger x
Klaus Lennartz x
Dr. Elke Leonhard x
Christa Lörcher x
Erika Lotz x
Dr. Christine Lucyga x
Dieter Maaß (Herne) x
Winfried Mante x
Dorle Marx x
Ulrike Mascher x
Christoph Matschie x
Ingrid Matthäus-Maier x
Heide Mattischeck x
Markus Meckel x
Ulrike Mehl x
Herbert Meißner x
Angelika Mertens x
Dr. Jürgen Meyer (Ulm) x
Ursula Mogg x
Siegmar Mosdorf x
Michael Müller (Düsseldorf) x
Jutta Müller (Völklingen) x
Christian Müller (Zittau) x
Volker Neumann (Bramsche) x
Gerhard Neumann (Gotha) x
Dr. Edith Niehuis x
Dr. Rolf Niese x
Doris Odendahl x
Günter Oesinghaus x
Leyla Onur x
Manfred Opel x
Adolf Ostertag x
Kurt Palis x
Albrecht Papenroth x
Dr. Willfried Penner x
Dr. Martin Pfaff x
Georg Pfannenstein x
Dr. Eckhart Pick x
Joachim Poß x
Rudolf Purps x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16499
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Hermann Rappe (Hildesheim) x
Karin Rehbock-Zureich x
Margot von Renesse x
Renate Rennebach x
Otto Reschke x
Bernd Reuter x
Dr. Edelbert Richter x
Günter Rixe x
Reinhold Robbe x
Gerhard Rübenkönig x
Marlene Rupprecht x
Dr. Hansjörg Schäfer x
Gudrun Schaich-Walch x
Dieter Schanz x
Rudolf Scharping x
Bernd Scheelen x
Dr. Hermann Scheer x
Siegfried Scheffler x
Horst Schild x
Otto Schily x
Günter Schluckebier x
Horst Schmidbauer (Nürnberg) x
Ulla Schmidt (Aachen) x
Dagmar Schmidt (Meschede) x
Regina Schmidt-Zadel x
Heinz Schmitt (Berg) x
Dr. Emil Schnell x
Walter Schöler x
Ottmar Schreiner x
Gisela Schröter x
Richard Schuhmann (Delitzsch) x
Brigitte Schulte (Hameln) x
Reinhard Schultz (Everswinkel) x
Volkmar Schultz (Köln) x
Ilse Schumann x
Dr. R. Werner Schuster x
Dietmar Schütz (Oldenburg) x
Dr. Angelica Schwall-Düren x
Ernst Schwanhold x
Rolf Schwanitz x
Bodo Seidenthal x
Lisa Seuster x
Horst Sielaff x
Johannes Singer x
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk x
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast x
Wieland Sorge x
Wolfgang Spanier x
Dr. Dietrich Sperling x
Jörg-Otto Spiller x
Antje-Marie Steen x
Ludwig Stiegler x
Dr. Peter Struck x
Joachim Tappe x
Jörg Tauss x
Dr. Bodo Teichmann x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16500
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Jella Teuchner x
Dr. Gerald Thalheim x
Wolfgang Thierse x
Franz Thönnes x
Uta Titze-Stecher x
Adelheid Tröscher x
Hans-Eberhard Urbaniak x
Siegfried Vergin x
Günter Verheugen x
Ute Vogt (Pforzheim) x
Karsten D. Voigt (Frankfurt) x
Josef Vosen x
Hans Georg Wagner x
Dr. Konstanze Wegner x
Wolfgang Weiermann x
Reinhard Weis (Stendal) x
Matthias Weisheit x
Gunter Weißgerber x
Gert Weisskirchen (Wiesloch) x
Hildegard Wester x
Lydia Westrich x
Inge Wettig-Danielmeier x
Dr. Norbert Wieczorek x
Helmut Wieczorek (Duisburg) x
Heidemarie Wieczorek-Zeul x
Dieter Wiefelspütz x
Berthold Wittich x
Dr. Wolfgang Wodarg x
Verena Wohlleben x
Hanna Wolf (München) x
Heide Wright x
Uta Zapf x
Dr. Christoph Zöpel x
Peter Zumkley x
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) x
Marieluise Beck (Bremen) x
Volker Beck (Köln) x
Angelika Beer x
Matthias Berninger x
Annelie Buntenbach x
Amke Dietert-Scheuer x
Franziska Eichstädt-Bohlig x
Dr. Uschi Eid x
Andrea Fischer (Berlin) x
Joseph Fischer (Frankfurt) x
Rita Grießhaber x
Gerald Häfner x
Antje Hermenau x
Kristin Heyne x
Ulrike Höfken x
Dr. Manuel Kiper x
Monika Knoche x
Dr. Angelika Köster-Loßack x
Steffi Lemke x
Dr. Helmut Lippelt x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16501
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Oswald Metzger x
Kerstin Müller (Köln) x
Winfried Nachtwei x
Christa Nickels x
Egbert Nitsch (Rendsburg) x
Cem Özdemir x
Gerd Poppe x
Simone Probst x
Dr. Jürgen Rochlitz x
Halo Saibold x
Christine Scheel x
Irmingard Schewe-Gerigk x
Rezzo Schlauch x
Albert Schmidt (Hitzhofen) x
Wolfgang Schmitt (Langenfeld) x
Ursula Schönberger x
Waltraud Schoppe x
Werner Schulz (Berlin) x
Marina Steindor x
Christian Sterzing x
Manfred Such x
Dr. Antje Vollmer x
Ludger Volmer x
Helmut Wilhelm (Amberg) x
Margareta Wolf (Frankfurt) x
F.D.P.
Ina Albowitz x
Dr. Gisela Babel x
Hildebrecht Braun (Augsburg) x
Günther Bredehorn x
Jörg van Essen x
Dr. Olaf Feldmann x
Paul K. Friedhoff x
Horst Friedrich x
Rainer Funke x
Dr. Wolfgang Gerhardt x
Joachim Günther (Plauen) x
Dr. Karlheinz Guttmacher x
Dr. Helmut Haussmann x
Ulrich Heinrich x
Walter Hirche x
Dr. Burkhard Hirsch x
Birgit Homburger x
Dr. Werner Hoyer x
Ulrich Irmer x
Dr. Klaus Kinkel x
Roland Kohn x
Dr. Heinrich L. Kolb x
Jürgen Koppelin x
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann x
Dr. Otto Graf Lambsdorff x
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger x
Uwe Lühr x
Jürgen W. Möllemann x
Günther Friedrich Nolting x
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16502
Name
Drucksache
13/8026
Drucksache
13/8027
Drucksache
13/8030
Nein
Enthaltung
Dr. Rainer Ortleb x
Lisa Peters x
Dr. Günter Rexrodt x
Dr. Klaus Röhl x
Helmut Schäfer (Mainz) x
Cornelia Schmalz-Jacobsen x
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig x
Dr. Irmgard Schwaetzer x
Dr. Hermann Otto Solms x
Dr. Max Stadler x
Carl-Ludwig Thiele x
Dr. Dieter Thomae x
Jürgen Türk x
Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) x
Dr. Guido Westerwelle x
PDS
Petra Bläss x
Maritta Böttcher x
Eva Bulling-Schröter x
Dr. Ludwig Elm x
Dr. Dagmar Enkelmann x
Dr. Ruth Fuchs x
Andrea Gysi x
Dr. Gregor Gysi x
Hans-Peter Hartmann x
Dr. Barbara Höll x
Ulla Jelpke x
Gerhard Jüttemann x
Dr. Heidi Knake-Werner x
Rolf Köhne x
Rolf Kutzmutz x
Dr. Christa Luft x
Heidemarie Lüth x
Dr. Günther Maleuda x
Manfred Müller (Berlin) x
Rosel Neuhäuser x
Dr. Uwe-Jens Rössel x
Christina Schenk x
Steffen Tippach x
Klaus-Jürgen Warnick x
Dr. Winfried Wolf x
Gerhard Zwerenz x
Fraktionslos
Kurt Neumann (Berlin) x Entschuldigt wegen Übernahme einer
Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen
Versammlungen des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der
IPU
Abgeordnete(r)
Antretter, Robert, SPDSchloten, Dieter, SPD
Behrendt, Wolfgang, SPDvon Schmude, Michael, CDU/CSU
Fischer (Unna), Leni, CDU/CSUSiebert, Bernd, CDU/CSU
Horn, Erwin, SPDTerborg, Margitta, SPD
Dr. Probst, Albert, CDU/CSUZierer, Benno, CDU/CSU
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16503
Liste 3
Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung
zur dritten Beratung und Schlußabstimmung über den Entwurf der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zu einem Transplantationsgesetz
Drucksachen 13/4355 und 13/8017
Abgegebene Stimmen:629;
davon:
ja:449
nein:151
enthalten:29
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Peter Altmaier
Anneliese Augustin
Jürgen Augustinowitz
Dietrich Austermann
Heinz-Günter Bargfrede
Franz Peter Basten
Dr. Wolf Bauer
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Hans-Dirk Bierling
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Rudolf Braun (Auerbach)
Paul Breuer
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Dankward Buwitt
Manfred Carstens (Emstek)
Peter Harry Carstensen (Nordstrand)
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Gertrud Dempwolf
Albert Deß
Renate Diemers
Wilhelm Dietzel
Werner Dörflinger
Hansjürgen Doss
Dr. Alfred Dregger
Maria Eichhorn
Wolfgang Engelmann
Rainer Eppelmann
Heinz Dieter Eßmann
Horst Eylmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Jochen Feilcke
Ulf Fink
Dirk Fischer (Hamburg)
Klaus Francke (Hamburg)
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Michaela Geiger
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Joachim Gres
Wolfgang Gröbl
Claus-Peter Grotz
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)
Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein
Gottfried Haschke (Großhennersdorf)
Gerda Hasselfeldt
Otto Hauser (Esslingen)
Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)
Helmut Heiderich
Manfred Heise
Detlef Helling
Dr. Renate Hellwig
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Michael Jung (Limburg)
Ulrich Junghanns
Dr. Egon Jüttner
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Peter Keller
Dr. Bernd Klaußner
Ulrich Klinkert
Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz)
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Manfred Koslowski
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Andreas Krautscheid
Arnulf Kriedner
Heinz-Jürgen Kronberg
Dr.-Ing. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)
Karl Lamers
Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Armin Laschet
Herbert Lattmann
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Christian Lenzer
Peter Letzgus
Walter Link (Diepholz)
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Julius Louven
Sigrun Löwisch
Heinrich Lummer
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Dr. Dietrich Mahlo
Erwin Marschewski
Günter Marten
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Wolfgang Meckelburg
Rudolf Meinl
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Rudolf Meyer (Winsen)
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Elmar Müller (Kirchheim)
Engelbert Nelle
Bernd Neumann (Bremen)
Johannes Nitsch
Claudia Nolte
Dr. Rolf Olderog
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)
Dr. Gerhard Päselt
Ulrich Petzold
Anton Pfeifer
Angelika Pfeiffer
Dr. Gero Pfennig
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Dr. Winfried Pinger
Ronald Pofalla
Dr. Hermann Pohler
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Rolf Rau
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)
Klaus Dieter Reichardt (Mannheim)
