| Arbeitsblatt 2: Speziell für Pflegekräfte | Organentnahme |
Georg Feldmann (Krankenpfleger):
Es ist einfach eine unbegreifliche Sache, dass Tod durch Menschenhand geschieht. Es ist keine natürliche Todesursache. Ich habe das auch einmal auf einem Fußzettel unter unnatürlicher Todesursache angekreuzt. Das war nicht so beliebt, weil es als eine natürlicher Todesursache durch das Unfallgeschehen definiert wird. Das hatte ich damals nicht begriffen, und die haben sich anschließend über mich dagegen beschwert.1
Eine Krankenschwester aus der österreichischen Klinik von Johanna Weinzierl:
Wir haben das Kind auf den Operationstisch gelegt, es war drei Jahre alt, und dieses Kind hat beim Auflegen auf den Tisch die Arme bewegt. Das haben alle gesehen das Hilfspersonal und die OP-Schwestern. Dann kam eine ziemliche Hektik auf, und da haben wir gesagt: Das machen wir jetzt nicht. Wir haben das Kind gegen den Willen der Ärzte auf die Intensivstation wieder zurückgebracht. [...] Das Kind ist dann drei Tage später explantiert worden.2
Der Anspruch der Krankenpflege auf ganzheitliche Betrachtung des Menschen erfordert es, daß der für hirntot erklärte Mensch als lebendiger Mensch und nicht als Leiche anzusehen ist und einer Sterbebegleitung bedarf. In Zusammenhang mit dem Thema Sterbebegleitung wird von Pflegewissenschaftlern gefordert, dass sich die Pflege (mehr noch als die Medizin) auf ein Ganzheitsverstehen besinnen (muss), wie es ihrer Tradition entspricht.3
Für den Fall, dass auch die professionelle Pflege den Hirntod als den Tod des Menschen verstehen würde, aber von ihrem ganzheitlichen Menschenbild nicht abrückt, würde die Pflege nach der Hirntoddiagnostik enden, wie folgende Aussage eines Mediziners belegt:
Da der hirntote Organspender nach juristischer Diktion verstorben und somit als Sache anzusehen ist, kann kein Mitarbeiter gezwungen oder verpflichtet werden, bei der Explantation Arbeit zu übernehmen, es sei denn, das Krankenhaus hätte diese Nebentätigkeit primär im Anstellungsvertrag oder durch Anordnung zur Dienstaufgabe erklärt. [...] Bei der Organentnahme bei Hirntoten handelt es sich nach juristischem Verständnis im Grunde eher um eine Teilsektion, für die das Personal einer Pathologischen Abteilung zuständig wäre.4
Aufgaben:
Nehmen Sie Ihre Lehrbücher (z.B. Juchli, Beske, Roper) zur Beantwortung der folgenden Fragen zu Hilfe.
Wie würden Sie das Verhalten der Pflegekräfte einschätzen?
Welche Handlungsmaxime für die Mitarbeit bei Organtransplantationen können Sie Ihrem Lehrbuch entnehmen?
Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den o.g. Aussagen?
Präsentieren Sie die Ergebnisse der Gruppendiskussion auf Folie, Flipchart oder Stellwand.
1Bergmann A.: Die Zerstückelung des Hirntoten. In: Psychoanalyse. Texte zur Sozialforschung.. Oliver Decker O. & Borkenhagen A. (Hrsg.). Pabst Science Publishers, 4. Jahrg. - Heft 6 August 2000, S. 133.
2Ebd., S. 137f.
3Rest, F.: Sterbebeistand, Sterbebegleitung, Sterbegeleit. Kohlhammer 3. Aufl. 1994, S. 28.
4Sandvoß, G. u.a.: Warum fehlen transplantierbare Organe? Niedersächsisches Ärzteblatt 6/1992. In: Genarchiv/Impatientia e.V. Organtransplantation. Zur Wegnahme von Körperstücken und ihrem Verbleib. Genarchiv/Impatientia e.V. 1993, S. 46.