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Ausführungsgesetze zum Transplantationsgesetz (TGP)


TPG - Landesgesetz Bremen

Gesetzblatt
der
Freien Hansestadt Bremen
2000 Ausgegeben am 28. Januar 2000 Nr. 3

Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über die Berufsvertretung, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Tierärzte und Apotheker (Heilberufsgesetz)
Vom 5.Januar 2000

Aufgrund des Artikels 3 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes vom 26. Oktober 1999 (Brem.GBl. S. 263) wird nachstehend der Wortlaut des Gesetzes über die Berufsvertretung, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Tierärzte und Apotheker (Heilberufsgesetz) in der vom 9. November 1999 an geltenden Fassung unter Berücksichtigung der Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über die Berufsvertretung, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker (Heilberufsgesetz - HeilBerG) vom 5. März 1996 (Brem.GBl. S. 53) und des Fünften Gesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes vom 26. Oktober 1999 (Brem.GBl. S. 263) neu bekanntgemacht.

Bremen, den 5, Januar 2000
Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales

§ 11 b

(l) Bei der Ärztekammer wird eine Kommission für gutachtliche Stellungnahmen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Transplantationsgesetzes vom 5. November 1997 (BGBl.1 S. 2631) errichtet.

(2) Der Kommission gehören
1. ein Arzt, der weder an der Entnahme noch an der Übertragung von Organen beteiligt ist noch Weisungen eines Arztes untersteht, der an solchen Maßnahmen beteiligt ist,
2. eine Person mit der Befähigung zum Richteramt,
3. eine in psychologischen Fragen erfahrene Person und
4. ein Patientenvertreter
ehrenamtlich und weisungsungebunden an. Für jedes Mitglied ist für den Fall der Verhinderung ein Vertreter zu bestellen. Die Ärztekammer kann im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde weitere Mitglieder und Vertreter bestellen, wenn dieses für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Kommission erforderlich ist.

(3) Das Vorsitzende Mitglied der Kommission, die weiteren Mitglieder der Kommission und die Vertreter werden vom Vorstand der Ärztekammer im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Wiederbestellungen sind zulässig. Ist ein Mitglied vorübergehend daran gehindert, in der Kommission mitzuwirken, tritt für die Dauer der Verhinderung der Vertreter ein. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus der Kommission aus, wird für den Rest der regulären Amtszeit ein neues Mitglied bestellt; gleiches gilt für die Vertreter.

(4) Die Kommission ist zuständig für Stellungnahmen auf Antrag eines in Bremen gelegenen Transplantationszentrums. Sie wird grundsatzlich innerhalb von zwei Wochen auf Antrag des Transplantationszentrums tätig, in dem das Organ entnommen werden soll. In besonders dringenden Fällen wird die Kommission unverzüglich tätig. Bei der Erledigung ihrer Aufgaben kann sich die Kommission der Geschäftsstelle der Ärztekammer bedienen. Die Kommission kann sich eine Geschäftsordnung geben.

(5) Die Konimission verhandelt unter Leitung des vorsitzenden Mitglieds mündlich in nichtöffentlicher Sitzung. Über die Sitzung ist eine Niederschrift anzufertigen. Die Person, die das Organ spenden möchte, und die Person, die das Organ empfangen soll, sollen in der Sitzung persönlich angehört werden. Die Kommission kann weitere Zeugen und Sachverständige anhören.

(6) Die Kommission berät nicht öffentlich und erstallet die gutachtliche Stellungnahme aufgrund des Gesamtergebnisses der Sitzung. Die Kommission entscheidet mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des versitzenden Mitglieds. Die gutachtliche Stellungnahme ist schriftlich zu begründen und zusammen mit der Niederschrift nach Absatz 5 dem antragstellenden Transplantationszentrum sowie der Person, die das Organ spenden möchte, und der Person, die das Organ empfangen soll, bekannt zu geben. Die gutachtliche Stellungnahme ist nicht rechtsmittelfähig.