Dr. Bertold Reinartz
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Roland Richter
Roland Richwien
Dr. Norbert Rieder
Dr. Erich Riedl (München)
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch (Wiesbaden)
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)
Norbert Röttgen
Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers
Roland Sauer (Stuttgart)
Ortrun Schätzle
Dr. Wolfgang Schäuble
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Ulrich Schmalz
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Andreas Schmidt (Mülheim)
Hans-Otto Schmiedeberg
Hans Peter Schmitz (Baesweiler)
Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Dr. Dieter Schulte (Schwäbisch Gmünd)
Gerhard Schulz (Leipzig)
Frederick Schulze (Sangershausen)
Diethard Schütze (Berlin)
Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Marion Seib
Wilfried Seibel
Heinz-Georg Seiffert
Rudolf Seiters
Jürgen Sikora
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten
Dr. Gerhard Stoltenberg
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Michael Stübgen
Egon Susset
Dr. Rita Süssmuth
Michael Teiser
Dr. Susanne Tiemann
Gottfried Tröger
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16504
Gunnar Uldall
Wolfgang Vogt (Düren)
Dr. Horst Waffenschmidt
Dr. Theodor Waigel
Alois Graf von Waldburg-Zeil
Dr. Jürgen Warnke
Kersten Wetzel
Hans-Otto Wilhelm (Mainz)
Gert Willner
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)
Dagmar Wöhrl
Michael Wonneberger
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Klaus Barthel
Hans Berger
Rudolf Bindig
Arne Börnsen (Ritterhude)
Tilo Braune
Dr. Eberhard Brecht
Wolf-Michael Catenhusen
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Ludwig Eich
Peter Enders
Gernot Erler
Lothar Fischer (Homburg)
Norbert Formanski
Anke Fuchs (Köln)
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Günter Gloser
Uwe Göllner
Angelika Graf (Rosenheim)
Dieter Grasedieck
Achim Großmann
Karl Hermann Haack (Extertal)
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Klaus Hasenfratz
Dieter Heistermann
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Jelena Hoffmann (Chemnitz)
Ingrid Holzhüter
Lothar Ibrügger
Wolfgang Ilte
Brunhilde Irber
Ilse Janz
Volker Jung (Düsseldorf)
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ernst Kastning
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Dr. Hans-Hinrich Knaape
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Volker Kröning
Thomas Krüger
Horst Kubatschka
Christine Kurzhals
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Brigitte Lange
Robert Leidinger
Dr. Elke Leonhard
Dieter Maaß (Herne)
Winfried Mante
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Herbert Meißner
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)
Ursula Mogg
Siegmar Mosdorf
Jutta Müller (Völklingen)
Christian Müller (Zittau)
Volker Neumann (Bramsche)
Gerhard Neumann (Gotha)
Dr. Rolf Niese
Kurt Palis
Dr. Willfried Penner
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Hermann Rappe (Hildesheim)
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Günter Rixe
Reinhold Robbe
Gerhard Rübenkönig
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Dieter Schanz
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Horst Schild
Günter Schluckebier
Ulla Schmidt (Aachen)
Heinz Schmitt (Berg)
Dr. Emil Schnell
Richard Schuhmann (Delitzsch)
Brigitte Schulte (Hameln)
Volkmar Schultz (Köln)
Ilse Schumann
Dietmar Schütz (Oldenburg)
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Johannes Singer
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Wieland Sorge
Jörg-Otto Spiller
Dr. Peter Struck
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Dr. Bodo Teichmann
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Eberhard Urbaniak
Siegfried Vergin
Günter Verheugen
Karsten D. Voigt (Frankfurt)
Josef Vosen
Hans Georg Wagner
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Gunter Weißgerber
Jochen Welt
Lydia Westrich
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek (Duisburg)
Dieter Wiefelspütz
Berthold Wittich
Verena Wohlleben
Heidi Wright
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Rita Grießhaber
Antje Hermenau
Christine Scheel
Wolfgang Schmitt (Langenfeld)
Waltraud Schoppe
F.D.P.
Ina Albowitz
Dr. Gisela Babel
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Jörg van Essen
Dr. Olaf Feldmann
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich
Dr. Wolfgang Gerhardt
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Detlef Kleinert (Hannover)
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann
Dr. Otto Graf Lambsdorff
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Uwe Lühr
Jürgen W. Möllemann
Günther Friedrich Nolting
Dr. Rainer Ortleb
Lisa Peters
Dr. Günter Rexrodt
Helmut Schäfer (Mainz)
Cornelia Schmalz-Jacobsen
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)
Dr. Guido Westerwelle
PDS
Maritta Böttcher
Dr. Dagmar Enkelmann
Dr. Ruth Fuchs
Andrea Gysi
Dr. Gregor Gysi
Hanns-Peter Hartmann
Dr. Heidi Knake-Werner
Heidemarie Lüth
Dr. Günther Maleuda
Manfred Müller (Berlin)
Rosel Neuhäuser
Dr. Uwe-Jens Rössel
Steffen Tippach
Klaus-Jürgen Warnick
Gerhard Zwerenz
Fraktionslos
Kurt Neumann (Berlin)
Nein
CDU/CSU
Dr. Joseph-Theodor Blank
Wilma Glücklich
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Hubert Hüppe
Helmut Jawurek
Dr. Dionys Jobst
Eckart von Klaeden
Wolfgang Krause (Dessau)
Reiner Krziskewitz
Hans-Wilhelm Pesch
SPD
Ingrid Becker-Inglau
Hans-Werner Bertl
Anni Brandt-Elsweier
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)
Peter Conradi
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Freimut Duve
Petra Ernstberger
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dagmar Freitag
Katrin Fuchs (Verl)
Iris Gleicke
Günter Graf (Friesoythe)
Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Dr. Liesel Hartenstein
Dr. Ingomar Hauchler
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Reinhold Hiller (Lübeck)
Stephan Hilsberg
Frank Hofmann (Volkach)
Eike Hovermann
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Helga Kühn-Mengel
Konrad Kunick
Detlev von Larcher
Christa Lörcher
Erika Lotz
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Michael Müller (Düsseldorf)
Doris Odendahl
Günter Oesinghaus
Leyla Onur
Manfred Opel
Adolf Ostertag
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16505
Georg Pfannenstein
Rudolf Purps
Karin Rehbock-Zureich
Otto Reschke
Marlene Rupprecht
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Otto Schily
Horst Schmidbauer (Nürnberg)
Dagmar Schmidt (Meschede)
Regina Schmidt-Zadel
Walter Schöler
Gisela Schröter
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Lisa Seuster
Horst Sielaff
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Dietrich Sperling
Antje-Marie Steen
Wolfgang Thierse
Adelheid Tröscher
Ute Vogt (Pforzheim)
Reinhard Weis (Stendal)
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen (Wiesloch)
Hildegard Wester
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Wolfgang Wodarg
Hanna Wolf (München)
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn)
Marieluise Beck (Bremen)
Volker Beck (Köln)
Angelika Beer
Matthias Berninger
Annelie Buntenbach
Amke Dietert-Scheuer
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Andrea Fischer (Berlin)
Joseph Fischer (Frankfurt)
Gerald Häfner
Dr. Manuel Kiper
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Egbert Nitsch (Rendsburg)
Cem Özdemir
Gerd Poppe
Simone Probst
Dr. Jürgen Rochlitz
Halo Saibold
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)
Ursula Schönberger
Werner Schulz (Berlin)
Marina Steindor
Christian Sterzing
Manfred Such
Dr. Antje Vollmer
Ludger Volmer
F.D.P.
Günther Bredehorn
Rainer Funke
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Dr. Burkhard Hirsch
Dr. Klaus Kinkel
Roland Kohn
Dr. Klaus Röhl
PDS
Petra Bläss
Eva Bulling-Schröter
Dr. Ludwig Elm
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Rolf Köhne
Rolf Kutzmutz
Dr. Christa Luft
Christina Schenk
Dr. Winfried Wolf
Enthalten
CDU/CSU
Monika Brudlewsky
Dr. Wolfgang Götzer
Heinz Schemken
Johannes Selle
SPD
Friedhelm Julius Beucher
Dr. Marliese Dobberthien
Iris Follak
Arne Fuhrmann
Alfred Hartenbach
Gerd Höfer
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Nicolette Kressl
Eckart Kuhlwein
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Christine Lucyga
Dorle Marx
Ulrike Mehl
Angelika Mertens
Dr. Edith Niehuis
Ottmar Schreiner
Uta Titze-Stecher
Inge Wettig-Danielmeier
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Margareta Wolf (Frankfurt)
F.D.P.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Carl-Ludwig Thiele
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer
Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen des Europarates
und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Antretter, Robert, SPD
Behrendt, Wolfgang, SPD
Fischer (Unna),
Leni, CDU/CSU
Horn, Erwin, SPD
Dr. Probst, Albert, CDU/CSU
Schloten, Dieter, SPD
von Schmude
Michael, CDU/CSU
Siebert, Bernd, CDU/CSU
Terborg, Margitta, SPD
Zierer, Benno, CDU/CSU
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16506
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16507
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Antretter, Robert
SPD
25. 6. 97*
Behrendt, Wolfgang
SPD
25. 6. 97*
Bierstedt, Wolfgang
PDS
25. 6. 97
Blunck, Lilo
SPD
25. 6. 97
Borchert, Jochen
CDU/CSU
25. 6. 97
Bühler (Bruchsal),
Klaus
CDU/CSU
25. 6. 97*
Graf von Einsiedel,
Heinrich
PDS
25. 6. 97
Fischer (Unna), Leni
CDU/CSU
25. 6. 97*
Frick, Gisela
F.D.P.
