Darmstadt (dpa/lhe) - Die Krankenkassen sind nach einem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts nicht verpflichtet, die Kosten für eine Nierentransplantation im Ausland zu zahlen. Das Gericht wies damit die Klage eines 53-Jährigen zurück, der sich vor drei Jahren für rund 140 000 Euro in den USA operieren ließ (Az. L 14 Darmstadt (dpa/lhe) - Die Krankenkassen sind nach einem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts nicht verpflichtet, die Kosten für eine Nierentransplantation im Ausland zu zahlen. Das Gericht wies damit die Klage eines 53-Jährigen zurück, der sich vor drei Jahren für rund 140 000 Euro in den USA operieren ließ (Az. L 14 KR 556/00). Eine Pflicht zur Kostenübernahme besteht nach der Entscheidung nur dann, wenn die Operation nicht in Deutschland durchgeführt werden kann. Der Hinweis, dass die Wartezeiten im Ausland wesentlich kürzer seien, reiche nicht aus. In den USA musste der Kläger bei seiner Blutgruppe mit einer Wartezeit von etwa zwei Jahren rechnen, in Europa mit etwa sechs Jahren. Während dieser Zeit bestehe jedoch keine Lebensgefahr, sagte der Vorsitzende Richter Karl Heinz Haus. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass die sofortige Transplantation überlebensnotwendig gewesen sei. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung hat der Senat Revision zugelassen.
Die gesetzlichen Krankenkassen sind nach einem aktuellen Urteil des Hessischen Landessozialgerichts nicht verpflichtet, die Kosten für eine Nierentransplantation im Ausland zu erstatten. Das Gericht wies damit die Klage eines 53jährigen Mannes zurück, der sich 1998 für umgerechnet ca. 140.000 Euro in den Vereinigten Staaten operieren ließ, weil ihm die Wartezeit für eine Spenderniere in Deutschland zu lang schien. Voraussetzung der Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist laut Entscheidung des Gerichts eine inländische Versorgungslücke bei der Krankenbehandlung, die anhand der Begriffe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse festzustellen ist. Eine Auslandsbehandlung entspricht nur dann dem Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne von § 18 SGB V, wenn sie den im Inland bestehenden Behandlungsangeboten eindeutig überlegen ist (z.B. weil die Krankheit im Inland nur symptomatisch behandelt werden kann, während im Ausland eine die Krankheitsursache beseitigende Therapie möglich ist). Dies sah das Gericht als nicht gegeben an, weil im Zuständigkeitsbereich von Eurotransplant die Durchführung einer Nierentransplantation ebenfalls möglich ist und die (während der statistisch im Vergleich zu den USA durchaus längeren Wartezeit) durchzuführende Dialysebehandlung den Kläger aus medizinischer Sicht nicht gefährde.
Quelle: Hessisches Landessozialgericht, Az. L 14 KR 556/00 vom 06.12.2001. http://www.dkgev.de/1_pol/pol-2002_003.htm
Verurteilung wegen Versteigerung einer Niere
AG Homberg (Efze), Urteil vom Nov. 2001 - Az n.b. -
19-jähriger wollte 100.000 Mark für eigenes Körperteil / Illegaler Organhandel steht seit Ende 1997 unter Strafe
Im vermutlich bundesweit ersten Prozess wegen "unerlaubten Organhandels" ist ein 19-jähriger zu hundert Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Das Amtsgericht im hessischen Homberg/Efze befand ihn für schuldig, im Internet seine Niere für 100.000 Mark angeboten zu haben. Richter Cai-Adrian Boesken sprach von einem Signal an Internet-Kriminelle, die damit rechnen müssten, dass ihre teilweise "perversen Ideen" auch ohne Geständnis aufgedeckt würden.
Illegaler Organhandel steht seit Ende 1997 unter Strafe, für Erwachsene werden bis zu fünf Jahren Haft angedroht. Lebendspenden von Organen sind nur ohne Gewinnabsicht unter Personen mit enger emotionaler Bindung erlaubt. Nach Kenntnis der Staatsanwaltschaft Kassel ist das Homberger Urteil der bundesweit erste Fall.