(7) Die zum Zwecke der Aufgabenerfüllung der Kommission gespeicherten personenbezogenen Daten, insbesondere der Person, die das Organ spenden möchte, und der Person, die das Organ .empfangen soll, sowie die erstellte gutachtliche Stellungnahme sind spätestens einen Monat nach deren Absendung an die in Absatz 6 genannten Adressaten zu anonymisieren.

(8) Die Mitglieder der Kommission erhalten für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung, die die nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zu zahlende Aufwandsentschädigung nicht überschreiten darf.

(9) Die Ärztekammer macht gegenüber dem antragstellenden Transplantationszentrum die ihr durch die Tätigkeit der Kommission entstehenden Kosten geltend; dies gilt auch dann, wenn es nicht zu der beabsichtigten Organtransplantation kommt. An Stelle der Kostenerstattung können Pauschalbeträge vereinbart werden. Soweit die Kosten nicht von Dritten getragen werden, erstattet sie das Land.

Auszug aus der Begründung zum 5. Gesetz zur Änderung des Heilberufegesetzes

Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Transplantationsgesetzes ist neben den in § 8 Abs. l, Abs. 2 und Abs. 3 Satz l genannten Voraussetzungen weitere Voraussetzung für die Entnahme von Organen einer lebenden Person, dass die nach Landesrecht zuständige Kommission gutachtlich dazu Stellung genommen hat, ob begründete tatsächlich Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einwilligung in die Organspende nicht freiwillig erfolgt oder das Organ Gegenstand verbotenen Handeltreibens nach § 17 des Transplantationsgesetzes ist. Der Kommission muss ein Arzt, der weder an der Entnahme noch an der Übertragung von Organen beteiligt ist noch Weisungen eines Arztes untersteht, der an solchen Maßnahmen beteiligt ist, eine Person mit der Befähigung zum Richteramt und eine in psychologischen Fragen erfahrene Person angehören. Das Nähere, insbesondere zur Zusammensetzung der Kommission, zum Verfahren und zur Finanzierung, wird durch Landesrecht bestimmt.

Durch Absatz l wird die Aufgabe, die Kommission für gutachtliche Stellungnahmen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Transplantationsgesetzes einzurichten, auf die Ärztekammer übertragen. Diese Lösung gewährleistet eine möglichst unabhängige und unbürokratische gutachterliche Tätigkeit. Die Einrichtung der Kommission erfolgt durch Organisationsakt des Vorstandes der Ärztekammer. Eine Regelung durch Satzung kommt nicht in Betracht, denn die Ärztekammer nimmt hierbei keine Selbstverwaltungsaufgabe im Sinne des § 8 Abs. l des Heilberufsgesetzes, sondern eine ihr durch Gesetz übertragene staatliche Aufgabe war.

Absatz 2 regelt, dass die Kommission aus vier Mitgliedern besteht und über welche Qualifikation die Mitglieder jeweils verfügen müssen. Die Regelung in Nummer l bis 3 entspricht § 8 Abs. 3 Satz 3 des Transplantationsgesetzes. Mit der Einschränkung in Nummer l wird sichergestellt, dass der Arzt, der Mitglied der Kommission ist, in keiner Weise mit der Entnahme oder Übertragung von Organen befasst ist, so dass bei ihm keine Interessenkonflikte entstehen können. Bei der Auslegung des Begriffes „in psychologischen Fragen erfahrene Person" ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit der Kommission dazu dient, durch Einsatz insbesondere psycho-diagnostischer Mittel und medizinisch-psychologischer Beratungsverfahren zu ermitteln, ob der Organspender freiwillig handelt (vgl. BT-Drucksache 13/4355, S. 21). Als in psychologischen Fragen erfahren wird daher nur eine Person angesehen werden können, bei der nachgewiesen ist, dass sie über entsprechende Kenntnisse verfügt. Zusätzlich zu den in § 8 Abs. 3 Satz 3 genannten Mitgliedern soll der Kommission ein Patientenvertreter, z. B. der Leiter der Unabhängigen Patientenberatungsstelle Bremen, angehören, um die Interessen der betroffenen Patienten wahrzunehmen. Der Ärztekammer soll ermöglicht werden, darüber hinaus im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde weitere Mitglieder zu bestellen, wenn dies für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Kommission erforderlich ist.