25. 6. 97
Hedrich, Klaus-Jürgen
CDU/CSU
25. 6. 97
Dr. Heuer, Uwe-Jens
PDS
25. 6. 97
Horn, Erwin
SPD
25. 6. 97*
Dr. Jacob, Willibald
PDS
25. 6. 97
Junghanns, Ulrich
CDU/CSU
25. 6. 97*
Dr. Kohl, Helmut
CDU/CSU
25. 6. 97
Limbach, Editha
CDU/CSU
25. 6. 97
Lohmann (Witten),
Klaus
SPD
25. 6. 97
Marten, Günter
CDU/CSU
25. 6. 97*
Dr. Merkel, Angela
CDU/CSU
25. 6. 97
Dr. Paziorek, Peter
CDU/CSU
25. 6. 97
Dr. Probst, Albert
CDU/CSU
25. 6. 97*
Regenspurger, Otto
CDU/CSU
25. 6. 97
Ronsöhr,
Heinrich-Wilhelm
CDU/CSU
25. 6. 97
Schloten, Dieter
SPD
25. 6. 97*
von Schmude, Michael
CDU/CSU
25. 6. 97*
Simm, Erika
SPD
25. 6. 97
Terborg, Margitta
SPD
25. 6. 97*
Dr. Töpfer, Klaus
CDU/CSU
25. 6. 97
Dr. Wittmann, Fritz
CDU/CSU
25. 6. 97
Zierer, Benno
CDU/CSU
25. 6. 97*
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates
Anlage 2 Erklärungen nach 1/2 31 GO
zu den namentlichen Abstimmungen
über Änderungsanträge zu 1/21/2 3
und 4 Transplantationsgesetz
Freimut Duve (SPD): Erst im Laufe der Debatte habe ich mich
entschließen können, dem Antrag auf Drucksache 13/8025 (von Klaeden,
Wodarg und andere) zum Gesetzentwurf zuzustimmen. Insofern habe ich
meine zuvor geäußerte Haltung, der Gesetzgeber sollte gar nicht tätig
werden, geändert. Ich will sie trotzdem hier zu Protokoll geben:
Der Übergang vom Leben zum Tod ist bisher von den Menschen aller
Kulturen relativ klar und eindeutig und auch sehr bewußt erlebt und
gelebt worden.
Er ist neben der Geburt der für jeden Menschen und für seine Freunde
und Angehörigen bewegendste Moment der Existenz.
An ihm und aus ihm haben sich viele Elemente unserer Zivilisation
gebildet: Wie gehen wir mit unseren Toten um? Was verfügen wir Lebenden
über den Umgang mit unserem Körper, von vielen religiös geprägten
Menschen als ,,sterbliche Hülle" bezeichnet?
Seit der ersten Herztransplantation ist aus dem Vorgang des Todes eine
neue Dimension ermöglicht worden: die Rettung von Leben durch die
Organgabe eines Toten. Auch sie sollte von den Menschen bewußt und
selbstbewußt entschieden werden. Das gilt auch für das Unfallsterben.
Ich würde es vorziehen, den Gesetzgeber nicht mit der Aufgabe zu
befassen, den Zeitpunkt des Todes zu definieren. Die Entwicklung der
vergangenen zwei Jahrzehnte haben - das habe ich aus der Debatte gelernt
- einen Akt der Gesetzgebung durch das Parlament notwendig gemacht.
Ich selbst werde die Entnahme meiner Organe für Patienten, denen ich
damit eine Überlebenschance gebe, festlegen. Ich werde mich für eine
verbesserte Aufklärung über das Spenden von Organen einsetzen.
Norbert Geis (CDU/CSU): Wer eine Entnahme lebenswichtiger Organe bei
Lebenden zuläßt, befindet sich in einem schwierigen
Rechtfertigungszwang. Die deutsche Rechtsordnung und vor allem die
Rechtsprechung haben bislang das Leben nicht als Rechtsgut eingestuft,
über das der einzelne frei verfügen kann. Sicher gibt es bei der
Transplantation gute Gründe, davon abzuweichen. Wer sich dafür
entscheidet, muß sich aber darüber im klaren sein, daß damit eine lange
Rechtstradition aufgegeben wird. Auch über die Auswirkungen in anderen
Bereichen, wie zum Beispiel der Euthanasie, müßte man sich zunächst
einmal Klarheit verschaffen. Es ist deshalb auf jeden Fall
problematisch, bei der Entnahme von lebenswichtigen Organen auf die
Feststellung des Todes des Organspenders zu verzichten.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
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Deshalb unterstütze ich den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Sabine
Bergmann-Pohl, Rudolf Dreßler, Michael Glos und anderer. Ausschlaggebend
hierfür war, daß in diesem Änderungsantrag nicht, wie ursprünglich
vorgesehen, darauf abgestellt wird, den Hirntod als Tod des Menschen zu
definieren, sondern festgestellt wird, daß der Tod nach den Regeln,
,,die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaften
entsprechen", eingetreten ist.
Roland Kohn (F.D.P.): Zu meinem Abstimmungsverhalten bezüglich des
Transplantationsgesetzes gebe ich gemäß 1/2 31 der Geschäftsordnung
folgende schriftliche Erklärung ab:
1. Der Tod eines Menschen ist der Abschluß eines Prozesses der
Auflösung seiner leibseelischen Einheit. Es ist mit der Würde des
Menschen unvereinbar, einen bestimmten Zeitpunkt des Sterbeprozesses -
z.B. den Hirntod - durch Entscheidung des Gesetzgebers zum Ende des
Lebens zu erklären.
2. Die Berechtigung zur Organentnahme nach nicht behebbarem Ausfall der
gesamten Hirnfunktionen oder dem endgültigen, nicht behebbaren
Stillstand von Herz und Kreislauf setzt den zweifelsfrei erklärten
Willen des potentiellen Organspenders voraus.
3. Die durch die Fortschritte der medizinischen Technik eröffneten
Möglichkeiten, das Leben anderer Menschen durch Organtransplantation zu
verlängern oder ihre Gesundheit wiederherzustellen, rechtfertigen es,
eine ,,Bürgerpflicht" - im guten Sinn des Wortes - zur Beschäftigung mit
dem ethisch komplexen Thema der Organspende beispielsweise durch Ausgabe
geeigneter Formulare bei der Ausstellung von Personaldokumenten zu
stiften. Eine ,,Sozialpflichtigkeit" des menschlichen Körpers zur
Organspende de facto zu etablieren, ist jedoch mit meinem Bild vom
Menschen und seiner Würde nicht zu vereinbaren.
Aus diesen Gründen unterstütze ich mit meinem Abstimmungsverhalten zum
Transplantationsgesetz die leitenden Ideen, die in den Anträgen des
Abgeordneten Dr. Edzard Schmidt-Jortzig ihren Ausdruck finden.
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) (CDU/CSU) und Wolfgang Zöller (CDU/CSU):
Die Kriterien für die Festlegung des Todes sind von der medizinischen
Wissenschaft zu definieren. Die Bundesärztekammer als Repräsentant der
Ärzteschaft bestimmt in Richtlinien die Regeln zum Nachweis des Todes.
Der Gesetzgeber sollte lediglich den Punkt markieren, der als
Mindestvoraussetzung für eine Organentnahme gelten muß. Daher ist
vorzuschreiben, daß vor einer Organentnahme stets der Gesamthirntod,
also der Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und
des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der
medizinischen Wissenschaft entsprechen, festzustellen ist. Damit
definiert der Gesetzgeber nicht den Tod, legt aber insoweit ein
Mindestkriterium für die Organentnahme fest.
Die heutige Abstimmung über die zentralen Punkte des ersten deutschen
Transplantationsgesetzes, die Frage des Todeszeitpunktes eines Menschen
und die Frage, ob andere als der Spender in eine Organentnahme
einwilligen können, betrifft elementare medizinische, juristische,
ethische Fragen der menschlichen Existenz. Die Entscheidungen über diese
Punkte gehen über normale Gesetzgebungsentscheidungen weit hinaus. Sie
eignen sich weder zur parteipolitischen noch zur persönlichen
Profilierung. Im Interesse dieses sensiblen Themas ist eine sachliche
Auseinandersetzung geboten. Die heute anstehende Entscheidung kann nicht
getroffen werden ohne das Fachwissen und die Kompetenz von Ärzten,
Juristen, Ethikern und insbesondere auch von Betroffenen. Aufgrund eines
intensiven Beratungsverfahrens in mehreren Anhörungen, zahlreichen
Expertengesprächen und diversen bilateralen Gesprächskontakten ist in
schriftlicher und mündlicher Form eine fundierte Entscheidungsgrundlage
geschaffen worden.
Nach Abwägung aller Argumente kommen wir zu folgendem Ergebnis:
Der Gesetzgeber darf in einem Transplantationsgesetz die Frage nicht
offen lassen, ob der Organspender bei der Entnahme von Organen tot ist.
Ließe der Gesetzgeber dies offen, läßt er auch offen, ob ein Arzt bei
der Organentnahme tötet. Ein solches Gesetz würde die
Transplantationsmedizin beträchtlich ins Zwielicht setzen. Für eine
Organentnahme sind aber eindeutige und klare Maßstäbe in bezug auf die
Feststellung des Todes unabdingbar.
Die Kriterien für die Festlegung des Todes sind von der medizinischen
Wissenschaft zu definieren. Die Bundesärztekammer als Repräsentant der
Ärzteschaft bestimmt in Richtlinien die Regeln zum Nachweis des Todes.
Der Gesetzgeber sollte lediglich den Punkt markieren, der als
Mindestvoraussetzung für eine Organentnahme gelten muß. Daher ist
vorzuschreiben, daß vor einer Organentnahme stets der Gesamthirntod,
also der Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und
des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der
medizinischen Wissenschaft entsprechen, festzustellen ist. Damit
definiert der Gesetzgeber nicht den Tod, legt aber insoweit ein
Mindestkriterium für die Organentnahme fest.
Zur Frage der Organentnahme mit Zustimmung anderer Personen:
Die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit der postmortalen Organspende
muß zum einen dem über den Tod hinaus fortwirkenden
Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen Rechnung tragen. Deshalb hat die
zu Lebzeiten abgegebene Erklärung zur Organspende absolute Priorität und
ist von jedermann strikt zu beachten. Zum anderen soll das
Transplantationsgesetz auch die weitaus überwiegende Zahl der Fälle, in
denen der Verstorbene zu Lebzeiten - aus welchen Gründen auch immer -
keine offizielle Erklärung zur Organspende abgegeben hatte, sach
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
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gerecht und ausgewogen regeln. Dazu gehört auch die Einbeziehung der
nächsten Angehörigen des Verstorbenen.