In einer ersten Gerichtsverhandlung Anfang September hatte der 19-jährige die Tat bestritten und erklärt, das Internet-Angebot müsse von Fremden in seinem Namen abgegeben worden sein. In der Verhandlung legte der Russlanddeutsche dann ein Geständnis ab: Er habe Geld für Drogen gebraucht und hätte bei einem entsprechenden Angebot die Sache "wohl auch durchgezogen". Wegen des großen Drucks aus seiner Familie habe er dies bei der ersten Verhandlung aber noch nicht einräumen können.
Zwischenzeitlich hatte das Gericht den Computer des 19-jährigen durch Experten des Landeskriminalamts (LKA) in Hessen untersuchen lassen. Nach deren Gutachten hatte er sich ausführlich im Internet über Organspenden und Organhandel informiert und sich mit anderen per E-Mail darüber ausgetauscht. Alle entsprechenden Dateien seien zwar gelöscht worden, hätten aber wiederhergestellt werden können. Richter Boesken sagte, das LKA-Gutachten hätte auch ohne Geständnis für eine Verurteilung gereicht. Um ein solches Signal an Internet- und Computerkriminelle sei es ihm vorrangig gegangen.
Quelle: ZDNet Deutschland AG Homberg (Efze), Urteil vom Nov. 2001 - Az n.b. -- Kauft sich ein nierenkranker gesetzlich Krankenversicherter, der in Deutschland vergeblich auf die Transplantation einer Niere gewartet hatte, im Ausland (hier: in Indien) eine Niere (hier: zum Preis von 35 000 US-Dollar), so braucht die Krankenkasse die Kosten nicht zu übernehmen, weil "Organspenden gegen Entgelt mit der Wertordnung des Grundgesetzes nicht vereinbar" sind.
(Bundessozialgericht, Az.: 1 RK 15/95)
- Zahlt der Empfänger einer Niere an den Spender (hier: seinen Bruder) eine Prämie von 55 000 DM, so muss die gesetzliche Krankenkasse diesen Betrag nicht ersetzen, sondern hat sich auf die Übernahme der Kosten zu beschränken, die durch die Nierentransplantation entstanden sind.
(Bundessozialgericht, Az.: 1 RK 15/95)
- Die Verpflichtung einer gesetzlichen Krankenkasse, die bei einer Nierentransplantation anfallenden Kosten (für das Mitglied wie auch für den Organspender) zu übernehmen, gilt nicht für spätere Nierenerkrankungen des Spenders, die mit der Entnahme seiner Niere nicht im Zusammenhang stehen.
(Landessozialgericht Niedersachsen, Az.: L 4 Kr 178/94) WB
EuGH entscheidet im Fall einer gescheiterten Nierentransplantation in Dänemark / Wann gilt ein Produkt als in den Verkehr gebracht?
LUXEMBURG (mwo). Mit ihrem kürzlich verkündeten Urteil zu einer gescheiterten Nierentransplantation in Dänemark stellten die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) klar, daß Produkthaftung auch im öffentlichen Gesundheitswesen gilt - auch für Produkte, die in einer krankenhauseigenen Apotheke hergestellt wurden.
Ein kreiseigenes Krankenhaus in Århus wollte eine vom Bruder des Patienten gespendete Niere für die Transplantation vorbereiten. Wie üblich wurde die Niere mit einer Perfusionsflüssigkeit durchspült. Die in der Apotheke eines anderen Krankenhauses des Kreises hergestellte Flüssigkeit war jedoch fehlerhaft: Die Niere wurde verstopft und war nicht mehr verwendbar. Der Kreis verweigerte Schadenersatz mit zwei Argumenten: Die Perfusionsflüssigkeit sei noch in der medizinischen Sphäre des Kreises verblieben und daher noch nicht "in den Verkehr gebracht worden", wie es die Produkthaftungsrichtlinie verlangt. Zudem scheide die Produkthaftung im öffentlichen - in Dänemark sogar steuerfinanzierten - Gesundheitswesen ohnehin aus, weil die öffentlichen Krankenhäuser ohne Gewinnabsicht arbeiteten und die Patienten ihre Behandlung nicht selbst bezahlten.