Absatz 3 regelt die Bestellung und die evtl. Wiederbestellung der Kommissionsmitglieder und ihrer Vertreter durch die Ärztekammer. Bei der Bestellung ist aufgrund der staatlichen Aufgabe das Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde herzustellen. Die Bestellung soll für fünf Jahre erfolgen, um Kontinuität in der Arbeit der Kommission sicherzustellen.

Absatz 4 Satz l regelt die örtliche Zuständigkeit der Kommission. Die in Bremen gebildete Kommission ist danach in allen Fallen zuständig, in denen der Antrag von einem bremischen Transplantationszentrum gestellt wird.

Der Antrag auf Tätigwerden der Kommission soll nach Absatz 4 Satz 2 ausschließlich vom Transplantationszentrum gestellt werden können, in dem die beabsichtigte Lebendspende durchgeführt werden soll. Der mögliche Organspender soll ausdrücklich nicht selbst den Antrag stellen können, damit er vom Organempfänger nicht hierzu gedrängt werden kann oder sich hierzu gedrängt fühlt. Auch der potentielle Organempfänger soll kein Antragsrecht besitzen, damit er nicht einen Organspender benennen kann, der hierzu noch nicht entschlossen ist.
In Absatz 4 Satz 2 wird weiter ein zeitlicher Rahmen für das Tätigwerden der Kommission vorgeschrieben. Es sind Situationen denkbar, in denen bei dringend indizierter Transplantation zum Zeitpunkt des Antrags eine nur vorübergehende gesundheitliche Stabilisierung des Empfängers erreicht werden kann. In diesen Fällen muss jeglicher Zeitverlust vermieden werden. Es wird für erforderlich gehalten, dass die Kommission grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach Eingehen des Antrags des Transplantationszentrums tätig wird. In besonders dringenden Fällen kann es jedoch auch notwendig sein, dass die Kommission unverzüglich zusammentritt und eine Entscheidung fällt.

Darüber hinaus wird in Absatz 4 die Befugnis des Vorsitzenden der Kommission geregelt, sich der Hilfe einer Geschäftsstelle zu bedienen. Diese soll ebenfalls bei der Ärztekammer Bremen eingerichtet werden. Sie soll zuständig sein für die büromäßige Erledigung der Aufgaben der Kommission, wie Ladungen, Raumreservierungen, Niederschriften oder Ausfertigungen der gutachtlichen Stellungnahme. Die Kommission soll sich eine Geschäftsordnung geben können, um.den Verfahrensablauf und Entscheidungskriterien festzuschreiben.

Absatz 5 regelt den Verfahrensgang in der Kommission. Die Sitzung findet nicht öffentlich statt, da in ihr sehr intime, personenbezogene Details zur Sprache kommen. Die Kommission soll die Person, die das Organ spenden möchte und die Person, die das Organ empfangen soll, in der Sitzung persönlich anhören. Es ist grundsätzlich erforderlich, dass sich die Kommissionsmitglieder einen persönlichen Eindruck darüber verschaffen, ob der Organspender freiwillig handelt oder das Organ Gegenstand verbotenen Handeltreibens ist. Der Mündlichkeitsgrundsatz und der Ausschluss der Öffentlichkeit sollen es auch einem ungewandten Organspender oder Organempfänger ermöglichen, sich frei zu äußern. Darüber hinaus soll die Kommission weitere Zeugen und Sachverständige anhören können. Dies kann erforderlich sein, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Absatz 6 enthält Regelungen über die Beratung und die Beschlussfassung in der Kommission. Die nicht öffentliche Beratung ist das notwendige Gegenstück dazu, dass auch die Sitzungen der Kommission unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Die Begründungspflicht trägt dazu bei, dass sich die Kommissionsmitglieder vor der Erstattung des Gutachtens über die für die Entscheidungsfindung wesentlichen Punkte verständigen. Aus Gründen der Transparenz sollen die gutachtliche Stellungnahme und die Niederschrift nicht nur dem antragstellenden Transplantationszentrum übersandt werden, sie sind darüber hinaus dem potentiellen Organspender und dem potentiellen Organempfänger bekannt, zu geben. Da das Gutachten der Kommission für den die Transplantation durchführenden Arzt nicht verbindlich ist (vgl. BT-Drucksache 13/4355 S. 21), stellt es keinen Verstoß gegen Artikel 19 Abs. 4 GG dar, dass gegen das Gutachten der Kommission keine Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegeben sind und damit auch eine gerichtliche Überprüfung des Gutachtens nicht möglich ist. Verbindliche Wirkung kommt vielmehr erst der Entscheidung des Arztes zu.