Die mit Verabschiedung des Gesetzes einsetzende Aufklärung über die
Transplantationsmedizin und die Motivierung der Bevölkerung zur Abgabe
einer Erklärung zur Organspende wird nach unserer Überzeugung dazu
führen, daß zukünftig die überwiegende Zahl von Organentnahmen mit
ausdrücklicher Zustimmung der Spender erfolgen werden. Da aktuell aber
lediglich 1 % aller Organentnahmen aufgrund einer ausdrücklichen
Einwilligung des Organspenders erfolgen, würde eine enge
Zustimmungslösung zu einem Erliegen der Transplantationsmedizin in
Deutschland führen. In diesem Zusammenhang dürfen wir die Patienten
nicht vergessen, die auf den Wartelisten mit einer kurzen
Lebenserwartung stehen. Für diese Menschen käme dann jede Hilfe zu spät,
da die Spendenbereitschaft unserer Bevölkerung nicht ad hoc spürbar
erhöht werden kann. Wir dürfen in diesem Zusammenhang auch nicht
vergessen, daß es in Europa kein Land gibt, das die enge
Zustimmungslösung praktiziert. Da Deutschland bereits jetzt ein
,,Organimportland" ist, würden wir in Deutschland auf Organe
zurückgreifen, die im benachbarten Ausland, beispielsweise aufgrund
einer Widerspruchslösung, entnommen wurden. Dies halten wir für ethisch
nicht verantwortbar.
Der von uns unterstützte Antrag zur Ausfüllung der 1/21/2 3 und 4 des
Transplantationsgesetzes ist in sich schlüssig, gibt den Beteiligten
Rechtssicherheit und baut damit Verunsicherung ab.
Manfred Opel (SPD): Ich stimme gegen die sogenannte erweiterte
Zustimmungslösung. Meine übergeordnete Absicht ist es, die
Organspendebereitschaft unserer Bevölkerung entscheidend zu fördern.
Gleichzeitig ist es für mich unzweifelhaft richtig, daß lebensfähige
Organe niemals einem toten Gesamtorganismus entnommen werden können. Da
diese Organentnahme gesetzlich eindeutig geregelt werden muß, gilt es,
die Entnahmefähigkeit zu einem Zeitpunkt zu schaffen, wo einerseits der
Gesamttod noch nicht eingetreten ist und andererseits eine irreversible
Versagensfunktion, besonders des Gehirns, gegeben ist.
Alleine die Diskussion über den 1/2 218 StGB zeigt uns eine
bemerkenswerte Diskrepanz. Genau jene, die das Leben ,,von der ersten
Zelle an" begreifen, möchten den Tod ,,vor dem Absterben der letzten
Zelle" juristisch definieren. Da es sich bei der Organentnahme ohne
jeden Zweifel um die Entnahme noch lebender Körperteile handelt, hat
logischerweise nur das betroffene Individuum das Recht, über einen
solchen Eingriff zu entscheiden. Ich lehne daher den Begriff ,,enge
Zustimmungslösung" ab. Es ist eine ,,persönliche Zustimmung", die
natürlich nur vorab gegeben werden kann.
Da jede und jeder von uns als Spender oder Empfänger betroffen sein
kann, brauchen wir äußersten Vertrauensschutz. Der ist nur zu erreichen,
wenn die persönliche Verantwortung über jeden Zweifel erhaben und unter
rechtlichen Schutz gestellt wird. Genau das erreicht die sogenannte
erweiterte Zustimmungslösung nicht. Ich befürchte, daß die Organ-
Spendebereitschaft nicht auf das erforderliche Niveau ansteigt, wenn es
uns nicht gelingt, die persönliche Verantwortung für das eigene Sterben
zu festigen. Die Angst der Menschen, gerade in einem wehrlosen Zustand
des Sterbeprozesses in eine Art ,,Opferrolle" zu geraten, wird die
Menschen vermehrt dazu bringen, zu verfügen, daß sie sich persönlich
einer Organentnahme versagen. Diese Schwelle überwindet dann auch die
sogenannte erweiterte Zustimmungslösung nicht. Da ich eine positive
Entscheidung zur Organspende möchte, ist die ,,erweiterte
Zustimmungslösung" ein Irrweg.
Anlage 3 Erkl\arung
des Abgeordneten Berthold Wittich (SPD)
zur namentlichen Abstimmung
\uber die \Anderungsantr\age zu \sp 3 TPG
- Drucksachen 13/8025 und 13/8027 -
Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufgef\uhrt.
Ich erkl\are, da\ss ich an der Abstimmung teilgenommen habe und es mein
Wille war, den Antrag der Abgeordneten Seehofer und Dre\ssler zu
unterst\utzen.
Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Walter Hirche auf die Fra-
ge des Abgeordneten Wolfgang Behrendt (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
1):
Wie weit sind die Planungen auf europäischer Ebene für den sog.
European Pressurized Water Reactor (EPR) gediehen, und trifft es zu, daß
die Bundesregierung für den EPR eine standortunabhängige
Typengenehmigung in Erwägung zieht?
Der European Pressurized Water Reactor (EPR) ist ein deutsch-
französisches Industrieprojekt; insoweit gibt es keine Planungen auf
gesamteuropäischer Ebene. Die industrieseitigen Planungen für den EPR
haben 1993 zur Vorlage des Konzeptes und vor kurzem zum Abschluß der
ersten Phase der Basisauslegung geführt. Die deutschen und französischen
Sicherheitsbehörden arbeiten daran, gemeinsame Sicherheitsanforderungen
für künftige Kernkraftwerke festzulegen.
In dem im Rahmen der Energiekonsensgespräche von Vertretern der
Bundesregierung und der SPD erstellten Entwurf der Arbeitsgruppe für
eine Verständigung vom 1. Februar 1997 wird vorgeschlagen, im
Zusammenhang mit einer schon aus EU-rechtlichen Gründen notwendigen
Novellierung des Atomgesetzes u. a. die Frage ,,Typengenehmigung
(standortunabhängige Konzeptprüfung)" zu regeln.
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Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Angela Schwall-Düren (SPD) (Drucksache 13/8004
Frage 2):
Stellt die Bundesregierung Forschungsgelder zur Erforschung der
Brennstoffzellentechnik zur Verfügung, und wenn ja, welche Summen?
Die Förderung der Brennstoffzellenentwicklung des Bundesministeriums
für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) ist aus
Gründen des effektiven Mitteleinsatzes und in Abstimmung mit der
deutschen Industrien auf drei Varianten konzentriert: Für den Einsatz im
Kraftwerksbereich wird die Entwicklung der Schmelzkarbonat-
Brennstoffzelle (MCFC) und der Oxidkeramik-Brennstoffzelle (SOFC)
gefördert, bei denen neben elektrischer Energie auch Wärme im
Hochtemperaturbereich (600 bzw. 900 C) ausgekoppelt werden kann.
Insbesondere für den mobilen Einsatz eignet sich die Polymermembran-
Brennstoffzelle (PEM) mit einer Arbeitstemperatur von etwa 80 C, die
seit 1994 im Rahmen eines breit angelegten BMBF-Verbundprojekts
weiterentwickelt wird.
Das BMBF hat zur Förderung der Brennstoffzellentechnik seit 1988 rund
78,6 Mio. DM an direkten Projektmitteln vergeben:
1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994
(Mio. DM) 0,3 2,7 1,3 5,7 7,0 11,3 16,1 17,5 16,7
Im Haushalt 1997 sind Fördermittel in Höhe von 18 Mio. DM eingeplant.
Darüber hinaus wird die Brennstoffzellentechnik in Zentren der Hermann
von Helmholtz-Gemeinschaft weiterentwickelt. Im Rahmen der
Grundfinanzierung dieser Forschungszentren werden Finanzmittel in etwa
gleicher Höhe der genannten direkten Projektmittel bereitgestellt.
Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Frage
des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 3):
Inwieweit stellt die von der Bundesregierung mit rd. 1,4 Mio. DM
geförderte dachintegrierte Photovoltaikanlage auf der Neuen Messe
München eine besondere technologische Herausforderung dar (vgl. Antwort
auf meine Frage 26 in Drucksache 13/7454), und welchen technologischen
Erkenntnisgewinn erwartet die Bundesregierung durch diese Anlage?
Das Vorhaben stellt derzeit mit 1 MW Spitzenleistung weltweit die
größte und mit spezifischen Kosten von 14 000 DM pro Kilowatt
Nennleistung eine sehr kostengünstige Photovoltaik-Aufdachanlage dar. In
der Realisierung dieser Pilotanlage kommen erstmals u. a. folgende
technische Verbesserungen zum Einsatz:
Die 7 812 monokristallinen Solarmodule sind werkseitig mit im Modul
integrierten Kabelanschlüssen ausgestattet, die vor Ort ohne
Spezialwerkzeug berührungssicher verschaltet werden können. Dadurch wird
der Montageaufwand wesentlich rationalisiert und die Arbeitssicherheit
erhöht.
Die Gewichtsreduzierungen der rahmenlos und mit dünnerem Glas
hergestellten Module stellen reduzierte Ansprüche an die Statik. Sie
erlauben außerdem den rationelleren Transport und die vereinfachte
Montage der Solarmodule durch eine einzelne Arbeitskraft.
Die zentrale Wechselrichtereinheit besteht aus drei Wechselrichtern
gleicher Leistung, deren Betriebsweise der anfallenden Solarleistung
flexibel angepaßt werden kann. Dieses Konzept (sog. ,,Master-Slave-
Betrieb") verbessert vor allem den Wirkungsgrad des bei Solaranlagen
überwiegend auftretenden Teillastbetriebs. Durch den rotierenden Einsatz
jeweils eines der Wechselrichter als sog. ,,Master" läßt sich das
Serviceintervall der Wechselrichtergeräte insgesamt um 60 % reduzieren.
Insgesamt wird durch das Zusammenwirken der genannten Maßnahmen eine
Verringerung der Investitions- und Betriebskosten sowie eine höhere
Stromausbeute erzielt. In einem detaillierten Meßprogramm sollen über
einen Auswertungszeitraum von zwei Jahren die genannten Vorteile
verifiziert und die Betriebseigenschaften der Anlage ausgewertet werden.
Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage
des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/CSU) (Drucksache 13/8004 Frage 4):
Trifft nach Kenntnis der Bundesregierung der Bericht in der
,,Rheinischen Post" vom 10. Juni 1997 zu, nach dem sich die Koalition
verabredet hat, die Leistungen für Reha-Kuren um 1,4 Mrd. DM aus Mitteln
der Rentenversicherung aufzustocken?