Doch die Luxemburger Richter wiesen beide Argumente zurück: Ein medizinisches Produkt gelte spätestens dann als "in den Verkehr gebracht", wenn es "im Rahmen einer konkreten medizinischen Dienstleistung verwendet wurde". Dabei sei es egal, ob es "von einem Dritten, vom Dienstleister selbst oder von einer mit diesem verbundenen Stelle hergestellt wird".
Auch eine Haftungsbefreiung billigte der EuGH dem Krankenhaus nicht zu. Diese sei nach der Richtlinie auf unbezahlte Tätigkeiten beschränkt oder auf Fälle, in denen ein Produkt gegen den Willen des Herstellers in den Verkehr gebracht wurde.
Wie die Luxemburger Richter weiter betonten, ist auch in diesem Fall die Produkthaftung unabhängig von einem Verschulden. Die Europa-Richtlinie gelte allerdings nur für materielle Schäden; der Ausgleich von immateriellen Schäden richte sich dagegen nach nationalem Recht. Zudem überließ es der EuGH den dänischen Gerichten, zu entscheiden, ob sie die kaputte Spender-Niere als Sachbeschädigung, Körperverletzung oder als immateriellen Schaden einstufen wollen. Allerdings dürfe der Schadenersatzanspruch des Patienten nicht mit dem Argument ganz abgewiesen werden, "daß der entstandene Schaden unter keine der genannten Schadensarten fällt".
Nach Einschätzung des Bundesfachverbandes der Arzneimittelhersteller bestätigt das Luxemburger Urteil die Praxis in Deutschland: Auf die Idee, das Gesundheitswesen von der Produkthaftung auszunehmen, würde hier wohl kein Gericht kommen, hieß es. Und ein Produkt gelte nach deutscher Rechtsprechung schon als "in den Verkehr gebracht", wenn es etwa in der Krankenhausapotheke eingelagert werde.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs, Az.: C-203/99
Die Kosten einer Auslandsbehandlung dürfen von der Krankenkasse nach § 18 Abs 1 SGB V nur ausnahmsweise übernommen werden, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung im Inland nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann. Diese Voraussetzung ist in der Regel nicht erfüllt, wenn die Behandlungsmöglichkeit im Ausland nur deshalb besteht, weil dort anerkannte und für einen Behandlungserfolg unverzichtbare medizinische Standards nicht eingehalten oder Behandlungen durchgeführt werden, die im Inland verboten sind oder aus ethischen Gründen abgelehnt werden. Organspenden gegen Entgelt sind mit der Wertordnung des Grundgesetzes und der Achtung vor der menschlichen Würde nicht vereinbar und werden deshalb in der Bundesrepublik nicht vorgenommen. Daraus folgt, daß weder der Ankauf des Organs noch die Transplantation im Ausland von den gesetzlichen Krankenkassen zu finanzieren sind.
SG Lüneburg - S 9 Kr 19/93
LSG Niedersachsen - L 4 Kr 256/93 - 1 RK 25/95
Quelle: Bundessozialgericht, Presse-Mitteilung Nr. 25/97. Kassel, den 16. April 1997.
Der Kläger befand sich wegen Nierenversagens seit 1990 in Dialysebehandlung. Nachdem eine geplante Nierentransplantation in Deutschland mangels eines geeigneten Spenderorgans zunächst nicht zustande gekommen war, ließ er sich 1992 in Indien eine Niere eines dort lebenden Spenders transplantieren. Die beklagte Ersatzkasse weigerte sich, die dafür aufgewendeten Kosten in Höhe von 35.000 US-Dollar, bestehend aus den Kosten für die ärztliche Behandlung und den Krankenhausaufenthalt sowie dem Kaufpreis der Niere, zu übernehmen.
Die dagegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Verkauf der Niere eines lebenden Spenders gegen Entgelt verstoße gegen die ethischen Wertentscheidungen des Grundgesetzes und sei sittenwidrig. Weder die Beschaffung des Organs noch seine Transplantation dürften deshalb von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers,. SG Lüneburg - S 9 Kr 19/93 - LSG Niedersachsen - L 4 Kr 256/93 - Quelle: Bundessozialgericht Presse-Vorbericht Nr. 25/97. Kassel, den 2. April 1997.