Durch die nach Absatz 7 vorgesehene Anonymisierung der zum Zwecke der Aufgabenerfüllung der Kommission gespeicherten personenbezogenen Daten wird vermieden, dass neben den im Transplantationszentrum notwendigerweise gespeicherten Daten bei der Ärztekammer bzw. der Kommission noch eine weitere Datei mit sensiblen Daten über Organspender und -empfänger entsteht. Die Frist von einem Monat dient dazu, dass die Kommission etwaige Nachfragen des Transplantationszentrums noch bearbeiten kann.

Absatz 8 gesteht den Kommissionsmitgliedern die Zahlung einer Aufwandsentschädigung zu, die die im Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen festgesetzten Beträge jedoch nicht überschreiten darf. Danach ist es auch möglich, dass die Ärztekammer der Zahlung einer Aufwandsentschädigung die Aufwandsentschädigungsordnung der Kammer zugrunde legt, sofern die dort vorgesehenen Beträge die im Gesetz über die Entschädigung von Zeugen, und Sachverständigen enthaltenen Beträge nicht übersteigen.

Die durch die Tätigkeit der Kommission entstehenden Kosten sind der Organbereitstellung zuzuordnen. Gemäß § 7 Abs. l Satz 2 Nr. 2 der Bundespflegesatzverordnung sind diese pflegesatzfähig. Die Entgelte für die Transplantationen, meist Fallpauschalen, werden von der Selbstverwaltung, also der Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen, vereinbart. Als Pflegesätze werden sie von den gesetzlichen Krankenkassen und den übrigen Benutzern an das die Transplantation durchführende Transplantationszcntrum entrichtet. Soweit in diesem Betrag Kosten für die Tätigkeit der Kommission enthalten sind, stehen diese jedoch der Ärztekammer zu, da sie bei dieser angefallen sind. Der Ärztekammer sind daher die bei dieser im Zusammenhang mit dem Tätigwerden der Kommission angefallenen Kosten entweder vom Transplantationszentrum, das den Antrag gestellt hat, oder von der Aufsichtsbehörde zu erstatten, wenn diese Kosten nicht Bestandteil der Organbereitstellungskosten werden sollten. Zur Vereinfachung der Abrechnung kann für jede Sitzung der Kommission ein pauschaler Betrag zwischen dem Transplantationszentrum oder dem Land und der Ärztekammer vereinbart werden, der sowohl die an die Kommissionsmitglieder zu zahlenden Aufwandsentschädigungen als auch den bei der Ärztekammer entstehenden Geschäftsautwand insbesondere für Einladungen, Protokollerstellung, Anfertigung der Stellungnahmen und Raumkosten abdeckt. Je nach der Größe der Kommission sollte eine derartige Pauschale etwa 500 bis 800 DM betragen.


Mehrfach fragte BioSkop e.V. bei den zuständigen Landesministerien und Landesärztekammern nach, wie in der Praxis gepüft wird, ob eine "Organspende" freiwillig ist und wie die Kommissionen dem Handel mit Körperteilen einen Riegel vorzuschieben können. Konkrete Antworten blieben allerdings aus.
Die Ärztekammer Bremen schrieb uns am 01.12.2000:

"Sehr geehrter Herr Rotondo,

auf Ihre Anfrage vom 22. November 2000 zur Verfahrensweise der Lebendspendekommission teilen wir Ihnen mit, daß wir uns nicht im Stande sehen, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Worsley"



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update: 10.01.2004    by: Roberto Rotondo