Es trifft zu, daß im Zusammenhang mit der Gesetzesinitiative der Länder
Bayern und Baden-Württemberg im Bundesrat Gespräche über eine
Veränderung der Regelung zur Ausgabenbegrenzung für Leistungen zur
Rehabilitation der Rentenversicherung geführt worden sind. Als Ergebnis
dieser Gespräche soll durch einen Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch mit folgendem Inhalt geändert werden:
Die Höchstausgaben für Leistungen zur Rehabilitation in den Jahren 1998
und 1999 werden gegenüber dem mit dem WFG\9 1999 vorgegebenen
Ausgabenrahmen angehoben. Danach soll sich der Ausgabenrahmen für das
Jahr 1998 um 450 Mio. DM und für das Jahr 1999 nochmals um 450 Mio. DM
erhöhen, so daß für 1999 insgesamt zusätzlich 900 Mio. DM zur Verfügung
stehen. Ab dem Jahr 2000 bleibt es bei
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
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dieser Erhöhung. Der Erhöhungsbetrag soll entsprechend der jeweiligen
Lohnentwicklung fortgeschrieben werden, erstmals im Jahr 2000.
Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage
der Abgeordneten Heidemarie Lüth (PDS) (Drucksache 13/8004 Frage 5):
Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß einem Arbeitslosen, der
sich mehr als 18 Stunden pro Woche einer ehrenamtlichen Tätigkeit
widmet, das Arbeitslosengeld mit der Begründung gestrichen werden kann,
er stehe nicht mehr zur schnellen Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt zur
Verfügung (vgl. ,,Oschatzer Allgemeine" vom 6. Juni 1997), und sieht die
Bundesregierung insoweit Handlungsbedarf, um das ehrenamtliche
Engagement Arbeitsloser besser zu fördern?
Unter der Bezeichnung ,,ehrenamtliche Tätigkeit" verbirgt sich eine
Vielzahl unterschiedlichster Arten von Betätigungen. Eine
allgemeingültige Definition der ,,ehrenamtlichen Tätigkeit" gibt es
nicht. Ihre Frage läßt sich deshalb losgelöst von den konkreten
Umständen des jeweiligen Einzelfalles, nicht korrekt beantworten.
Abstrakt gilt folgende Rechtslage: Ein Arbeitnehmer, der für einen
Anderen Arbeits- bzw. Dienstleistungen erbringt, ist nicht (mehr)
arbeitslos im Sinne der Arbeitslosenversicherung, wenn der zeitliche
Umfang der Dienstleistung 18 Wochenstunden erreicht oder übersteigt.
Ob derjenige, dem die Dienstleistung zugute kommt, als Gegenleistung ein
angemessenes oder ein unangemessenes Entgelt bezahlt oder diese ggf.
überhaupt nicht entlohnt (die Arbeitsleitung also ,,ehrenamtlich"
entgegennimmt), ist dabei ebensowenig von Belang wie die Frage, aus
welchen Motiven der Arbeitnehmer, der die Arbeit leistet, auf eine
(angemessene) Entlohnung verzichtet.
Arbeitsleistungen in einem Umfange von 18 Wochenstunden und mehr
schließen in aller Regel aus, daß sich ein Arbeitloser daneben in
hinreichendem Umfange einerseits seiner Verpflichtung widmet, sich
selbst um die Beendigung seiner Arbeitslosigkeit zu bemühen und
andererseits der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen.
Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Wighard Härdtl auf die Frage des
Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 12):
Welche konkreten Maßnahmen und Projekte plant die Bundesregierung
derzeit hinsichtlich des zukünftigen Ausbaus der Bundesstadt Bonn als
Nord-Süd-Zentrum, und wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag,
einen Beauftragten für den Ausbau des Nord-Süd-Zentrums zu installieren?
1. Im Hinblick auf die Vielzahl der mittlerweile in der Region Bonn
angesiedelten nationalen und internationalen Institutionen bezeichnet
die Bundesregierung inzwischen den im Berlin/Bonn-Gesetz als eine
Ausgleichsmaßnahme für die Region Bonn beschlossenen ,,Standort für
Entwicklungspolitik, nationale, internationale und supranationale
Einrichtungen" als ,,Zentrum für internationale Zusammenarbeit".
2. Beim Ausbau der Region Bonn zu einem Zentrum für internationale
Zusammenarbeit konnten bisher einige Erfolge erzielt werden. Derzeit
haben folgende internationale Einrichtungen ihren Sitz in Bonn:
- Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen (UNV)
- Sekretariat der Klimarahmenkonvention (KRK)
- Sekretariat der Bonner Konvention über die wandernden wildlebenden
Tierarten (CMS) und Sekretariat zum Schutz der Fledermäuse in Europa
- UN-Informationsbüro
Die Bundesregierung bemüht sich auch weiterhin um die Ansiedlung
internationaler Organisationen:
- Im Mittelpunkt der derzeitigen Bemühungen steht die Bewerbung der
Bundesrepublik um den Sitz des Sekretariats der Konvention zur
Bekämpfung der Wüstenbildung. Neben Bonn stehen die Städte Montreal und
Murcia in Spanien zur Wahl. Die Sitzentscheidung wird bei der ersten
Vertragsstaatenkonferenz Ende September in Rom getroffen.
- Außerdem erarbeitet die Bundesregierung ein offizielles Angebot zur
Ansiedlung des Sekretariats zum Schutz von Mensch und Umwelt in
Entwicklungsländern vor gefährlichen Chemikalien (PIC-Convention). Das
Sekretariat soll am 1. Juli 1998 mit etwa 20 Beschäftigten seine Arbeit
aufnehmen. Neben Bonn haben Genf und Wien ihr Interesse bekundet.
- Die Bundesregierung ist des weiteren bereit, sich mit Mitteln der
Ausgleichsvereinbarung für die Region Bonn (Bereitstellung einer
mietfreien Liegenschaft) an den Kosten der Ansiedlung der Versammlung
der Regionen Europas (VRE) zu beteiligen, falls diese das Sitzangebot
der Stadt Bonn annimmt.
3. Die wesentlichen Voraussetzungen für den Umzug des Deutschen
Instituts für Entwicklungspolitik, des Deutschen Entwicklungsdienstes
und der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung von Berlin
nach Bonn sind geschaffen. Letztere hat bereits Anfang dieses Jahres
ihren Sitz offiziell nach Bonn verlegt. Die weiteren Schritte zum Umzug
dieser drei Einrichtungen werden zusammen mit den betroffenen
Bundesländern zügig vorangetrieben.
Das Zentrum für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn befindet
sich im Aufbau. Die Bundesregierung hat sich bereiterklärt, die
Förderung von Postgraduiertenstipendien für Personen aus
Entwicklungsländern zu unterstützen.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16512
4. Die Bundesregierung unterstützt die Entstehung von Synergieeffekten
durch eine stärkere Vernetzung des enger werdenden
Institutionengeflechts in der Region durch aktiven Dialog und
Zusammenarbeit mit den Institutionen. Diese Aufgabe nehmen die Ressorts
im Rahmen ihrer Eigenverantwortung in enger Abstimmung wahr. Die
Berufung eines zusätzlichen Beauftragten ist dabei weder sachlich
notwendig noch zweckmäßig.
Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Wighard Härdtl auf die Fragen des
Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Drucksache 13/8004 Fragen 13
und 14):
Wie hat sich die Anzahl der Projektverwaltungsbüros der Deutschen
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH in der Zeit von
1985 bis 1997 entwickelt?
Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit die noch
bestehenden hohen Effizienzreserven bei der Deutschen Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH im Hinblick auf eine größere
Wirtschaftlichkeit und auf Einsparungen besser ausgeschöpft werden
können?
Zu Frage 13:
Im Jahre 1985 hatte die GTZ 17 Projektverwaltungsbüros und 2
Servicestellen; Mitte Juni 1997 waren es insgesamt 60 Außenbüros.
Zu Frage 14:
Die Bundesregierung unterstützt die Geschäftsführung der GTZ bei den
von ihr eingeleiteten Maßnahmen zur Effizienzerhöhung und zur
Kostensenkung. So werden wichtige, bislang in der GTZ-Zentrale
wahrgenommene Aufgaben an Projekte und Büros in den Partnerländern
übertragen. In der Zentrale wird im Gegenzug Personal abgebaut;
notwendige Entscheidungen werden künftig verstärkt von fach- und
ortskundigen Mitarbeitern ,,vor Ort" getroffen.
Diese Unternehmensreform der GTZ wurde vom Aufsichtsrat, dem auch
Abgeordnete des Bundestages angehören, einvernehmlich gebilligt.
Die Zielrichtung, durch Verlagerung von Aufgaben und Entscheidungen von
der Zentrale auf Büros in den Partnerländern zu einer besseren
entwicklungspolitischen Wirksamkeit zu kommen, wird inzwischen auch von
einer Reihe anderer Organisationen (insb. der Weltbank) verfolgt.
Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die
Fragen des Abgeordneten Günter Graf (Friesoythe) (SPD) (Drucksache
13/8004 Fragen 19 und 20):
Trifft es zu, daß nachfolgende Verbandsstandorte des
Bundesgrenzschutzes in Bayern von einer Komplettauflösung - den
Überlegungen des Bundesministeriums des Innern zufolge - nicht betroffen
sein sollen, und zwar
- Rosenheim,
- Deggendorf,
- Bayreuth,
- Oerlenbach?
Wenn ja, welche sachlichen Überlegungen haben zu dieser Entscheidung
geführt?
Die Standortentscheidung im Zuge der Neuorganisation des
Bundesgrenzschutzes werden unter sorgfältiger Abwägung sachlicher
Kriterien und polizeilicher Notwendigkeiten im Hinblick auf die
gesetzliche Aufgabenerfüllung des BGS getroffen; zu den derzeitigen
Spekulationen wird nicht im einzelnen Stellung genommen; dies stünde der
Arbeit an einem Gesamtkonzept entgegen.
Derzeit wird eine Konzeption zu den künftigen Standorten unter
Einbeziehung der Stellungnahmen zu dem BGS-Entscheidungskonzept
erarbeitet. Alle maßgeblichen Daten werden erhoben und ausgewertet.
Eine Entscheidung des Bundesministeriums des Innern in Bezug auf die
Standorte des Bundesgrenzschutzes ist noch nicht erfolgt.
Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage
des Abgeordneten Heinz Schmitt (Berg) (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
21):
Ist es richtig, daß die Bundesregierung im Rahmen der anstehenden
Neustrukturierung des Bundesgrenzschutzes (BGS) einen Rückzug aus dem
ländlichen Raum - etwa der Südpfalz - plant, und wenn ja, wer übernimmt
die Aufgaben, die derzeit vom BGS - etwa bei der Bahnpolizei -
wahrgenommen werden, in Zukunft?
Dies ist nicht richtig.
Im Zuge der Reform des BGS ist eine flächendeckene Neuorganisation auf
der untersten Ebene in Form von Inspektionen vorgesehen. Die
Neuorganisation richtet sich in erster Linie nach der Aufgabenstruktur,
den kriminalgeographischen Gegebenheiten und der sich daraus ergebenden
Personalausstattung. Vorrangiges Ziel ist es, einen an den Schwerpunkten
ausgerichteten zielgenauen Einsatz der Vollzugskräfte des BGS zu
gewährleisten. Damit soll eine verbesserte polizeiliche Präsenz auf
Bahnhöfen, an Bahnstrecken und in Zügen der Deutschen Bahn AG erreicht
werden. Eine Verringerung der polizeilichen Präsenz ist auch im
ländlichen Raum weder beabsichtigt noch zu befürchten. Vielmehr ist für
die Wahrnehmung der bahnpolizeilichen Aufgaben des BGS bundesweit eine
personelle Aufstockung um ca. 750 Polizeivollzugsbeamte vorgesehen. Das
Bundesministerium des Innern wird in Kürze ein umfassendes Konzept über
die künftige Organisation einschließlich der Standorte des BGS vorlegen.
Eine vorgezogene Aussage zu einzelnen Standorten kann auf Grund der
inhaltichen Zusammenhänge nicht in Betracht kommen.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16513
Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die
Fragen des Abgeordneten Wieland Sorge (SPD) (Drucksache 13/8004 Fragen
22 und 23):
Wie will sich die Bundesregierung zukünftig an dem Erhalt der
Sportanlagen in Berlin beteiligen, denen eine besondere Bedeutung und
Funktion für die Hauptstadt zukommt?
Wie fügt die Bundesregierung ihr Engagement für die Sportstätten in
Berlin in das Gesamtkonzept zur Sanierung der Sportanlagen in den neuen
Bundesländern ein?
Zu Frage 22:
Die Bundesregierung beteiligt sich angemessen an dem Erhalt der
Sportanlagen in Berlin, soweit ihre Förderkompetenz gegeben ist, d. h.
bei Sportstätten für den Hochleistungssport (Olympiastützpunkt und
Bundesstützpunkte in den Sportkomplexen Sportforum Hohenschönhausen,
Paul-Heyse-Straße und Grünau) nach Maßgabe sportfachlicher Prioritäten
und finanzieller Möglichkeiten. Eine Finanzierungsbeteiligung für
1997/1998 ist dem Senat von Berlin (Maßnahmeträger) grundsätzlich in
Aussicht gestellt worden. Ein Termin unter Beteiligung des Deutschen
Sportbundes - Geschäftsbereich Leistungssport - zur Abstimmung konkreter
Maßnahmen ist für den 16. Juli 1997 in Berlin vorgesehen.
Eine weitergehende Zuständigkeit des Bundes, insbesondere für
Sportstätten des Breitensports ist - wie bekannt - nicht gegeben.
Für die Bundesregierung steht darüber hinaus fest, daß eine finanzielle
Beteiligung an der Sanierung des Olympiastadions in Berlin aus Mitteln
des Sportetats des Bundesministerium des Innern nicht in Betracht kommt.
Zu Frage 23:
Das Engagement der Bundesregierung zur Erhaltung von Sportstätten des
Hochleistungssports in Berlin fügt sich organisch in das Gesamtkonzept
zur Sanierung der Sportanlagen im übrigen Beitrittsgebiet ein. Der
besonderen Bedeutung Berlins als herausragender traditioneller und
aktueller Standort des Hochleistungssports (Vielzahl der Sportarten,
Kader- und Nachwuchskonzentration) wird hierbei Rechnung getragen. Dabei
wird sichergestellt, daß andere bedeutende Sportleistungszentren in den
neuen Ländern nicht zurückstehen.
Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die
Fragen des Abgeordneten Klaus Lohmann (Witten) (SPD) (Drucksache 13/8004
Fragen 25 und 26):
Warum ist bislang noch kein Termin vereinbart worden, um die Ergebnisse
des ,,Runden Tisches von Sport und Wirtschaft" (vom 13. Februar 1996
verabredungsgemäß nach einem Jahr zu bewerten?
Welchen Anteil hat der Bundeskanzler an den Ergebnissen des ,,Runden
Tisches" vom 13. Februar 1996 und an dem Nichtzustandekommen der
Überprüfungsrunde?
Zu Frage 25:
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hat im Februar 1996 zum ,,Runden Tisch
des Sports" eingeladen. Die Teilnehmer von Sport, Wirtschaft und Medien
erklärten dabei ihre Bereitschaft zu einer partnerschaftlichen
Zusammenarbeit. Der Initiativkreis ,,Sport und Wirtschft" wurde am Ende
der Veranstaltung gegründet.
Bisher haben die Mitglieder des Initiativkreises noch nicht um ein
Zusammentreffen mit dem Bundeskanzler gebeten.
Die Geschäftsstelle des Initiativkreises informiert jedoch regelmäßig
über dessen Arbeit und den Fortgang der Projekte.
Zu Frage 26:
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hatte zum ,,Runden Tisch des Sports"
eingeladen, um die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports und der
ihn tragenden Vereine zu unterstreichen sowie für eine dauerhafte
fruchtbare Partnerschaft der am Runden Tisch versammelten Teilnehmer zu
werben. Sein Engagement wurde von seiten des Sports und der Wirtschaft
ausdrücklich positiv gewürdigt.
Wegen der bisher noch nicht stattgefundenen Überprüfungsrunde wird auf
die Antwort zu Fra-
ge 25 verwiesen.
Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die
Frage des Abgeordneten Wolfgang Behrendt (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
29):
Wie viele Wohnungen und Häuser, die im Besitz des Bundes sind, sind zur
Zeit in Berlin nicht vermietet, und wie lange ist die durchschnittliche
Dauer des Leerstandes?
Insgesamt stehen 1373 Wohnungen leer, das sind rd. 10 % der dem Bund
gehörenden Wohnungen. Die Dauer des Leerstandes ist unterschiedlich und
hängt ausschließlich von den Gründen des Leerstandes ab. Der Hauptgrund
sind Baumaßnahmen. Davon sind allein 820 Wohnungen - rd. 60 % des
Gesamtleerstandes - betroffen. Die Dauer hängt vom jeweils
erforderlichen Umfang der Baumaßnahme ab und schwankt zwischen 3 - 12
Monaten. Rund 400 Wohnungen - ca. 30 % der nicht genutzten Wohnungen -
werden entsprechend dem Beschluß des Ältestenrates des Deutschen
Bundestages vom 17. Januar 1994 (Drucksache des Deutschen Bundestages
12/6615 vom 20. Januar 1994) zum Verkauf an Umzugsbetroffene
vorgehalten. Der Verkauf hat inzwischen begonnen. Der übrige Leerstand
ist bedingt durch nor
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
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male Mieterfluktuation, durch ungeklärte Eigentumsverhältnisse im
Ostteil Berlins (Dauerleerstand) sowie wegen Verhandlungen über den
Verkauf sog. übergroßer Einfamilienhäuser, die für
Wohnungsfürsorgezwecke nicht geeignet sind.
Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die
Fragen des Abgeordneten Karl Diller (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 30
und 31):
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die sog.
Platzhalterlösung für die Lufthansa-Aktien des Bundes bei der
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wegen der Kapitalmarktfinanzierung
durch die KfW wirtschaftlich einer Kreditaufnahme durch den Bund
gleichkommt und insoweit auch in die Kreditobergrenze nach Artikel 115
Grundgesetz einzubeziehen ist?
Wie begründet die Bundesregierung ggf. eine andere Auffassung?
Zu Frage 30:
Nein.
Zu Frage 31:
Bei dem Verkauf von 1 36152980 Lufthansa-Aktien des Bundes im Dezember
1996 zu einem Preis von 2100091 640 DM handelt es sich um die
Veräußerung einer Bundesbeteiligung im Sinne der Bundeshaushaltsordnung.
Wie bei jeder anderen Veräußerung von Bundesanteilen ist auch hier
durch den Verkauf das Eigentum des Bundes gegen einen angemessenen
Kaufpreis auf den Käufer übergegangen. Der Bund hat damit auf Dauer
seine Eigentumsrechte an den Anteilen verloren. Es liegt somit eine
normale Einnahme von Privatisierungserlösen vor.
Auch aus der Kapitalmarktfinanzierung des Kaufpreises durch die KfW
sind keine Anhaltspunkte für eine verdeckte Kreditaufnahme ableitbar.
Bei den bei der Privatisierung von Bundesbeteiligungen im Regelfall
anstehenden Volumina ist es im Gegenteil als normal und üblich
anzusehen, daß ein Erwerber den Kaufpreis ganz oder teilweise am
Kapitalmarkt refinanziert.
Eine Kapitalmarktrefinanzierung des Kaufpreises durch die KfW kommt
nicht einer Kreditaufnahme durch den Bund gleich und ist nicht in die
Kreditobergrenze nach Artikel 115 GG einzubeziehen.
Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die
Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
32):
Bis wann sollen für die von der Bundesregierung betriebene Veräußerung
der Deutschen Eisenbahn Wohnungsgesellschaft (EWG) mbH und deren
Tochterunternehmen Siedlungsgesellschaft für das Verkehrspersonal
(SIEGE) Mainz jeweils die Wertermittlung, die Festlegung der zu
verkaufenden Anteile und die Ausschreibung abgeschlossen sowie konkrete
Verkaufsverhandlungen mit Kaufinteressenten aufgenommen werden, und in
welcher Größenordnung sollen aus dem Verkauf von Anteilen dieser
Wohnungsbaugesellschaften Einnahmen für den Bundeshaushalt erzielt
werden?
