| Arbeitsblatt 2 | Hirntodkonzept |
Am 27. Juni 1997 haben sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages entschieden:
Etwas mehr als zwei Drittel hielten den Hirntod für ein sicheres Todeszeichen, ein Drittel war nicht dieser Ansicht.
Warum soll ein Mensch, der eine irreversible Schädigung des gesamten1 Großhirns erleidet, eine Leiche bzw. tot sein?
Begründungen:
In der Erklärung Deutscher Wissenschaftlicher Gesellschaften zum Tod durch völligen und endgültigen Hirnausfall heißt es:
Ein Mensch, dessen Gehirn abgestorben ist, kann nichts mehr aus seinem Inneren und aus seiner Umgebung empfinden, wahrnehmen, beobachten und beantworten, nichts mehr denken, nichts mehr entscheiden. Mit dem völligen und endgültigen Ausfall der Tätigkeit seines Gehirns hat der betroffene Mensch aufgehört, ein Lebewesen in körperlich-geistiger oder in leiblich-seelischer Einheit zu sein. Deshalb ist ein Mensch tot, dessen Gehirn völlig und endgültig ausgefallen ist.2
In einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Ev. Kirche in Deutschland heißt es:
Ein hirntoter Mensch kann nie mehr eine Beobachtung oder Wahrnehmung machen, verarbeiten und beantworten, nie mehr einen Gedanken fassen, verfolgen und äußern, nie mehr eine Gefühlsregung empfinden und zeigen, nie mehr irgend etwas entscheiden.3
Einwände von BioSkop:
Die Reduzierung menschlicher Existenz auf Denken, Bewusstsein und Reflexe birgt die Gefahr der Ausweitung des Hirntodkonzepts auf andere PatientInnengruppen in sich. Beispiel:
In England denken einige WissenschaftlerInnen darüber nach, WachkomapatientInnen, die dauerhaft ihr Bewusstsein verloren haben, zur Organspende heranzuziehen. In den USA können Neugeborene explantiert werden, die ohne voll ausgebildetes Großhirn zur Welt kommen, die gängige Hirntodkriterien aber ebenfalls nicht erfüllen.
Die Konsequenz von medizinischem Menschenbild und Transplantation: Der Zugriff auf den Leib anderer wird gesellschaftlich enttabuisiert, Körperteile anderer für sich zu beanspruchen, wird eine Selbstverständlichkeit.
Aufgabe:
Diskutieren Sie folgende Frage in Kleingruppen!
Ist ein Mensch ohne Bewusstsein kein Mensch mehr?
Präsentieren Sie die Ergebnisse der Gruppendiskussion auf Folie, Flipchart oder Stellwand.
1Die Annahme, dass der gesamte Ausfall des Großhirns zu messen sei, wird von einigen Neurologen allerdings bestritten. Vgl. Dr. Klein, M.: Hirntod: Vollständiger und irreversibler Verlust aller Hirnfunktionen? Ethik in der Medizin, Springer-Verlag 1995, 7:6-15.
2Erklärung Deutscher Wissenschaftlicher Gesellschaften zum Tod durch völligen und endgültigen Hirnausfall. Hirntod. Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie, Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Deutsche Physiologische Gesellschaft (Hrsg.). 1. Aufl. 50 Oe 1994, S. 7.
3Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Ev. Kirche in Deutschland. Organtransplantationen. Sonderdruck des Arbeitskreises Organspende. 2. Aufl. 200. 8/93, S. 18.