Die Deutsche Eisenbahn-Wohnungs-Gesellschaft mbH (DEWG) und die
dazugehörenden 18 regionalen Eisenbahn-Wohnungsgesellschaften - darunter
auch die Siedlungsgesellschaft für das Verkehrspersonal (SIEGE) Mainz -
befinden sich im Eigentum des Bundeseisenbahnvermögens (BEV). Das
Bundeseisenbahnvermögen beabsichtigt, noch in diesem Jahr Anteile an der
DEWG zu veräußern. Es hat hierfür im Rahmen einer europaweiten
Ausschreibung eine sach- und branchenkundige sowie transaktionserfahrene
Arbeitsgemeinschaft eingeschaltet, die über einschlägige Erfahrungen im
Privatisierungsbereich verfügt. Diese Arbeitsgemeinschaft hat bereits
eine Wertermittlung durchgeführt und potentielle Investoren
angesprochen.
Das Verkaufsverfahren ist hinsichtlich möglicher Verkaufsvarianten
bewußt offen gestaltet. Die Festlegung der Variante und damit auch der
zu verkaufenden Anteile wird erst im Laufe des Verfahrens erfolgen. Mit
konkreten Verkaufsverhandlungen ist voraussichtlich im September/Oktober
1997 zu rechnen.
Die Einnahmen aus der Privatisierung dienen über den Wirtschaftsplan
des Bundeseisenbahnvermögens letztendlich der Finanzierung der
Schienenwegeinvestitionen. Im Interesse eines fairen Wettbewerbs und zur
Erzielung eines adäquaten Verkaufspreises werden die Anteile an der DEWG
im Rahmen eines objektiven und transparenten Verfahrens veräußert. Es
wäre daher für das Verfahren schädlich, wenn Wertvorstellungen schon vor
Abschluß der Verkaufsverhandlungen diskutiert würden.
Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die
Fragen des Abgeordneten Gerhard Rübenkönig (SPD) (Drucksache 13/8004
Fragen 39 und 40):
Wie hoch war der Anteil der jeweils bis Ende April abgeflossenen
Investitionsausgaben 1995, 1996 und 1997 - gemessen am Sollbetrag der
gesamten Investitionsausgaben im jeweiligen Haushaltsjahr?
Wie hoch waren die jeweiligen Anteile Ende Mai?
Zu Frage 39:
Gemessen am Sollbetrag des jeweiligen Haushaltsjahres waren bis Ende
April in den Jahren
1995 28,1 v. H.,
1996 31,5 v. H.,
1997 36,9 v. H.
der Investitionsausgaben abgeflossen.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16515
Zu Frage 40:
Gemessen am Sollbetrag des jeweiligen Haushaltsjahres waren bis Ende
Mai in den Jahren
1995 34,1 v. H.,
1996 40,0 v. H.,
1997 45,0 v. H.
der Investitionsausgaben abgeflossen.
Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die
Fragen des Abgeordneten Dr. Emil Schnell (SPD) (Drucksache 13/8004
Fragen 41 und 42):
Aus welchen zwingenden Gründen hat die Bundesregierung ihren Anteil an
der gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbaugesellschaft mbH (Deutschbau),
dessen Veräußerung im Haushaltsplan 1997 nicht vorgesehen ist, verkauft,
ohne die für einen solchen Fall gemäß 1/2 65 Abs. 7 der
Bundeshaushaltsordnung grundsätzlich als Voraussetzung vorgeschriebene
Einwilligung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates einzuholen?
Wann und in welcher Form sollen Deutscher Bundestag und Bundesrat gemäß
1/2 65 Abs. 7 der Bundeshaushaltsordnung von der Veräußerung
unterrichtet werden?
Zu Frage 41:
Der Erlös aus dem Verkauf der Beteiligung des Bundes an der
,,Gemeinnützige Deutsche Wohnungsbaugesellschaft mbH" (Deutschbau) von
58,34 % war bereits im Bundeshaushalt 1996 veranschlagt (Kap. 60 02,
Tit. 133 01).
Aufgrund absehbarer Preisoptimierung wurde - unter Einbeziehung neuer
Bieter - die Privatisierung der Deutschbau nicht bis Ende 1996, sondern
im Frühjahr 1997 abgeschlossen.
Da der Deutsche Bundestag und der Bundesrat im Rahmen der Beratungen
des Haushaltsgesetzes 1996 bereits mit der Privatisierung der Deutschbau
zugestimmt hatten, ist - lediglich aufgrund einer zeitlichen Verzögerung
der Privatisierung - eine erneute Befassung der parlamentarischen
Gremien nicht notwendig.
Zu Frage 42:
Grundsätzlich sollen Bundestag und Bundesrat dann von einer Veräußerung
einer Bundesbeteiligung unterrichtet und um Einwilligung gebeten werden,
wenn die Anteile an dem jeweiligen Unternehmen eine besondere Bedeutung
haben, deren Veräußerung im Haushaltsplan nicht vorgesehen ist, und
keine zwingenden Gründe für eine Ausnahme vorliegen.
Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Klaus Rose auf die Frage
des Abgeordneten Heinz Schmitt (Berg) (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
45):
Wie hoch sind die Kosten für die Durchführung der historischen
Offiziersweiterbildung, und hat die Bundesregierung ein Mitspracherecht
bei der Offiziersausbildung und deren Inhalten?
Die historische Bildung in den Streitkräften wird, soweit nicht
lehrgangsgebunden, dezentral in der Verantwortung der Kommandeure
durchgeführt. Anfallende Kosten gehen zu Lasten des Ausbildungstitels
und können nur für den jeweiligen Einsatz beziffert werden.
Der Rahmen für die Durchführung der historischen Bildung in den
Streitkräften ist durch die Weisung des Generalinspekteurs der
Bundeswehr zur Intensivierung der historischen Bildung in den
Streitkräften vom 2. März 1994 vorgegeben. Teilstreitkraftspezifische
Schwerpunkte und Inhalte werden in der Verantwortung der jeweiligen
Führungsstäbe festgelegt.
Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Klaus Rose auf die
Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 13/8004 Fragen 48
und 49):
Zu welchen genauen Zeitpunkten haben die Kommandeure der
Bundeswehreinheiten, die an ,,Restore Hope" in Somalia beteiligt waren,
sowie die Bundeswehrführung erstmals von den kanadischen und
italienischen Übergriffen vor Ort erfahren, die jetzt in der
Öffentlichkeit debattiert werden?
Welche Maßnahmen hat der Bundesminister der Verteidigung in Kenntnis
der jetzt erhobenen Vorwürfe gegen Beteiligte der italienischen und
kanadischen Mission in Somalia bisher ergriffen, und wann hat er das
getan, um definitiv ausschließen zu können, daß im Zusammenhang mit dem
deutschen Beitrag zu UNISOM Berichte auftauchen könnten, die
Untersuchungen nach sich ziehen müßten?
Zu Frage 48:
Bundeswehreinheiten waren nicht an der Operation ,,RESTORE HOPE", die
vom 9. Dezember 1992 bis 3. März 1993 durchgeführt wurde, beteiligt,
sondern nahmen vom 3. Juli 1993 bis 23. März 1994 an UNOSOM II teil.
Dem Bundesministerium der Verteidigung sind abgesehen von älteren
Artikeln (,,International Herald Tribune" vom 12. November 1996;
,,Handelsblatt" vom 18. November 1996; ,,The Independent" vom 26. März
1997), die sich auf die Zeit vor dem Einsatz der Bundeswehr bezogen,
keine aktuellen Presseberichte bekannt, die kanadische Übergriffe
während des Einsatzes in Somalia auf die Bevölkerung vor Ort
debattieren.
Das Bundesministerium der Verteidigung wurde erstmals am 13. Juni 1997
über Behauptungen in der
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16516
italienischen Presse, daß deutsche Soldaten an angeblichen
Ausschreitungen italienischer Soldaten gegenüber Somalis beteiligt sein
sollten, in Kenntnis gesetzt.
Die Kommandeure der beiden deutschen UNOSOM II-Kontingente erklärten,
von kanadischen Übergriffen in den Jahren 1995/1996 aus der Presse und
von Übergriffen italienischer Soldaten erst vor ca. 14 Tagen ebenfalls
aus der Presse erfahren zu haben.
Zu Frage 49:
Am 13. Juni 1997 gingen am frühen Nachmittag Informationen ein, daß in
der italienischen Presse berichtet worden sei, daß auch deutsche
Soldaten des UNOSOM II-Kontingents an Ausschreitungen italienischer
Soldaten gegenüber der somalischen Zivilbevölkerung beteiligt gewesen
seien. Am 16. Juni 1997 berichtete dazu auch die deutsche Presse.
Eine im Bundesministerium der Verteidigung noch am 13. Juni 1997
angestellte erste Untersuchung ergab, daß aufgrund vorliegender
Erkenntnisse keine Hinweise auf eine mögliche Beteiligung deutscher
Soldaten an in der Presse dargestellten Aktionen italienischer Soldaten
vorlagen.
Die Kommandeure der deutschen UNOSOM II-Kontingente, ihre
Stellvertreter sowie weitere Soldaten wurden am 16. Juni 1997 zu den
Anschuldigungen informiert und bis zum Folgetag zu schriftlichen
Stellungnahmen aufgefordert.
Herr Staatssekretär Dr. Wichert wandte sich ebenfalls am 16. Juni 1997
mit einem Schreiben an seinen italienischen Amtskollegen, Herrn Senatore
Massimo Brutti, mit der Bitte, alle Anhaltspunkte, die auf eine
Beteiligung deutscher Soldaten hinweisen könnten, unverzüglich
mitzuteilen.
Nach Auswertung des zur Verfügung stehenden Aktenbestandes, wie
Einsatztagebücher der deutschen UNOSOM II-Kontingente und Aussagen
möglicher Zeugen, ergeben sich für eine Bestätigung der in der Presse
gegen deutsche Soldaten erhobenen Vorwürfe keinerlei Anhaltspunkte.
Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl
auf die Fragen der Abgeordneten Waltraud Lehn (SPD) (Drucksache 13/8004
Fragen 52 und 53):
Ist der Bundesregierung die Tatsache bekannt, daß seit dem 1. Januar
1997 die Krankenkassen nur noch Geburtsvorbereitungskurse bezahlen, die
von Hebammen durchgeführt werden, während die Kosten für Kursangebote
anderer Anbieter nicht mehr übernommen werden?
Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, daß als Folge davon eine
flächendeckende Versorgung nicht mehr gewährleistet ist und nur noch
Eltern, die über eine hohe Mobilität verfügen und es sich finanziell
erlauben können, Geburtsvorbereitungskurse ihrer Wahl besuchen können?
Zu Frage 52:
Ich nehme an, daß Geburtsvorbereitungskurse, die nicht von Hebammen
durchgeführt werden, von der Krankenkasse im Rahmen der
Gesundheitsförderung finanziert worden sind. Diese Leistungen sind mit
dem 1. Januar 1997 aufgrund des Beitragsentlastungsgesetzes weggefallen.
Die im Rahmen der Hebammenhilfe zu erbringende Unterweisung in
Geburtsvorbereitung wird von der Krankenkasse dagegen voll übernommen.
Zu Frage 53:
Ich gehe davon aus, daß auch künftig eine flächendeckende Versorgung
mit Geburtsvorbereitungskursen für Versicherte gewährleistet sein wird.
Die von Hebammen durchgeführten Geburtsvorbereitungskurse sind für die
gesetzlich Krankenversicherten zuzahlungsfrei und werden vollständig von
den Krankenkassen finanziert, so daß auch bei diesen Leistungen niemand
aus Einkommensgründen ausgeschlossen wird. Darüber hinaus wird den
Krankenkassen mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz, das am 1. Juli 1997 in
Kraft treten wird, die Möglichkeit gegeben, ihren Versicherten
versichertenfinanzierte Satzungsleistungen anzubieten. In diesem Rahmen
können auch die durch das Beitragsentlastungsgesetz gestrichenen
Gesundheitsförderungsmaßnahmen per Satzung wieder eingeführt werden,
wenn auch künftig nur noch aus Versichertenbeiträgen finanziert.
Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die
Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
54):
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß durch die mit der Bahnreform
vorgenommene gesetzliche Neuregelung des Eisenbahnwesens die bisher von
der Deutschen Bahn AG wahrgenommenen Aufgaben des Brandschutzes entlang
der Bahngleise den Kommunen übertragen werden, und demzufolge die
Kommunen finanzielle Mittel für die Ausstattung ihrer Feuerwehren und
die Schulung des Feuerwehrpersonals bereitstellen müßten?
Nein; aus der grundgesetzlich geregelten Kompetenzverteilung zwischen
Bund und Ländern folgt, daß der abwehrende Brandschutz als Materie der
allgemeinen öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundsätzlich Sache der
Länder ist. Das Eisenbahnneuordnungsgesetz hat daran nichts geändert.
Auch aus aktuellen Verhältnissen des Eisenbahnbetriebs ergeben sich
keine Veränderungen. Lediglich die Organisation für die Behandlung von
Notfallsituationen ist bei der DB AG im Rahmen des Aufbaus ihres
Notfallmanagements geändert worden. Auf die Kommunen kommen damit keine
höheren Kosten zu. Die DB AG betrachtet den im Jahre 1984 zwischen der
Deutschen Bundesbahn und der Bundesvereinigung der kommunalen
Spitzenverbände vereinbarten Maßnahmenkatalog weiterhin als Grundlage
für die Zusammenarbeit.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16517
Anlage 24 Antwort
des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die Frage der Abgeordneten
Karin Rehbock-Zureich (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage 59):
Wie beurteilt die Bundesregierung - insbesondere im Hinblick auf die
finanziellen Engpässe im Bundesverkehrshaushalt - die Möglichkeit, die
derzeitigen Planungen für eine vierspurige Autobahn-Verbindungsspange B
535 zwischen Schwetzingen und Plankstadt derart zu modifizieren, daß
eine weitaus günstigere und deshalb rascher zu realisierende zweispurige
Umgehungsstraße in dem oben beschriebenen Bereich bewerkstelligt werden
kann?
Die B 535, Ortsumgehung Schwetzingen-Plankstadt, ist im Bedarfsplan für
die Bundesfernstraßen 4streifig in der Stufe ,,Vordringlicher Bedarf"
enthalten. Diese Vorgaben des Gesetzgebers sind verbindlich.
Ebenfalls ist die Maßnahme mit einem Anlaufbetrag im Fünfjahresplan für
den Ausbau der Bundesfernstraßen als mittelfristiges Bauprogramm des
Bundesministeriums für Verkehr eingeplant. Inwieweit der nach dem
Fünfjahresplan gegen Ende seiner Laufzeit beabsichtigte Baubeginn
realisiert werden kann, hängt vom Ablauf des Bauprogramms ab.
Zu gegebener Zeit wird daher eine Realisierung in verkehrswirksamen
Bauabschnitten zu prüfen sein, um dann mit den ersten Investitionen
möglichst schnell einen Verkehrswert zu schaffen und die Ortsdurchfahrt
zu entlasten.
Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die
Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 13/8004 Frage
60):
Stimmt die Bundesregierung dem Bundesamt für Naturschutz zu, das als
eine von sechs ,,Maßnahmen zur Vermeidung von katastrophalen
Hochwassern" ausdrücklich die ,,Vermeidung des weiteren Staustufenbaus
an allen deutschen Flüssen und Strömen" gefordert hat, und welche
Konsequenzen zieht sie daraus für die bestehenden Überlegungen zum
Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen mittels Staustufen?
Die der Frage zugrunde liegende Veröffentlichung des Bundesamtes für
Naturschutz (BfN) vom März 1997 vermittelt einen falschen Eindruck über
die gemeinsamen Hochwasserschutzbemühungen von Bund und Ländern am
Oberrhein. Die zitierte Verallgemeinerung in Bezug auf den Staustufenbau
generell entbehrt einer fachlichen Grundlage. Beim Oberrheinausbau, der
aufgrund des Versailler Vertrages vorrangig für die Wasserkraftnutzung
und die Verbesserung der Siedlungsbedingungen erfolgte, sind
Überflutungsflächen in erheblichem Umfang verloren gegangen. Die
hierdurch eingetretene Hochwasserverschärfung wird durch
Retentionsmaßnahmen, im wesentlichen durch den Bau von
Überflutungspoldern, im Rahmen des Möglichen ausgeglichen.
Hochwässer haben als Folge meteorologischer Ereignisse eine natürliche
Ursache. Der Einfluß menschlicher Auswirkungen auf das Abflußgeschehen
ist vorhanden, aber gerade für Extremereignisse nur von begrenzter
Wirkung.
Der Wasserstraßenausbau mit stauregelnden Maßnahmen trägt allgemein
nicht zur Verschärfung des Hochwasserrisikos bei; eher werden
Verbesserungen im Hochwasserschutz erzielt, da keine Einengungen der
Gewässer, sondern eher größerer Wasserflächen und Abflußquerschnitte
geschaffen werden, die die Fließgeschwindigkeiten verringern und den
Wasserspiegelanstieg dämpfen. Auch wird in aller Regel der Grad des
Hochwasserschutzes auf eine größere Jährlichkeit hin verbessert.
Bei allen Ausbauvorhaben werden die Auswirkungen auf den
Hochwasserabfluß ermittelt; mit der zuständigen Landesbehörde wird im
Planfeststellungsverfahren das Einvernehmen hergestellt, ohne das eine
Realisierung eines Ausbauvorhabens nicht möglich ist.
Für den erwogenen Donauausbau werden, nachdem das Raumordnungsverfahren
aufgehoben ist, gemäß Beschluß Bund/Bayern vom 17. Oktober 1996 z. Z.
alle Alternativen und kombinierten Ausbauvarianten ergänzend vertieft
geprüft. Im übrigen hat das Gutachten der TU München zur
Zweistufenlösung ergeben, daß eine Veränderung des Hochwasserregimes
zwischen Straubing und Passau und unterhalb des Zusammenflusses der
Donau mit Inn und Ilz in Passau als Folge des staugestützten Flußausbaus
ausgeschlossen ist und unterhalb der Staustufe Osterhofen eine partielle
Entschärfung der Hochwassersituation zu erwarten ist.
Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Winfried Wolf (PDS) (Drucksache 13/8004 Frage
63):
Gibt es Regelungen, die für Schienenfahrzeuge analog den für
Straßenfahrzeuge geltenden Regeln einen Standardbetriebszyklus (Anfahren
und Bremsen bei bestimmten mittleren Halteabständen, Mix verschiedener
Fahrgeschwindigkeiten, Steigungsverhältnissen, Besetzungsgrade u.ä.
Parameter) festlegen für die Messung des Energieverbrauchs, gemessen in
kWh pro Wagenkilometer oder Platzkilometer o. ä., und wenn nein, hält
die Bundesregierung die Einführung solcher Normangaben und eine
Verpflichtung zur Angabe der so ermittelten Verbrauchswerte für
sinnvoll, um im Interesse einer Senkung des Energieverbrauchs zur
Schonung der Umwelt eine Vergleichbarkeit herzustellen?
Nein.
Angesichts der hohen Laufleistungen liegt es im eigenwirtschaftlichen
Interesse des Betreibers, den Energieverbrauch seiner
Schienentriebfahrzeuge so gering wie möglich zu halten.
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 13/183 vom 25.06.1997
Seite: 16518
Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die
Fragen der Abgeordneten Ulrike Mehl (SPD) (Drucksache 13/8004 Fragen 64
und 65):
Welche Umstrukturierungen plant die Bundesregierung bei der Umsetzung
des Patentwesens STCW (STANDARD MINIMUM REQUIREMENTS FOR CERTIFICATION
AND WATCH-KEEPING OF NAUTICAL AND TECHNICAL PERSONAL ON SEAGOING SHIPS
INCLUDING SUPPORT LEVEL, OPERATION LEVEL AND MANAGEMENT LEVEL) in bezug
auf die jetzigen Patentinhaber, und sind Übergangsvorschriften
vorgesehen?
Wie lauten die Empfehlungen des Bundesseeverkehrsbeirats an die
Bundesregierung, und wie sollen diese umgesetzt werden?
Zu Frage 64:
Nach den Übergangsvorschriften des 1995 geänderten Internationalen
Übereinkommens von 1978
über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von
Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten auf
Handelsschiffen (STCW-Übereinkommen) behalten die bisherigen
Befähigungszeugnisse ihre Gültigkeit bis spätestens 1. Februar 2002.
Nach diesem Zeitpunkt müssen diese Befähigungszeugnisse in
Befähigungszeugnisse nach dem geänderten STCW-Übereinkommen umgetauscht
werden. Durch den Umtausch werden
die Inhaber der bisherigen Befähigungszeugnisse hinsichtlich ihrer
Befugnisse nicht schlechter ge-
stellt.
Zu Frage 65:
Der Seeverkehrsbeirat hat sich mit der Umset-
zung des geänderten STCW-Übereinkommens nicht befaßt und hierzu keine
Empfehlungen gege-
ben.
Ende des Plenarprotokolls
( Quelle im Original:GLIMPSE-Volltextsuche
über BGBl via Universität Saarbrücken)
by:Roberto
Rotondo